Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Man kann, wenn man Lust hat, stundenlang pfeifen. Man kann, wenn man will, auch in Brennessel greifen. Man kann sogar heiraten (oft ist es Pflicht!), Aber verloben soll man sich nicht! Ich hab' schon gehört, daß sich einer erhängt hat, Weil er sich über ein Unglück gekränkt hat; Oder es hat ihn was derart verdrossen, Daß er sich postwendend deshalb erschossen. Kurz, wer sich ermordet, ist übel daran, Aber – es geht keinen Menschen was an! Wenn aber einer Spagat sich kauft Und – Wochen! – damit in der Stadt herumlauft, Um jedem die Mitteilung aufzudrängen: »Da schau'n Sie, mit dem werd' ich nächstens mich hängen!« – Dann ist das doch wohl eine Aufdringlichkeit, Welche imstand' ist, zu ärgern die Leut'; Ich wenigstens möcht' solche Selbstmordsitten Bei meinen Bekannten mir energisch verbitten! Nun fragt ein Naiver vielleicht desparat: »Wie kommt die Verlobung zu diesem Spagat?« Also ich seh' dieser Frage entgegen mit Ruh': Pardon, aber wie kommt sie nicht dazu? Es ist doch bekannt wohl im Publikum, Daß jede Verlobung ein Vorstadium 28 Zu einer Handlung, die jedermann Füglich als Selbstmord bezeichnen kann. Ich hoffe, daß keiner mich mißverstehe, Ich denke natürlich dabei an die Ehe; Denn daß sich die Ehe als Selbstmord nur zeigt, Ist derart bekannt, daß man darüber schon schweigt. Da sich nun eine Verlobung zumeist Als Ouverture einer Ehe erweist, So läuft das bei einem Bräutigam, Den man wochenlang sieht mit der Braut zusamm', Ungefähr auf dasselbe hinaus, Wie wenn lebensmüd einer von Haus zu Haus Bei seinen Bekannten möcht schreien herum: »Sie! Pst! Nächste Woche bring' ich mich um!« Und dabei hält in die Höh' er das Mordwerkzeug grad – – – Und da sind wir auch schon wieder bei meinem Spagat! Außerdem ist es auch fürchterlich dumm, So als Verlobter zu rennen herum. Wer nicht gebildet ist, soll lieber schweigen, Und einer, der blöd ist, der braucht's doch nicht zeigen; Da aber zweifellos jeder Mensch blöd, Der offenen Aug's in den Ehestand geht, So muß so ein Bräutigam dumm nicht nur sein, Sondern er gesteht's auch noch öffentlich ein! Er stellt sich quasi eheschwanger Öffentlich wochenlang an den Pranger. Also von ihm ist das dumm, aber dem fremden Beschauer Zittert das Herz, indem es mit Trauer 29 Flüstert und seufzt unterm Futter des Rocks: »Armer Teufel! . . . Schon wieder ein Ochs!« Ich glaub', es bedarf keiner weiteren Proben. Taktlos und dumm ist es, sich zu verloben. Denn läßt sich der Mensch schon auf Dummheiten ein (Womit ich jetzt wieder das Heiraten mein'!), Dann gibt's eine einzige Entschuldigung bloß: Er tat's überstürzt und gedankenlos! (Welchem Prinzip aber der widerstreitet, Der Dummheiten wochenlang vorbereitet!) Übrigens wundert auch eins noch mich sehr: |