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II. Albrecht Dürer.

 

1.

Dieser berühmteste aller deutschen Maler, der Held deutscher Kunst, wurde am 20. Mai 1471 in der alten Reichsstadt Nürnberg geboren. Sein Vater war ein geschickter Goldschmied, aus dem Dorfe Eutas in Ungarn stammend. Sehr jung war derselbe nach Nürnberg gekommen und hatte daselbst als Goldschmiedsgesell im Hause Hieronymus Heller's, eines trefflichen Goldarbeiters, eine bleibende Stelle gefunden. Seine Treuherzigkeit, sein Fleiß, seine große Geschicklichkeit und ein frommes, verständiges Herz gewannen ihm des Meisters Neigung in so hohem Grade, daß er ihn zu seinem Eidam erwählte und ihm seine schöne Tochter Barbara zur Gattin gab. Aus dieser glücklichen Ehe entsprossen 18 Kinder, die aber sämmtlich eines frühzeitigen Todes starben, bis auf unsern Albrecht und zwei seiner Brüder, Andreas und Hans. Der wackere Dürer verwendete auf die Erziehung seiner Kinder die größeste Sorgfalt. Sein Wahlspruch lautete: Habet Gott im Herzen und handelt treu an eurem Nächsten! Diesen Spruch prägte er von klein aus den jugendlichen Gemächern seiner Söhne ein und Albrecht zumal, der Erstgeborene, vergaß ihn nimmer. Er hatte ganz des wackern Vaters Geist und herzliche Biederkeit geerbt.

Albrecht wuchs heran und ward ein blühend schöner Jüngling. Schon als Knabe liebte er mehr eine sinnige, ernste Beschäftigung, als die geräuschvollen Spiele der Jugend, und oft saß er, während seine Brüder draußen im Freien umhertrollten, daheim im stillen Kämmerlein vor dem Arbeitstische und suchte eine mathematische Aufgabe zu lösen oder mit dem Stifte eine Zeichnung nachzubilden, die sein kunstreicher Vater entworfen und ihm zum Kopiren vorgelegt hatte. So konnte es denn, bei einer seltenen natürlichen Anlage, nicht fehlen, daß er in kurzer Zeit bedeutende Fortschritte im Zeichnen machte, ja er fing sogar an, die Gebilde seiner eigenen Phantasie, wie sie in seinem schöpferischen Kopfe auftauchten, mit bestimmten und festen Umrissen auf das Pergament zu bringen.

Albrecht machte aber nicht blos im Zeichnen daheim, sondern auch in der Schule, welche er besuchte, sehr schnelle Fortschritte. Alle seine Lehrer liebten ihn, nicht nur wegen seines erstaunlichen Fleißes, sondern auch hauptsächlich seines sanften, zuvorkommenden Wesens, seines tadellosen frommen Benehmens halber.

Als er die Schule verließ, nahm ihn sein Vater zu sich in die Lehre, damit er gleich ihm ein tüchtiger Goldschmied werden möchte. Albrecht legte frisch Hand an's Werk; aber sein Genius nahm bald einen höheren Flug und still im Innern hegte er den brennenden Wunsch, das Handwerk verlassen und der edleren Kunst der Malerei sich widmen zu dürfen. Endlich wagte er es schüchtern, dem Vater seine Neigung zu entdecken; doch als er sah, wie dieser nicht gern darauf einging, unterdrückte er mit kräftigem Entschlusse seine brennende Sehnsucht und wollte aus Liebe zum Vater nicht dessen Willen widerstreben. Emsiger als je lag er nun seinem Geschäfte ob und er gewann durch seinen rastlosen Fleiß bald eine solche Geschicklichkeit, daß er schon in seinem 16. Jahre ein äußerst kunstreiches Werk in getriebener Arbeit von Silber, die Leiden Christi darstellend, auszuarbeiten vermochte. Alle Welt lobte ihn und bewunderte sein Werk; aber Albrecht blieb kalt und theilnahmlos bei allem Preise seiner Kunstfertigkeit, die Lobsprüche waren für ihn kein Sporn, auf dem betretenen Wege fortzuschreiten. Mit stiller Sehnsucht hing er an der Malerkunst und er drang von Neuem in seinen Vater, ihn doch gehen zu lassen, wohin er von unwiderstehlicher Neigung getrieben würde. Er selbst sagt in seinem von Willibald Pirkhaimer aufbewahrten schriftlichen Nachlasse: »Da ich säuberlich arbeiten konnte, trieb mich meine Lust mehr zur Malerei, denn zu dem Goldschmiedewerke; das hielt ich meinem Vater vor, aber er war nicht wohl zufrieden, denn ihn reuete die verlorene Zeit, so ich mit Goldschmiedlern hatte zugebracht. Dennoch ließ er mir's endlich nach.«

Der alte Herr Dürer mochte wohl bedenken, daß gezwungenes Werk nimmer gute Früchte trägt, und er schrieb deshalb an einen guten Freund, der ein berühmter Maler war, Namens Schön, wohnhaft in Straßburg, daß er seinen Sohn möchte in die Lehre nehmen und in der edlen Malerkunst unterweisen. Martin Schön willigte ein und schon war des Jünglings Bündel geschnürt, als plötzlich, wie ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel, von Straßburg die Kunde kam, Martin Schön, der berühmte Meister, sei eines schnellen Todes verblichen. Da wurde denn unter bitteren Thränen Albrecht's der Reisesack wieder ausgepackt und der Vater mußte sich nach einem andern Lehrmeister für seinen Knaben umsehen. Er wählte dazu einen tüchtigen Mann in Nürnberg selbst, den Michael Wohlgemuth, einen Künstler, der sich nicht allein im Malen und Zeichnen, sondern auch im Holzschneiden und Kupferstechen, sowie auch in der Formschneidekunst auszeichnete. Dieser nahm den jungen Albrecht in die Lehre und mit inniger Seelenfreude warf sich der für seine Kunst glühende, hochbegeisterte Jüngling in seine Arme.

Binnen drei Jahren hatte Albrecht seinen Meister nicht nur erreicht, sondern dieser selbst, in schönem Stolze auf seinen wackern Schüler, gestand ein, daß er von demselben übertroffen worden sei. Albrecht Dürer war der erste Maler Nürnbergs geworden, und nebenbei hatte er noch im Zeichnen, Kupferstechen und Formschneiden bedeutende Fortschritte gemacht.

»In meiner Lernzeit,« so schreibt er von sich selbst, »gab mir Gott Fleiß, daß ich wohl lernte, aber viel mußte ich von Wohlgemuth's Schülern leiden.« Der Neid und die Mißgunst verfolgten ihn schon frühe, aber dafür belohnte ihn auch die Liebe seines Lehrmeisters, an dem der Schüler hinwiederum mit ganzer Seele hing. Er malte seinen Meister Wohlgemuth verschiedene Mal, das letzte Bildniß, als derselbe 79 Jahr alt war. Darauf schrieb er:

»Dies Bildniß hat Albrecht Dürer abkonterfeit nach seinem Lehrmeister Michael Wohlgemuth 1515 und er war 82 Jahr da er verschieden ist am Sankt Andreas-Tag früh an dem die Sonne ausging.«

 

2.

Je lauter in dieser Zeit Albrecht's Lob aus Aller Munde erscholl, desto bescheidener und inniger fühlte der Jüngling, daß er noch viel zu lernen haben würde, um die äußerste Höhe der Kunst zu erreichen. Er sehnte sich darnach, eine Kunstreise zu machen, die berühmten Maler der Niederlande und Italiens kennen zu lernen, ihre Werke zu studiren und sich selbst nach Kräften auszubilden und zu verbessern. So verließ er denn im Jahre 1490 mit Bewilligung seines Vaters die Heimath, durchzog Deutschland, die Niederlande, das Elsaß und ging endlich nach Basel, wo er sich einige Zeit bei den daselbst wohnenden Brüdern Martin Schön's aufhielt. Ueberall ward er mit Liebe empfangen, und nach einigen Jahren kehrte er als vollendeter Meister in seine Heimath zurück.

Um diese Zeit war er ein ausnehmend schöner junger Mann, voller Kraft und blühenden Liebreizes. Die Stirn war heiter, die Nase ein wenig gebogen, der Hals nicht zu stark und ein wenig lang, sein dunkles Haar rollte in schönen Locken über die Schultern, die Brust war männlich und breit und der ganze Bau seines Körpers in dem vollkommensten Ebenmaaß. Mehr aber noch als seine äußere Schönheit nahm seine große Gutmüthigkeit, seine Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit für ihn ein. Wenn er aufgefordert wurde, ein Urtheil über ein nicht besonders gelungenes Werk eines fremden Künstlers zu fällen, so ergoß er sich nicht in bitteren, höhnischen Tadel, sondern äußerte gewöhnlich nur, man sehe wohl, daß der Meister sein Möglichstes gethan habe. Mit vollem Herzen aber lobte er, wenn er irgend etwas Lobenswerthes fand. Sein Mund floß dann über von Beifall und Anerkennung und man konnte wohl sehen, daß alle seine Worte aus dem neidlosesten und liebevollsten Gemüthe kamen. Auch mochte er nicht leiden, wenn der Werth Anderer durch Neid oder Mißgunst geschmälert wurde.

Der alte Vater Dürer wünschte, daß sein Sohn sich verheirathen möge, und schlug ihm zur Ehegattin die Tochter des berühmten Mechanikers Hans Frey vor. Albrecht weigerte sich der Heirath nicht, denn Agnes schien ihm eine gar liebliche und anmuthige Jungfrau, aber leider! heirathete er mit ihr sein ganzes lebenslängliches Elend. Denn so schön Agnesen's äußere Gestalt war, so häßlich und abschreckend war ihre Seele. Sie war zänkisch, keiflustig, harten und unbiegsamen Sinnes und ihr mürrisches, liebloses Wesen peinigte den armen Dürer von früh bis spät. Dabei war sie über alles Maaß hinaus geizig und lag ihren Gatten unaufhörlich an, er möge fleißig sein und Geld herbeischaffen, da sie sonst auf ihre alten Tage am Hungertuche werde nagen müssen.

Das verbitterte dem armen Albrecht alles häusliche Glück und beugte ihn tief darnieder. Lebenslustig, wie er war, durfte er es dennoch kaum wagen, sein Haus zu verlassen, um sich auf einige Stunden fröhlicher Geselligkeit hinzugeben; denn ehe er noch ausging, grauete es ihm schon vor der Heimkehr in sein Haus, wo er regelmäßig von seiner Frau mit harten Scheltworten und bittern Vorwürfen empfangen wurde. Nur in seinem stillen Arbeitsgemach, im Heiligthum der Kunst, fand er Frieden und Ruhe. Hier, vor seiner Staffelei sitzend, überließ er sich ungehemmt dem Fluge seiner Phantasie und bevölkerte das kleine Zimmer mit den herrlichen Gestalten, die er kunstreich auf die Leinwand zu zaubern wußte. Hier schuf er die herrlichen Gemälde, die noch heute das Auge des Kenners wie des Laien in der Kunst entzücken.

Lange ertrug Albrecht Dürer die unaufhörlichen Quälereien seines bösen Weibes geduldig, bis er endlich seine Kraft erliegen und seine Gesundheit wanken fühlte. Jetzt entschloß er sich, sein Haus zu fliehen und Erholung und Ruhe in Italiens Gefilden zu suchen. Ein treuer Freund, der schon erwähnte Willibald Pirkhaimer, bestärkte ihn in diesem Entschluß; der versorgte ihn freigebig mit Geldmitteln zur Reise und übernahm während Albrecht's Abwesenheit die Sorge für dessen Hauswesen, besonders für die Mutter, welche Albrecht nach dem Tode seines Vaters zu sich genommen und liebevoll verpflegt hatte. Ingleichen hatte Albrecht auch seine zwei Brüder, Andreas und Hans, zu sich genommen. Selbst in der Ferne gedachte der brave Mann getreulich an die Seinigen, wie die folgenden Zeilen beweisen, die er von Venedig aus, wo er am Schlusse des Jahres 1505 angelangt war, an Willibald Pirkhaimer schrieb:

»Ich bitt' Euch, sprecht zu meiner Mutter, daß sie sich gütlich thue und ob sie zu Euch käme, Leihens halb, so wollet ihr Geld geben, bis mir Gott hinaushilft, so will ich's Euch zu Dank gar ehrbarlich bezahlen. Um meines Bruders Hans halber sprecht zu meiner Mutter, daß sie mit Wohlgemuth rede, ob er sein bedarf, daß er ihm Arbeit gebe, bis ich zurückkomme. Mit meinem Weib, denk' ich, hat's keine Noth. Ich hab' ihr Geld über Frankfurt gesendet und ob ihr mangelt, muß der Schwager helfen.«

In Venedig gefiel es unserm Albrecht sehr wohl und er verlebte daselbst fröhliche Tage. Hier sah er sich in einer ganz neuen Welt, er ward überall mit Hochachtung und Liebe ausgenommen und seine Arbeiten wurden ihm reichlich mit goldenen Dukaten bezahlt. Die italienischen Maler schimpften voll Neid auf den deutschen Meister; aber heimlich kopirten sie seine Bilder, wo sie derselben habhaft werden konnten.

Albrecht Dürer gab sich aber auch alle Mühe, immer noch Neues zu lernen. So reiste er nach Bologna nur in der Absicht, die Perspektive vollkommen zu erlernen, und als er ein Gemälde wieder zu Gesicht bekam, das er vor elf Jahren angefertigt hatte, sprach er offen darüber also: »Dieses Ding, das mir vor elf Jahren so wohl gefallen hat, gefällt mir jetzt gar nicht mehr und wenn ich nicht wüßte, daß es von mir wäre, so würde ich es nicht glauben.«

Von den Gemälden, welche Dürer in Venedig anfertigte, ist wohl das prächtigste die Krönung Kaiser Maximilians I. und seiner Gattin, ausgezeichnet durch die Schönheit und den Glanz der Farbe. Da wurden die neidischen Kunstgenossen Albrecht's zum Schweigen gebracht, denn sie hatten gesagt, im Kupferstechen verstehe wohl der deutsche Mann seine Sache, aber die Farben wisse er nicht zu behandeln. Nun bekannte Jedermann, schönere Farben habe man noch nicht gesehen.

Wie die Italiener dies Bild bewunderten, so wunderten sie sich auch über Dürer's Vielseitigkeit, die sie sich gar nicht erklären konnten. Sie sahen von seiner Hand Zeichnungen, große Gemälde, Kupferstiche, Holzschnitte; sie erfuhren, daß er in Stein, Holz, Gyps und Elfenbein allerlei Kunstwerke zu arbeiten verstehe; daß er Basreliefs (halberhabene Bildhauerarbeiten) in Silber, Gold, Kupfer und andern Metallen verfertige; daß er in Holztafeln eine schöne Buchstabenschrift schneide; daß er in der Mathematik, namentlich in der Geometrie, dann in der Bildhauer- und Baukunst die gründlichsten Kenntnisse besitze – wie mußte diese Vielseitigkeit sie nicht befremden! Wie hätten sie dem kunstvollen Manne ihre Bewunderung und Achtung versagen können, der bei alle Dem so bescheiden und anspruchslos, so edelsinnig und bieder war, und der mit den Vorzügen seines Geistes die einnehmendsten und liebenswürdigsten Sitten verband!

Zu Bologna wurde er von den Malern auch sehr ausgezeichnet. Christoph Schauerl, ein berühmter Rechtsgelehrter, der sich damals eben in Bologna befand, schreibt von ihm unter Anderem:

»Mit verschiedenen Malern und andern Künstlern ist Albrecht Dürer in Gesellschaft. Eines Tages sollte jeder Künstler ein Probestück seiner Kunst ablegen. Als Dürern die Reihe traf, nahm er ein Stück Kreide, zog damit auf dem Tische einen Zirkel, punktirte die Mitte desselben und verlangte, man möchte nun mit dem Zirkel die Probe machen, ob sein aus freier Hand gezogener Kreis nicht die gehörige Rundung habe und ob das Zentrum getroffen sei. Zu Aller Erstaunen war er auch nicht um ein Haar breit abgewichen und einmüthig erkannte man ihm den Preis der Meisterschaft. Sie nennen ihn den Fürsten ihrer Kunst und preisen sich glücklich, seine persönliche Bekanntschaft gemacht und in ihm einen so großen Künstler und so frommen, leutseligen Mann gesunden zu haben.«

Es wird erzählt, Dürer habe noch andere italienische Städte besucht und er sei auch in Rom gewesen, wo er Michel Angelo's Bekanntschaft gemacht und mit Raphael Sanzio von Urbino ein Freundschaftsbündniß geschlossen habe. Ohne die Wahrheit dieser Angabe behaupten zu wollen, können wir wenigstens bestätigen, daß Dürer vor der Abreise nach Deutschland Raphael seine Verehrung bezeigt und ihm sein Portrait, in Wasserfarben gemalt, übersendet hat. Raphael nahm dieses Geschenk hoch aus und erwiderte es, indem er dem deutschen Künstler ein Heft eigenhändiger prächtiger Zeichnungen übersandte. Die beiden Meister wußten gegenseitig ihre Größe zu würdigen. Dürer bewahrte zeitlebens dem Raphael das geneigteste Andenken, und Raphael, durchdrungen von Dürer's Genialität, schmückte sein Zimmer mit Zeichnungen von dessen Hand.

 

3.

Im Jahre 1506 wendete Albrecht dem schönen Italien, wo er so glückliche Tage verlebt hatte, wieder den Rücken zu. Voll Wehmuth pilgerte er in die deutsche Heimath, denn er wußte wohl, daß es ihm an der Seite seines mürrischen, launenhaften Weibes nicht so Wohl werden würde, als in dem Kreise der trefflichen Männer, die er als Freunde im sonnigen Wälschland zurückließ. Gleichwohl wurde er besser empfangen als er vermuthete, indem die oft wiederholten Vorstellungen Willibald Pirkhaimer's nicht ohne Einfluß auf das Gemüth der Frau Agnes geblieben waren. Nicht mehr so sehr von häuslichem Unfrieden belästigt, wie in früherer Zeit, lebte Dürer in steter Thätigkeit seiner Kunst und genoß ungestört die Freundschaft Pirkhaimer's und die Freuden einer harmlosen Geselligkeit.

Dürer's hoher Künstlerruf erfüllte ganz Deutschland, und aus allen Gegenden kamen Besucher, welche ihm ihre Achtung zu bezeigen und seine persönliche Bekanntschaft zu machen wünschten. Selbst der Kaiser Maximilian besuchte ihn, setzte ihm ein Jahrgehalt von hundert Reichsgulden aus, verlieh ihm ein Wappen und überhäufte ihn mit Beweisen seiner Achtung. Eines Tages wollte Dürer in Gegenwart des kunstliebenden Kaisers, auf einer Leiter stehend, einen Riß entwerfen. Die Leiter schwankte und Max gab einem Ritter aus seinem Gefolge den Befehl, dieselbe zu halten. Als der Ritter nun zögerte, dem Befehl zu gehorchen, warf ihm der Kaiser einen verächtlichen Blick zu und hielt die Leiter selbst, indem er sagte: »Du Narr! Weißt du nicht, daß die Würde der Kunst höher steht, als alle elenden und zufälligen Vorzüge, so die Geburt verleihet? Leicht ist es mir, aus hundert niedrig gebornen Bauern Ritter und Edelleute zu machen; aber nimmer kann es mir gelingen, einen Ritter in einen solchen Künstler zu verwandeln, wie der ist, dem du eine so kleine Handreichung verweigert hast!«

Dürer zeichnete sich auch in wissenschaftlichen Arbeiten aus. Er schrieb ein mathematisches Werk unter dem Titel: Unterweisung in der Messung mit dem Zirkel und Richtscheit in Linien. Ebenen und ganzen Körpern, durch Albr. Dürer. Zusammengezogen und zu Nutz aller Kunstliebhabenden mit gehörigen Figuren in Druck gebracht. Im Jahre 1524. Das Buch erlebte mehrere Auflagen und wurde in's Lateinische und mehrere lebende Sprachen übersetzt.

Im Jahre 1527 gab er ein kleines Werk über die Befestigungskunst heraus und 1528 ein Heft über die Proportionen des menschlichen Körpers. Alle diese Bücher wurden mit dem größten Beifall ausgenommen.

Im Jahre 1520 hatte sich Dürer wieder eine Erholung von seinen anstrengenden Arbeiten gegönnt. Er unternahm, begleitet von seinem Weibe und einer Magd, eine Reise in die Niederlande. Der Ruf seines Namens ging wie ein Herold vor ihm her und öffnete ihm überall Thüren und Herzen. Aller Orten ward er glänzend empfangen und Jedermann bestrebte sich, den berühmten Mann auf das Beste zu bewirthen. Besonders aber ehrten ihn die Künstler. Auf der Malerakademie zu Antwerpen ward die Ankunft Dürer's wie ein Festtag begangen. »Sie gaben mir,« schreibt Dürer, »auf ihren Stuben ein großes Bankett zu Nacht und beschenkten mich. Die Rathsherren brachten mir 12 Kannen Wein und die ganze Gesellschaft von 60 Personen geleitete mich mit Windlichtern heim.«

Mit den berühmtesten Malern der Niederlande schloß Dürer innige Freundschaft, schenkte ihnen von seinen Werken, empfing von ihnen Gegengeschenke und erwarb sich besonders dadurch ihren Dank, daß er sie abkonterfeiete und ihnen die Portraits als ein Zeichen seiner Zuneigung schenkte.

Margaretha von Parma, die kunstliebende Schwester Karl's V., Statthalterin der Niederlande, hatte kaum seine Ankunft erfahren, als sie ihn auch an den Hof entbot und mit vielen Ehren überhäufte. Durch ihre Vermittelung erhielt Dürer das Diplom als kaiserlicher Hofmaler. Besonders freundlich gegen ihn bewiesen sich die portugiesischen Gesandten und der König Christian II. von Dänemark, der sich zweimal von Dürer malen ließ. Aus dessen Schiffe fuhr Dürer nach Brüssel, ward da verschiedene Male zu des Königs Tafel gezogen, überaus huldreich ausgenommen und beschenkt, als er die besten seiner Kupferstiche überreichte.

In der Mitte des Jahres 1521 kehrte Dürer nach Nürnberg zurück, hatte aber leider nun wieder von der Zanksucht seines Weibes zu leiden. In den letzten Jahren seines Lebens quälte ihn die Xantippe mehr als je; denn mit dem zunehmenden Alter wuchs auch ihre böse Laune, und ihr Geiz wurde immer unerträglicher. Sie störte selbst ihres Mannes einzige Erholung, den geselligen Umgang mit seinen Freunden, und so erlag denn endlich der kränkliche Körper des edlen, sanftmüthigen Mannes dem täglich wiederkehrenden Kummer und Aerger. Er starb an der Auszehrung am 6. April 1528, beklagt und beweint von Tausenden. In Nürnberg auf dem Kirchhofe der St. Johanniskirche ruhen seine Gebeine. Ein breiter Stein bezeichnet sein Grab. Die Inschrift lautet:

 

Memoriae Alberti Dureri.
Quidquid Alberti Dureri mortale fuit, sub hoc conditur tumulo, emigravit VIII Idius Aprilis MDXXVIII.

Ein Verehrer und Landsmann Dürer's, von Sandrart, erneuerte im Jahre 1681 sein Grabmal und schmückte es mit einer messingenen Tafel, deren Inschrift also lautet:

 

Vixit Germaniae suae Decus
Alberus Durerus,
Artium lumen, sol Artificum,
Urbis patriae ornamentum,
Pictor, Chalcographus Sculptor
Sine exemplo, quia omniscius
Dignus inventus Exteris,
Quem imitadum censerent.
Magnes Magnatum, Cos ingeniorum
Post sesquiseculi Requiem
Quia parem non habuit,
Solus heic cubare jubetur.
Tu flores sparge, Viator.

Zu deutsch:

Es lebte als Schmuck seines Deutschlands
Albrecht Dürer,
Ein Licht der Künste, der Künstler Sonne,
Seiner Vaterstadt Zierde,
Maler, Kupferstecher, Bildner
ohne Gleichen, weil er bei seinem reichen Wissen
würdig erfunden wurde, daß die
Ausländer ihm nachzuahmen riethen.
Ein Magnet der Großen, ein Wetzstein
der Talente, weil er nach einer Ruhe
von anderthalb Jahrhunderten seines
Gleichen nicht hatte, so muß er hier allein ruhen.
Streue ihm Blumen, o Wanderer!


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