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III. Bekämpfer der Reformation.

 

Ignaz von Loyola (1492-1556).

 

1.

Ignaz von Loyola war der Sohn eines spanischen Edelmannes, der mit Kindern reich gesegnet war. Er verließ das väterliche Haus in seinem sechszehnten Jahre und versuchte sich zuerst als Page am Hofe Ferdinands und Isabellen's, dann als Soldat im Dienste eines Herzogs von Najara, wo er sich durch sein schönes, kräftiges Aeußere und durch seinen Anstand so auszeichnete, daß er zu den artigsten Kavalieren gerechnet wurde. Er dürstete nach einer Gelegenheit, seinen Heldenmuth zu zeigen, und wußte nicht, welchen schlimmen Ausgang seine erste Kriegsthat nehmen, und noch weniger, welche sonderbaren und merkwürdigen Folgen dieser Ausgang für sein ganzes Leben haben sollte.

Die Franzosen, welche den von Ferdinand aus seinem Reiche verdrängten König von Navarra wieder einsetzen wollten, benutzten Karl's V. Reise nach Deutschland, um in Spanien einzufallen. Sie fanden keinen Widerstand und drangen schnell bis Pampelona vor. Unter dem kleinen Häuflein, welches diese Stadt vertheidigen sollte, befand sich unser Loyola. Vergebens feuerte er die Bürger zum Widerstande an; die Stadt ergab sich ohne Schwertstreich. Er, voller Zorn über diese Treulosigkeit und Feigheit, aber entschlossen, noch das Aeußerste zu wagen, warf sich mit wenigen Getreuen in die Burg. Man forderte ihn aus, sich zu ergeben, doch er verachtete die unwürdigen Bedingungen und reizte den Feind zum Sturmlaufen. Das Geschütz warf einen Theil der Mauer nieder, Loyola trat vor die Bresche und wehrte die Stürmenden ab. Da plötzlich riß eine Kanonenkugel die Mauer neben ihm ein, ein losbrechender Stein zerschmetterte ihm den linken Fuß und brach ihm das Bein; seine Kameraden flohen und die Franzosen eroberten die Burg.

Sie bewilligten den braven Spaniern freien Abzug und Loyola ließ sich nun zu seinen Geschwistern bringen, um seine Wunden heilen zu lassen. Ein ungeschickter Wundarzt setzte ihm das Bein so falsch ein, daß ein besserer, den man später zu Rathe zog, erklärte, wenn der Schaden ganz gehoben werden sollte, so müsse das Bein noch einmal wieder zerbrochen werden. Loyola unterwarf sich dieser schmerzhaften Operation ohne alle Klage, ja er ließ sich mit gleichem Heldenmuth noch ein Ueberbein aussägen, das sich unter dem Knie gebildet hatte. Und als trotz der zweiten Heilung das Bein doch noch zu kurz zu werden drohete, ließ er sich auch noch mehrere Monate lang den schmerzhaften Zwang dehnender Gewichte und Kompressen gefallen. Beweise genug von einer Stärke des Ehrgefühls, das ihm den Gedanken, sein so ruhmvoll begonnenes Leben thatenlos zu vollenden, unerträglich machen mußte.

 

2.

Um die Langeweile zu zerstreuen, die sein feuriger Geist während der langwierigen Kur empfand, fiel er auf's Lesen. Aber leider war auf den Gütern seiner Verwandten kein anderes Buch aufzutreiben, als eine Legendensammlung von echt katholischer Salbung. Diese durchlas er mit großer Aufmerksamkeit, und je mehr er über das Gelesene nachdachte, desto interessanter wurde ihm das Studium. Er machte allerlei Betrachtungen über die wunderbaren Führungen der Menschen; er verglich sein Schicksal mit dem der Heiligen und je mehr seine Schmerzen ihn zur Religion hinleiteten, desto fester wurde er überzeugt, daß eben dies sein Unglück eine Fügung Gottes sein könnte, durch welche er zu einem ihm bis dahin unbekannten Beruf, nämlich zum Märtyrerthum, hingeführt werden sollte.

Die Verwandten bemerkten mit Unruhe die Veränderung, die durch die Lesung jener Bücher in ihm hervorgebracht worden war, aber vergebens bemüheten sie sich, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Sein Entschluß stand fest, ein Heiliger zu werden, und sobald sein Bein geheilt war, beurlaubte er sich bei den Seinigen, um die Reise nach Jerusalem anzutreten. Das Reisegeld, welches ihm sein ältester Bruder mitgab, vertheilte er an die Armen, und nun setzte er seinen Pilgerstab auf den Weg nach Barcellona. Unterwegs legte er in der Kapelle der Mutter Gottes zu Monte Serrato das Gelübde der ewigen Keuschheit ab und empfahl sich dem Schutze der Himmelskönigin; er beichtete dann und machte von seinem Schwerte den letzten Gebrauch, indem er damit vor dem Bilde der Mutter Gottes Schildwache stand. Dann legte er Schwert und Dolch für immer in dem Kloster nieder und vertauschte seine Kleider mit einem Sack und einem Strick, ging auch anfangs barfuß, bis ihn der Schmerz in seinem geschwollenen Fuße zwang, diesen mit Pfriemenkraut zu umwickeln. Bettelnd half er sich von Dorf zu Dorf, bis er nach der Stadt Manresa kam. Hier brachte er in einer Höhle vor der Stadt eine Woche lang ohne Speise und Trank zu, und er wäre gewiß daselbst gestorben, hätten nicht zufällig Leute den Eremiten entdeckt und ihn in's Leben zurückgerufen. In dem unnatürlichen Zustande geistiger Abspannung, in dem er gelegen hatte, waren ihm die seltsamsten Gestalten vorgekommen, deren er sich nun als göttlicher Offenbarungen rühmte. Selbst die unbegreifliche Dreieinigkeit hatte sich ihm enthüllt.

Eine übertriebene Strenge gegen sich selbst unterhielt diese religiöse Schwärmerei ununterbrochen fort. Dreimal des Tages geißelte er sich, sieben Stunden brachte er mit Gebet zu, seine Nahrung war Wasser und Brod, sein Lager die bloße Erde. Je mehr diese Lebensart ihn abzehrte, desto stolzer ward er auf seine Entkräftung, und je ähnlicher sein Aeußeres einem Rasenden wurde, desto heiliger kam er sich vor. In Manresa machte er so großes Aufsehen, daß Alt und Jung ihm nachlief; selbst die Damen interessirten sich für ihn, sie halfen liebreich seinem Mangel ab, pflegten seiner während eines heftigen Fiebers und bewogen ihn, von seiner Strenge künftig etwas nachzulassen. So setzte er denn seine Reise in einem tuchenen Mantel und mit Hut und Schuhen bekleidet fort.

 

3.

Im Anfang des Jahres 1523 schiffte er sich in Barcellona ein. Der Schiffskapitän nahm ihn frei mit nach Italien, aber das Geld zum Schiffszwieback hatte er sich erst in der Geschwindigkeit zusammenbetteln müssen. Als er in Gaëta angekommen war und nun Italien durchwanderte, lief er Gefahr, zu verhungern, denn die Pest herrschte damals in Italien und alle Einwohner verschlossen ihre Häuser. In Rom angelangt, küßte er dem Papst Hadrian VI. den Pantoffel und ging dann trotz der Pest sogleich nach Venedig. Seine tiefliegenden brennenden Augen und sein ganzes übriges Aussehen verscheuchten Alles von ihm, man glaubte das Bild der Pest leibhaftig vor sich zu sehen. Ueberall zurückgestoßen, oft erschöpft von der furchtbaren Anstrengung, aber nicht im mindesten unzufrieden mit sich selbst, langte er in Venedig an und begab sich auf ein Schiff, das eben segelfertig lag. Während der Fahrt hielt er den Matrosen Strafpredigten über ihre gottlosen Reden mit einem Eifer, in welchem ihn weder Gelächter noch Drohungen irre machen konnten. So kam er nach Cypern und endlich nach Palästina. Wie schlug sein Herz, als er den heiligen Boden betrat! Ganz aufgelöst in Entzückung begann er stehenden Fußes die Wallfahrt nach Jerusalem. Freudenthränen stürzten ihm aus den Augen, da er die Stadt erblickte; die Kreuzigungs- und die Begräbnißstätte des Heilandes verließ er in einigen Tagen nicht, und knieend küßte er unaufhörlich die geweihete Erde.

Leider ward sein Entzücken bald unterbrochen; denn kaum hatte er seinen Vorsatz, in Palästina die Ungläubigen zu bekehren, ruchbar werden lassen, so lehnten sich die Mönche des Franziskanerklosters eifersüchtig gegen ihn auf und der Guardian ließ ihn ohne Umstände, eben da er auf dem Oelberge betete, aufgreifen und mit Gewalt auf ein Schiff bringen, das nach Venedig zurückkehrte. Nach einer beschwerlichen Fußwanderung von Venedig nach Genua schiffte er sich wieder nach seinem Vaterlande Spanien ein und kam glücklich im Hafen von Barcellona an.

 

4.

Was nun beginnen, nachdem der Bekehrungsplan verunglückt war? Denn noch immer lebendig loderte in ihm die Begierde, sich einen Namen zu machen. Wie, wenn er einen Orden stiftete? Aber dazu reichte der bloße Ruf der Heiligkeit nicht hin; um über den Willen Anderer zu herrschen, muß man ihnen an Verstand überlegen sein. Also Wissenschaft, Wissenschaft mußte erst erworben werden. Aber im 33. Jahre noch mit der lateinischen Grammatik anzufangen – das mußte einem feurigen Gemüth doppelt schwer werden. Er quälte sich über seine Kräfte, ängstigte sich ab, daß doch auch gar Nichts in seinem Kopfe haften wollte, bat seinen Lehrer, einen Cisterzienser, doch ja nur des Unterrichts nicht müde zu werden, und flehete in seinem täglichen Gebete die Mutter Gottes an, sein Gedächtniß zu stärken und ihm das schwere Latein zu erleichtern.

Als er sich endlich nach langer Anstrengung fähig glaubte, einen lateinischen Vortrag zu verstehen, ging er auf die Universität nach Alkala. Aber sein Unstern verfolgte ihn auch hier. Er hatte kaum angefangen, sich in Predigten hören zu lassen, als er einen solchen Zulauf bekam, daß die Inquisition, aus Furcht vor Neuerungen, ihm die Kanzel verbot. Unwillig darüber ging er nach Salamanka. Hier ging's ihm nicht besser; er ward sogar wegen seiner Schwärmereien in den Kerker geworfen und zur Untersuchung gezogen. Seine Antworten verriethen Geist und Scharfsinn; man erstaunte über ihn, verbot ihm aber doch das Predigen. Im höchsten Verdruß entschloß er sich nun, nach Paris zu gehen, wo man doch wenigstens von einer Inquisition nichts wußte.

Im Februar 1529 kam er in der Hauptstadt Frankreichs an. Vier Jahre lang kämpfte er hier in Elend und Mangel, verschlang aber mit Heißhunger die philosophischen und theologischen Vorlesungen der berühmten Lehrer und ward um so weniger in seinen Studien gestört, als er sich aus Unkunde der Landessprache den Volksunterricht, seine Leidenschaft, versagen mußte. Aber außerordentlich muß doch immer der Eindruck gewesen sein, den er aus seine Umgebung zu machen wußte, denn er erwarb sich auch in Paris durch seine Reden bald so viel Verehrer, daß er die Aufmerksamkeit der Sorbonne Das höchste geistliche Kollegium in Paris. auf sich zog. Er ward über seine Meinungen zur Rechenschaft gefordert, aber diesmal, da er sich mit Klarheit und Würde rechtfertigen konnte, ehrenvoll entlassen.

In Paris reifte nun sein Plan, den er schon lange im Herzen trug, einen Orden zu stiften. War ihm auch das Ganze seines Vorhabens noch nicht recht klar, so warb er doch immer im Voraus für die neue Gesellschaft. Seine ersten Anhänger waren fünf Spanier und ein Savoyarde; diese ließ er am 15. August 1534 auf eine geweihete Hostie schwören, nach geendigtem theologischen Kursus allen weltlichen Dingen zu entsagen, und mit ihm zuerst nach Rom und dann nach Palästina zu gehen. Da er aber zuvor sein Vaterland gern noch einmal Wiedersehen wollte, so verließ er seine Freunde im Herbst 1535, und verabredete mit ihnen, daß sie in Venedig sich wieder treffen wollten.

 

5.

Seine Reise nach Spanien glich den früheren Pilgerfahrten; sie war ein Wechsel von Predigen, Bekehren, Krankenpflege und Betteln. Man kannte ihn nun schon überall und verehrte ihn auch wirklich wie einen Heiligen. Seine Verwandten suchten ihn zu bereden, in Guipuzkoa zu bleiben, aber vergeblich. Er schiffte sich ein, landete in Genua, pilgerte zu Fuße nach Venedig, und hatte sich auch hier schon durch seine Predigten und seine Enthaltsamkeit einen Namen gemacht, als seine Freunde zu ihm stießen. Sie verweilten in Venedig bis zum Frühjahr 1537, und beschäftigten sich mit Bekehrungen ruchloser Menschen, mit Zuspruch an Sterbebetten, mit Predigen und der Pflege aller Kranken im dortigen Hospitale, wobei sie eine so beispiellose Standhaftigkeit und Selbstverleugnung zeigten, daß schon die bloße Lesung ihrer Thaten unser Gefühl empört. Der Spanier Franz Xaver z. B. fand es gar nicht ekelhaft, jenen Unglücklichen, deren Körper mit den bösartigsten Beulen und Geschwüren bedeckt war, den Eiter mit dem Munde auszusaugen.

Unterdessen war der Türkenkrieg wieder ausgebrochen, und vor der Hand war an keine Ueberfahrt nach Jerusalem zu denken. Die Glieder der kleinen Gesellschaft zerstreuten sich daher in die Städte Oberitaliens, trieben ihre christlichen Beschäftigungen fort und fanden überall Zulauf und Verehrung. In Loyola's Kopf war nun der alte Plan, einen Orden zu stiften, zur Reife gekommen. Da aber die Bekehrung der Ungläubigen im Morgenlande aufgegeben werden mußte, wollte er nun die Ungläubigen im Abendlande bekehren, denn er rechnete auch die Protestanten zu den Ungläubigen. Er beschloß, das wankende Ansehen des Papstes zu stützen und gegen den mehr und mehr sich verbreitenden Protestantismus zu Felde zu ziehen. Das tiefsinnige, ununterbrochene Brüten des lebhaft begeisterten Mannes über diesen Plan spannte seine Nerven wieder so an, daß er abermals Erscheinungen hatte; Christus selber erschien ihm in Gestalt eines Werbeoffiziers, und sagte zu ihm: »In Rom werde ich dich unterstützen.«

So ging er denn mit zweien seiner Jünger nach Rom und legte dem Papste ein kleines Geschenk an Gelde zu Füßen, welches die Gesellschaft von dem Ersparten ihrer reichlich empfangenen Almosen zusammen gebracht hatte. Der Papst freute sich dieses Beweises von Ergebenheit und hörte des Loyola Vorschläge mit großer Aufmerksamkeit an. Erwünschter konnte ihm in der damaligen Krisis nichts kommen, als das Anerbieten, geistliche Streiter, eine päpstliche Armee zu organisiren, deren Zweige sich durch alle Länder erstrecken sollten und die mit aller Macht die Feinde des Papstes bekämpfen wollten. Der Papst bestätigte im Jahr 1540 feierlich die neue Brüderschaft, ernannte den Loyola, dessen heller Verstand ihm Bewunderung eingeflößt hatte, zum General des Ordens und gab ihm die Erlaubniß, den neuen Staat einzurichten. Sogleich wurden Proselyten aus allen Ständen und Altern geworben und in kurzer Zeit war die Zahl der Mitglieder schon zu mehreren Hunderten angewachsen.

 

6.

Die Einrichtung dieses Ordens, den man nach Loyola's letzter Erscheinung den Namen der Gesellschaft Jesu gab, ist das Werk des feinsten Verstandes. Die Verfassung war monarchisch. Dem General, der in Rom lebte, waren die Untergenerale in den Provinzen unterworfen und von diesen gingen wieder, wie beim Militär, unendliche Stufen bis zum gemeinsten Bruder herab. Durchgängig herrschte der strengste Gehorsam. Ueber das kleinste Unternehmen und Wirken jedes Einzelnen wurden Protokolle geführt und dem General eingesandt. Ueber die Aufzunehmenden wurde die strengste Prüfung gehalten; die Oberen beobachteten erst sorgfältig ihre Neigungen und Fähigkeiten, um dann mit Sicherheit Jedem seinen Wirkungskreis zu bestimmen. Die Gewandtesten und Verschlagensten sandte man an die Höfe und schlug sie zu Beichtvätern und Prinzenerziehern vor; die gelehrtesten beförderte man zu Schulämtern oder überließ sie ihrer Neigung zur Schriftstellern; die Schwärmer versandte man als Missionäre, und die offensten und biedersten Leute stellte man an solche Plätze, wo sie ihr Licht am besten leuchten lassen und dem Orden das meiste Vertrauen erwecken konnten. Das Gelübde der Armuth erließ man den Gliedern der Gesellschaft gern, um sie dafür desto sicherer an das Gelübde des Gehorsams zu fesseln. Wer das letztere übertrat, ward sogleich aus dem Orden gestoßen, und damit kein Jesuit durch ein anderes Interesse von dem des Ordens abgezogen würde, stellte man ein Gesetz auf, welches die Mitglieder von allen kirchlichen Würden ausschloß. In der Folge wurden nur wenig Ausnahmen von diesem Grundsätze gemacht.

Dadurch, daß man keinen zu einer bestimmten Beschäftigung zwang und die Mitglieder von den geistlichen Geschäften anderer Orten (als Beten, Messelesen, Horensingen etc.) freisprach, verschaffte man ihnen Zeit und Lust, sich auch mit nützlichen Wissenschaften zu beschäftigen. Daher hat kein anderer Orden so viele treffliche Lehrer und Schriftsteller aufzuweisen, wie die Jesuiten. Spitzfindige Theologen, eifrige Beichtiger, leidenschaftliche Kanzelredner, ausharrende Missionäre, geschickte Meßkünstler, Astronomen und Mechaniker, ja selbst treffliche Gesetzgeber sind unter ihnen in Menge aufgestanden.

Diese Vielseitigkeit mußte ihnen offenbar die Hochachtung des Volkes verschaffen. Man verband im 16. und 17. Jahrhundert mit dem Namen Jesuit eben so schnell den Begriff eines brauchbaren und klugen Kopfs, als man jetzt etwa mit dem Worte Herrnhuter den Begriff eines friedlichen und betriebsamen Bürgers verbindet. Was ihnen aber bei der Menge den größten Eingang verschaffte, war die Uneigennützigkeit, mit der sie sich überall des Jugendunterrichts annahmen. In jenen Zeiten, wo gute Lehrer so selten waren, hielt man es für eine göttliche Wohlthat, daß so viele geschickte Leute sich freiwillig erboten, umsonst zu unterrichten. Auch ihre Predigten gefielen weit mehr, als die anderer Geistlichen, und als Beichtväter wußten sie sich durch ihre Gefälligkeit und Gewandtheit höchst beliebt zu machen. So konnte es denn nicht fehlen, daß der Orden in weniger als 50 Jahren nicht nur über ganz Europa, sondern selbst über die anderen Welttheile verbreitet war und unermeßliche Reichthümer erwarb, die er theils freiwilligen Geschenken und Vermächtnissen, theils dem Handel der indischen und amerikanischen Missionäre verdankte. Länger als 200 Jahre waren die Jesuiten in allen fürstlichen Kabinetten und bei allen politischen Verhandlungen thätig, sie waren im Besitz der Erziehung fast der ganzen katholischen Jugend, in die sie sorgfältig den bittersten Haß gegen den protestantischen Glauben pflanzten; sie verbreiteten das Papstthum in den fernsten Weltgegenden und errichteten sogar ein großes Reich im Innern von Südamerika, in Paraguay. Der bereits erwähnte Xaver versuchte sein Heil als Missionär in Ostindien, Ceylon und Japan und endigte sein thätiges Leben in China (1552). Ihm folgten viele Andere und die ersten umständlicheren Nachrichten, die wir von China besitzen, stammen von Jesuiten her.


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