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1.
Sobald Julian den Kaiserthron bestiegen hatte, erklärte er sich mit allem Eifer für das Heidenthum. Auf seinen Befehl mußten die von Konstantin geschlossenen Göttertempel wieder geöffnet werden, die in Verfall gekommenen wurden ausgebessert, andere neu wieder ausgebaut. Die heidnischen Priester erhielten das volle Ansehen wieder, das sie seit Konstantin verloren hatten; alle Opfer und Ceremonien wurden wieder eingeführt. Julian selber schrieb an die Städte, welche dem Heidenthum treugeblieben waren, und munterte sie auf, sich Alles, was sie wünschten, von ihm auszubitten.
Der Geschäftigste in der Götterverehrung war er selbst. Er hatte sich zum Oberpriester ernennen lassen und zum Vorsteher des Orakels Apollo's. Sein Garten war mit Altären angefüllt, die er allen Göttern errichtet hatte und auf denen er jeden Morgen opferte. In seinem Palaste hatte er eine Kapelle, welche der Sonne gewidmet war; daselbst brachte er bei Aufgang und Niedergang des Tagesgestirns Opfer. In den Tempeln erschien er öfters und schlachtete da selber die Opferthiere. Vor den Götterbildern knieete er nieder, um mit seinem Beispiele das Volk aufzumuntern, ein Gleiches zu thun. Die Christen nannte er verächtlich bloß »Galiläer«, aber er verfolgte sie nicht, ließ selbst arianische Die Streitfrage, ob der Sohn Gottes mit dem Vater gleichen Wesens sei oder nicht, theilte damals die Christenheit in zwei Parteien, die sich tödtlich haßten. Daß der Sohn mit dem Vater nicht gleichen Wesens sei, behauptete Arius, ein Presbyter in Alexandrien; daß sie Beide gleichen Wesens seien, behauptete der Bischof Alexander. Die Meinung des Letzteren siegte auf der Kirchenversammlung zu Nicäa 325; aber die Meinung des Ersteren ward dadurch nicht unterdrückt. Sie pflanzte sich weiter fort und ihre Anhänger hießen Arianer. Dagegen hießen diejenigen, die sich an den Ausspruch der Kirchenversammlung zu Nicäa oder an die allgemein herrschende (katholische) Lehre hielten, Rechtgläubige oder Katholiken, und ihr Glaube der katholische. Bischöfe wieder zurückkommen, die unter den vorigen Regierungen vertrieben worden waren. Denn leider waren schon damals unter den Christen viele Parteien, die sich zankten wegen einiger Abweichungen im christlichen Glauben und nicht des Gebotes Christi eingedenk waren: »Liebet euch untereinander!« Namentlich aber war die Erziehung, welche sein Vetter Konstantius dem Julian hatte geben lassen, der Art gewesen, daß eine Abneigung gegen das Christenthum in dem kaiserlichen Neffen entstehen mußte. Man hatte ihn und seinen Bruder Gallus zu den strengsten Bußübungen angehalten und die Knaben sogar gezwungen, auf dem Grabe eines Märtyrers mit eigener Hand eine Kapelle zu erbauen. Der frische aufstrebende Geist des talentvollen Julian wurde bloß mit kirchlichen Ritualien und Litaneien genährt und die Lektüre der Bibel ward ihm durch den Zwang verleidet, womit man sie ihm aufdrang.
2.
Julian war kein schlechter Mensch, ja er hatte viele Tugenden. Er führte ein sehr thätiges Leben, lebte stets einfach und mäßig und strebte nach dem Guten, wenn er sich auch in den Mitteln irrte. Er brauchte nur wenige Zeit zum Schlafe. Ohne Ausnahme stand er um Mitternacht auf, nicht von weichen Federbetten und seidenen Decken, sondern von einer gemeinen Matratze. Nach einem stillen Gebet an den Merkur, den er für den Weltgeist hielt, der die Seelen in Thätigkeit setze, widmete er sich zuerst den öffentlichen Geschäften, um das gemeine Beste zu fördern und den Gebrechen des Staates abzuhelfen. War dies als das Wichtigere abgethan, so beschäftigte er sich, um seine Kenntnisse zu vermehren und seine Grundsätze zu befestigen, mit der Philosophie, Geschichte, Beredtsamkeit oder Dichtkunst; ja er schrieb selbst Werke, von denen wir noch mehrere besitzen. Den Vormittag brachte er wieder mit öffentlichen Geschäften zu; das Mittagsmahl war kurz. Oeffentliche Schauspiele, denen seine Vorgänger einen großen Theil ihrer Zeit geopfert hatten, konnten ihn nicht vergnügen. Wenn er ihnen beiwohnte, geschah es nur auf kurze Zeit und dem Volke zu Gefallen. Dann wendete er sich wieder zu den gewohnten Arbeiten, während seine Minister ausruheten.
Mit dieser außerordentlichen Thätigkeit, durch welche Julian seine kurze Regierung gleichsam verlängerte, verband er die größte Mäßigkeit. Schon als er, 24 Jahre alt, vom Kaiser Konstantius (dem Sohne Konstantins) zur Würde eines Reichsgehülfen (Cäsar) erhoben wurde, war er mit der schlechtesten Kost des gemeinsten Soldaten zufrieden. Seine kaiserlichen Vorgänger hatten ihre Tafeln mit den ausgesuchtesten und seltensten Leckereien besetzt; er blieb bei der einfachsten Kost.
Seine Kleidung war die allereinfachste; er verschmähte jeden Pomp. Seine Vorgänger hatten bei ihrer Prachtliebe eine Menge unnützer Diener gehalten, die ohne für den Staat etwas zu thun das Mark desselben aufzehrten. Er aber dankte sie alle ab, eben so sehr erstaunt über ihre große Zahl als über ihre Pracht und Ueppigkeit. Da er als Kaiser nach Konstantinopel kam (361), verlangte er einen Barbier, um sich das Haar abnehmen zu lassen. Ein schön geputzter Mann tritt in sein Zimmer. Der Kaiser stutzt und ruft unwillig: »Aber ich habe ja einen Barbier und keinen Finanzrath bestellt!« Man sagte ihm, dieser Mann sei der verlangte Barbier. Hierauf fragt er denselben, was er für Einkünfte habe? Der Barbier antwortete, täglich für zwanzig Sklaven Brod, Futter für eben so viel Pferde, einen ansehnlichen Jahresgehalt und noch bedeutende Nebengeschenke. Julian, hierdurch aufmerksam gemacht, gab ihm und mehreren tausend Köchen, Mundschenken und Verschnittenen den Abschied.