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Zwanzigstes Kapitel.
Marys Entscheidung

Zwei Tage lag Mary krank darnieder; am Nachmittag des dritten fühlte sie sich wieder stark genug, um das Bett zu verlassen und ihrem Schicksal ins Auge zu sehen. Ihrer harrte eine schwere Aufgabe, bei deren Erfüllung ihr niemand helfen konnte.

Flora war lange bei ihr gewesen und hatte sich liebevoll bemüht, ihr Zerstreuung zu verschaffen. Auf einem Tischchen neben dem Bett stand ein Strauß prachtvoller Rosen in einem Glase; Stanhope hatte dieselben für sie ausgewählt und von ihm kam auch das Kästchen mit ihrem Namen, das zwischen den Rosen verborgen lag. Was sein Inhalt war, wußte sie ohne es zu öffnen; sie wollte den kleinen goldenen Reif nicht sehen, der für sie das Sinnbild aller Erdenfreude war, von der sie scheiden mußte, um den Weg der Entsagung und der Pflicht zu gehen. Denn der Kampf, der jetzt in ihrem Innern tobte – das wußte sie – würde damit enden, daß sie in wenigen Stunden dies Haus auf immer verließe. Und sie mußte gehen ohne ein letztes Lebewohl, ohne einen Druck seiner Hand, der ihr Mut und Kraft gegeben hätte, das schwere Opfer zu vollbringen. Wohin aber sollte sie sich wenden? Welchen Ort sollte sie wählen, damit er ihr nicht folgen könnte? Nur eine Zufluchtsstätte schien ihr geeignet und doch dachte sie nicht ohne Grauen daran sie aufzusuchen. Die elende Wohnung auf dem Markham-Platz erschien ihr jetzt, nachdem sie ein so ganz anderes Leben kennen gelernt hatte, doppelt armselig. Und doch war dies der einzige Ort, an dem sie hoffen durfte ihren Vater wiederzusehen. Dort standen noch seine Apparate und seine geliebte Maschine. Er hatte ja versprochen über der Tochter Wohl zu wachen, sicherlich würde er erfahren, daß sie ihr Glück nicht gefunden hatte, und zu ihr zurückkehren. Aber ach, wie furchtbar war der Entschluß, alles hinter sich zu lassen, was der Sonnenschein ihres Lebens gewesen war.

Ihr Geld lag sicher in der Bank; die kostbaren Kleider und andern Luxusgegenstände, die sich während des letzten Monats in ihrem Besitz angesammelt hatten, packte sie in den Koffer, den sie zurücklassen wollte. Mit leeren Händen war sie in dies Haus gekommen, ebenso wollte sie auch von dannen gehen. Nun galt es noch, die Abschiedsbriefe an Stanhope und Flora zu schreiben, was viele Zeit in Anspruch nahm und ihr manche bittere Thräne kostete.

Als diese schwere Pflicht erfüllt war, legte sie sich wieder zur Ruhe nieder, um Kraft zu sammeln für alles was ihr noch bevorstand, denn im Laufe des Abends wollte sie ihre Flucht bewerkstelligen. Flora, das wußte sie, speiste heute bei ihrer Mutter und Stanhope ging sicherlich in den Klub. Sie brauchte dann nur nach einem Wagen zu schicken und durfte somit hoffen, ihr Vorhaben ohne Schwierigkeit ausführen zu können.

*


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