Adolf Glaser
Savonarola
Adolf Glaser

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Viertes Kapitel.
Savonarolas Eintritt in das Kloster.

Wenn in einer erblichen Monarchie der Sohn auf den Vater folgt, ist selten der Umschwung in den politischen Verhältnissen so auffallend, wie dies bei Wahlreichen der Fall ist. Auch unter den Päpsten des Mittelalters bedeutete sehr häufig die Wahl der Person einen vollständigen Umschwung aller inneren und äußeren Zustände. Die Hierarchie hatte damals ihre höchste Machtentfaltung erreicht, und wer auch nur kurze Zeit auf dem Stuhle Petri saß, konnte für seine Partei außerordentlich viel erreichen. Es war zugleich die Zeit, als man durch alle erdenklichen Mittel Pilger jeder Art nach Rom lockte und der Ablaßhandel im weitesten Umfang betrieben wurde. Durch den großartigen Zufluß von Geld entwickelte sich ein gesteigertes Bedürfnis nach materiellem und geistigem Luxus in der ewigen Stadt, so daß Rom zum zweitenmal der Mittelpunkt aller hohen Interessen wurde. Florenz wagte den edlen Wettstreit um die Palme des künstlerischen Ruhmes, aber schon unter Sixtus IV. übte Rom doch die größere Anziehungskraft auf hervorragende Talente aus. Der Baukünstler Baccio wirkte unter dessen Pontifikat und erbaute nicht nur die Brücke, sondern auch die Kapelle im Vatikan, die für alle Zeiten den Namen der Sixtinischen erhielt und als päpstliche Hauskapelle dient. Mehrere andre Kirchen brachten dem Meister Baccio unsterbliche Ehren.

Francesco Albescola della Rovere, Sohn eines armen Fischers an der Bucht von Genua, nahm das Gewand der Franziskaner, begann in Padua sich emporzuschwingen, stieg von Stufe zu Stufe, bis er endlich, hauptsächlich durch den allmächtigen Einfluß des Kardinals Borgia, dazu erwählt wurde, dem Papste Paul II. unter dem Namen Sixtus IV. auf dem päpstlichen Stuhl zu folgen.

Rom war damals durch Feuer und Raub, durch die dauernden Kriege zwischen den Orsini und Colonna verheert, und die Freigebigkeit der Päpste für ihre Söhne und Neffen, denen sie Würden und Ämter verliehen, schädigte die Kirche und beraubte den Schatz des apostolischen Stuhles. Um das Volk über seine geringe Herkunft zu täuschen, erhob Sixtus seine beiden Neffen, Peter Riario und Julius della Rovere, zu Kardinälen und verlieh ihnen großen Besitz 64 und reiche Einkünfte. Sofort zeigte sich der Unterschied zwischen Peter Riario und Julius; ersterer entfaltete eine übertriebene Pracht in Festen und Gelagen, während letzterer den Künsten, namentlich dem Bauwesen, seine Aufmerksamkeit schenkte. Die bildenden Künste näherten sich bereits ihrer höchsten Blüte, und von den Malern, die unter Sixtus IV. in Rom Kunstwerke schufen, waren namentlich Luca Signorelli und Sandro Botticelli aus Florenz von großer Bedeutung.

Wie einst dem Florentiner Cosmus von Medici in Rom der Papst Nikolaus V. in Bezug auf die Wiedererweckung der klassischen Litteratur an die Seite getreten war, so standen nun die Bestrebungen des Papstes Sixtus IV. mit denjenigen Lorenzos von Medici fast auf gleicher Stufe. Die Wiederbelebung der klassischen Bildung bedurfte eben eines Zusammenwirkens von hervorragenden Geistern und günstigen Umständen, wie es damals vorhanden war. Wenn einst Cosmus von Medici den Grund zu der Bibliothek von San Marco legte, so schuf Nikolaus V. die Anfänge der Vatikanischen Bibliothek; er ließ nicht nur durch griechische Gelehrte nach alten Manuskripten forschen, sondern auf seine Veranlassung versuchte man auch den Homer, den Aristophanes und die griechischen Tragiker zu übersetzen. Man sprach damals ebensogut von einem römischen wie von einem florentinischen Musenhof, und die aus Deutschland auftauchende Buchdruckerkunst gab diesen Bestrebungen einen neuen, in seiner Tragweite gar noch nicht begriffenen Aufschwung.

Nach Nikolaus' V. Tode trat ein Stillstand ein, weil andre Interessen überwogen. Sein Nachfolger, Calixtus III. aus dem Hause Borgia, soll beim Eintritt in das Büchergemach ausgerufen haben: »Seht doch, wofür dieser den Schatz der Kirche Gottes geleert hat.« Auf Calixtus III. folgte wieder ein Bücherfreund. Der Kardinal Eneo Silvio Piccolomini, der als Papst den Namen Pius II. annahm, ist selbst einer der fruchtbarsten Schriftsteller seiner Zeit gewesen, und ein griechischer Gelehrter, Johannes Argyropulos, der Lehrer Lorenzos und Julius' von Medici, der in späteren Jahren nach Mailand an den Hof Ludwig Sforzas (il Moro) kam, erfreute sich seiner besondern Gunst. Auf Pius II. folgte Paul II., unter dessen Regierung die geistigen Bestrebungen in große Gefahr gerieten, weil das Durchforschen der alten Dichterwerke, das Durchsuchen der Katakomben nach Inschriften und Gegenständen des altrömischen Lebens als eine Hinneigung zum Heidentume aufgefaßt wurde. Wie in Florenz unter Lorenzos von Medici Führung sich ein Gelehrtenverein gebildet hatte, der die griechische Philosophie des Plato studierte und dessen Mitglieder sich selbst in poetischen Schöpfungen versuchten, so hatte sich auch in Rom eine Art von Akademie hervorgethan, welche ganz dieselben Zwecke verfolgte. Aber dieses Streben gab Anlaß zu Verdächtigungen. Die Mitglieder der litterarischen Gesellschaft legten sich bei ihren Zusammenkünften griechische und lateinische Namen bei, und diese unschuldige Spielerei brachte sie in den Verdacht heidnischer Gesinnungen, worauf der Papst eine Verfolgung ihrer Bestrebungen anordnete.

Papstkrypta in den Katakomben des Calixtus.

65 Unter Papst Sixtus IV. nahm das Studium der antiken Welt einen neuen Aufschwung, aber auch zu seiner Zeit traten zuweilen Befürchtungen auf, weil man in diesen Liebhabereien eine Gefahr für die Kirche erkennen wollte. Lange Zeit waren die Katakomben, jene altchristlichen Gräberstätten, die ursprünglich Steinbrüche gewesen, labyrinthisch ausgehöhlte Gänge, in denen dann die ersten Bekenner des Evangeliums ihre Toten durch Einschiebung der Särge in entsprechend große Wandnischen beigesetzt hatten, weil sie dieselben nicht verbrennen mochten und nicht in die Erde begraben durften, völlig vergessen geblieben, aber nun begann man in den Katakomben von S. Sebastiano und Calixtus zu forschen. Kurze Zeit darauf untersuchte man auch die heidnischen Grabmäler an der 66 Via Appia, teils in päpstlichem Auftrage, teils auf Veranlassung der Florentiner. Florentinische Wanderer entdeckten eines Tages ein antikes Grab und darin einen verzierten Sarkophag mit der vollständig erhaltenen Leiche eines jungen Mädchens. Ihr goldnes Haar war mit einem grünen Seidenbande zusammengehalten und mit vielen eine Krone bildenden Edelsteinen geschmückt. Der Körper zeigte sich so gut erhalten, daß der Tod erst tags zuvor eingetreten zu sein schien. Der Inschrift nach war es die Leiche einer römischen Kaisertochter. Ganz Rom geriet in Aufregung über diesen Fund, denn die Kirche wußte bisher nur von Beispielen zu erzählen, daß die Leichname von Heiligen sich durch Unverweslichkeit kenntlich gemacht hatten. Der Papst fürchtete, das Volk könne auf mancherlei heidnische Gedanken kommen, und es wurde den Ausgrabungen und Studien der Antike wieder einmal Einhalt gethan. War doch inzwischen das Lesen der alten Philosophen auch von Ausländern in Italien betrieben worden! So studierte Konrad Peutinger in Padua, Bologna und Rom die Rechtsgelehrsamkeit und beschäftigte sich zugleich mit dem neu erwachten Studium der schönen Wissenschaften, so daß er bei seiner Heimkehr nach Augsburg die Vorliebe für das klassische Altertum mitnahm. Von ungleich größerer Bedeutung war der Aufenthalt von Johann Reuchlin in Rom, der sogar vor Sixtus IV. eine lateinische Rede hielt.

Die Basilika St. Peter, ein ungeheures Werk aus den ältesten Zeiten des Christentums, woran viele Jahrhunderte hindurch gebaut wurde, bildete damals mit all ihren Nebengebäuden, Klöstern und Kapellen, den Wohnungen der Geistlichkeit und dem Vatikanischen Palaste, der dicht an sie stieß, eine Art geistlicher Festung, die verteidigt werden konnte und früher mehrmals erobert worden war. In ihr wurden die Kaiser gekrönt, die Bannflüche ausgesprochen oder aufgehoben. Zwei lange Reihen antiker Säulen trugen das Gebälke des Dachstuhls. In dem von Säulengängen umschlossenen Hofe vor der Kirche stand der ungeheure Pinienapfel von Bronze, der einst die Spitze von Hadrians Mausoleum gebildet hatte und jetzt zu einem Brunnen diente. Die Fassade der Kirche mit ihren sechs Eingängen war mit Fresken geschmückt.

Nikolaus V. faßte zuerst den Gedanken ihrer Umgestaltung; Vatikan und Kirche sollten von Grund aus erneuert werden. Als er starb, war kaum der Anfang gemacht, und das begonnene Werk blieb liegen.

Hatte man Sixtus den Vorwurf machen können, daß er unermeßliche Summen und ganze Länderstrecken an seine Verwandten verschwendete, so traf seinen Nachfolger Innocenz VIII. nach seiner Erwählung sofort die schwere Anklage, daß er die Tiara einer langen Reihe von Bestechungen verdankte, durch welche er sich die Mehrzahl der Stimmen der Kardinäle gesichert hatte, und es war bezeichnend genug, daß der kriegerisch gesinnte Kardinal della Rovere, welcher später unter dem Namen Julius II. den Thron der Kirche bestieg, als Belohnung für seine Stimme keine reichen Kirchengüter, sondern eine Anzahl starker Festungen sich verleihen ließ. Innocenz VIII. glich seinem Vorgänger 67 in keiner Beziehung. Auch er sorgte für seine Angehörigen, aber er verfolgte eine ganz andre Politik als Sixtus IV. Der Umstand, daß er ein Genuese war, erweckte das Mißtrauen der Venezianer gegen ihn; dagegen suchte er von Anfang an eine Annäherung an Lorenzo von Medici und zugleich an den König von Neapel. Gehörte die Familie Orsini zu den Gegnern des vorigen Papstes, so zog der gegenwärtige Kirchenfürst dieselbe überall in den Vordergrund und verfolgte dabei seine besonderen Pläne, deren Verwirklichung zum Teil in den Händen von Clarissa Orsini, der Gemahlin Lorenzos von Medici, lag.

Hatte Lorenzos Ehrgeiz nicht geringen Anteil daran gehabt, daß er die Tochter einer der angesehensten römischen Fürstenhäuser zur Gemahlin wählte, so wirkte nun der ungemessene Stolz Clarissas wieder zurück auf Lorenzo und bildete einen guten Teil der Ursachen, die ihn auf vielen Gebieten zu maßlosen Schritten trieben. Das Geld hatte für ihn nur als Mittel zur Befriedigung seiner politischen und künstlerischen Zwecke Wert. Ohne Clarissas Einfluß würde Lorenzo weniger dem politischen Ehrgeize gehuldigt haben, denn seine eigentliche Vorliebe wendete sich der Poesie und Kunst zu. Schon seine verstorbene Mutter, Lucrezia Tornabuoni, glänzte durch ihre dichterischen Fähigkeiten, und Lorenzo durfte sich von Jugend an mit talentvollen Gefährten umgeben. Gleich vielen seiner hochstehenden Zeitgenossen befand er sich unter dem Banne einer leidenschaftlichen Liebe für die Kunst, welche durch die Wiederauffindung zahlreicher antiker Bildwerke genährt wurde; so erhielten seine Unternehmungen nach dieser Richtung hin einen mächtigen Aufschwung, und Florenz verdankte ihm bald einen großen Teil seiner künstlerischen Bedeutung, da er den Grund legte zur spätern Entwickelung der dortigen Kunstblüte.

Inzwischen dachte Clarissa unaufhörlich an die Erhöhung ihrer Familie. Leider sind solche energische und rücksichtslos ihren Zielen nachstrebende Naturen nicht immer geeignet, das Glück ihrer nächsten Umgebung zu fördern. Die zarten Keime verwandtschaftlicher Neigung und des Glückes der Familie werden alsdann häufig von denselben zu Boden getreten. Wenn die Nachwelt staunend vor den gewaltigen Bauwerken und unvergänglichen Schätzen der Kunst steht und deren Urheber preist, erfährt sie selten etwas von den Thränen, welche damals in der Nähe der Urheber solcher großen Unternehmungen geweint wurden, und von den vielen schönen Hoffnungen, die vernichtet werden mußten, um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen.

Lorenzos Schwester Blanca lebte mit ihrem Gatten Wilhelm Pazzi in stillem Frieden in ihrer Villa bei Florenz. Nachdem die Folgen der mißglückten Verschwörung gänzlich verschwunden waren, störte nichts weiter das Glück dieses gleichgearteten Paares. Wilhelm erfreute sich nach wie vor der Pflege seines ausgedehnten Besitztums, während Blanca das große Hauswesen überwachte und die Erziehung der Kinder leitete. Selbstverständlich waren die Verhältnisse eines Pazzi, der eine Medici zur Frau hatte, großartig genug, um ihm ein 68 fast fürstliches Hauswesen zu gestatten, und wenn sie auch nicht gleich Lorenzo von Medici ungeheure Summen für die Ausschmückung ihrer Wohnräume verausgaben durften, so fehlte es doch nicht an gar manchem wertvollen Kunstgegenstande. Die Erziehung der beiden Kinder wurde in einer Weise geleitet, daß sie dereinst befähigt sein sollten, den gebildetsten Menschen ihrer Zeit vollkommen ebenbürtig zu erscheinen.

Der Verkehr zwischen der Familie Lorenzos und derjenigen seines Schwagers Wilhelm war zwar kein sehr lebhafter aber immer ein freundschaftlicher geblieben. Obgleich die Eltern sehr verschiedenen Charakters waren, verstanden sich die Kinder doch in der herzlichsten Weise, was durch den Umstand gefördert wurde, daß der Altersunterschied zwischen ihnen nicht sehr groß war.

Der älteste von allen war Peter Pazzi; seine älteste Schwester Renata war kurz nach der Verschwörung als liebliches Kind gestorben und ihr Tod hatte die Eltern lange Zeit in tiefe Trauer versenkt, bis die Geburt eines andern Mädchens sie über den Verlust tröstete. So kam es, daß Maria Pazzi jünger war, als die drei Geschwister Medici, von denen Peter ein frischer und mutiger Knabe war, während Johann still und verschlossen, ein sinniges, träumerisches Kind blieb. Magdalena von Medici hatte das Naturell ihrer Mutter und zeigte schon frühzeitig einen entschiedenen eignen Willen.

Dieser selbständige Wille sollte früh genug zur Unterwerfung unter das Gebot der Eltern gezwungen werden! Die Sitte der Zeit und des Landes, die heranwachsenden Mädchen streng vom Verkehr mit jungen Männern zurückzuhalten, wurde im mediceischen Hause doppelt vorsichtig durchgeführt, weil es den Eltern Magdalenas selbstverständlich schien, daß sie über die Hand der Tochter verfügen würden und diese unweigerlich zu gehorchen habe. Mit ihren nächsten Verwandten durfte Magdalena allerdings unbefangener verkehren, als es mit andern jungen Leuten geschah, die sie fast nur bei großen Festlichkeiten zu sehen bekam, wo alsdann die strenge Etikette und fast noch mehr die steife Tracht jeden ungezwungnen Verkehr unmöglich machte. Beim Tanzen durfte man sich kaum mit den Fingerspitzen berühren, und das Zeremoniell hatte fast jedes einzelne Wort vorgeschrieben, welches bei derartigen Gelegenheiten gesprochen werden durfte.

Wie anders war es gewesen, solange die Kinder sich im Garten der Villa Pazzi fröhlich und unbeachtet umhertummeln konnten! Da gab es keine kostbaren Roben mit steifer Würde zu tragen, und je wilder das Haar um den Kopf flog, um so köstlicher war das Vergnügen. Kein Wunder, daß die früh entwickelte Magdalena für ihren Vetter Peter eine Art von kindlicher Neigung empfand, die sich meistens in mutwilligen Neckereien, bei ernsteren Gesprächen aber in ehrfurchtsvoller Aufmerksamkeit zu erkennen gab. Peter seinerseits ließ sich die Neckereien seiner jungen Verwandten gern gefallen, da er nicht nur ein kräftiger und in allen ritterlichen Übungen wohlbewanderter Jüngling war, 69 sondern auch sehr wohl das Gefühl seiner geistigen Überlegenheit hatte und daher nicht zu befürchten brauchte, daß die übermütige Magdalena ihm jemals über den Kopf wachsen könne. An eine ernste Folge ihrer gegenseitigen herzlichen Zuneigung dachte keines von beiden, bis Magdalena eines Tages durch eine Mitteilung der gestrengen Mutter daran erinnert wurde, daß ihr Herz überhaupt gar keine Stimme haben dürfe. Diese Mitteilung lautete nämlich ebenso kurz wie bestimmt und beschränkte sich auf folgende wenige Worte.

»Dein Vater hat über deine Hand verfügt und dem Papst die Zusage gegeben, daß du den Prinzen Cybo heiraten wirst.«

»Den Prinzen Franceschetto?« rief Magdalena ganz entsetzt aus.

»Den Prinzen Francesco Cybo, den sein Oheim, der Papst, zum Herzog von Massa und Carrara erhoben hat«, entgegnete Frau Clarissa, indem sie einen ihrer jeden Widerspruch abschneidenden Blicke auf die Tochter warf. Aber Magdalena war mehr als andre Menschen an diese Blicke gewöhnt, und es ist bekannt, daß derartige Mittel durch die Häufigkeit ihres Gebrauches die Wirkung verlieren.

»Franceschetto!« rief die ungehorsame Tochter noch einmal, und Spott und Zorn sprachen aus dem Tone ihrer Stimme; »ein Mensch, über den alle Welt lacht, weil er so klein ist, daß er mir lange nicht bis an die Schultern reicht; und dazu der Sohn des Papstes!«

»Magdalena!« rief Frau Clarissa warnend aus, und ihre Lippen bebten vor Entrüstung. Aber das junge Mädchen ließ sich nicht abschrecken. »Ja«, sagte sie, »er ist der Sohn des Papstes, sogar öffentlich von diesem anerkannt, glaubst du, daß ich das nicht weiß? Hätte die Sache nicht soviel Aufsehen gemacht, so wüßte ich überhaupt nicht, daß der heilige Vater der Christenheit seine eigne Familie hat. Früher war mir dies unbekannt, aber Papst Innocenz hat selbst dafür gesorgt, daß die Kinder auf der Straße von seinem Sohne reden. Und ich soll nun also die Schwiegertochter des Papstes werden? In der That, eine ganz neue und unerhörte Würde. Aber ich will es nicht, will überhaupt nicht heiraten, oder doch« – setzte sie aufatmend hinzu – »ich will Peter Pazzi heiraten und keinen andern Mann, am wenigsten aber den lächerlichen Franceschetto Cybo.«

Es gehörte Mut dazu, in dieser Weise sich dem Willen der Mutter zu widersetzen, denn es war nichts Seltenes, daß damals auch in den ersten Familien die erwachsenen Kinder noch durch harte Züchtigungen zum Nachgeben genötigt wurden; aber einmal kannte Magdalena ihre Mutter genau, und dann empörte sich auch ihr ganzes Innere gegen die beschlossene Verbindung, und keine Macht der Erde hätte in diesem Augenblicke ihre Zustimmung entlockt.

Es gab jedoch noch andre Mittel als die rasche Gewalt. Die erzürnte Mutter verließ das Gemach und verschloß die Thür hinter sich. Dann suchte sie Lorenzo auf und beratschlagte mit ihm, was zu thun sei. Nach kurzer Zeit 70 kam sie wieder, um der Tochter anzukündigen, daß sie ihres Ungehorsams wegen auf unbestimmte Zeit zu den Nonnen des Klosters S. Anunziata gebracht werden solle. Die lebenslustige Magdalena vernahm dies nur mit innerem Grauen, mit trotzigem Stillschweigen. Die Vorbereitungen waren bald getroffen und das junge Mädchen wurde alsdann in einer verschlossenen Sänfte nach dem bezeichneten Kloster gebracht, dessen Äbtissin bereits von dem Zwecke dieser Maßregel unterrichtet war.

Die Familie von Medici hatte sich den meisten Klöstern in Florenz wohlthätig gezeigt, und auch St. Anunziata erfreute sich reicher, regelmäßiger Spenden. Außerdem hatte die Kirche des Klosters erst kürzlich ein Meisterwerk von Perugino durch Lorenzos Güte zum Geschenk erhalten. Die Äbtissin hielt es daher für ihre ganz besondere Pflicht, dem Wunsche ihres Gönners nachzukommen, und da die Demütigung starrer Seelen zu ihren Hauptaufgaben gehörte, so war sie in der Durchführung solcher Zwecke nicht unbewandert.

Es geschah zunächst nichts weiter, als daß Magdalena streng nach der Ordnung des Klosters leben mußte.

Kaum hatte das lebhafte junge Mädchen des Nachts die Augen zum ersten festen Schlafe geschlossen, so wurde sie durch die schrillen Töne der Glocke zur Frühmesse wieder geweckt, und als nach wenigen Tagen die ruhebedürftigen Nerven so ermattet waren, daß sie sich durch das Läuten nicht mehr aufrütteln ließen, wandte man andre Mittel an, um den Gast zu seinen heiligen Pflichten zu zwingen. Mit der strengsten Regelmäßigkeit und starrem Gleichmute führten die Nonnen alle Anordnungen der Äbtissin durch, und letztere hatte dafür gesorgt, daß die Umgebung Magdalenas weder durch Bitten, noch durch die mitleiderregende Hilflosigkeit des Mädchens erweicht wurde. Es war aufs strengste verboten, mehr als die notwendigsten Worte mit der armen Magdalena zu reden. Alle zwei Stunden wurde sie zu einer langdauernden, in ihrer Eintönigkeit geisttötenden Andacht in die Kirche genötigt. Die übrigen Nonnen waren abgestumpft oder durch ihren Glaubenseifer beschränkt, zudem hatten sie zuweilen die Abwechselung irgend einer andern Verrichtung in oder außerhalb des Klosters; im übrigen waren sie an blinden Gehorsam gewöhnt; aber die unglückliche Magdalena erlag fast unter der Eintönigkeit dieses Lebens.

Anfangs hatte sie den Entschluß gefaßt, sich unter keinen Umständen zu fügen und müsse sie auch ihr ganzes Leben im Kloster verbringen; da aber die Äbtissin wußte, daß letzteres nicht der Absicht der Eltern entsprach, so verschärfte sie die Übungen und verbot streng jede Erleichterung, ja sogar jede Freundlichkeit von seiten der übrigen Nonnen, weshalb Magdalena tagelang kein Wort mit ihrer Umgebung sprechen konnte.

Es war eine langsame Folter, und sie bewirkte nach mehreren Wochen dasselbe, was körperliche Qualen in wenigen Minuten erzielt hätten. Magdalena war in ihrem Fühlen und Denken so sehr herabgekommen, daß die Äbtissin den 71 Eltern die Mitteilung machen konnte, der Widerstand sei gebrochen, und die Tochter würde nun wohl in allen Stücken gehorsam sein.

Ein feierlicher Akt wurde darauf in Scene gesetzt. Lorenzo und Clarissa kamen in das Kloster, um ihre gebesserte Tochter abzuholen. Die Nonnen versammelten sich im Refektorium, und die Äbtissin führte Magdalena den harrenden Eltern entgegen. Der Vater fragte sie, ob sie andern Sinnes geworden sei und seinem Willen in Bezug auf ihre Verbindung mit Francesco Cybo gehorsam sein wolle. Es entstand eine Pause. Noch einmal bäumte sich Magdalenas Widerstand gegen diese verhaßte Heirat auf, und sie blickte wie verzweifelnd und hilfesuchend umher; aber da streiften ihre thränenumflorten Blicke die ausdruckslosen Züge der versammelten Nonnen, und nachdem ihre Augen auch in das starre Gesicht der Äbtissin gesehen hatten, schauderte sie und wandte den Blick wieder auf ihre Eltern. Hier begegnete sie einem seltsamen Gemisch von bittender Erwartung und erbarmungsloser Härte. Das junge Mädchen hatte keine Ader von Sentimentalität; wie wäre dies auch bei dem Kinde aus einer großen Familie in so rauher Zeit möglich gewesen! aber sie hatte doch bisher in dem Glauben gelebt, ihre Eltern liebten sie und wollten ihr Glück – nun mußte sie erfahren, wie thöricht sie gehofft hatte, als sie wähnte, sie dürfe das Glück ihres Lebens auf ihre eigne Weise suchen und man werde Rücksicht auf die Stimme ihres Herzens nehmen. Die Tochter aus dem beneideten Hause der Mediceer hätte in diesem Augenblicke gern mit dem ärmsten Mädchen in Florenz getauscht, aber es kam gar nicht darauf an, was sie gern wollte, sondern nur, was sie unweigerlich sollte.

Wohin konnte sie flüchten? Ein Strom von Thränen entstürzte endlich ihren Augen, und krampfhaft schluchzend warf sie sich ihrer Mutter an die Brust. Sie hatte entschieden, aber indem sie sich der Notwendigkeit fügte, fielen die frischen Blüten ihres jugendlichen Herzens wie vom rauhen Hauche eisigen Nordwindes ertötet, ab. Der Himmel wußte, ob sie in Zukunft leichtsinnig oder boshaft werden, ob sie sich an der Seite des ungeliebten Gatten durch unerlaubte Ausschreitungen betäuben oder durch bösartige Launen rächen und entschädigen werde.

Obgleich auf diese Weise der Widerstand des jungen Mädchens überwunden war, fand die beabsichtigte Heirat doch ein unerwartetes Hindernis. Die arme Magdalena schöpfte neue Hoffnung. Zwar war der Verkehr zwischen den Geschwistern Medici und Pazzi in schroffer Weise abgebrochen worden und Magdalena hatte auf die Neigung zu Peter verzichten müssen, aber sie hatte nur den einen Wunsch, von der Heirat mit Franceschetto befreit zu werden. Es schien in der That, als sollte dieselbe doch noch rückgängig gemacht werden.

Die freundschaftlichen Beziehungen, welche Lorenzo von Medici mit dem neapolitanischen Königshause angeknüpft hatte, waren im Laufe des Jahres nur noch fester geworden. Nichts schmeichelte Lorenzo mehr, als wenn man in ihm 72 nicht den Vertreter der Republik Florenz, sondern seine eigne Persönlichkeit ehrte, und der König von Neapel hatte ihn bei mancher Gelegenheit ganz wie einen souveränen Fürsten behandelt. König Ferdinand wußte sehr gut, was er that, denn die Bundesgenossenschaft Lorenzos war für ihn von großem Werte. Das sollte sich denn auch bald zeigen.

Im eignen Lande herrschte der König Ferdinand als grausamer Tyrann.

Die großen Barone seines Reiches empörten sich endlich und hätten gern seinen zweiten Sohn Friedrich zum König erhoben, da auch der Kronprinz Alfons allgemein verhaßt war. Friedrich mißbilligte zwar die Härte seines Vaters, aber er würde sich nie dazu verstanden haben, an die Spitze der Rebellen zu treten. Diese suchten überall Bundesgenossen. Venedig erklärte sich aus Haß gegen das Königshaus für den Aufstand, und der Papst trat gleichfalls gegen den König auf.

Lorenzo von Medici dagegen nahm entschieden Partei für seinen königlichen Freund, und da auch die mächtigen Bandenführer Orsini auf der Seite Neapels waren, kam es fast zum Bruche zwischen dem Hause Medici und dem päpstlichen Stuhle, was dann selbstverständlich auch eine Auflösung des Heiratsplanes zwischen Magdalena und Francesco Cybo zur Folge gehabt haben würde. Aber plötzlich lenkte der König Ferdinand ein. Er versprach, nicht nur alle Forderungen seiner Barone zu erfüllen, sondern er verzieh denselben und verlangte nicht einmal, daß sie sich bei ihm entschuldigten. Damit war ganz unerwartet der Friede wiederhergestellt.

Der König ließ darauf alle aufrührerischen Barone der Reihe nach hinterlistigerweise in eine Falle locken, sie gefangen nehmen und grausam hinrichten, worauf er ihre Güter einzog. Nun konnte er dem Papste durch einen Botschafter die Versicherung senden, daß sich kein unzufriedener Großer mehr in seinem Lande befände.

Die Heirat zwischen Franceschetto Cybo mit Magdalena von Medici fand nach diesen Zwischenfällen in Rom statt. Clarissa wurde bei dieser Gelegenheit nebst ihrer Tochter mit großem Pompe in ihrer Vaterstadt empfangen. Zugleich zog ihr Vater, Virginio Orsini, dort ein und mit ihm alle Mitglieder der Familie Orsini, welche während des neapolitanischen Streites verbannt gewesen waren und nun wieder der Gunst des heiligen Stuhles würdig befunden wurden. Bald waren sie wieder im Besitz ihrer früheren Macht. Zugleich versprach der Papst dem Bruder seiner Schwiegertochter, dem zweiten Sohne Lorenzos von Medici, den Kardinalshut. Obgleich Johann von Medici noch drei Jahre auf den Purpur warten mußte, war doch diese hohe Würde der Kirche niemals einem Menschen von so jugendlichem Alter erteilt worden, denn er war erst achtzehn Jahre alt, als er dieselbe erhielt.

Von der unerhörten Pracht, welche bei den Hochzeitsfeierlichkeiten der Tochter Lorenzos von Medici mit dem Prinzen Franceschetto Cybo zu Rom 73 entfaltet wurde, kann man sich einen Begriff machen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß jenes Zeitalter die größten Gegensätze vereinigte und neben roher Genußsucht und rücksichtsloser Grausamkeit das vollste Verständnis für die Werke der Kunst und zugleich eine Prachtliebe entfaltete, die sich in glänzenden Ritterspielen und malerischen Aufzügen zu erkennen gab. Der Reichtum des Hauses Medici war fast sprichwörtlich geworden, und da die Macht des päpstlichen Stuhles kaum eine Grenze hatte, war es wohl selbstverständlich, daß diese Hochzeit die Aufmerksamkeit der ganzen zivilisierten Welt auf sich zog. Aber nicht mit frohen Hoffnungen erfüllte das Bündnis des reichen Emporkömmlings aus Florenz mit dem mächtigen römischen Hofe die Herzen, mancher edeldenkende Mann in Italien und viele Patrioten blickten besorgt in die Zukunft.

Während dieser Vorgänge war Girolamo Savonarola gegen den Willen und ohne das Wissen seiner Eltern bei den Dominikanern in Bologna Mönch geworden. Sein ernster Sinn und seine Neigung zu gelehrten Studien machten ihn von jeher einem beschaulichen Leben geneigt, aber trotzdem würde er kaum auf den Gedanken gekommen sein, allen Lebensfreuden zu entsagen, hätte nicht der unverantwortliche Übermut Orsola Cantarellis ihm das Herz gewendet und seinem harmlosen Gemüte eine herbe Erfahrung geschaffen, die seinem ganzen Leben plötzlich eine andre Richtung gab. Selbst die bedeutendsten Männer bedürfen eines Anstoßes, der ihr eignes Innere betrifft, um sich ganz und ungeteilt einem Berufe hinzugeben, der sie von der übrigen Welt scheidet; denn wenn Girolamo auch schon in früher Jugend einen Widerwillen gegen das Treiben hatte, welches zu seiner Zeit das ganze öffentliche Leben bewegte, so hatte er doch vorher nie daran gedacht, sich dem Klosterleben zu widmen. Gewohnt, sich für die großen Bewegungen in Kirche und Staat zu interessieren, sah er mit Unmut, wie sich überall die zügellosesten Leidenschaften breit machten und der derbste Egoismus alle edleren Keime wahren Christentums erstickte. Oft war ihm der Gedanke gekommen, sich durch Wort und Schrift der leidenden Menschheit anzunehmen und den Großen der Erde, die nichts weiter im Auge hatten als ihre eignen Gelüste, mit lauter Stimme in das Gewissen zu reden; aber es fehlte ihm stets der letzte, persönliche Impuls; er war noch immer gewohnt, auf seine Eltern und Geschwister Rücksicht zu nehmen, und obgleich es ihm nicht an der nötigen Energie gebrach, fühlte er sich doch durch tausend Bande zurückgehalten. Der Beruf, für den die Vorsehung sein ganzes Wesen geschaffen hatte, verlangte eben ein Losreißen von allen liebgewordenen Beziehungen, ein gänzliches Entsagen auf alle persönlichen Wünsche und Hoffnungen, er verlangte gleichsam ein Absterben für alle irdischen Gedanken, so daß das Leben ganz ausschließlich nur noch dem einen Zwecke gewidmet wurde, und zwar ohne Furcht vor Verfolgung, Martern und Tod.

Ein großer Bußprediger, ein Apostel für die Wiederherstellung der wahren christlichen Lehre, das war es, wozu Girolamo Savonarola den Beruf von jeher 74 in sich fühlte, aber es hatte der Anstoß gefehlt, den das Schicksal, oder mit andern Worten die Stimme Gottes, erteilt.

Und wie die Wege der Vorsehung oft unerforschlich sind, und ihre Winke plötzlich kommen, so geschah es auch hier. Die übermütige Laune eines eitlen Mädchens bot die Veranlassung zu dem großartigen Entschlusse, der in Girolamos Brust schlummerte. Jene leichtfertige Wette, welche Orsola Cantarelli mit dem jungen Bentivoglio eingegangen und von deren Ausgang für sie gewissermaßen die Entwickelung ihres Verhältnisses zu letzterem abhing, führte diesmal nicht, wie es in solchen Fällen öfter geschieht, die Verzweiflung oder den Selbstmord des betrogenen jungen Mannes herbei, sondern sie wurde das Mittel, um seinen Charakter zu stählen und ihm die Eitelkeit und Nichtigkeit des gewöhnlichen Lebens recht eindringlich vor die Seele zu führen. Bei den meisten jungen Männern bewirkt eine derartige Erfahrung eine kürzere oder längere Verstimmung des Gemütes, bei schwächeren Naturen kann sie alle Energie und Lebensfreude für immer zerstören und zu Wahnsinn oder Tod führen, eine Feuerseele, wie Savonarola, wird durch sie gestählt und geläutert und einem ungewöhnlichen Berufe entgegengeführt.

Orsola hatte ihr Spiel mit wahrhaft satanischer Schlauheit begonnen und durchgeführt. Hätte sie ein Herz besessen, sie wäre vielleicht das einzige Weib gewesen, welches Savonarola für immer hätte fesseln können; aber so wurde sie der Dämon seines Lebens, denn alle ihre glänzenden Eigenschaften, ihre berückende Schönheit, ihr aufgewecktes Wesen, die Elastizität und Fügsamkeit ihres Geistes dienten nur dazu, den jungen Gelehrten zum Opfer für ihre erbarmungslose Koketterie zu machen. Wenn ein junges Mädchen mit so vielen Vorzügen ausgestattet ist wie Orsola, wird es ihr nicht schwer, selbst den klügsten jungen Mann zu bethören, denn er sieht sie ja eben nur in Augenblicken, wo sie ihm vorbereitet entgegentritt und sich ihm im besten Lichte zeigt.

Wie es kam, wußte Girolamo selbst nicht, aber es währte nicht lange, so traf er mit Orsola fast täglich zusammen. Bald begegnete er ihr auf der Straße, bald sah er sie in der Kirche und bald kam er mit ihr in einem befreundeten Hause zusammen. Anfänglich mochte sie allein die Veranlassung dieser scheinbar zufälligen Begegnungen sein, aber schon nach kurzer Zeit befand er sich selbst so sehr unter dem Banne ihrer Reize, daß es ihm keine Ruhe ließ und er selbst das ernsteste Studium unterbrach, wenn er das schöne Mädchen zu irgend einer Stunde und an einem bestimmten Orte zu sehen hoffen durfte. Da sie seine Grüße stets freundlich erwiderte und mit Freuden jede Gelegenheit ergriff, längere oder kürzere Unterredungen mit ihm zu pflegen, so entwickelte sich bald eine holde Vertraulichkeit, welche die reine und harmlose Seele des jungen Mannes mit immer stärkeren Banden umflocht. Es bedurfte von Orsolas Seite nur eines sonnigen Lächelns, eines huldvollen Blickes, um ihn immer mehr zu umgarnen, und endlich eines Tages wurde es Girolamo 75 klar, daß eine Leidenschaft ihn erfaßt hatte, die bereits sein ganzes Wesen beherrschte. Es kam über ihn wie ein süßer Schauer, und das unaussprechliche Glück der seligsten Empfindung ließ den Gedanken an eine Bekämpfung derselben gar nicht bei ihm aufkommen.

Wie eine wunderbare neue Entdeckung erfüllte ihn das Bewußtsein, daß er Orsola liebe, und die unmittelbare Folge davon war der lebhafte Wunsch, ihr diese Entdeckung mitzuteilen, um von ihr zu vernehmen, ob sie seine glühende Empfindung teile und wie sie über seine Hoffnungen und Wünsche denke.

Innerlich durch tausend Beweise überzeugt, daß seine Liebe in vollem Maße erwidert werde, war dies Schwanken zwischen der lieblichen Hoffnung und der beseligenden Gewißheit ein so wonnevoller Zustand, daß der junge Gelehrte von Tag zu Tag zögerte, demselben ein Ende zu machen. Er bemerkte dabei nicht, daß Orsola nach wie vor jede Gelegenheit ergriff, um auch mit andern jungen Männern zusammen zu kommen, und daß namentlich ihr Verkehr mit Hippolyt Bentivoglio sich schon zu großer Vertraulichkeit entwickelt hatte.

Der strengen Sitte gemäß, konnte Orsola zwar auch mit Hippolyt nur in der Kirche oder auf Spaziergängen verstohlene Blicke wechseln, aber da dies der Ungeduld des feurigen Liebhabers schon lange nicht mehr genügte, und da auch Orsola danach verlangte, öfter mit ihm eingehend zu plaudern, hatten sie zu bestimmten Zeiten und an gewissen Orten regelmäßige Begegnungen verabredet, bei welchen das übermütige Mädchen häufig genug über Savonarolas innige Neigung scherzte. Allerdings war diese Neigung eine so tiefe und aufrichtige, daß Orsola eine ganz verdorbene Natur hätte sein müssen, wäre ihr nicht zuweilen ein Gefühl der Reue gekommen. Sie hatte sich vorgenommen, den jungen Mann nur bis zum Geständnisse kommen zu lassen, dann aber ihn durch entschiedene, wenn auch nicht unfreundliche Zurückweisung von sich zu entfernen, und sie wähnte, es werde ihm nicht allzu großen Kummer bereiten, jede Hoffnung auf ihren Besitz aufzugeben.

Gerade in dieser Zeit kam Savonarolas Bruder Ognibene von seiner militärischen Expedition zurück, denn die Zerwürfnisse zwischen Venedig und Padua waren vorläufig beigelegt und die Hilfstruppen überflüssig geworden. Ognibene hielt sich wieder in Bologna einige Tage auf und würde kaum mehr jenes Gespräches mit Hippolyt und Orsola gedacht haben, wäre er nicht durch seines Bruders Verhalten sofort daran erinnert worden. Girolamo war so glückstrahlend, so heiter und lebensfroh wie nie zuvor, und der Bruder kannte ihn viel zu genau, um nicht sofort zu ahnen, welchen Grund diese Umstimmung hatte. Das tiefste Mitleid mit dem Getäuschten erfaßte ihn, und er sah ein, wie gefährlich es sein werde, ihn sofort mit der ganzen Wahrheit zu überraschen. Er machte ihn daher mitteilsam, und als Girolamo endlich in überströmendem Glücksgefühle dem Bruder das Geheimnis seines Herzens anvertraute, warf dieser Zweifel auf und schüttelte bedenklich den Kopf. Mit Schrecken 76 bemerkte er, wie fest und unwandelbar Girolamos Neigung war, denn des Bruders vorsichtige Andeutungen weckten bei diesem auch nicht den geringsten Argwohn, nur bestärkte ihn das Gespräch in der Absicht, sich der Geliebten endlich zu entdecken.

»Du hast die muntere Freundlichkeit des lebhaften Mädchens für mehr genommen, als sie bedeutet«, sagte Ognibene, »denn soviel ich mich erinnere, lacht und scherzt sie mit jedem jungen Manne, der ihr gefällt, ohne daß ihr Herz dabei im Spiele ist.«

»Wärest du nicht mein Bruder«, entgegnete Girolamo, »so würde mich das leichtfertige Urteil über Orsola beleidigen, so aber kränkt es mich, daß du mir nicht die Fähigkeit zutraust, einem Mädchen ernste Neigung einzuflößen und wahre Empfindung von übermütiger Neckerei zu unterscheiden.«

Ognibene wußte nicht, was er in dieser Sache thun sollte. »Mir schien es damals«, sagte er noch, »als bestehe zwischen Hippolyt Bentivoglio und Orsola eine Art von Einverständnis, aber es thut mir leid, daß gerade ich derjenige sein soll, der deine heitere Stimmung stört. Sprich selbst mit Orsola, verschaffe dir Klarheit in dieser Sache und sei versichert, daß außer dir niemand froher sein wird als ich, wenn meine Zweifel und Bedenklichkeiten sich als unbegründet erweisen.«

Girolamo fühlte in der That zum erstenmal eine ernsthafte Mißstimmung gegen seinen Bruder, denn es stieg auch nicht der Schatten einer Befürchtung in ihm auf, daß dieser Recht haben könne.

In fieberhafter Erregung erwartete Girolamo an diesem Tage die Gelegenheit, sich mit Orsola zu besprechen, und seine Stimmung trieb ihn so lebhaft, daß er nicht gerade den günstigsten Moment zu seiner Erklärung wählte. Er wußte, daß das junge Mädchen heute im Dome die Messe hören werde, und er kannte den Platz, wo sie gewöhnlich zu knieen pflegte. Meistens kam sie mit ihrer Mutter, und in diesen Fällen mußte Girolamo sich begnügen, sie mit schüchternen Blicken aus der Entfernung zu beobachten. Er hielt es für einen besonders glücklichen Zufall, daß sie heute allein kam und ihren Platz am Ende einer Bank einnahm, nahe bei einem Pfeiler, an welchen er sich lehnen konnte. Da die Kirche nicht sehr mit Andächtigen gefüllt war, durfte Girolamo wagen, ihr beim Ausgange einige Worte zuzuflüstern. Er that dies mit zitternder Stimme, denn für ihn hing von dieser Unterredung alle Glückseligkeit ab.

Nachdem er ihr das geweihte Wasser gereicht hatte, drückte er sein Bedauern darüber aus, sie längere Zeit nicht gesehen zu haben, und begann dann, ihr zum erstenmal von seiner Liebe zu reden. Er versicherte ihr mit bebender Stimme, daß ihr Bild ihn Tag und Nacht, im Wachen und Träumen verfolge, und daß er nicht Ruhe finden könne, bis er ihr sein Herz ausgeschüttet und von ihr vernommen habe, wie sie gegen ihn gesonnen sei.

77 Orsola jubelte innerlich auf, denn ihr eitles Gemüt feierte nun endlich den Triumph, welchen sie lange vorher gesehen hatte. Anstatt durch des jungen Mannes stürmische Liebeswerbung gerührt zu werden, erfaßte ihr berechnender Verstand sofort den Vorteil, welchen die augenblickliche Lage ihr gewährte. Sie stellte sich daher sehr entrüstet und sagte:

»Ihr wählt den Augenblick und den Ort zu solcher Mitteilung schlecht, Signor Girolamo, und ich bitte Euch, nicht weiter mit solchen Worten in mich zu dringen. Ich bin hierher gekommen, mich im Gebete zu Gott zu erheben, und halte es nicht für schicklich, auf ein Gespräch einzugehen, wie Ihr es zu beginnen beliebt.«

Durch diese Worte wurde Girolamo aus allen seinen Himmeln gestürzt. »Wenn Ihr«, so entgegnete er mit schmerzlich bewegter Stimme, »auch nur eine Ahnung von dem Gefühle hättet, das mich zu Euch zieht, würdet Ihr so nicht antworten können. Nie ist ein reineres Gebet zum Himmel empor gestiegen, als indem ich zu Euch hier vor Gottes Altar und im Angesichte der gebenedeiten Jungfrau von meiner reinen und heiligen Liebe spreche; kein unlauterer Gedanke ist in meiner Seele, und ich fühle mich frei von Sünde, indem ich an diesem Orte, in Gegenwart des heiligsten Sakramentes, Euch mein Herz öffnete.«

»Ihr möget darüber anders denken als ich«, entgegnete Orsola ziemlich spitz, »und aus der Verschiedenheit unsrer Ansichten über diesen Gegenstand möget Ihr erkennen, daß unsre Herzen nicht so miteinander harmonieren wie Ihr dies vorausgesetzt habt. Jetzt aber bitte ich Euch, meine Andacht nicht weiter zu stören, denn ich kehre noch einmal zurück, um meine Seele wieder von der unfreiwilligen Schuld, Euch angehört zu haben, rein zu beten.«

Damit kehrte sie ihm den Rücken, ging in den Dom zurück und knieete vor einem nahen Altar nieder, um sich in das Beten ihres Rosenkranzes zu vertiefen. Sie achtete nicht weiter auf die Seelenqualen des jungen Mannes, dessen Lebenshoffnungen sie mit wenigen Worten zerstört hatte.

Savonarola befand sich in einer unbeschreiblichen Stimmung. Die tiefste Niedergeschlagenheit wechselte mit heftigster Entrüstung. Nach kurzer Zeit jedoch drängte die Liebe diese Stimmung zurück und erfüllte ihn mit Reue über sein eignes Verhalten. Weshalb hatte er auch nicht warten können, bis sich eine schicklichere Gelegenheit zur Erklärung bot? Frauen nehmen es in bezug auf die Religion strenger als Männer, das hätte er bedenken sollen. Er hatte sie gereizt und ihren Unwillen erregt. Ohne Zweifel ließ sie sich versöhnen und gab ihm mit der Verzeihung zugleich auch die süßeste Gewißheit ihrer Gegenliebe.

Die Minuten wurden ihm nun zu Ewigkeiten. Auch er hatte die Kirche nicht verlassen und war an seinen Platz zurückgekehrt. Er stand mit verschränkten Armen an die Säule gelehnt und vergaß alles um sich her, nur auf den Augenblick harrend, wo Orsola sich erheben und die Kirche verlassen werde. Dann 78 wollte er ihr folgen, ihre Verzeihung erflehen und sie um Erhörung seiner Liebe bitten.

Endlich erhob sich das junge Mädchen und verließ die Kirche. Sie hatte ihren Rosenkranz mechanisch hergesagt und inzwischen an den eben erlebten Vorfall gedacht. Sie bereute keineswegs, den jungen Mann kurz abgefertigt zu haben. Als sie sich erhob und zum Ausgang wendete, erblickte sie den Harrenden und ein Blitz durchzuckte ihre Züge. Da es nicht anging, zu dieser Stunde mit Girolamo die Straße zu durchschreiten, blieb sie vor der Kirche stehen. Das Herz klopfte ihr doch ein wenig, denn sie wollte dem frevelhaften Spiele mit einem Schlage ein Ende machen. Niemand von ihren Bekannten zweifelte mehr an ihrem Siege über Savonarolas Gleichgültigkeit, und Hippolyt hatte ihr bereits gesagt, er sei von der Allmacht ihrer Reize längst überzeugt und erkenne ihren Triumph in bezug auf den jungen Gelehrten vollständig an.

Sie wartete also Girolamos Anrede diesmal gar nicht ab, sondern sagte zu ihm. »Ihr gebt mir eine heilsame Lehre, Signor Girolamo, denn Ihr zeigt mir, daß ein junges Mädchen sehr behutsam sein muß, und niemals verraten darf, wenn ihr ein Mann Wohlwollen oder Teilnahme einflößt. Ich möchte Euch nicht wehe thun, denn das Gefühl, von dem Ihr mir gesprochen habt, verlangt meine Schonung, aber soviel ist gewiß, die Männer sind viel eitler als wir Frauen, denn wäre dies nicht der Fall, so würdet Ihr gewiß nicht geglaubt haben, daß die harmlosen Zeichen freundschaftlicher Gesinnung, die ich mit Euch ausgetauscht habe, eine so ernste Bedeutung hätten und aus dem Gefühle der Liebe für Euch entspringen könnten.«

Girolamo wurde blaß wie der Tod, es kostete ihn die größte Anstrengung, sich aufrecht zu erhalten.

»So war also alles nur eine Täuschung?« brachte er mühsam hervor.

»Ihr habt es Euch selbst zuzuschreiben, wenn Ihr Euch über meine Gefühle getäuscht habt«, erwiderte Orsola. »Es thut mir herzlich leid«, fügte sie lächelnd hinzu, »und ich hoffe, daß Ihr Euch die Sache nicht zu sehr zu Herzen nehmt.«

Mit diesen Worten entfernte sie sich, anmutig lächelnd und rechts und links die Vorübergehenden musternd, als ob gar nichts Erhebliches vorgefallen sei.

Wie ein Trunkener, der nur mühsam seinen Weg findet, eilte Girolamo nach seiner Wohnung, nur von dem einen Gedanken beherrscht, daß er alle seine Sinne zusammennehmen müsse, um nicht zum Gespötte der Menschen zu werden. Er fühlte sich so elend, so thöricht, so verworfen, daß er vorläufig gar nicht im klaren darüber war, ob er Orsola wirklich eine Schuld beimessen dürfe. Er war sehr geneigt, ihr recht zu geben und sich selbst für einen eitlen Thoren zu halten, denn sein argloses Herz fühlte zwar den Schmerz der herben Täuschung, aber es ahnte doch noch nicht, welches leichtfertige Spiel mit ihm getrieben worden war.

79 In Gedanken versunken, finster vor sich hinstarrend fand ihn Ognibene, der soeben eine Erfahrung gemacht hatte, bei welcher er nicht recht wußte, ob er sie zur Heilung des Bruders anwenden, oder ihm verheimlichen solle. Ihm war nämlich Hippolyt Bentivoglio begegnet, der in übermütiger Laune, wie sie dem Sohne aus vornehmen Hause eigen war, ihm von Girolamos Leidenschaft für Orsola erzählt und des neckischen Mädchens verführerische Gewalt über alle junge Männer dabei gerühmt hatte. Zugleich teilte er ihm mit, daß Orsola ihm selbst ein zierliches Briefchen gesendet und ihm darin mitgeteilt habe, sie werde heute von der strengen Aufsicht der Mutter befreit sein, und wenn er sich nach der Messe an einem reizenden Aussichtspunkte in den öffentlichen Gärten einfinden wolle, würden sie ein Stündchen traulich verplaudern können.

Die Verstörung, in welcher Ognibene seinen Bruder traf, verriet ihm sofort, daß irgend etwas in bezug auf Orsola vorgefallen sein mußte. Girolamo war nicht im stande, seine schmerzlichen Gefühle in Worte zu kleiden, und der Bruder geriet über seinen Zustand in ernstliche Besorgnis. Nach wenigen Augenblicken gab ihm Girolamo eine kurze Erklärung des Vorgefallenen, wobei er aber sich selbst mehr anklagte als die Geliebte, deren Wesen ihm von Minute zu Minute wieder in besserem Lichte erschien. Dies brachte den guten Ognibene in immer größeren Unmut und zuletzt ergriff ihn ein solcher Zorn gegen das gefallsüchtige und herzlose Geschöpf, daß er rasch entschlossen war, dem Bruder die volle Wahrheit zu enthüllen und ihm über Orsolas Charakter keinen Zweifel zu lassen.

Mit wenig abgerissenen Worten forderte er ihn auf, ihm sofort zu folgen, aber er beschwor ihn zugleich, seine ganze Selbstbeherrschung zusammen zu nehmen und ihm die feste Versicherung zu geben, daß er weder gegen sich selbst, noch gegen einen andern etwas Gewaltsames unternehmen wolle.

Ognibene führte seinen Bruder darauf nach jenen Anlagen, die eigentlich zu den Besitztümern des Hauses Bentivoglio gehörten, aber seit vielen Jahren als öffentliche Spaziergänge galten. Vorsichtig schlichen die beiden Brüder die von hochragenden Pinien, mächtigen Platanen, zierlichen Akazien und hohen Lorbeerwänden eingeschlossenen Wege entlang, und Ognibene spähte überall umher, ob das gesuchte Paar sich daselbst aufhalte.

Ziemlich tief im Garten befand sich ein kleiner See, der gleichfalls von Baumgruppen und Blumenanlagen umschlossen war. Dort bemerkte Ognibene an einer geschützten Stelle, wo sich Rosenhecken mit dunklem Lorbeer vereinigten, auf einer Bank in eifrigem Gespräche den jungen Bentivoglio mit Orsola Cantarelli. Leise schlich er mit dem Bruder näher, und sie kamen so dicht an das Versteck heran, daß sie, ohne selbst bemerkt zu werden, das Gespräch der Liebenden verstehen konnten.

Daß das junge Paar einig war, bewies schon der vertrauliche Flüsterton, in welchem sie sich unterhielten; Orsola strahlte vor übermütiger Laune und 80 Hippolyt war nicht minder heiter gestimmt. Der Gegenstand ihres Gesprächs mußte sie ungemein interessieren, denn sie achteten in der That gar nicht darauf, daß man jedes ihrer Worte vernehmen konnte.

»Er dauert mich ein wenig«, sagte Orsola, »denn er würde nicht so heftig gewesen sein, wäre seine Leidenschaft weniger blind. Aber meine ganze Geltung stand dabei auf dem Spiele. Wäre es mir nicht gelungen, ihn bis zu einer offenen Erklärung zu bringen, so hätte ich mich einer leeren Prahlerei schuldig gemacht, und wir Frauen dürfen uns ebenso wenig eine derartige Blöße geben, wie ein tapferer Ritter, der sich vermißt, irgend eine Heldenthat zu vollführen.«

»Mache dir um seinetwillen keine Sorgen, mein Liebchen«, versetzte Hippolyt, »und bemitleide ihn nicht, wenn er ein wenig Herzweh und viel Beschämung davon trägt. Wie konnte der thörichte Mensch wähnen, du werdest ihn lieben können, da er doch keine von allen den Eigenschaften besitzt, welche einen jungen Mann berechtigen, auf die Liebe eines schönen Mädchens zu hoffen. Und hat er denn keine Augen oder Ohren, daß er nicht bemerkt, wen er zum Rivalen hat? Ein Bentivoglio weicht vor keinem andern Manne zurück, am wenigsten aber vor einem Schulfuchs, der in den Büchern, aber nicht mit den Waffen Bescheid weiß!«

Kaum hatte Hippolyt diese Worte gesprochen, als ein Schrei höchster Wut in seiner Nähe ertönte. Erschreckt sprangen die beiden Liebenden von der Bank empor, und mit klopfendem Herzen klammerte sich Orsola an den Arm ihres Ritters. Girolamo hatte die Gebüsche auseinandergebogen und war mit einem Satze herausgesprungen, so daß er mit blassen und von Zorn verzerrten Zügen vor jenen stand. Er hatte keine Waffen bei sich. Sein Bruder Ognibene war ihm gefolgt und suchte ihn mit Gewalt zurückzuhalten. Hippolyt hatte sofort seinen Degen gezogen und stellte sich dem Rasenden gegenüber.

Savonarola's Begegnung mit Hippolyt und Orsola.

»Das nenne ich ein männliches Betragen«, sagte er zornentflammt und voll Hohn; »von einem Hinterhalte aus den Gegner zu belauschen und ihn dann plötzlich zu überfallen. Wahrhaftig, Ihr beweist einen ritterlichen Sinn. Ihr hättet eine derbe Züchtigung verdient, wie man sie feigen Memmen erteilt.«

Girolamo war völlig außer sich. Mit seinen Fäusten wollte er sich auf Hippolyt stürzen, aber sein Bruder Ognibene riß ihn gewaltsam zurück und sagte dann zu Hippolyt:

»Spart Eure Worte, Signor, und vergeßt nicht, daß zwar mein Bruder ohne Waffen ist, aber mein Degen so gut wie der Euere Beleidigungen zu rächen weiß. Ich selbst habe Girolamo hierher geführt, weil ich ihn endlich überzeugen wollte, daß man ein frevelhaftes Spiel mit ihm getrieben hat. Laßt die Sache nun gut sein; jedermann weiß, daß ein Bentivoglio in Bologna vieles ungestraft thun kann, was anderwärts bald einen Rächer finden würde. Erfreut Euch der Liebe Eurer schönen Freundin und wenn Ihr es könnt, so vergeßt in ihren Armen, daß Ihr mit dem Lebensglücke eines braven und ehrlichen 81 Burschen gespielt habt. Komm Girolamo!« rief er dann seinem Bruder zu, der wie versteinert an derselben Stelle stand und mit funkelnden Blicken auf Orsola und Hippolyt schaute.

Der letztere machte noch eine Bewegung, als wolle er sich mit dem Schwerte auf Ognibene und Girolamo stürzen, aber Orsola stellte sich, von einem Anfalle der Reue ergriffen, ihm entgegen und beschwor ihn, die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Rasch verließen die beiden Brüder Savonarola den Garten und eilten nach Girolamos Wohnung. Dieser war wie geistig gelähmt und ließ willenlos alles geschehen, was sein Bruder anordnete. Da Ognibene ohnehin sobald als möglich nach Ferrara abreisen wollte, bestimmte er den Bruder, alle seine Habseligkeiten zusammenzupacken und mit ihm in die Vaterstadt zurückzukehren.

In der That schien dieser Vorschlag das einzige zu sein, was Girolamo aus seinem dumpfen Brüten ein wenig aufrüttelte. Es war ihm, als könne er die Luft in Bologna nicht mehr atmen und keinen Augenblick länger an dem Orte so bitterer und demütigender Erfahrungen verweilen.

In Ferrara waren die Eltern zuerst hocherfreut, als sie die beiden Söhne bei sich einkehren sahen, denn sie wußten bereits, daß Ognibene zurückkommen werde, und dachten nun, dieser habe den Bruder endlich zu einem bestimmten Lebensberufe beredet und bringe ihn nun in das väterliche Haus, um dort die nötigen Schritte einzuleiten.

Es konnte jedoch den Eltern nicht entgehen, daß Girolamo, der stets träumerisch und in sich gekehrt umhergewandelt war, neuerdings völlig für alles, was um ihn vorging, wie abgestorben schien. Die beiden Schwestern, welche noch Kinder waren, hatten sonst immer vermocht, den ernsten Bruder etwas aufzuheitern, aber alle Versuche, ihn für ihre Scherze und Neckereien zu interessieren, blieben jetzt vergeblich. Ognibene hielt es für besser, den wahren Grund von Girolamos Trübsinn zu verschweigen, denn er hoffte mit Sicherheit, die Zeit werde die Wunden des armen Bruders heilen. Da Girolamo des Nachts häufig das Lager verließ und nicht nur in seinem Zimmer umherging, sondern auch stundenlang ruhelos auf freiem Felde und in den Wäldern sich aufhielt, kamen die Eltern und Geschwister auf den Gedanken, er sei somnambul geworden; sie beobachteten ihn genauer und da sie nun die Entdeckung machten, daß er zuweilen laut sprach, ganze Reden hielt und sich immerfort mit feindseligen Gewalten im Streite zu befinden schien, kamen sie zu der Annahme, er habe nächtliche Erscheinungen, die niemand außer ihm sehen könne, vielleicht Besuche von höllischen Dämonen, die ihn auf Irrwege leiten wollten und deren Bekämpfung ihm viel Not und Sorgen bereite.

So kam es, daß selbst die nächsten Angehörigen an Girolamos Wesen irre wurden, und daß bald auch andre Leute die Ansicht aussprachen, er leide an Somnambulismus und habe merkwürdige Visionen. Es bildete sich eine 82 förmliche Scheu vor ihm unter den Menschen seiner Umgebung, und sie mieden ihn, was ihm ganz recht war, da er nun nicht nötig hatte, selbst ihre Gesellschaft zu fliehen.

Was im Innern des unglücklichen jungen Mannes vorging, wußte außer ihm nur Gott allein. Er stritt einen gewaltigen Kampf, denn je mehr er das Gefühl hatte, daß er stets das Gute gewollt und einer durchaus edlen Empfindung nachgegeben hatte, um so stärker rüttelte sein Gram an seinem Gottvertrauen. Aber endlich siegte seine bessere Natur. Was ihn betroffen hatte, hing in seiner Ursache eng mit den Schäden der Zeit zusammen. Hippolyt Bentivoglio war der erste Sprößling aus einem jener mächtigen Häuser, die sich die Herrschaft über ihre Mitbürger willkürlich angemaßt hatten und sich alles erlaubt glaubten; ebenso war Orsola Cantarelli das herzlose, egoistische Weib ohne Gewissen, dem es nur darauf ankam, seinen hochmütigen Launen zu frönen, ohne sich darum zu bekümmern, ob damit ein edles Herz zu Grunde gerichtet werde. Diesem Übermute wurden fortwährend Opfer gebracht; aus Herrschsucht und Eitelkeit wurden Verschwörungen angezettelt, Familienglück ward zerstört, der Wohlstand von Tausenden vernichtet, Unschuldige wurden gefoltert und getötet.

Was Girolamo gebeugt hatte, war gleichsam nur ein vereinzeltes Bild des Elendes, das überall in der Welt herrschte. Er glaubte endlich, Gott habe ihm diese Prüfung gesandt, um ihn zu seinem Werkzeug zu machen und ihm den rechten Weg zu zeigen, den er zu gehen hatte, wenn er seiner Zeit und der Menschheit nützlich werden wollte. Nun erst begriff er im vollen Umfange, was zu bekämpfen war. Sein Entschluß war gefaßt und nichts sollte ihn davon abhalten, sich ganz dem Berufe hinzugeben, für den Gott ihn ausersehen hatte!

Aber er bedurfte der Einkehr und Vorbereitung, denn riesengroß sah er die Aufgabe vor sich, welcher er alle seine Kräfte widmen wollte. Mit der ganzen Energie fanatischer Selbstaufopferung beschloß er, in das Kloster zu treten. Um sofort zu beweisen, daß er mit der Vergangenheit vollständig abgeschlossen hatte und sich einem ganz neuen Leben hingab, wollte er gerade an demjenigen Orte, wo sein Schicksal sich umgewandelt hatte, auch die Zeit der stillen Selbstschau verleben und die Frucht der Ereignisse in sich reifen lassen.

Eines Nachts verließ er still sein Lager, wie er häufig zu thun pflegte; aber er hatte es diesmal für immer verlassen, denn er kehrte nicht wieder in das Elternhaus zurück. Er wußte, daß der Schritt, den er unwiderruflich zu thun beschlossen hatte, von seinem Vater nicht gebilligt wurde, und darum that er ihn ohne vorherige Anfrage, denn von nun an wollte er nur auf eine einzige Stimme hören: auf diejenige seiner Pflicht gegen Gott und die Menschheit.

Girolamo wendete sich nach Bologna. Er wanderte unaufhörlich, bis er vor dem Dominikanerkloster dortselbst anlangte. Er begehrte, den Prior zu sprechen. Dieser blickte den fremden jungen Mann verwundert an. Girolamo sprach seinen Wunsch aus. Sein Beruf war so offenbar und leuchtete so 83 unverkennbar aus seinem ganzen Wesen, daß der Prior keinen Anstand fand, ihn als Novizen aufzunehmen.

Als die Zeit seines Noviziates vorüber war, hatte er sich durch strenge Erfüllung aller Pflichten, durch größte Selbstbeherrschung und unweigerlichen Gehorsam derart ausgezeichnet, daß seine Aufnahme in den Orden erfolgte und ihm sofort der Beruf als Prediger und öffentlicher Volkslehrer erteilt wurde.

Die Feierlichkeiten bei der Aufnahme waren sehr geeignet, eine tiefe Erschütterung im Gemüte hervorzurufen. Der Novize mußte sich gleich einer Leiche in den Sarg legen; er sah alsdann die Mönche ihre Umzüge halten, hörte sie die Gesänge anstimmen, welche ihm galten, als wäre er ein Verstorbener; er fühlte das geweihte Wasser, womit sie sein Gesicht besprengten, welches darauf mit dem Leichentuche bedeckt wurde.

Er war auf immer für die Welt abgestorben. Während der Vorbereitungszeit hatte er durch langes Fasten seine Nerven unnatürlich aufgeregt, und das seltsame, düster phantastische Zeremoniell bewirkte nun eine Überreizung, welche tausend merkwürdige Bilder vor seinen Geist führte.

Wenn er dann später in der tiefen Stille seiner Zelle damit zubrachte, die wertvollen Handschriften zu durchstöbern, welche in der Bibliothek zu finden waren, trat die Entwickelungsgeschichte der Kirche vor seine forschende Seele.

Schon in den ersten Zeiten versuchte die römische Kirche, indem sie das Christentum mit den Resten der antiken Bildung verband, alle einzelnen Sekten zu einem Glauben zu vereinigen, und indem sie alle Nationen verbrüderte, erstrebte sie einen ruhmvollen Zweck, denn sie befreite zugleich die menschliche Gesellschaft von der innern Roheit der heidnischen Weltanschauung, welche sich um die beiden Achsen drehte: Genußsucht und Gewalt. Erstere vernichtete alle sittlichen Triebe der Seele, während die zweite jede persönliche Würde auslöschte und die Sklaverei rechtfertigte.

Der junge Mönch folgte der streitenden Kirche Schritt für Schritt in die dunklen Katakomben, wo eine traurige Frömmigkeit die ersten Christen in die Tiefe der Totenkammern führte. Dort sah er die Kirche auf den Gräbern der Märtyrer sitzen, erleuchtet durch den Strahl des Glaubens, als Führerin auf dem Wege der Wahrheit, als Fahnenträgerin der Menschlichkeit und Brüderlichkeit. In diesem Geiste konnte dann das Kreuz auch nach solchen Gegenden getragen werden, wohin der römische Adler seinen Flug noch nicht genommen hatte. Aber von dem Tage an, als Konstantin dem Papste Silvester Rom mit seiner Umgegend zum Geschenke machte, vergiftete er die Kirche, deren Wirksamkeit sich hinfort nicht mehr allein auf die Gesittung und geistige Erhebung erstreckte, sondern auch auf politischem Gebiete Einfluß zu gewinnen suchte und dadurch zur Herrschsucht geführt wurde.

Kaum verbreitete sich dieses Gift in den Adern der Kirche, so begannen ihre Diener das demütige Kleid, das harte und bußfertige Leben zu verachten, 84 indem sie von Macht und Triumph träumten. Der Knecht der Knechte Gottes schmückte sein Haupt mit der Krone und zwang die Menschen vor ihm niederzuknieen. Trunken vom Weihrauch der Schmeichelei begehrten sie Waffen gleich den Königen der Erde, um mit der Gewalt des Schwertes diejenigen zu bekämpfen, welche sie mit sanften Worten hätten überwinden sollen. Ihre Vorgänger waren Märtyrer, sie selbst wurden zu Henkern; die Bischöfe, welche im Staub der Kirche für ihre Herde knieen und beten sollten, wurden in Fürsten der Erde verwandelt; sie ließen sich Throne errichten und Weihrauch streuen gleich Göttern; Rom war nicht mehr die heilige Stadt, es wurde so heidnisch wie in den Zeiten von Caligula und Nero.

Eine Wolke von Traurigkeit senkte sich auf die Stirn des jugendlichen Mönches, als er diesen Teil der Kirchengeschichte erforschte und er fühlte sich zuweilen versucht, die Pergamente hinwegzuschleudern. Aber um die Heilmittel richtig anwenden zu können, mußte er das Übel kennen lernen. Er vertiefte sich daher in die Geschichte der weltlichen Herrschaft der Päpste. Unabhängig wie die Apostel waren die ersten Bischöfe gewesen, dann verwandelte sich die Benennung in Metropoliten, dann hießen sie Patriarchen, endlich nannten sie sich Päpste; anfänglich gab es mehrere erste Bischöfe, bis Gregor VII. in einem Konzil, welches 1075 in Rom abgehalten wurde, festsetzte, daß nur er und seine Nachfolger die Berechtigung haben sollten, sich Päpste zu nennen. Der Sturz des römischen Reiches, die Aufstände der Heruler und Rugier unter Odoaker, der Ostgoten unter Theodorich, der Griechen unter Narses und der Langobarden unter Alboin, die Vernichtungskriege, welche Italien in jammervolle Lage versetzten, Millionen von Menschen durch das Schwert ausrotteten und Städte und Länder verwüsteten: alles trug dazu bei, daß die römischen Patriarchen sich über die andern erhoben, obgleich diese versuchten, ihnen zu widerstehen. Die Macht des römischen Patriarchen siegte zuletzt, weil der Patriarch in Konstantinopel durch die Gegenwart des Kaisers in Schach gehalten wurde, und weil die Kirchenfürsten von Alexandria, Antiochia und Jerusalem, fortwährend von den Persern und Mohammedanern bekriegt, endlich ganz unter deren Herrschaft geraten waren.

Noch hatte die weltliche Macht mit den Trägern des Hirtenstabes nicht gemeinsame Sache gemacht, aber die Geschichte des achten Jahrhunderts entrollte dem forschenden Auge Girolamos denjenigen Vorgang, welcher diese traurige Übereinkunft brachte. Papst Stephanus III. erteilte Bertrada, der Gemahlin Pipins, und ihren Söhnen Karl und Karlmann die feierliche Weihe und erhielt dafür von Pipin die Besitzungen, welche dieser den Langobarden abgenommen hatte; Hadrian I. verriet den Desiderius und war Karl dem Großen wohlgesinnt, Innocenz III. sicherte die Oberhoheit Roms dem heiligen Stuhle, Bonifaz VIII. und Klemens VI. erweiterten den Besitz, und Gregor VII. bereicherte die Kirche durch die Erbschaft der Tochter des Herzogs von Toscana.

85 Bei dem Namen Gregor VII. erinnerte sich Girolamo an den 23. Januar 1077, und es war ihm, als erblicke er auf den Bergen von Reggio den Felsen von Canossa mit seinem finstern und einsamen Mauerwerk, von tiefem Schnee umgeben, welcher die Hügel rings bedeckte. Er sah einen jungen Mann mühsam heraufsteigen, mit unbedecktem Haupte, langen Haaren, die ihm auf die Schultern fielen, einem rauhen Sack als Kleidung, der mit einem groben Hanfstrick gegürtet war; so schritt derselbe barfuß einher. Es war der deutsche Kaiser Heinrich IV., den Papst Nikolaus II. zum römischen Könige gesalbt hatte, der Schwager Adelheids von Susa, der Vetter der Gräfin Mathilde, der Herrin des Schlosses Canossa, wo Papst Gregor VII. damals wohnte; es war Heinrich, welcher Buße that, um vom Papste wieder in Gnaden aufgenommen zu werden; er war nach Italien gepilgert, hatte die Alpen überschritten und stand jetzt zitternd vor Kälte, mit Schmutz bedeckt wie ein verworfener Bettler, von tiefer Stille umgeben, die nur vom Geheule des Sturmes zuweilen unterbrochen wurde. Und wenn ein bleiches Gesicht zwischen den Vorhängen der Burgfenster neugierig hervorblickte, so rief Heinrich um Gnade, aber die Thüren blieben lange verschlossen, bis endlich die Gräfin Mathilde für den Büßer um Erbarmen bat.

Girolamo Savonarola erhob die Augen zum Gekreuzigten und zog einen Vergleich zwischen ihm und seinen Vertretern. Rasch wendete er dann die Blätter um, bis sein Auge endlich bei den Namen Bologna und Ferrara verweilte. Bei dem ersten las er von den blutigen Kämpfen der Geremei und Lambertazzi. Papst Nikolaus III. hatte sich ihnen als Friedensstifter angeboten, und sie öffneten ihm die Thore, worauf er selbst die Stadt in Besitz nahm. Erst 1401 ward dieselbe frei von der päpstlichen Despotie: das Volk erhob sich und machte die Bentivoglios zu seinen Führern. Von Ferrara las er, daß Paul II. diesen Teil des Geschenkes, welches Pipin der Kirche machte, zu einem Herzogtume umschuf und dasselbe 1471 dem Borso von Este, dem zweiten Sohne Nikolaus III. von Este, verkaufte. Alle diese Vorgänge wurzelten zum großen Teile in der Unkenntnis des Volkes, welches die Wissenschaften und sogar die Kunst des Schreibens den Geistlichen überließ. Die Fürsten waren schwach und abergläubisch; sich vor Gewalt zu sichern, traten sie ihre Länder an den heiligen Stuhl ab, um sie als Lehen von ihm wieder zu erhalten; so kam das kanonische Recht in die Hand dessen, welcher nur die Bibel hätte halten sollen.

Girolamo Savonarola neigte seine Stirn gedankenvoll über diese Blätter und überlegte. Er selbst war Mönch, aber er verabscheute diejenigen seiner Genossen, welche das Volk durch die Geißel der Buße zu knechten suchten. Er wollte das Netz zerreißen, welches durch die Qualen der Folter und grausame Hinrichtungen die Nation umstrickte und ihre Augen abwendete von den Kabalen der Geistlichkeit, dem abscheulichen Schacher mit den Würden und Besitztümern der Kirche und der maßlosen Genußsucht, die immer mehr um sich griff. 86

 


 


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