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»Das deutsche Goldgeld ist vollwertig, d. h. sein Goldwert ist durch seinen Stoffwert voll und ganz gedeckt. Feinsilber ist nur halb so viel wert wie der geprägte Taler, und ähnlich steht es mit unserem deutschen Silbergeld; es ist unterwertig, sein Stoffwert ist geringer als sein Geldwert.« ( Karl Helfferich: Die Währungsfrage, S. 11.)
»Von jeher haben gesunde Staaten den größten Wert auf ein Geld gelegt, dessen innerer Wert und dessen Weltbeständigkeit von niemand angezweifelt wird.« Ebenda, S. 46.)
»Gold und Silber erfreuten sich allgemeiner Wertschätzung, man sammelte sie demnach, um sich Kaufkraft zu sichern, sie dienten also als Wertbewahrer. Bald waren die Münzen nicht mehr bloß Tauschwerkzeug, man gewöhnte sich vielmehr, die Werte aller Erzeugnisse gegen den Geldwert abzuschätzen. Das Geld wurde Wertmesser. Wir schätzen alle Werte in Geld ab. Alle Wertveränderungen nehmen wir als Änderungen gegen den Geldwert wahr. Der Geldwert scheint die feste Elle zu sein, die alles gleichmäßig mißt.«
Otto Arendt: Leitfaden der Währungsfrage.)
In oben genannten Streitschriften zweier Vertreter der Gold- und Doppelwährungstheorien wird also dem sogenannten Wert gleichmäßig grundsätzliche Bedeutung zuerkannt. Man streitet nicht um die Frage: »Was ist der Wert?« auch nicht um die kritische Gottl'sche Wertfrage: »Deckt das Sprachzeichen Wert ein Singularobjekt, eine Kraft, einen Stoff?« Für beide Gegner steht das Dasein einer Wirklichkeit, die man Wert nennt, ganz außer Frage. In dieser Sache von grundsätzlicher Bedeutung haben beide Gegner nicht die geringste Meinungsverschiedenheit. Beide gebrauchen das Wort »Wert« und seine verschiedenen Verbindungen vollständig unbefangen, als ob beide überhaupt niemals von einer »Wertfrage«, von einer »Wertforschung«, von einer »Wertlehre« gehört hätten. Für beide sind die Ausdrücke »Wertstoff, Stoffwert, innerer Wert, Wertbeständigkeit, Wertmaß, Wertbewahrer, Wertkonserve, Wertpetrefakt, Wertspeicher, Werttransportmittel« eindeutig. Im Hamburger Fremdenblatt, Februar 1916, sagt J. A. F. Engel: »Wir müssen zugeben, daß das Gold wohl eine große Bedeutung hat als Wertmesser, aber nicht eine ebenso große Bedeutung als Wertspeicher.« Beide setzen stillschweigend voraus, daß auch die große Masse den Sinn dieser Worte so scharf verstehen wird, wie es bei der grundsätzlichen Rolle, die sie (dem Anscheine nach) zu spielen haben, für das Verständnis der Schriften erforderlich erscheint.
Wie sieht es nun aber in der Wissenschaft aus in Bezug auf diesen Ausdruck?
Wer darüber sich Klarheit verschaffen will, der lese Gottls Schrift: »Der Wertgedanke, ein verhülltes Dogma der Nationalökonomie!. Jena, Fischer. Hier sagt es zwar der Professor aus Höflichkeit gegen seine Kollegen nicht geradezu, aber seine Ausführungen zeigen es klar: Ein Hirngespinst ist der sogenannte Wert, ein jeder Wirklichkeit bares Erzeugnis der Einbildung.
Übrigens sagt es ja auch Marx, dessen Betrachtung der Volkswirtschaft von einer Werttheorie ausgeht: »der Wert ist ein Gespenst«. – Was ihn aber nicht von dem Versuch abhält, das Gespenst in drei dicken Büchern zu bannen. »Man abstrahiere«, so sagt Marx, »von den bearbeiteten Substanzen »Arbeitsprodukten« sagt Marx, doch führt dieser Ausdruck irre. Was nach solcher Abstraktion noch übrigbleibt, das ist keine Eigenschaft, sondern einfach die Geschichte des Gegenstandes, die Kenntnis, daß an jenem Körper ein Mensch gearbeitet hatte. alle körperlichen Eigenschaften, dann bleibt nur noch eine Eigenschaft, nämlich der Wert.«
Wer diese Worte, die gleich zu Anfang des »Kapitals« zu lesen sind, hat durchgehen lassen und nichts Verdächtiges in ihnen entdeckt hat, darf ruhig weiterlesen. Er kann nicht mehr verdorben werden. Wer sich aber die Frage vorlegt: »Was ist eine Eigenschaft, getrennt von der Materie?« – wer also diesen grundlegenden Satz im »Kapital« zu begreifen, materialistisch aufzufassen versucht, der wird entweder irre, oder er wird den Satz für Wahnsinn, seinen Ausgangspunkt für ein Gespenst erklären.
Wie will ein aus Stoff bestehendes Gehirn eine solche absolute Abstraktion in sich aufnehmen, verzeichnen, einordnen und verarbeiten? Wo wären denn noch die zum Begriffe nötigen Anhaltspunkte, Verwandtschaften, Übergänge? Etwas begreifen heißt, sich irgendwo am Stofflichen festhalten (begreifen – greifen), heißt in unserem Gehirn vorrätige Vergleichsgegenstände gefunden haben, an die sich der neue Begriff anlehnen kann, – aber eine von jedem Stoff und jeder Kraft befreite Begriffsbildung ist ebenso unfaßbar, wie der Apfel für den Tantalus ungreifbar ist.
Die Abstraktion Marx' ist in keinem Schmelztiegel darstellbar. Wie sie sich völlig von unserem Verstande loslöst, so auch von allem Stofflichen. Seltsamerweise hat aber diese vollkommene Abstraktion doch noch eine »Eigenschaft«, und zwar ihre Herkunft, ihre Herkunft von der menschlichen Arbeit. Marx, Kapital, Bd. 1, S. 4. »Sieht man vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten.« Allerdings eine seltsame »Eigenschaft«, die geeignet ist, die deutsche Sprache in Kauderwelsch zu verwandeln. Demnach hätte auch das deutsche Geld andere Eigenschaften, je nachdem sein Stoff vom Hunnenschatz, von den bluttriefenden Milliarden oder von den ehrlichen Fäusten der Goldgräber herrührt. Die Herkunft der Waren gehört zur Geschichte, nicht zu den Eigenschaften der Waren; sonst wäre ja auch die Behauptung,(die man oft zu hören bekommt), die Seltenheit des Goldes gehöre zu den Eigenschaften des Goldes, richtig. Und das ist doch barer Unsinn.
Ist es aber so, verwechselte Marx die Herkunft und Geschichte der Waren mit deren Eigenschaften, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn er in der weiteren Behandlung seines Stoffes so Wundersames erblickte und vor dem »Gespenst« erschrak.
Ich nenne Marx, aber bei den anderen Wertforschern steht es um kein Haar besser. Keinem von ihnen ist es gelungen, den »Wertstoff« abzusondern, die »Werteigenschaft« an irgend einen Stoff zu binden und vor Augen zu führen; immer schwebt der Wert über dem Stoff, unfaßbar, unnahbar, wie Erlkönig zwischen den Weiden.
Alle Forscher sind darin einig, daß, wie Knies sich ausdrückt, »die Lehre vom Wert für die nationalökonomische Wissenschaft von grundlegender Bedeutung« sei. Wenn aber diese Lehre schon für die Wissenschaft der Nationalökonomie so wichtig ist, so muß sie es für das wirkliche Leben erst recht sein. Wie kommt es aber nun, daß sowohl der Staatswirtschaft, wie der Privatwirtschaft diese »Wertlehre« vollkommen unbekannt ist? Müßte, wenn diese Lehre wirklich von so »fundamentaler« Bedeutung ist, nicht in jedem Hauptbuch gleich auf der eisten Seite hinter den Worten »Mit Gott« auch die »Werttheorie« angegeben sein, zu der der Unternehmer schwört, und die die Richtung für die Geschäftsführung angeben soll?
Und müßte man da nicht annehmen, daß jedes gescheiterte Unternehmen seinen Sturz einer schlechten Grundlage, d. h. einer unvollständigen oder gar falschen Werttheorie verdankt?
Aber das ist ja gerade das Erstaunliche an der Behauptung, die Wertlehre wäre die Grundlage der nationalökonomischen Wissenschaft, daß dem Handel das Dasein dieses sogenannten Wertes vollkommen unbekannt ist. Sonst gehen heute auf allen Gebieten der menschlichen Tätigkeit Wissenschaft und Leben Hand in Hand; nur im Handel weiß man nichts von der Haupttheorie seiner Wissenschaft. Im täglichen Handelsverkehr gibt es nur Preise, durch Nachfrage und Angebot bestimmte Preise, und der Kaufmann, der vom Wert einer Sache spricht, denkt dabei an den Preis, den der Besitzer unter den obwaltenden zeitlichen und örtlichen Verhältnissen wahrscheinlich würde erhandeln können. Der Wert ist also eine Schätzung, die durch den Abschluß des Handels in eine genau abgemessene Menge Tauschgüter, in den »Preis« übergeht. Den Preis kann man haarscharf messen, den Wert kann man nur schätzen. Das ist der ganze Unterschied, und die Erklärung vom Wesen des Preises muß demnach sowohl auf den Preis wie auf den Wert anwendbar sein. Eine besondere Theorie des »Wertes« ist überflüssig.
Die von unseren beiden Währungsschriftstellern ohne weitere Erläuterung gebrauchten, zu Anfang erwähnten Ausdrücke enthalten, dem Sprachgebrauch entsprechend, ungefähr folgenden Sinn: das Gold hat eine »Eigenschaft«, den sogenannten Wert, die, wie das Gewicht des Goldes, mit dem Stoff des Goldes verwachsen ist, und die wir Wert nennen (Stoffwert). Diese »Eigenschaft« ist, wie das Gewicht und die chemischen Verwandtschaften des Goldes, untrennbar vom Gold (innerer Wert), unveränderlich und unzerstörbar (Weitbeständigkeit). Wie man sich das Gold nicht ohne Gewicht, so kann man es sich auch nicht ohne Wert denken; Gewicht und Wert sind einfach Merkmale des Stoffes. Ein Kilo Gold ist gleich ein Kilo Wert: Stoffwelt = Wertstoff. Das Vorhandensein des Wertes wird auf der Wage festgestellt: vollwertig. Ob es noch andere Verfahren gibt, den Wert festzustellen, ist noch nicht sicher. Lackmuspapier bleibt dem Wert gegenüber unempfindlich. Die Magnetnadel wird durch den Wert nicht abgelenkt, er widersteht auch den höchsten bekannten Hitzegraden, und überhaupt sind unsere Kenntnisse vom Wertstoff noch etwas kümmerlich. Wir wissen nur, daß er vorhanden ist, was bei der »fundamentalen Bedeutung«, die der Wert für Wissenschaft und Leben hat, eigentlich recht zu bedauern ist. Neue Ausblicke in die Natur des Weites eröffnet die von Dr. Helfferich entdeckte Eigentümlichkeit, daß bei einigen Weitstoffen der Wert nicht immer im Verhältnis zum Stoff steht. Weitstoff oder Stoffwert. Er hat entdeckt, daß der Wert des Silbergeldes doppelt so groß ist wie der des Geldsilbers, d. h. daß das Silbergeld den Wert in doppelter Verdichtung besitzt – also schon ein Werte xtrakt ist! Diese wichtige Entdeckung eröffnet uns ganz neue Ausblicke in die Natur des Wertes, denn ist es gelungen, den Wert auszuziehen, zu verdichten und ihn sozusagen vom Stoff zu trennen, so steht zu hoffen, daß es der Wertwissenschaft noch einmal gelingen wird, den Wert chemisch rein darzustellen, was allerdings wieder ein Widerspruch mit der Theorie ist, – denn so kämen wir ja auf großen Umwegen zur Theorie der Papierwährung, die nur Preise kennt und die Wertlehre unbeachtet läßt.
Der Wert ist also ein reines Hirngespinst. Im Handel bedeutet »Wert« eine Schätzung des für eine Ware erzielbaren Preises. Der nach Lage des Marktes voraussichtlich erzielbare Preis, das ist der Wert einer Ware. Die Bestandsaufnahme der Kaufleute z. B. baut sich ganz auf dem so verstandenen »Wert« auf. Ob die Schätzung richtig war, sagt später der Verkaufspreis. Das gibt auch die Erklärung dafür, was Zuckerkandl sagt: »In der Lehre vom Wert ist noch »beinahe« alles streitig, von den Benennungen angefangen«. Es wäre bei der »fundamentalen Bedeutung der Sache« wohl der Mühe wert gewesen, wenn uns Zuckerkandl gesagt hätte, was er eigentlich durch das Wort »beinahe« ausschließen will. Oder bezieht sich das »beinahe« auf das ABC, womit die Wertlehre niedergeschrieben ist? Und auch dafür, was Boehm-Bawerk wie folgt ausdrückt: »Trotz unzähliger Bestrebungen war und bleibt die Lehre vom Werte eine der unklarsten, verworrensten und streitigsten Partien unserer Wissenschaft«.
Hirngespinste sind billig. Auf sich selbst gestellt, können sie ein geschlossenes, widerspruchsloses Ganzes bilden und sich uns so als etwas durchaus mit unserem Verstand Verträgliches vorstellen. Sie stehen, wie das Wunder, über der Natur, sie leben, wachsen und gedeihen fröhlich im Hirn des Menschen, – doch hart im Räume stoßen sich die Sachen. In der Wirklichkeitswelt haben Hirngespinste keinen Raum; sie müssen sich in nichts wieder auflösen. Und es gibt nichts Wirklicheres als die wirtschaftliche Betätigung, die des Einzelnen sowohl wie die des Staates, sie ist Stoff und Kraft. Was sich hiervon entfernt, kann nicht mehr sein als ein billiges Erzeugnis der Einbildungskraft. Und das ist der Wert. Die auf dem Weitgespenst aufgebaute Wissenschaft kann nur Gespenster zeitigen und ist zur Unfruchtbarkeit verurteilt. Während sonst überall die Wissenschaft das tägliche Leben befruchtet und ihm als Leitstern dient, muß sich bis heute die Volkswirtschaft mit der eigenen Erfahrung behelfen. Ihre Wissenschaft hat es noch nicht einmal bis zu einer Sprache gebracht, da »von den Benennungen angefangen, ja noch alles streitig ist«. Die auf der Wertlehre aufgebaute Wissenschaft besitzt bis heute noch keine Zinstheorie, keine Lohntheorie, keine Rententheorie, keine Krisentheorie und keine Geldtheorie, wenngleich es nicht an Versuchen fehlt. Die auf dem Wertgespenst fußende Wissenschaft vermag bis heute nicht zu den einfachsten tagtäglichen Ereignissen die wissenschaftliche Erklärung zu geben, sie kann kein wirtschaftliches Ereignis voraussehen, die Wirkung keiner gesetzlichen Maßnahme im voraus bestimmen (Abwälzbarkeit der Kornzölle, der Grundsteuer z. B.).
Kein Kaufmann, Börsenspieler (Spekulant), Unternehmer, Bankmann, Zeitungsmann, Abgeordneter oder Politiker vermag diese Wissenschaft als Waffe oder Schild zu benutzen; kein einziges deutsches kaufmännisches Unternehmen, selbst die Reichsbank nicht, wird von wissenschaftlichen Erwägungen geleitet. In den Volksvertretungen wird die Wissenschaft, die den Wert zum Fundament genommen, einfach unbeachtet gelassen; keine einzige Theorie dieser Wissenschaft darf sich rühmen, bis zur Gesetzgebung sich Bahn gebrochen zu haben. Keine einzige! Vollkommene Unfruchtbarkeit ist das Zeichen dieser Wissenschaft.
Wenn nun diese Unfruchtbarkeit der einzige Übelstand an der Sache wäre, so könnte man sich leicht darüber beruhigen. Haben nicht tausende und abertausende unserer besten Köpfe ihre kostbare Zeit mit theologischen Grübeleien verloren? Wenn dazu nun noch einige Dutzend Mann kommen, die über Wertgrübeleien nicht hinausgelangen, so ist das vielleicht zu beklagen, aber für ein Volk von Millionen nicht allzu verhängnisvoll. Aber der Wertglaube kostet uns mehr als die fruchtbare Mitarbeit dieser Männer. Ist die Wertlehre auch völlig unfruchtbar, so erhofft doch noch mancher etwas von ihr, der sonst fruchtbareren Äckern sein Streben zugewandt hätte, und so schadet diese Lehre einfach durch ihr Dasein.
Wir haben im Deutschen Reich Dutzende von klugen, verständigen Kaufleuten, geistig regsamen Männern, die Bedürfnis nach gründlicher Aufklärung in allen Wissenszweigen besitzen, die aber gerade jeder wissenschaftlichen Erörterung von Berufsfragen (als welche doch für den Kaufmann die volkswirtschaftlichen Fragen zu bezeichnen sind) ängstlich aus dem Wege gehen. Diese Männer, die alle gesetzlichen Mißgriffe immer in erster Linie verspüren und deren Folgen bezahlen (oder die Kosten dafür wenigstens vorschießen), die als die eigentlichen Puffer zwischen Volkswirtschaft und Gesetzgebung zu betrachten sind, die immer der Gefahr ausgesetzt sind, von irgend einer Krise zermalmt zu werden – lehnen es ängstlich ab, sich an der Erörterung wissenschaftlicher Fragen ihres Faches zu beteiligen. Warum? Einfach, weil sie einerseits, in guter deutscher Zucht aufgewachsen, den Autoritätsglauben nicht haben abschütteln können und der Ansicht sind, daß die Wissenschaft in den Händen unserer Hochschullehrer gut aufgehoben sei;
Wie gut sie in Wirklichkeit hier aufgehoben ist, mag der Leser aus nachstehend angeführten Stellen ersehen:
Bund der Landwirte 7. 8. 1815: In Ruhland wirkte sich von Anfang an der Gedanke aus, theoretisch das wissenschaftliche Rüstzeug zu liefern, mit dem eine praktische Wirtschaftspolitik die dauernde Grundlage für eine gesunde Agrar-, Industrie- und Handelsentwicklung schaffen könne. Deshalb verwarf er von vornherein die Deutung
Roschers über die Aufgaben der Volkswirtschaftslehre, die da sagt: »
Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich mit dem, was ist und gewesen ist, aber nicht mit dem, was sein soll.« Ebenso sagt
Schmoller: »
Die Wissenschaft hat nicht die Aufgabe, unmittelbar auf die Entscheidung des Tages einzuwirken. Das ist Sache des Staatsmannes.«
Schmoller und
Roscher hatten eben ganz richtig erkannt, daß wir ja überhaupt noch leine Volkswirtschaft, sondern nur eine Klassenstaatswirtschaft haben, und daß das Erforschen des Innenbaues dieses Staates nicht Sache der Schule sein kann. Leider haben sie sich gesträubt, die letzten Folgerungen aus ihrer Erkenntnis zu ziehen; sie hätten sagen müssen, die Lehre der Klassenstaatswirtschaft habe überhaupt nichts auf unseren Hochschulen zu suchen. Heraus aus der Schule mit einem Wissensstoff, der uns seinen Inhalt nicht enthüllen darf! Welch gefährlicher Verderbnispilz die Volkswirtschaftslehre für die Universitäten ist, sagt Professor
Lujo Brentano: »In der Volkswirtschaftslehre gelangt eine richtige Lehre erst dann zur Anerkennung, wenn sie den Interessen einer mächtigen Partei entspricht, und nur so lange, als diese mächtig ist; wird eine andere mächtiger, so gelangen auch die irrigsten Lehren wieder zu Ansehen, sobald sie den Interessen der Mächtigen zu dienen geeignet scheinen.« (Der Unternehmer. S. 6). anderseits, weil sie mit ihrem klaren, nüchternen Verstande die von den Professoren vorgetragene Wertlehre nicht verstehen, ja den Gegenstand dieser Lehre überhaupt nicht erfassen und sich nun schämen, diesen geistigen Mangel
öffentlich einzugestehen. Diese Männer mit den zweifelsüchtigen Blicken, darunter so mancher jüdische Börsenjobber mit dem scharfen Verstände seiner Rasse, lassen sich mit leeren Redensarten, denen der Wahnsinn fast aus den Augen stiert, abspeisen. Die Furcht, sich lächerlich zu machen, hindert sie daran, es öffentlich einzugestehen, daß sie »das Hemd des Königs nicht sehen«, daß der Gegenstand der Wertlehre für sie unsichtbar sei.
Und dies ist die einzige tatsächliche Leistung der Wertlehre. Unberechenbar ist der Schaden, den dieses Wahngebilde der Volkswirtschaft und ihrer Wissenschaft bereitet hat. Die auf einem Hirngespinst aufgebaute Wissenschaft hat schließlich das ganze Volk an seinem Verstände zweifeln lassen, hat das ganze Volk davon abgehalten, die Ergründung der Gesetze der Volkswirtschaft zur Volks- Wissenschaft zu machen.
Eine Geldverwaltung, die von einer (irgend einer) Werttheorie ausgeht, ist zur Unfruchtbarkeit und Untätigkeit verurteilt. Was könnte man denn am »inneren Wert« des Goldes verwalten? Die Wahnvorstellung des Wertes macht von vornherein jeden Fortschritt im Geldwesen unmöglich. Und so bedarf es auch weiter keiner Erklärung, warum wir noch heute genau das gleiche Geldwesen haben, wie vor 4000 Jahren. Theoretisch wenigstens; praktisch ist man zur Papierwährung (Zellstoffwährung) übergegangen. Allerdings still und heimlich. Es darf es niemand wissen; denn erführen das unsere Professoren, so könnte ihr Alarmruf ganz gewaltigen Schaden anrichten. Papiergeld, Geld ohne »inneren Wert«, ist ja nach ihrer Auffassung an sich unmöglich, und Unmögliches muß stürzen.