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Wenn von Freiland die Rede ist, so denkt man in erster Linie wohl an die weiten Flächen unbebauten Landes in Nord- und Südamerika. Dieses Freiland ist bequem und mit verhältnismäßig geringen Kosten zu erreichen. Das Klima ist zuträglich für den Europäer, die gesellschaftlichen Verhältnisse für viele anlockend, die Sicherheit für Leben und Geld nicht schlecht. Der Ankömmling wird im Einwanderer–Gasthaus auf Kosten des Staates 8–14 Tage bewirtet, und in einigen Staaten erhält er auf der Eisenbahn freie Fahrt bis an die äußerste Grenze des besiedelten Gebietes. Hier steht es ihm frei, sich gleich anzusiedeln. Er kann sich das ihm zusagende Land aussuchen: Viehweide, Ackerland, Wald. Die Heimstätte, auf die er rechtlichen Anspruch hat, ist für die volle Ausnutzung der Arbeitskraft selbst der größten Familie reichlich bemessen. Hat der Ansiedler seine vier Grenzpfosten eingeschlagen und das Landamt benachrichtigt, so kann er schon mit der Arbeit beginnen. Niemand verwehrt es ihm, niemand fragt ihn, wer ihm eigentlich erlaubt habe, die Erde zu bearbeiten und die Früchte seines Fleißes einzuheimsen. Er ist Herr auf dem Boden zwischen jenen vier Grenzpfosten.
Land dieser Art nennen wir Freiland ersten Grades. Solches Freiland findet man allerdings nicht mehr in besiedelten Gegenden, sondern nur dort, wo nur erst wenig Menschen sind. In den bereits besiedelten Strichen findet man aber noch weite, oft riesige Flächen, die nicht bebaut sind, die aber durch irgend einen Mißbrauch der Machtmittel des Staates in das Privateigentum irgend eines an irgend einem Orte der Welt wohnenden Menschen gelangt sind. Ich wette, in Europa gibt es viele Tausende von Männern, die zusammen hunderte von Millionen Hektar solchen in Amerika, Afrika, Australien und Asien gelegenen Landes ihr Eigentum nennen. Wer ein Stückchen dieses Bodens haben will, muß sich mit den Eigentümern verständigen. In der Regel kann man das Gewünschte für eine kaum nennenswerte Summe erhalten oder pachten. Ob man für den Hektar Ackerland, den man zu bearbeiten gedenkt, 10 Pf. Pacht bezahlt, kann dem Arbeitsertrag so gut wie nichts abtragen. Solches bedingt freie Land nennen wir Freiland zweiten Grades.
Freiland ersten und zweiten Grades gibt es in allen Weltteilen noch in gewaltigen Strecken. Nicht immer ist es Boden erster Güte. Vieles ist mit Wald schwer bedeckt, bedarf langwieriger Ausrodungsarbeiten. Große Strecken leiden unter Wassermangel und können nur durch kostspielige Bewässerungsanlagen fruchtbar gemacht werden. Anderes Land wieder, vielfach gerade der an sich beste Boden, muß entsumpft werden, noch andere Strecken oder Täler bedürfen der Zufuhrstraßen, ohne die der Austausch der Erzeugnisse unmöglich wäre. Freiland dieser Art kommt nur für geld- oder kreditkräftige Auswanderer in Betracht. Für die Lehre von der Grundrente und vom Lohne ist es jedoch gleichgiltig, ob eine kapitalistische Gesellschaft oder ob die Auswanderer unmittelbar das Freiland in Anbau nehmen. Von Belang ist das nur für das Kapital und seinen Zins. Nimmt der Freiländer solches durch Be- und Entwässerungsbauten, also durch Kapitalanlage erschlossene Land in Arbeit, so muß er für die Benutzung dieser Bauten den regelrechten Kapitalzins zahlen und diesen Zins seinen Erzeugungskosten zuzählen.
Für diejenigen aber, Einzelpersonen und Gesellschaften, die selber die für größere Aufschließungsarbeiten nötigen Mittel haben, ist heute sozusagen noch die halbe Welt Freiland. Das beste Land in Kalifornien und entlang dem Felsengebirge war bis vor kurzem noch Wüste. Jetzt ist es ein Garten von gewaltigem Umfang. Die Engländer haben Ägypten durch die Nilsperre wieder bewohnbar gemacht für Millionen und Abermillionen Menschen. Die Zuidersee, Mesopotamien und viele andere Wüsten wird man ebenso der Bebauung erschließen. So kann man sagen, daß solches Freiland zweiten Grades noch für unabsehbare Zeiten zur Verfügung der Menschen steht.