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Jachmann lügt, Fräulein Semmler lügt, Herr Lehmann lügt und Pinneberg lügt auch, aber jedenfalls bekommt er eine Stellung und einen Vater obendrein

Vor dem Schaufenster »Knaben- und Jünglingsbekleidung« von Mandel hat Herr Jachmann Pinneberg erwartet.

»Also da sind Sie ja. Sehen Sie nur nicht so besorgt aus. Alles in schönster Ordnung. Ich habe dem Lehmann ein Loch in den Bauch geredet, nun ist er ganz wild auf Sie. – Haben wir Sie heute Nacht sehr gestört?«

»Ein bißchen«, sagt Pinneberg zögernd. »Wir sind es noch nicht gewöhnt. Aber vielleicht war es auch von der Reise. Muß ich jetzt nicht zu Herrn Lehmann rein?«

»Ach, lassen Sie doch den dussligen Lehmann warten! Der ist froh, wenn er Sie kriegt. Ich habe ihn natürlich auch hübsch ansohlen müssen – wer stellt denn heute einen Menschen ein? Wenn er was von Ihnen wissen will, wissen Sie eben gar nichts.«

»Vielleicht sagen Sie mir, was Sie ihm erzählt haben? Ich muß doch Bescheid wissen.«

»I wo, keine Bohne! Warum müssen Sie denn?! Sie können doch gar nicht lügen, das sieht man doch. Nee, Sie wissen von nichts. – Kommen Sie noch ein bißchen rüber ins Café ...«

»Nein, ich möchte jetzt nicht ...« beharrt Pinneberg. »Ich möchte jetzt Gewißheit haben. Es ist doch für meine Frau und mich so wichtig ...«

»Wichtig! Zweihundert Mark Gehalt ... Na ja, na ja, gucken Sie bloß nicht so, böse habe ich es nicht gemeint. Hören Sie, Pinneberg«, sagt der große Jachmann und legt dem kleinen Pinneberg ganz sanft die Hand auf die Schulter. »Ich steh ja hier nicht umsonst und red Unsinn. Pinneberg ...« sagt Jachmann und sieht Pinneberg sehr an, »es stört Sie doch nicht, daß ich mit Ihrer Mutter befreundet bin?«

»Nein, nein ...«, sagt Pinneberg sehr gedehnt und wäre lieber wo anders.

»Sehen Sie«, sagt Jachmann und seine Stimme klingt wirklich sehr nett. »Sehen Sie, Pinneberg, ich bin so, ich muß über alles reden. Andere hätten vielleicht vornehm geschwiegen und hätten gedacht, was gehen mich die jungen Drecker an! Ich seh ja, es stört Sie. Muß Sie nicht stören, Pinneberg, sagen Sie das auch Ihrer Frau ... Nee, ist nicht nötig, Ihre Frau ist anders wie Sie, habe ich gleich gesehen ... Und wenn Pinneberg und ich Krach miteinander haben, dann denken Sie sich nichts dabei, das gehört bei uns dazu, ohne das ist es langweilig ... Und daß Pinneberg hundert Mark für die Mottenkammer von Ihnen haben will, das ist Unsinn, geben Sie ihr bloß nicht das Geld, das verjuxt sie nur. Über die Abendgesellschaften dürfen Sie sich auch nicht den Kopf zerbrechen, das ist so und bleibt so, wenn die Dummen nicht alle werden ... Und noch eins, Pinneberg ...« Und jetzt ist der große Schwadroneur ganz liebevoll und Pinneberg trotz aller Abneigung entzückt und begeistert ... »Noch eins, Pinneberg. Sagen Sie Ihrer Mutter nicht so bald, daß Sie ein Kind erwarten. Ihre Frau natürlich meine ich. Das ist für Ihre Mutter das Schlimmste, schlimmer noch als Ratten und Wanzen, hat sicher keine guten Erfahrungen mit Ihnen gemacht. Sagen Sie nichts. Leugnen Sie. Hat ja noch Zeit. Ich will sehen, daß ich es ihr beibringe. – Die Seife klaut er doch noch nicht beim Baden?«

»Wieso? Die Seife?« fragt Pinneberg verwirrt.

»Nun ...«, grinst Jachmann. »Wenn der Sohn beim Baden rauslangt und der Mutter die Seife aus der Wanne klaut, dann geht es nämlich bald los. – Auto! Heh, Auto!« brüllt der Riese plötzlich. »Ich muß ja seit einer halben Stunde auf dem Alex sein, die Brüder werden mir zeigen, wieviele Zinken die Harke hat.« Schon im Wagen: »Also zweiter Hof rechts. Lehmann. Sagen Sie gar nichts. Und Hals- und Beinbruch. Und Handkuß für die junge Frau! Weidmannsheil –!«

Zweiter Hof rechts. Alles ist Mandel. Ach Gott, das ist ein großes Warenhaus, noch nicht ein Zehntel so groß war je ein Betrieb, in dem Pinneberg bis dato gearbeitet, noch nicht ein Hundertstel vielleicht. Und er schwört sich zu, zu schuften, tüchtig zu sein, alles zu ertragen, nicht aufzumucken, oh Lämmchen, oh Murkel!

Zweiter Hof rechts, im Parterre gleich: »Personalbüro Mandel«. Und ein anderes Riesenplakat: »Bewerbungen zur Zeit zwecklos.« Und ein drittes Schild: »Ohne Anklopfen herein.« Pinneberg macht das: ohne Anklopfen herein.

Eine Barriere. Dahinter fünf Schreibmaschinen. Hinter den fünf Schreibmaschinen fünf Mädchen, jüngere, ältere. Alle fünf sehen hoch und alle fünf sehen sofort wieder nieder und schmettern weiter: keine hat gesehen daß jemand reingekommen ist. Pinneberg steht eine Weile und wartet. Dann sagt er zu einer in grüner Bluse, sie sitzt ihm am nächsten: »Ach, bitte, Fräulein . . .«

»Bittä!« sagt die grüne Bluse und sieht ihn empört an, als hätte er sie aufgefordert, mit ihm sofort, hier auf der Stelle . . .

»Ich möchte gern Herrn Lehmann sprechen.«

»Schild draußen!«

»Wie?«

»Schild draußen!!«

»Ich versteh nicht, Fräulein.«

Die grüne Bluse ist empört: »Lesen Sie's Schild draußen. Bewerbungen zwecklos.«

»Habe ich gelesen. Ich bin aber zu Herrn Lehmann bestellt. Herr Lehmann erwartet mich.«

Die junge Dame – Pinneberg findet, sie sieht wirklich sonst ganz nett und manierlich aus, ob sie aber auch zu ihrem Chef so spricht, wie zu den Kollegen? –, die junge Dame sieht ihn böse an. »Zettel!« sagt sie. Und ganz erregt: »Zettel sollen Sie ausfüllen!«

Pinneberg folgt ihrem Blick. Auf einem Pult in der Ecke liegt ein Block, ein Bleistift hängt an einer Kette. »Herr/Frau/Fräulein ... möchte Herrn/ Frau/Fräulein ... sprechen. Zweck der Rücksprache ( genau bezeichnen) ...«

Pinneberg schreibt erst Pinneberg, dann Lehmann, beim Zweck des Besuches, der so genau bezeichnet werden soll, zögert er. Er schwankt zwischen »Bekannt« und »Einstellung«. Aber beides würde sich wahrscheinlich nicht vor der gestrengen jungen Dame bewähren, und so schreibt er denn »Jachmann«.

»Bitte, Fräulein.«

»Legen Sie 'n hin.«

Der Zettel liegt auf der Barriere, die Schreibmaschinen hämmern, Pinneberg wartet.

Nach einer Weile sagt er sanft: »Fräulein, ich glaube, Herr Lehmann wartet auf mich.«

Keine Antwort.

»Fräulein, bitte!«

Die Dame stößt einen Laut aus, etwas Unartikuliertes, so ein »Schschsch«, Pinneberg denkt sich, Schlangen zischen so.

»Wenn sie alle hier so sind, die Kollegen«, denkt Pinneberg trübe. Und wartet weiter.

Nach einer Weile kommt dann ein Kontorbote in grauer Uniform herein.

»Zettel!« sagt das junge Mädchen.

Der Bote nimmt den Zettel, liest ihn, betrachtet Pinneberg und verschwindet.

Nein, dieses Mal braucht Pinneberg nicht mehr sehr lange zu warten. Der Bote erscheint wieder, sagt ganz manierlich: »Herr Lehmann läßt bitten!« und führt ihn durch die Schranke, über einen Gang, in ein Zimmer.

Es ist noch nicht Lehmanns Zimmer. Aber es ist Lehmanns Vorzimmer.

Hier sitzt eine ältliche Dame mit gelblichen Teint, das ist die Privatsekretärin, denkt erschauernd Pinneberg. Und die Dame sagt mit leidender, trauriger Miene: »Setzen Sie sich bitte. Herr Lehmann ist noch beschäftigt.«

Pinneberg setzt sich. Es ist ein Vorzimmer mit sehr vielen Aktenschränken, die Rolljalousien sind alle hochgeschoben, die Schnellhefter liegen in Stößen, blau, gelb, grün, rot. Jeder Schnellhefter hat sein Schwänzchen, und Pinneberg liest auf Schwänzchen Namen, Fichte liest er, dann Filchner, dann Fischer.

›Das sind die Namen von den Kollegen‹, denkt er. ›Personalakten‹, denkt er. Manche sind ganz dünn, manche Schicksale sind mitteldick, ganz dicke Personalschicksale gibt es nicht.

Das ältliche gelbe Fräulein geht hin und her. Sie nimmt einen Durchschlag, sieht ihn leidend an, seufzt, locht ihn. Sie nimmt eine Akte, sie legt den Durchschlag hinein. Ist es eine Kündigung oder eine Gehaltserhöhung? Steht in dem Brief, daß Fräulein Bier freundlicher zur Kundschaft sein muß?

›Ach vielleicht‹, denkt Pinneberg, ›muß das ältliche gelbe Fräulein schon morgen, schon heute nachmittag eine Personalakte anlegen: Johannes Pinneberg. Möchtest du doch!‹ Das Telefon schnarrt. Das ältliche Fräulein nimmt eine Akte, legt den Brief hinein, das Telefon schnarrt, wieder die Schiene hinein, die Akte ins Fach, das Telefon schnarrt. Das Fräulein nimmt den Hörer und sagt mit seiner leidenden gelben Stimme: »Hier das Personalbüro. Ja, Herr Lehmann ist da. – Wer möchte ihn sprechen? Herr Direktor Kußnick? – Ja, bitte, wollen Sie Herrn Direktor Kußnick an den Apparat rufen! Ich verbinde dann mit Herrn Lehmann.«

Kleine Pause. Vornüber gebeugt lauscht das Fräulein in den Apparat, sie scheint den Widerpart am andern Ende der Strippe gewissermaßen zu sehen, ein ganz zartes Rot färbt ihre blassen Wangen. Ihre Stimme ist immer noch leidend, aber ein ganz klein bißchen scharf, als sie sagt: »Ich bedaure, Fräulein, ich darf Herrn Lehmann erst verbinden, wenn der Anrufer am Apparat ist.«

Horchpause. Ein ganz klein bißchen noch schärfer: »Sie dürfen Herrn Direktor Kußnick erst verbinden, wenn Herr Lehmann am Apparat ist?« Pause. Stolz: »Ich darf Herrn Lehmann erst verbinden, wenn Herr Direktor Kußnick am Apparat ist.« Nun geht es rascher, der Ton wird schärfer:

»Bitte, Fräulein, Sie haben angerufen!«

»Nein, Fräulein, ich habe meine Vorschriften.«

»Bitte, Fräulein, ich habe für so was keine Zeit.«

...

»Nein, Fräulein, erst muß Herr Kußnick am Apparat sein.«

...

»Bitte, Fräulein, sonst hänge ich jetzt ab.«

...»Nein. Fräulein, das habe ich oft genug erlebt, nachher spricht Ihr Herr auf einem andern Apparat. Herr Lehmann kann nicht warten.«

...

Sanfter: »Ja, Fräulein, ich sagte Ihnen doch, Herr Lehmann ist hier. Ich verbinde dann sofort.« Pause. Dann ganz andere Stimme, leidend, sanft: »Herr Direktor Kußnick –? Ich verbinde mit Herrn Lehmann.« Hebeldrückend, im Flötenton: »Herr Lehmann, Herr Direktor Kußnick ist am Apparat. – Wie bitte?« Sie horcht mit ihrem ganzen Leibe. Schwerkrank: »Jawohl, Herr Lehmann.« Hebeldrückend: »Herr Direktor Kußnick? Ich höre eben, daß Herr Lehmann zu einer Besprechung gegangen ist. Nein, ich kann ihn nicht erreichen. Er ist momentan nicht im Hause. – Nein, Herr Direktor, ich habe nicht gesagt, daß Herr Lehmann hier ist, da muß sich Ihre Dame irren. Nein, ich kann nicht sagen, wann Herr Lehmann zurückkommt. Bitte, nein, so was habe ich nicht gesagt, da irrt sich Ihre Dame. Guten Morgen.«

Sie hängt ab. Sie ist weiter leidend, gelblich, mit ein ganz klein bißchen Rot. Sie scheint Pinneberg etwas aufgekratzter, als sie nun weiter ablegt, Blätter in Personalakten.

›Scheint ihr gut zu tun, so ein bißchen Stunk‹, denkt Pinneberg. ›Freut sie wohl, wenn die Kollegin bei Kußnick ein bißchen, was aufs Dach kriegt. Hauptsache, sie sitzt sicher.‹

Das Telefon schnarrt. Zweimal. Scharf. Die Akte fliegt aus der Hand zur Erde, das Fräulein hängt am Apparat: »Ja, bitte, Herr Lehmann? Jawohl. Sofort.« Und zu Pinneberg: »Herr Lehmann läßt bitten.«

Sie öffnet die braune gepolsterte Tür vor ihm.

›Gut, daß ich das alles noch gesehen hab‹ denkt Pinneberg, während er durch die Tür geht, ›Mächtig devot sein. Möglichst wenig reden. Jawohl, Herr Lehmann. Zu Befehl, Herr Lehmann.‹

Es ist ein Riesenzimmer, die eine Wand fast nur Fenster. Und an diesem Fenster steht ein Mammutschreibtisch, auf dem nichts ist wie ein Telephon. Und ein gelber Mammutbleistift. Kein Stück Papier. Nichts. Auf der einen Seite des Schreibtisches ein Sessel: leer. Auf der anderen Seite ein Rohrstühlchen – darauf, das muß Herr Lehmann sein, ein gelber, langer Mann mit einem Gesicht voller Querfalten, einem schwarzen Bärtchen und einer kränklichen Glatze. Sehr dunkle, runde, stechende Augen.

Pinneberg bleibt vor dem Schreibtisch stehen. Seelisch hat er gewissermaßen die Hände an der Hosennaht, und den Kopf hat er ganz zwischen den eingezogenen Schultern, um nicht zu groß zu sein. Denn Herr Lehmann sitzt ja nur pro forma auf einem Rohrstühlchen, eigentlich müßte er, den Abstand richtig zu kennzeichnen, auf der obersten Sprosse einer Stehleiter sitzen.

»Guten Morgen«, sagt Herr Pinneberg sanft und höflich, und macht eine Verbeugung.

Herr Lehmann sagt nichts. Aber er faßt den Mammutbleistift, stellt ihn senkrecht.

Pinneberg wartet.

»Sie wünschen?« fragt Herr Lehmann sehr kratzig.

Pinneberg ist direkt vor den Magen geschlagen, Tiefschlag.

»Ich ... ich dachte ... Herr Jachmann ...« Dann ist es wieder alle, die Luft gänzlich weg.

Herr Lehmann besieht sich das. »Herr Jachmann geht mich gar nichts an. Was Sie wollen, will ich wissen.«

»Ich bitte«, sagt Pinneberg und spricht ganz langsam, damit ihn die Luft nicht wieder im Stich läßt, »um die Stellung eines Verkäufers.«

Herr Lehmann legt den Bleistift lang hin: »Wir stellen niemanden ein«, sagt er entschieden. Und wartet.

Herr Lehmann ist ein sehr geduldiger Mensch. Er wartet immer noch. Und schließlich sagt er und stellt den Bleistift wieder aufrecht: »Und was ist noch?«

»Vielleicht später –? stammelt Pinneberg.

»Bei so 'ner Konjunktur!« sagt Herr Lehmann wegwerfend.

Stille.

›Also kann ich gehen. Wieder reingerasselt. Armes Lämmchen!‹ denkt Pinneberg. Er will Adieu sagen. Da sagt Herr Lehmann: »Zeigen Sie mal Ihre Zeugnisse her.«

Pinneberg breitet sie hin, seine Hand zittert ganz ehrlich, er hat ganz ehrlich Angst. Was Herr Lehmann hat, das weiß man nicht, aber Warenhaus Mandel hat auch an die tausend Angestellte, und Herr Lehmann ist der Personalchef, also ein großer Mann. Vielleicht hat Herr Lehmann Spaß.

Also Pinneberg breitet zitternd seine Zeugnisse aus: das Lehrzeugnis, dann das von Wendheim, dann das von Bergmann, dann das von Kleinholz.

Die Zeugnisse sind alle sehr gut. Herr Lehmann liest sie sehr langsam, sehr ungerührt. Dann schaut er hoch, er scheint nachzudenken. Vielleicht, vielleicht ...

Herr Lehmann spricht: »Tja, Düngemittel führen wir nicht.«

So, da hat er es! Und natürlich ist Pinneberg nichts wie ein Trottel, er kann nur stammeln: »Ich dachte auch ... eigentlich Herrenkonfektion ... das war nur zur Aushilfe ...«

Lehmann genießt es. Es ist so gut, daß er wiederholt: »Nein, Düngemittel führen wir nicht.« Er setzt hinzu: »Auch nicht Kartoffeln.«

Er könnte ja nun auch von Getreide und Sämereien reden, all das steht auf Emil Kleinholzens Briefbogen, aber schon die Kartoffeln kamen nicht mehr ganz befriedigend heraus. So sagt er nur brummig: »Wo haben Sie denn Ihre Angestellten-Versicherungskarte?«

›Was soll das alles?‹ denkt Pinneberg. ›Wozu will er meine Karte? Will er mich nur quälen?‹ Und er legt die grüne Karte hin. Herr Lehmann betrachtet sie lange, die Marken sieht er an, er nickt ein wenig.

»Und Ihre Lohnsteuerkarte.«

Pinneberg gibt auch die hin und auch sie wird genau angesehen. Dann ist wieder eine Pause, damit Pinneberg hoffen darf und verzweifelt sein darf und wieder hoffen darf.

»Also«, sagt Herr Lehmann abschließend und legt die Hand auf die Papiere. »Also wir stellen keine neuen Kräfte ein. Wir dürfen es gar nicht. Denn wir bauen die alten ab!«

Schluß. Aus damit. Dies war das endgültige. Aber Herrn Lehmanns Hand bleibt auf den Papieren liegen, nun legt er sogar noch den gelben Mammutbleistift über sie.

»Immerhin ...«, sagt Herr Lehmann. »Immerhin dürfen wir Kräfte aus unsern Filialen übernehmen. Besonders tüchtige Kräfte. Sie sind doch eine tüchtige Kraft?«

Pinneberg flüstert etwas. Keinen Protest. Es genügt Herrn Lehmann aber.

»Sie, Herr Pinneberg, werden aus unserer Filiale in Breslau übernommen. Sie kommen aus Breslau, nicht wahr?«

Wieder Flüstern, wieder ist Herr Lehmann genügsam.

»Auf der Abteilung Herrenkonfektion, wo Sie arbeiten werden, stammt zufällig keiner der Herren aus Breslau, nicht wahr?«

Pinneberg murmelt.

»Gut. Sie fangen morgen früh an. Sie melden sich um acht Uhr dreißig bei Fräulein Semmler, hier nebenan. Sie unterschreiben dann den Vertrag und die Hausordnung, und Fräulein Semmler sagt Ihnen Bescheid. Guten Morgen.«

»Guten Morgen«, sagt auch Pinneberg und verbeugt sich. Er geht rückwärts zur Tür. Schon hat er die Klinke in der Hand, da flüstert Herr Lehmann, er flüstert es durch das ganze Gemach: »Grüßen Sie Ihren Herrn Vater bestens. Sagen Sie Ihrem Herrn Vater, ich habe Sie engagiert. Sagen Sie Holger, am Mittwoch abend wäre ich frei. Guten Morgen, Herr Pinneberg.«

Und ohne diese Schlußsätze hätte Pinneberg gar nicht gewußt, daß Herr Lehmann auch lächeln kann, etwas verkniffen, aber immerhin lächeln.


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