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An Jakob Kneip

Düren, 8. April 18

Mein lieber Jakob, gestern, Sonntag, war ich bei Lersch in M.-Gladbach. Ein Herzenskerl und lebendig. Kam Samstag abends elf Uhr an. Natürlich war L. nicht da; hatte meine Karte noch nicht erhalten und war nach Bonn gefahren zum Vortrag in 3 Lazaretten. Göttliche, hanebüchene Unordnung in seinen Zimmern; ich packte mich dann in sein Bett und fand zum Glück ne Buddel 60prozentigen Alkohol vorm Bette stehen. Gott, das war ein Zeug! Liege kaum, hör ich am Hoftor Schlüsselklirren. Herein kommt, räubermäßig und heiser geredet: Lersch und findet einen fremden Kerl in seinem Bett. Kannte mich aber sofort! Wir saßen bei Schnaps und Zigaretten dann bis 5 Uhr morgens. Köstlich, wenn er von Schmiede, Material und Arbeit spricht oder rezitiert, mit Leben und Ekstase in allen Knochen. Habe ihn recht liebgewonnen. Es ist mir niemals so leicht gefallen, zu einem fremden Menschen beim ersten Sehen Du zu sagen. Hier war es das Gegebene. Hat mich auch photographiert. Er will versuchen, mich noch zu reklamieren, für seine Schmiede, aber es wird zu spät sein, denn am 12. kommt die K.V.-Kommission. Hätt' ich daran nur eher gedacht. Er agitiert gegen meine (überhaupt: eine) Heirat. Mit einem Arm voll Bücher, 5 Mark, Brot, Zigarren und Tabak verließ ich ihn Sonntagabend wieder, nachdem wir vorher noch den Maler C. (der nichts kann) und den jungen K. (in dem was ist), besucht hatten. Nächsten Sonntag fahre ich wieder zu Lersch.

Beiliegenden Tagebuch-Zettel schick mit dem Dir früher gesandten »Das Lächeln ist göttlich« bei Gelegenheit an H. Durch H. bekam ich auch die Sommeschilderung und das andere zurück, ohne besondere Worte dabei. Ich schickte sie an den Hannoverschen Kurier. Las eben in Lerschs »Abglanz des Lebens«! – Das sind aber sehr schwache Gedichte. L. meinte, ich sollte von Diederichs erstmal 250 Mark a Konto verlangen.

Schönsten Gruß
Dein Gt.


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