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An Fräulein H. H.

Adresse: Aug. Deppe, Hannover, Seydlitzstr. 9

Faaborg, 7. 8. 14

An allen Ecken Unruhe und Kriegsgeschrei:

Da erhalte ich nun Ihren Brief, und sage: es ist ein wunderschöner Brief. Dank.

Mein Herz hat in diesen Tagen so viele kleine Erschütterungen bekommen, von innen und außen, daß ich mich gar nicht recht sammeln kann. Was soll ich nun schreiben?

Noch einmal frisch von der Leber weg; nochmals: Klarheit.

Ich bin nun mal so ein Mensch, der erst dann ruhig wird, wenn er sein Herz andern geöffnet hat. Seien Sie mir nicht böse, wenn ich Sie wieder mit meiner Unwirklichkeit quäle; aber es geht nicht anders, ich muß mir, gerade Ihnen gegenüber, Luft machen. Es ist zuviel, was so in mir bohrt, außer diesem letzten.

Ich wiederhole hier, um etwas nüchterner zu sein, was ich vor kurzem meinem Freund schrieb. (Sie können vollständig beruhigt sein!):

»Ich glaube nicht an Liebe auf den ersten Blick; denn Liebe, das ist ein langsames Hineinwachsen ineinander. Aber ich fühle, daß dieses weibliche Wesen mir Bedeutung und Bedürfnis werden könnte –«.

Sie sehen, es dreht sich hier wieder mal um Liebe. Doch offen: Die Wurzel dieser Begebenheit zwischen uns, die keine Form annahm, annehmen durfte, ist doch: Liebe.

Nun wissen Sie das genau, was Sie schon fühlten – und ich glaube, ich werde jetzt wieder ganz ruhig, wie ich es meistens bin.

Sie sehen – Illusionen, wie sie eben nur ein Dichter, unbekümmert um banale Wirklichkeiten, ins Himmelblaue türmen kann.

Ihr letzter Brief hat mir kaum noch weh-, doch mehr wohlgetan. Es ist so ein schöner Brief.

Nun der Ausgangspunkt. Gönnen Sie mir Einsamem die kleine Freude der Aussprache. Wenn ich Ihnen dann und wann schreiben sollte (wenn ich Bedürfnis nach weiblicher Stille und Klarheit habe), – dann antworten Sie mir bitte.

Es grüßt Sie recht herzlich

G. E.

(Ich warte auf die Einberufung, daher obige Adresse.)

Mir fiel noch was ein, das zu meinem letzten Brief gehört. Napoleon sagte auf St. Helena: »Es gibt nur zwei Gewalten in der Welt: den Säbel und den Geist. Auf die Dauer wird der Säbel immer vom Geist besiegt.« – Ich habe gehört, daß Dehmel neue Gedichte geschrieben hat. Kriegs-Gedichte; können Sie mir nicht etwas übermitteln? (Zeitungsausschnitte? Abschriften?)

Wollen Sie mir eine Freude machen? – dann schicken Sie mir irgend etwas Lesbares, Deutsch!

Ich wäre Ihnen sehr dankbar.


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