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An Jakob Kneip

11. Juli 17

L. Jakob,

sieben Wochen lagen wir vorn im Graben; haben nun fünf (!) ganze Tage Ruhe. Danach geht's wieder nach vorn. Kommen mir gelegen, diese ruhigen 4 Tage, obgleich sie mit je 18 km Hin- und Rückmarsch erkauft werden müssen. Erhältst hiermit das 3. Gedicht in kurzer Zeit. Wie ist's?

Im vorletzten Brief schriebst Du, daß Du mit Wonne in H ... badetest. Sollte mich freuen, wenn Du Hamsun meintest. Soll ich Dir etwas vorschlagen, so frag mich; ich kenne das meiste von ihm. Die beiden Gedichte in »Kriegswochenschau« ganz schwungvoll und naiv-gläubig, doch fehlt das Besondere. Man meint, Ähnliches schon öfter gehört zu haben; könnte auch ebensogut von 1870 als 1917 sein. Gute Mache, doch nicht überzeugend. Hinter dem zuvielen Arbeiten mit Hallo und Hurra – kommt schon ganz in der Ferne Schingbum-Pauke-Trara. Unser Krieg ist bluternst und tragisch – nicht so theaternd-pathetisch und hurra-optimistisch wie man ihn vom Schreibtisch aus sieht oder konstruiert. Hurraschreien (worin sich Zeitungsschreiber hervortun) ist noch keine Tat: es werden allein damit noch keine 50 m Graben genommen. Allein nur mit Blut und Tod.

Das Sommergedicht, das ich übrigens wirklich unterm Baum liegend schrieb (ich war dem Graben für 2 Tage entronnen – mußte als Zeuge zum Divisionsgericht), habe ich an Heuss (»März«) gesandt. Ich denke mir, hier ist zum seltenen Male einfache Stimmungslyrik gelungen – weitab vom Gedanklichen. An Dehmel habe ich seit 1914 nicht mehr geschrieben.

Quadriga soll also doch weiter erscheinen? im Insel-Verlag?

Dein Gt.


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