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Gent, 20. 3. 15
Liebe Mutter, und Ihr alle da im friedlichen Westen –
Noch immer bin ich gesund, noch immer habe ich nichts vom Krieg gesehen, noch immer bin ich zuversichtlich und zufrieden – und mitunter sogar so froh, wie es eigentlich nur ein Geburtstagskind sein kann – dann nämlich, wenn unerwarteterweise die gewissen Pakete, »Liebesgaben«, über mich »herfallen«. Da ist ein sehr freundliches Bürgermeisterpaar in N. (sie sind Bekannte meines guten Freundes Kneip und bewahren meine Manuskripte auf), da ist Kneip selbst (er ist jetzt nach langem, bisher vergeblichem Bemühen als Freiwilliger bei einem Trainbataillon eingestellt), da ist ein Marinearzt, den ich in Sonderburg kennenlernte, dann noch mein Freund Deppe, und endlich F. – alle sind Spender, Schenker der schönsten, möglichen und unmöglichsten Dinge. Ihr seht, daß ich recht bedacht und bemuttert werde.
Es kann jetzt aber sehr bald sein, daß ich nun auch endlich in den Schützengraben oder in das offene Feld hinauskomme. Macht Euch niemals Sorge.
Richard Dehmel (der mich manchmal väterlich beraten), von dem Ihr dort drüben Gedichte gelesen habt – ist am 1. Januar in der Front zum Leutnant befördert worden.
Morgen, Sonntag, werde ich wohl gegen Abend zu einer Kammermusik (Trio u. Quartett) gehen. Die Genter scheinen sich überhaupt schon ganz zurechtgefunden zu haben: das Konzertleben blüht überall, die Kunstakademie ist seit Okt. wie sonst im Betrieb, und die prächtige Stadt ist ruhig.
Mutters 2 Briefe habe ich erhalten; vielen Dank!
Es grüßt Euch alle vielmals
Euer Gerrit