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Ueberschrift: »Sigurd wird ein Vergessenheitstrank gemischt«.
Sigurd ritt nun hinweg mit dem vielen Golde, und sie schieden als Freunde. | Er ritt auf Grane mit all seinem Heergeräthe und seiner Last, und ritt, bis daß er zur Halle König Gjuke's kam. Da ritt er in die Burg. Das sah einer von des Königs Mannen und sprach: »Ich wähne, hier kömmt einer von den Göttern! Dieser Mann ist ganz mit Golde geschmückt; sein Roß ist viel größer, denn andere Rosse und außerordentlich schön ist seine Waffenrüstung und übertrifft die anderer Männer weit, am meisten aber überragt er doch selber andere Männer.« Der König ging hinaus mit seinem Hofe, und grüßte den Mann, und fragte: »Wer bist du, der du in die Burg reitest, was [noch] niemand ohne Erlaubniß meiner Söhne gewagt hat?« Er antwortete: »Ich heiße Sigurd, und bin König Sigmund's Sohn.« König Gjuke sprach: »Willkommen sollst du sein hier bei uns, und empfange hier alles, was du willst.«
Und er ging hinein in die Halle, und alle erschienen klein neben ihm; und alle dienten ihm, und er war dort in hohem Ansehen. Sie ritten alle zusammen, Sigurd, Gunnar und Hogne; jedoch war Sigurd ihnen voraus in allen Fertigkeiten, und waren doch alle gewaltige Männer.
Grimhild bemerkte, wie sehr Sigurd Brynhild liebte, und wie oft er ihrer erwähnte. Sie gedachte bei sich, daß es ein größeres Glück wäre, wenn er da dauernd verbliebe und König Gjuke's Tochter nähme; und sie sah, daß niemand sich ihm vergleichen konnte, sah auch, welcher Trost (welche Stütze) an ihm war, und [daß er] unmaßen viel Gut besaß, viel mehr als daß man seines gleichen Wörtlich: »ein Beispiel dafür« (einen ähnlichen Fall). gekannt hätte. Der König war gegen ihn wie gegen seine Söhne, diese aber ehrten ihn höher als sich selbst.
Eines Abends, da sie beim Trunke saßen, stand die Königin auf und trat vor Sigurd, grüßte ihn und sprach: »Freude haben wir über dein Hiersein, und alles ||143) Guten wollen wir euch theilhaftig machen: nimm hier das Horn und trink.« Und sprach weiter: »König Gjuke soll dein Vater sein, und ich deine Mutter, und Gunnar und Hogne deine Brüder, und alle sollt ihr Eide leisten, so wird sich niemand finden, der euch gewachsen wäre.« Sigurd nahm das wohl auf: und | in Folge, dieses Trankes gedachte er nicht [mehr] an Brynhild. Er weilte da geraume Zeit.
Einmal trat Grimhild vor König Gjuke, schlang ihre Hände um seinen Hals, und sprach Eine in Thidr. s. formelhaft wiederkehrende Wendung.: »Hierher ist nun der größte Held gekommen, der auf der Welt gefunden werden kann, an ihm hätten wir starke Stütze: | gieb ihm deine Tochter mit reichem Gute und so große Herrschaft, wie er will: so könnte er es sich hier wohl gefallen lassen.« Der König erwiderte: »Ungebräuchlich ist es, seine Tochter anzubieten: doch ehrenvoller ist es, sie ihm anzubieten, als wenn andere [um sie] bäten.«
Eines Abends schenkte Gudrun. Sigurd sah, daß sie ein schönes Weib war und in jeder Beziehung ein feines Benehmen hatte.
Fünf Halbjahre war Sigurd dort, so daß sie mit Ruhm und in Freundschaft lebten; und redeten nun die Könige mit einander. König Gjuke sprach: »Viel Gutes erwiesest du uns, Sigurd, und eine große Stütze bist du unserm Reiche gewesen.« Gunnar sprach: »Alles wollen wir daran wenden, daß ihr lange hier bleibet, und wir bieten euch Herrschaft zugleich und unsere Schwester dar, ohne Bitte Wörtlich: »Herrschaft und unsere Schwester mit Anbietung.«; kein anderer aber würde sie erhalten, obschon er um sie bäte.« Sigurd antwortete: »Habt Dank für euer ehrendes Anerbieten: dies will ich annehmen.« | Sie schwuren sich nun Blutsbrüderschaft Zwei, die Blutsbruderschaft schließen wollten, ließen beide Blut in ihre Fußspur (über deren Bedeutung s. Grimm, Rechtsalt. 155 ff.) rinnen ( Brot. 18, 3 f.) und mischten so ihr Blut ( Lokas. 9); sie waren hinfort so eng miteinander verbunden wie wirkliche Brüder., als wenn sie von Geburt Brüder wären.
Da ward ein vortreffliches Fest zugerüstet, das währte viele Tage, und hielt Eigentlich »trank«; ebenso von Atle Kap. 32 Ende. Sigurd nun seine Hochzeit mit Gudrun. Da konnte man mancherlei Freude und Lustbarkeiten sehen, und war die Bewirthung an jedem Tage immer noch besser als am vorhergehnden. Dieselbe Wendung oben S. 55, Z. 7.
| Sie fuhren nun weit durch die Lande und verrichteten manche Heldenthat, erschlugen viele Königssöhne, und kein anderer that gleiche Großthaten; und fuhren dann heim mit großer Beute.
Sigurd gab Gudrun von Fafni's Herzen zu essen, und seitdem war sie weit grimmiger denn zuvor, aber auch klüger. Ihr beider Sohn hieß Sigmund.
Einmal ging Grimhild zu Gunnar, ihrem Sohne, und sprach: »Eure ||144) Herrschaft steht nun in hohen Ehren, das Eine ausgenommen, daß ihr noch unvermählt seid. | Werbet um Brynhild. Das ist für dich die ansehnlichste Heirath, und wird Sigurd mit euch reiten. Gunnar antwortete: »Gewiß ist sie schön, und nicht ist mir dies unerwünscht.« Er sagte es sodann seinem Vater sowie den Brüdern und Sigurd; und alle bestärkten ihn darin.