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Drittes Kapitel

Ueberschrift unleserlich. Im Folgenden gleicht die Sage offenbar sehr der unten (Kap. 32 ff.) berichteten von Gudrun's Vermählung mit Atle, der heimtückischen Einladung ihrer Brüder durch diesen und ihrer Bruderrache an ihm. Der Grundstoff jener Sage war der Sage von Signy und ihren Brüdern von Hause aus ähnlich. In der weitern Ausbildung des Stoffes aber hat ihm unsere Sage jedenfalls als Vorbild gedient. Ich weise unten in einzelnen Anmerkungen (mit Ziffern) auf die übereinstimmenden Züge hin.

Siggeir hieß ein König, der herrschte über Gautland Götaland in Südschweden.; er war ein mächtiger König, und zahlreich war sein Kriegsvolk. Er fuhr zu König Volsung und bat um Signy's Hand. Der König nahm diesen Antrag wohl auf, und ebenso seine Söhne; aber | sie selber war des unlustig, doch hieß sie ihren Vater darüber entscheiden, wie über [alles] andere, was sie beträfe. Dem König aber gefiel der Rathschluß, sie zu vermählen, und sie ward dem König Siggeir verlobt. Und wenn diese Hochzeit und Heirath vollzogen werden sollte, sollte Siggeir zu König Volsung zum Gastmahle kommen.

Der König rüstete die Hochzeit nach besten Kräften zu. | Und als das Gastmahl bereit war, kamen die Gäste König Volsung's und König Siggeir's an dem bestimmten Tage dorthin; und hatte König Siggeir manchen vornehmen Mann bei sich. Es heißt ||88), daß da große Feuer angezündet waren die Halle entlang; | der große Baum aber, dessen zuvor gedacht ist, stand mitten in der Halle. Nun wird erzählt: als die Männer Abends bei den Feuern saßen, | trat ein Mann herein in die Halle, der war ihnen unbekannt von Ansehen. Dieser Mann war auf solche Weise angethan: er hatte einen gefleckten Mantel um, er war barfuß und hatte Linnenhosen an, die am Bein zusammengeknüpft waren; er hatte ein Schwert in der Hand und trat [damit] an den »Kinderstamm«; einen tief [in das Gesicht] herabreichenden Hut hatte er auf; sehr hochgewachsen war er und alt und einäugig. Es ist Odin, der, wenn er in menschlicher Gestalt erscheint, stets als ein hochgewachsener Greis geschildert wird, einäugig, den breiten Hut tief ins Gesicht gedrückt und in einen weiten blauen oder blaugefleckten Mantel gehüllt. Er schwang das Schwert und stieß es in den Stamm, so, daß das Schwert bis an das Heft hinein fuhr. Allen Männern versagte die Stimme, diesen Mann zu begrüßen; da nahm er das Wort und sprach: »Wer dieses Schwert aus dem Stamme zieht, der soll es von mir als Geschenk empfangen; und er wird das selber bestätigen, daß er niemals ein besser Schwert in seiner Hand trug, denn dieses ist.« | Hierauf verließ der alte Mann die Halle, und wußte niemand, wer er war oder wohin er ging. | Nun standen sie auf und ließen sich nicht säumig finden Nach Bugge eigentlich: »sie überließen es nicht einer dem andern.« Doch ist die Erklärung zweifelhaft, vgl. Grág. I, 5016., das Schwert heraus zu ziehen, und dünkte sich der am besten daran zu sein, der zuerst dazu kam. | Da gingen die vornehmsten Männer zuerst hinzu, darnach einer nach dem andern. Keiner aber kam, der es hätte herausziehen können, denn es rührte sich nicht im geringsten, als sie es angriffen. Da trat Sigmund hinzu, König Volsung's Sohn, ergriff das Schwert und zog es aus dem Stamme, und es war als wenn es los da läge vor ihm. Diese Waffe schien allen so gut, daß niemand glaubte ein eben so gutes Schwert [je] gesehen zu haben; | und bot [Siggeir] ihm an, das Schwert dreifach mit Gold aufzuwägen. Sigmund [aber] sagte: »Du konntest dieses Schwert ||89) ebenso gut nehmen, wie ich, da wo es stak, wenn dir ziemte es zu tragen; nun aber erhältst du es nimmer, da es zuerst mir in die Hand kam, ob du auch alles Gold dafür bietest, das du hast.« | König Siggeir erzürnte sich über diese Worte, und schien ihm schimpflich geantwortet zu sein. Weil er nun von Charakter ein gar heimtückischer Mann war, so that er, als wenn er um diese Rede sich nicht kümmerte; aber denselben Abend [noch] ersann er die Vergeltung dafür, zu der es nachher kam.


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