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Seitdem v. d. Hagen's Uebersetzungen der Volsungasaga und der Nornagestssaga, die einzigen deutschen Uebersetzungen und doch schon ganz veraltet, vergriffen waren, machte sich das Bedürfniß nach einer zeitgemäßen Erneuerung derselben fühlbar. Diese Arbeit übertrug mir der Herr Verleger.
Wir waren darüber einig, daß zunächst Eine Separat-Uebersetzung der Volsungasaga in freierer Uebertragung und ohne den Apparat der Anmerkungen behalte ich mir vor für den Fall, daß eine solche wünschenswerth erscheinen sollte. nicht eine freie Uebertragung in elegantem Stil, zu flüchtigem Durchlesen bestimmt, herzustellen sei – was ja leicht gewesen wäre –, sondern ein Werk von wissenschaftlichem Werth. Daher war es mein Bestreben, nicht so sehr elegant als vielmehr möglichst getreu zu übersetzen, ohne doch dadurch meine Uebersetzung geradezu unbeholfen werden zu lassen. Wo ich, um dies zu vermeiden, freier übersetzte, habe ich die wörtliche Uebersetzung (zuweilen auch den Originaltext) in Sternnoten angemerkt. So glaube ich einen zuverlässigen Aus diesem Grunde sind auch die meist unbedeutenden Aenderungen und Ergänzungen, die sich aus der Nachvergleichung mit dem Originaltext ergaben, gewissenhaft in den Nachträgen zusammengestellt. Besonders bitte ich die Nachträge zu 24, 13; 40, 1; 42, 3; 55, 10; 78, 6; 97, 1 in den Text einzutragen. deutschen Text geschaffen zu haben, der allen denen das Original zu ersetzen im Stande ist, die sich mit der Nibelungensage beschäftigen wollen, den altnordischen Text aber nicht oder doch nur mit Schwierigkeiten lesen können.
Die Ragnarssaga (die übrigens seit 1829 überhaupt nicht mehr übersetzt ist) konnte wegen ihrer Zusammengehörigkeit mit der Volsungasaga nicht von dieser getrennt werden. Auch hier ist meine Uebersetzung eine wortgetreue, wenn ich auch hier eher einmal eine freie Uebersetzung meines Vorgängers stehn ließ.
Im Allgemeinen bemerke ich noch, daß Ergänzungen in [–] gesetzt sind, in (–) hingegen Worte, welche dem Texte entsprechen, in der Uebersetzung aber besser fortfallen. Letztere Klammern sind auch bei dem einer Rede eingeschobenen »sagte er« u. dgl. angewandt. Bei den Citaten ist zu beachten, daß hinter den Seitenzahlen die obenstehnden kleinen Ziffern sich allemal auf die Ziffernoten, die nach einem Komma in der Zeile folgenden Ziffern aber sich auf die Zeilen der Seite beziehn. Bei der Verdeutschung der Namensformen ist die Nominativ-Endung r überall fortgelassen, bei den schwachen Maskulinen das ältere e statt i eingeführt; statt des spätern Umlauts ö (früher o) steht das ursprüngliche a, älterer Umlaut ist durch o (nicht ö) wiedergegeben.
Die Strophen der Eddalieder in der Volsungasaga und der Geschichte von Nornagest habe ich ebenfalls weniger geschmackvoll als vielmehr getreu übersetzen wollen, sofern sich nicht beides vereinigen ließ. Auch sind die Lesarten unserer Sagahandschriften zu Grunde gelegt, wo sie nicht sicher verderbt erschienen; wo eine Lesart der Lieder-Edda zu Grunde liegt, ist dies wohl immer angegeben. Bei einer Uebersetzung der Eddalieder als solcher würde ich selbstverständlich anders verfahren.
Bei den Strophen der Ragnarssaga war eine wortgetreue Uebersetzung durch die im Deutschen nicht gut wiederzugebende skaldische Ausdrucksweise ausgeschlossen. Ich habe hier sinngetreu zu übersetzen mich bemüht. Freilich ist bei der schlechten Ueberlieferung, obwohl ich gerade auf die Strophen unverhältnißmäßig viel Zeit und Mühe verwendet habe, selbst der Sinn nicht immer sicher festzustellen gewesen, und zweimal habe ich gar keine Uebersetzung gewagt. In dieser Hinsicht verweise ich auf die umfänglichen Bemerkungen in den Nachträgen. Daß Herr Prof. Möbius mich bei mehreren Strophen freundlichst unterstützt hat, indem seine Mittheilungen theils meine Ansichten in willkommener Weise bestätigten, theils neue Auffassungen an die Hand gaben Letzteres ist namentlich der Fall bei Str. 3, 1-4; 23, 6; 24, 2; 28, 3 f., sei hier noch mit Dank erwähnt.
Da ich nicht eine ganz neue Uebersetzung zu liefern, sondern die v. d. Hagen's umzuarbeiten hatte, so habe ich, wo es irgend anging, seine Worte beibehalten, obwohl auf manchen Seiten kaum eine Zeile unverändert geblieben ist, und eine Neubearbeitung fast leichtere Mühe gewesen wäre als die Umarbeitung. Dadurch mögen kleine Ungleichmäßigkeiten des Stils und auch wohl der Orthographie (für die übrigens nicht ich verantwortlich bin) entstanden sein. Auch das hat die Gleichmäßigkeit der Uebersetzung vielleicht hier und da gestört, daß eine schwere Erkrankung meine Arbeit unterbrach und aufhielt, so daß die Volsungasaga nun schon fast ein Jahr lang fertig gedruckt liegt. Auch manche Nachträge sind aus diesem Grunde nöthig geworden.
Für die Volsungasaga und die Geschichte von Nornagest konnte ich die durchaus zuverlässige Ausgabe von Bugge zu Grunde legen, für die Ragnarssaga war ich auf den gewiß verbesserungsbedürftigen Text Rafn's angewiesen. Denn, da es sich nicht um eine Ausgabe, sondern nur um eine Uebersetzung handelte, würde die Zeit, welche ich auf die vollständige Vergleichung der z. Th. recht schwierig zu lesenden Hdschr. hätte verwenden müssen, in gar keinem Verhältniß gestanden haben zu dem Gewinne, den die Uebersetzung daraus etwa hätte ziehen können.
Die Sternnoten sind im Allgemeinen für solche Leser bestimmt, die ohne fachwissenschaftliche Vorkenntnisse die Sagas doch gründlich und mit Verständniß lesen wollen. Doch dürften einige derselben auch für meine Fachgenossen Interesse haben.
Während die Sternnoten der Erklärung dienen Doch sind auch die Parallelstellen innerhalb der Sagas dort zusammengestellt. sollen, sollen die Ziffernoten das zusammenstellen, was die Kritik des Textes betrifft, soweit es sich um das Verhältniß zu anderen Quellen handelt. Doch glaubte ich bei der Scheidung zwischen beiderlei Anmerkungen kleine, aus praktischen Gründen wünschenswerthe Inconsequenzen nicht allzu peinlich vermeiden zu sollen, weil beide doch untereinander stehn und mit Einem Blick übersehen werden können.
Die Ziffernoten geben nun für die Volsunga- und die Nornagests-Saga ein fortlaufendes Verzeichniß der Quellen und wichtigen Parallelstellen. Dies Verzeichniß soll einerseits das Verhältniß beider Saga's zu ihren Quellen übersichtlich darstellen und die selbständigen Zusätze der Verfasser zur Anschauung bringen; andrerseits wird es hoffentlich für die Geschichte der nordischen Nibelungensage ein brauchbares Hülfsmittel werden, freilich hauptsächlich nur für den, welcher die citirten Stellen im Original vergleichen kann. Die in ||–) meiner Uebersetzung eingefügten Seitenzahlen der zu Grunde gelegten Texte (s. S. IV. VII) werden die Vergleichung dieser Originaltexte erleichtern. – Die jüngeren Volkslieder sind in der Regel nur da angeführt, wo keine älteren und echteren Quellen vorliegen, neben denselben aber – um die Uebersichtlichkeit nicht zu stören – nur ausnahmsweise. Man wolle übrigens die Nachträge zu S. 58, 11 ff; 671; 74; 3771 (auf S. 438) beachten. Die Volsungs rímur sind, weil keine ältere Ueberlieferung zur Seite stand und aus dem S. XXV angeführten Grunde, fortlaufend verglichen.
Für die Ragnarssaga lag Vollständigkeit der verzeichneten Parallelstellen ursprünglich nicht in meiner Absicht. Da es mir aber später wünschenswerth erschien, die wichtigen Paralleldarstellungen vollständig zur Vergleichung heranzuziehn, ist Manches nachzutragen gewesen. Namentlich bitte ich die Vergleichung der Herraudssaga zu S. 233-236 und Saxo's zu S. 322-31 (auf S. 438) sowie des Nth. zu S. 300 bis 301 einzutragen.
Das Personenregister wird für die nordische Nibelungensage, wie ich hoffe, eine nützliche Materialsammlung darbieten, zumal zu jeder citirten Stelle in den Ziffernoten die Quellen und Parallelstellen zusammengestellt sind. Vielleicht hätte hier und da noch ein Zug aufgenommen werden können, aber Wesentliches wird nicht fehlen. Ich darf dies Verzeichniß als zuverlässig bezeichnen, da die Citate wiederholt nachverglichen sind.
Die Einleitung sollte in knapper Form über die wichtigen Fragen orientiren, welche sich an die übersetzten Sagas knüpfen. Dies war aber nur da möglich, wo ich auf meine eigenen Schriften oder die Anderer Bezug nehmen konnte. Wo ich dagegen die grundlegenden Untersuchungen selbst erst anzustellen hatte, mußten diese in die Einleitung aufgenommen werden; doch habe ich mich bemüht, den gelehrten Apparat, soweit thunlich, in die Anmerkungen zu verweisen. Der längere Abschnitt über die Einheit der Volsunga-Ragnarssaga nebst den einschlägigen Einzeluntersuchungen sowie die Bemerkungen über das Verhältniß der Ragnarssaga zu den verwandten Darstellungen des Stoffs und zu den Strophen seien der Beachtung der Fachgenossen empfohlen. – Die kurze sagengeschichtliche Skizze soll lediglich dem in der Geschichte der Nibelungensage nicht bewanderten zur Orientirung dienen und rechnet auf nachsichtige Beurtheilung der Mitforscher, insofern sie hier in knappester Form und ohne Begründung erscheinen muß. Ueber einzelne Punkte hoffe ich mich bald einmal ausführlicher aussprechen zu können.
Leipzig,
im September 1880.
A. Edzardi.