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I.
Vom Regen überrascht.

Ein Dank von unbekannten Lippen
Wird mich grüßen.

SNOW-BOUND Das Motto des Kapitels I ist dem Werk » Snow-Bound: A Winter Idyl« (1866) des amerikanischen Dichters John Greenleaf Whittier (1807-92) entnommen.


Jean Ivory war vom Regen überrascht worden. Glücklicherweise hatte sie einen Treffpunkt mit ihrer Stiefmutter vereinbart, als sie sich von ihr vor einer halben Stunde getrennt hatte, während noch ein bezaubernd blauer Himmel auf Boston herablächelte.

»Hol mich mit dem Wagen an D****'s Drogerie ab,« hatte sie gesagt; und so eilte sie nun zu D****'s Laden, als es plötzlich zu regnen begann, und raffte ihr hübsches Kleid mit Bedauern zusammen, weil sie Angst hatte, dass die zahllosen Tropfen dessen Frische verderben würden.

Sie war so erpicht darauf, Schutz zu erhalten, dass es nicht verwunderte, wie sie den Herrn nicht bemerkte, der im Laden mit dem Rücken zur Tür stand, und ebenso wenig, dass sie die Tür mit solcher Energie aufstieß, dass deren Klinke dem jungen Mann in den Rücken fuhr; und noch natürlicher war es, dass letzterer, der sich nichts aus Miss Ivorys bordeauxrotem Brokatkleid machte, sich diesem Neuankömmling mit ausgesprochenem Missvergnügen zuwandte.

»Entschuldigen Sie,« sagte sie, kaum ihr Opfer anschauend, dessen missfälliger Gesichtsausdruck sich in Neugier verwandelte, als er sie erkannte und dann in den Hintergrund des Ladens schlenderte.

Erst gestern war sie ihm als eine junge Dame bezeichnet worden, die in der kommenden Saison gesellschaftlich im Schwange sein werde – eine junge Dame, deren Großtante ihr neben ihrem schottischen Namen ein hübsches Vermögen zu beliebiger Verfügung hinterlassen hatte. So weit reichte das Wissen seines Informanten; aber es sollte vielleicht redlicher Weise hinzugefügt werden, dass Jean Freude daran hatte, mit ihrem Geld Gutes zu tun. Allerdings war ihre philanthropische Ernsthaftigkeit bereits zu einer richtigen Plage für das Gemüt ihrer Stiefmutter geworden – einer durch und durch weltlichen Frau, deren Sorge zuerst der Gesellschaft galt und erst dann der hübschen brünetten Tochter ihres Ehemannes. Was den in die Erbin vernarrten Vater betraf, so sagte er nur, wenn seine Gattin ihm den neuesten Beweis für den Leichtsinn des Mädchens vorhielt:

»Das ist Jeans wilder Hafer Im amerikanischen Original: » wild oats«; auf das männliche Geschlecht bezogen, entspricht » sow your wild oats« im Deutschen den ›Hörnern‹, die ein junger Mann sich erst ›abstoßen‹ muss.; soll sie ihn ruhig säen, sie wird durch Erfahrung klug werden.«

Während also Jean klug wurde, segneten viele arme, leidende Mütter sie; mancher Betrüger stieß auf ihre Gesundheit an, mit einem besseren Whisky, als den er sonst gewöhnt war; und manch eine Wohlfahrtseinrichtung erhielt großzügige Unterstützung aus ihrem Geldbeutel.

Miss Ivory, die sich der Musterung des jungen Mannes nicht bewusst war, fuhr damit fort, den hauchdünnen, feuchten Schleier, der unangenehm an ihrem Gesicht klebte, abzunehmen und über einen Tresen zum Trocknen zu hängen. Dann öffnete sie ihren kleinen Beutel aus bordeauxrotem Samt und Silber, der ihr an der Schulter hing, und entnahm ihm ein Taschentuch, mit dem sie ihr Gesicht abwischte, während sie in den Schaukasten mit Kosmetik und glitzernden Toilettenartikeln blickte.

»Ob sie wohl an den Tag denkt, an dem sie nähere Bekanntschaft mit diesen Artikeln machen wird?« dachte der junge Mann, den ebenfalls der Regen hierher gebracht zu haben schien und der außer dem Besitzer und ihr der einzige im Laden war. »Offenbar ist dieser Tag aber noch nicht gekommen, sonst würde sie ihr Gesicht nicht in dieser Weise zu reiben wagen. Was für ein Privileg, die kommende Schönheit inspizieren zu können, bevor sich ihre Frische an unzähligen Cotillon-Touren Im Original: » worn off by a score of germans«. Der Ausdruck » german« stellt hier eine Verkürzung des in den USA damals beliebten » german cotillion« dar. abgenutzt hat! Nach der Kraft ihres starken rechten Arms zu urteilen, den ich zu spüren bekam, könnte sie beträchtliche Ausschweifungen durchhalten.«

»Ja, Mr. D****, ich glaube allmählich, man hat mich im Stich gelassen,« erklang die klare Stimme der jungen Dame, und als sie sich umwandte, um dem Besitzer des hübschen Ladens ein Lächeln zu schenken, sah sich der kühle Kritiker in seiner entfernten Position umgehend veranlasst, das freimütige Gesicht und die hellen Augen zu bewundern.

»Sie würde nachts regelrecht aufleuchten,« musste er zugeben; er mochte es allerdings, wenn die Bewegungen einer Dame unter allen Umständen gelassen und würdevoll ausfielen, während jede Bewegung dieses Mädchens schwungvoll und kühn erschien. Sie hätte als Mann nicht plötzlicher aus dem Regen hereinplatzen oder ihm einen härteren Stoß ins Kreuz verpassen können. Wer auch immer bei ihrem künftigen Saisontriumph ihren Hof bilden würde, er würde dessen Zahl gewiss nicht vermehren.

Unterdes war die künftige Debütantin ihrer Lage ziemlich überdrüssig geworden.

»Was denkt sich Mama nur?« dachte sie, ging zum Fenster und schaute hinaus auf den grauen Himmel. »Wenn der Wind und der Regen genauso erschöpft wären wie ich, würden sie aufhören und mich befreien; aber ich schätze, ich muss mich in Geduld fassen.«

Mit einem Seufzen setzte sich Jean auf einen plüschbespannten Stuhl und wiegte sich müßig von einer Seite zur anderen, wobei ihre Augen geistesabwesend auf die roten und grünen Fläschchen im Fenster geheftet waren. Während sie so da saß, erregten Stimmen aus dem Hintergrund des Ladens ihre Aufmerksamkeit.

»Das ist alles schön und gut, wenn Sie von einem besonderen Fall sprechen,« hörte sie Mr. D**** sagen; »aber wenn ich jedem ›besonderen Fall‹, der hier jeden Tag ankommt, Gehör schenken wollte, wäre ich ruiniert. Ich kann nicht allen helfen.«

»Niemand möchte, dass Sie allen helfen,« lautete die Antwort des fremden Herrn; der Kontrast seiner kultivierten Stimme gegenüber den nasalen, jammernden Tönen des Besitzers fiel Jean angenehm auf.

»Von so vielen Bewerbern kann man nur die in Betracht ziehen, die mit guter Bürgschaft kommen. Es ist ein harter Fall, das müssen Sie zugeben, Mr. D****, von Reichtum auf völlige Armut hinab zu sinken! Sie haben gesagt, dass es hier eine freie Stelle gibt, und ich habe mich auf Sie verlassen.«

Wenn der tadelsüchtige Kritiker das Gesicht des Mädchens gesehen hätte, das so ruhig vorne im Laden saß, hätte er zugeben müssen, dass sie bei Tag genauso aufleuchtete wie bei Nacht. Ihre dunklen Augen glänzten, und ihre Wangen glühten. Jeans philanthropisches Gemüt war gewappnet und gespornt für ein Gefecht.

»Und ich hätte ihn fast zu Boden geschlagen, als ich herein kam,« dachte sie reuevoll. »Oh, wie schmerzlich muss es für ihn sein, sich unter solchen Leuten zu bewegen, die ihm so unterlegen sind, und um eine so niedere Anstellung nachzusuchen.«

»Bedenken Sie: eine Mutter und Schwestern, Mr. D****,« hörte Jean ihn sagen, »und die absolute Hilflosigkeit eines gelähmten Vaters.«

»Erbarmen!« stieß die mitfühlende Zuhörerin flüsternd aus. »Oh, das ist ein Fall von höchster Not.«

Sie wäre gern nach hinten gegangen, um an der Unterhaltung teilzunehmen, und ging sogar so weit, ihren Stuhl herum zu drehen; ein Blick auf den Bewerber jedoch ließ ihren Mut sinken.

»Wie kann er so hübsch sein und gut gekleidet, wenn er sich in so einer Notlage befindet?« fragte sie sich und drehte sich wieder um. »Aber wenn es ihn gerade erst getroffen hat, war natürlich nicht genug Zeit, schon schäbig auszusehen.«

»Es ist nicht vorteilhaft; das ist alles. Ich habe mich noch nicht entschlossen, die Stelle überhaupt zu besetzen. Der Lohn ist auch sehr gering.«

»Das ist egal,« sagte der andere ernst, »eine halbe Schnitte ist besser als gar kein Brot. Entscheiden Sie sich noch nicht. Ich werde heute abend wiederkommen.«

»Sie sollten sich den Kummer lieber ersparen,« lautete die ungnädige Antwort.

»Der Kummer ist mir egal,« sagte der junge Mann hartnäckig, und damit durchquerte er den Laden, verweilte einen Augenblick an der Tür, blickte noch einmal auf Jean und ging dann hinaus in den Regen.

»Ein hübsches Mädchen,« dachte er überrascht. »Wenn sie jeden so anschaut wie mich eben, werden alle vor ihr auf die Knie sinken. Sie sah gerade so aus, als wollte sie mit mir sprechen; und ich weiß genau, dass ich sie gern haben würde.«

Inzwischen flogen Jeans Gedanken wie ein Lauffeuer. Hier gab es einen Fall, der zwar gewiss von einiger Delikatesse war, aber doch ihre Aufmerksamkeit erforderte.

Dieser hartherzige Schuft von einem Drogisten! Wie sie ihn verachtete! Mr. D**** schritt auf sie zu, lächelte und verbeugte sich, empfing jedoch nur ein hochmütiges Blitzen ihrer schwarzen Augen und eine würdevolle Kälte, die ihn erstaunte.

»Nein, bemühen Sie sich nicht,« entgegnete sie auf sein Angebot, sich um einen Wagen für sie zu kümmern. »Auch werde ich nicht eine Minute länger in der Gegenwart Ihrer unhöflichen Herzlosigkeit bleiben,« fügte sie in Gedanken hinzu.

Sie raffte ihre lange Schleppe zusammen, nahm ihren Schirm und stürmte los, ohne noch auf den Regen zu achten, nur um eilig heim zu kommen und die Idee umzusetzen, die Besitz von ihr ergriffen hatte. Sie würde ihm helfen, diesem hübschen, blonden, unglücklichen jungen Mann mit dem goldenen Schnurrbart und dem kurz geschnittenen Haar, mochte er wollen oder nicht.

Nachdem sie einen Pferdewagen bestiegen hatte, bemerkte sie auf dem ganzen Heimweg weder die mitleidigen Blicke, die man ihrer reichen Kleidung schenkte, noch den schlammbeschmutzten Absatz, der auf ihrer seidenen Schleppe stand, sondern dachte nur an die Freude, diesen Leuten, die alles verloren hatten, beistehen zu können.

Die erste Person, der sie nach ihrer Ankunft begegnete, war ihre Mutter, die gerade die Treppe in der ganzen Annehmlichkeit trockener Kleidung hinabstieg.

»Jean, du bist doch nicht etwa in diesem stürmischen Wetter nach Hause gekommen?!« rief Mrs. Ivory etwas schuldbewusst; aber sie hätte nicht befürchten müssen, von ihrer erregten Tochter getadelt zu werden.

»Was sollte ich tun, Mutter? Die Nacht in D****'s verbringen? fragte das Mädchen. »Ich muss schon sagen: du hast mich ja schön glauben machen, dass ich irgendwie heim kommen würde! Aber ich vergebe Dir.«

»Weißt du, wir haben es geschafft, gerade hier anzukommen, als die ersten Tropfen fielen, und ich sagte Sam, er solle warten, bis es aufhöre zu regnen, und dich dann erst abholen. Ich dachte, es wäre schade, die Pferde in so einen durchnässenden Sturm hinaus zu schicken.«

»Und so war ich es, der statt dessen durchnässt wurde. Ich glaube, die Pferde wären mit der Feuchtigkeit wohl besser fertig geworden als mein Brokatkleid.«

»Das glaube ich auch,« antwortete Mrs. Ivory jammernd, denn da sie nun herausgefunden hatte, dass Jean nicht beabsichtigte, ihr wegen ihres Vesäumnisses ernsthaft die Leviten zu lesen, wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem angerichteten Schaden zu.

»Du hättest mehr Geduld aufbringen und ein bisschen warten müssen,« sagte sie. »Dein Kleid ist völlig ruiniert, und du hast es erst einmal getragen!«

»Ganz recht, verehrte Mutter, »und es ist alles deine Schuld. Du musst nächstes Mal lieber an mich und nicht so sehr an die Pferde denken. Ich möchte jetzt gern nach oben gehen.«

»Ich werde mit kommen,« sagte ihre Mutter und folgte Jean die Treppe hinauf. »Ich muss dir erzählen, was ich heute über Mrs. Darrell gehört habe.«

»Jetzt nicht. Ich muss noch etwas erledigen.«

»Ich wusste sofort, als du kamst, dass du wieder einen neuen verrückten Plan hast,« entrang es sich der Dame verärgert. »Du siehst nur dann so strahlend aus, wenn du vorhast, wieder einen Haufen Geld weg zu werfen. Wie unbesonnen dein Vater doch ist, dir in so unkluger Weise Freiheiten zu lassen.«

»Mein Vater hat wenig damit zu tun,« erwiderte Jean heiter. »Meine Tante hat sich bestens darum gekümmert. Ihr prophetisches Gemüt verriet ihr, welch eine ausgeglichene, weitblickende, klardenkende Geschäftsfrau in ihrer Namenscousine steckte.«

»Du solltest dich lieber diesmal mir anvertrauen, Jean! Bitte, sei ein gutes Mädchen!«

Aber Jean war schon in ihr Zimmer geeilt und hatte die Tür geschlossen. Ihren köstlichen Plan preisgeben und ihn aus allen möglichen Blickwinkeln auf kalt berechnende Art kritisieren lassen? Niemals! Vielleicht spürte sie, dass seine Durchführbarkeit und Klugheit einer strengen Prüfung nicht standhalten würde; aber sie war nichtsdestoweniger von dieser Idee besessen, dass es Spaß machen müsse, insgeheim die Wohltäterin gegenüber diesem gutaussehenden Fremden zu spielen, der nie vermuten würde, wessen Hand in der Stunde der Not hilfreich ausgestreckt worden war.

»Schon halb drei,« dachte die junge Frau, als sie auf die winzige Schweizeruhr an der Wand schaute, »und ich habe Hunger; aber erst das Geschäft, und dann das Vergnügen.«

Damit schlüpfte sie aus ihrer feuchten Kleidung, zog einen weißen Flanellmantel an und setzt sich an ihren Schreibtisch.

»Als Brief kann man es nicht schicken,« grübelte das Mädchen, »und dennoch würde es wie ein Almosen aussehen, bloß Geld in einen Umschlag zu stecken, ohne ein Wort. Ich wüsste gern, wie hoch der Betrag sein müsste – genug um noch ansehnlich zu wirken, aber nicht so viel, dass er das Gefühl bekommt, er könne es nicht annehmen; und dann würde ich doch gerne ich paar Worte hinzusetzen, die ihn glauben machen, das Geschenk komme von einem alten Freund, der ihn in seinem Unglück nicht im Stich ließe.«

Jean schaute geistesabwesend aus dem Fenster auf den dunklen Himmel.

»Habe ich ein Recht, fünfzig Dollar einem gänzlich Fremden zu schicken, der möglicherweise der schlimmste Betrüger auf Erden ist? Aber, nein; das kann nicht sein! Er könnte nicht so fein und rein ausschauen und mit so tief empfindender und doch würdevoller Stimme mit diesem unympathischen, selbstsüchtigen alten Drogisten gesprochen haben. Man stelle sich vor: von Reichtum hinab in die Armut, ohne jede Warnung! Ja, das Wenigste, was ich tun kann, ist ihm fünfzig Dollar zu schicken – und wenn es auch nur geschieht, um die Mutter und Schwester vorübergehend zu unterstützen; danach kann ich vielleicht herausfinden, wo sie sich aufhalten, und ihnen in der Zukunft von Nutzen sein. Ich weiß, dass Mr. D**** für den armen Kerl keine gute Nachricht haben wird, wenn er heute abend zu ihm geht. Ich muss selbst versuchen, ihm eine Anstellung zu verschaffen, wenn ich dabei unentdeckt bleiben kann. In der Zwischenzeit muss das Geld helfen. Nun zu der Mitteilung! Was in aller Welt soll ich schreiben?!« sagte Jean, nahm ein Blatt und begann zu schreiben. »Mein Güte! Ich kann ja nicht ein Blatt mit meinem Monogramm schicken!«

Und damit schob sie das Blatt zur Seite, nahm ein neues, unbeschriftetes, das von sich aus nichts aussagte.

»Ein Freund, der zufällig erfahren hat, dass Sie sich um eine Stelle bei D**** bewerben, wählt diesen Weg, Ihnen Hilfe anzubieten, in der Hoffnung, dass Sie nicht zögern werden, sie anzunehmen und von dem mitgeschickten Betrag zu Gunsten Ihrer heimgesuchten Familie Gebrauch zu machen.«

»So, ich glaube, das ist eine außerordentlich glückliche Wortwahl!« sagte Jean, ihre flotte, schräge Handschrift mit Genugtuung betrachtend. »Kein Hinweis, kein einziger! Nichts, was zu tun wäre, nur das Geld geben und keine Fragen stellen!«

Sie faltete die Banknoten mit dem beschriebenen Blatt und steckte das Ganze in einen Umschlang, den sie versiegelte, und schrieb dann auf ein weiteres Blatt:

»Würde Mr. D**** so freundlich sein und das Beigefügte dem Herrn einhändigen, der ihn diesen Abend wegen eines Stellenangebots aufsuchen wird?«

In dieses Blatt verpackte sie den Geldumschlag, stopfte das kleine Päckchen in ein weiteres Kuvert, das sie an den Drogisten adressierte; dann warf sie sich einen blauen Schal um die Schultern, ging die Treppe hinunter, ließ Sam kommen und gab ihm sorgfältige und nachdrückliche Anweisungen, deren jede er mit einem Nicken seines wolligen Kopfes und einem »Ja–a, Ma'm, ja–a, Ma'm,« quittierte, begleitet von einem Grinsen, das ausdrücken sollte, dass er jeder Zeit sein Bestes für seine junge Mistress tun würde.

Jean kehrte in ihr Zimmer zurück, und Mrs. Ivory fing, aus dem Wohnzimmer kommend, den Boten ab.

»Hat Miss Jean dir etwas gegeben, Sam?« fragte sie scheinbar sorglos.

»»Ja–a, Ma'm, fünfundzwanzig Cent.«

»Sonst noch was, Sam?«

»Da fragen Sie besser Miss Jean. Sie wird Ihnen alles sagen. Sie hat mir 'ne Besorgung aufgetragen, und ich muss mich beeilen.«

Er drückte sich, im Gefühl der Sicherheit von »Miss Jeans« Schutz, an der wüthenden Dame des Hauses vorbei, während Mrs. Ivory wieder in ihr Wohnzimmer zurückkehrte, verärgerter als je über das impulsive Mädchen, die auf ihrem hohen Vorrecht bestand, ihr Vermögen zum Fenster hinaus zu werfen, indem sie es tröpfchenweise allen zukommen ließ, die ihr Mitgefühl erregten.



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