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Zwar wurde die Klugheit der Sapia Liccarda von dem Prinzen und seiner Frau sehr gelobt; bei weitem mehr jedoch lobten sie Tolla, die die Geschichte so lebendig erzählt hatte, daß jeder bei allem selbst gegenwärtig zu sein glaubte. Da nun Popa jetzt in der Reihe die nächste war, faßte sie sich ein Herz und begann:
Frau Fortuna ist ein eigensinniges Weib und flieht die Verständigen, weil sie sich mehr um die Werke der Gelehrten als um Tatsachen kümmern. Sie geht daher viel lieber den Unwissenden und Taugenichtsen nach, und um vom gemeinen Volk geehrt zu werden, teilt sie ihre Güter unter Dummköpfe aus, wie ihr aus folgender Erzählung ersehen werdet. Es lebte einmal in Vomaro ein steinreicher Landmann, namens Miccone, der einen Sohn mit Namen Nardiello hatte. Dieser Sohn nun war der größte Einfaltspinsel, den man je in der Welt gesehen, so daß der arme Vater sich darüber ganz unglücklich fühlte und gar nicht wußte, auf welche Art und Weise er ihn dazu bringen sollte, irgend etwas Vernünftiges, irgend etwas, das Hand oder Fuß hatte, zu tun; denn wenn Nardiello mit andren lustigen Brüdern das Wirtshaus besuchte, um sich mit ihnen dort einen guten Tag zu machen, so wurde er von ihnen stets auf das ärgste gehänselt; wenn er zu liederlichen Weibsbildern ging, so bekam er immer das schlechteste Fleisch und mußte es noch obendrein über die Taxe bezahlen, und wenn man darum spielte, wer die Zeche bezahlen sollte, so betrog, überlistete und übervorteilte man ihn dergestalt, daß er bald auf eine oder die andere Weise schon über die Hälfte des väterlichen Vermögens durchgebracht hatte. Hierüber nun erhob Miccone stets einen Teufelslärm, indem er schrie und drohte und zu sagen pflegte: »Was soll denn daraus werden, du Liederjan? Siehst du denn nicht, daß mein Hab und Gut bereits auf die Neige geht? Laß doch endlich einmal diese verdammten Wirtshäuser beim Kuckuck, wo man stets mit Bösem anfängt und mit noch Schlimmerem endet, diese Höhlen, die eine Migräne für den Kopf, eine Wassersucht für die Kehle und ein Durchfall für den Geldbeutel sind; lasse doch endlich einmal das verdammte Spiel, das das Leben in Gefahr setzt, Hab und Gut hinbringt, Freuden zerstört, Leiden vermehrt, wo durch Würfel und Karten dich nur Armut und Elend erwarten und man durch Streit und Ärger so mager wird wie eine Spindel; und lasse doch endlich einmal davon ab, den liederlichen Menschern nachzulaufen, diesen Ausgeburten der Hölle, dieser schändlichen, schmählichen Brut, für die du verschwendest Gut und Blut; am faulen Fleisch fühlst du jetzt Behagen und hast dann später keinen Knochen zu nagen; denn diese nichtswürdigen Metzen bringen Unglück über dich nicht metzen-, sondern scheffelweise. Meide also die Gelegenheit und reiß dich los vom Laster; denn wenn die Ursach' entfernt wird – wie einmal jemand gesagt hat –, wird auch die Wirkung entfernt. Jetzt aber nimm diese hundert Dukaten, gehe damit auf den Viehmarkt nach Salerno und kaufe dafür nichts als Kälber, die uns dann nach drei oder vier Jahren lauter Ochsen abgeben werden; mit diesen Ochsen fangen wir dann an, so viel Feld als möglich zu bestellen; sind die Felder bestellt, so unternehmen wir einen Kornhandel, und stellt sich vielleicht gar eine Teuerung ein, so müssen wir die Taler scheffelweise messen. Allermindestens kaufe ich dir alsdann einen Titel, der auf dem Grundbesitz irgendeines Freundes haften soll, und dann bist du ebensogut ein Betitelter wie so viele andere. Darum paß auf, mein lieber Sohn, lasse nichts unbeachtet, vernachlässige nichts; denn aller Anfang ist schwer.« – »Laß du mich nur sorgen«, versetzte Nardiello, »denn ich habe meine Rechnung schon nach allen Regeln gemacht!« – »Das ist schön«, erwiderte der Vater und händigte ihm alsdann die hundert Dukaten ein. Jener nun machte sich sogleich auf den Weg nach der Messe, war aber noch nicht bei den Gewässern des Sarno angelangt, jenes schönen Flusses, welcher der alten Familie der Sarnelli ihren Namen gibt, als er in einem schönen Ulmenwäldchen neben einem Felsen, der mit Hilfe eines beständigen Aderlasses von frischem Wasser sich ringsum mit Efeu bekleidet hatte, eine Fee erblickte, die mit einem Mistkäfer spielte, der so anmutig summte, daß es wie eine Gitarre schallte und ein Spanier es für etwas ganz Köstliches und Ungemeines gehalten hätte. Als Nardiello dies sah, blieb er wie bezaubert stehen, um zu lauschen, und sagte, daß er ein Auge darum geben würde, wenn er ein so kunstreiches Tier besäße, worauf die Fee erwiderte, daß, wenn er ihr hundert Dukaten zahlte, sie ihm den Käfer geben wolle. »Das trifft sich ja ganz prächtig«, versetzte Nardiello, »denn ich habe gerade so viele Füchse in der Tasche.« Und indem er dies sagte, warf er ihr die hundert Dukaten in den Schoß, setzte den Käfer in ein Schächtelchen und eilte dann mit freudenstrahlenden Augen zum Vater zurück, dem er schon von ferne zurief: »Jetzt sollt Ihr sehen, Herr Vater, ob ich Grütze im Kopfe habe und weiß, wie die Sachen anzufangen sind; denn ohne mich erst auf der Messe herumzuplagen, habe ich auf halbem Wege mein Glück getroffen und dieses Juwel für hundert Dukaten erstanden.« Als der Vater diese Rede vernahm und das Schächtelchen sah, glaubte er ganz bestimmt, daß Nardiello irgendeinen Diamantenschmuck erkauft hatte; kaum hatte er jedoch die Schachtel geöffnet und den Käfer erblickt, so wurde der Zorn über seinen Tölpel von Sohn und der Schmerz über seinen Verlust zum Blasebalg, der ihn wie eine Kröte aufblies, dergestalt, daß Nardiello, der ihm von den Eigenschaften des Käfers erzählen wollte, gar nicht zu Wort kommen konnte, indem der Vater immerfort schrie: »Schweig, Junge, öffne den Mund nicht, stopf dir's Maul, halt den Rand, muckse nicht, du Schaf, du Pferd, du Esel; gleich gehst du und gibst den Käfer wieder zurück, und hier hast du noch hundert Dukaten, dafür kaufst du lauter Kälber und kommst bald wieder. Laß dich aber ja nicht vom Teufel blenden, denn sonst breche ich dir die Rippen im Leibe entzwei.«
Nardiello nun nahm das Geld, machte sich wieder auf den Weg und fand an demselben Orte wie früher eine andere Fee, die mit einer Maus tändelte, welche die schönsten Tanztouren machte, die man je gesehen. Nardiello stand eine Zeitlang mit offenem Munde und wie versteinert da, indem er die Gewandtheit und Behendigkeit, die Wendungen, Sprünge und Kapriolen des Tierchens sah, bis er endlich die Fee fragte, ob sie es wohl verkaufen möchte, denn er wolle ihr hundert Dukaten dafür geben. Die Fee nun ging auf das Gebot ein, nahm die Füchse und übergab ihm die Maus, mit welcher Nardiello nach Hause zurückkehrte. Als der arme Vater den herrlichen Kauf gewahr wurde, gebärdete er sich wie unsinnig und schlug um sich wie ein kolleriges Pferd, so daß er Nardiello, wäre nicht gerade ein Nachbar bei dem Spektakel gegenwärtig gewesen, sicherlich den Buckel ganz gehörig durchgebleut hätte. Endlich jedoch gab ihm der Vater, nachdem er sich einigermaßen besänftigt, noch einmal hundert Dukaten und sprach zu ihm: »Sieh doch vor, daß du nicht wieder eine solche Albernheit begehst; denn zum dritten Male kommst du nicht so wohlfeilen Kaufs davon. Geh also nach Salerno und kaufe die Kälber; denn, bei der Seele meiner Eltern, wenn du jetzt wieder einen solchen Bockstreich machst, dann wehe der Mutter, die dich geboren!«
Nardiello schlich gesenkten Hauptes davon, und auf dem Weg nach Salerno wieder am selben Orte anlangend, fand er wieder eine andere Fee, die mit dem größten Entzücken dem Gesang einer Grille lauschte, der auf so liebliche Weise ertönte, daß die Horchenden dabei in einen süßen Schlummer versanken. Kaum hörte Nardiello diese neue Art Nachtigall, so ergriff ihn auch die Lust, sie anzukaufen, was ihm denn wirklich für hundert Dukaten gelang, und nachdem er das Tierchen in einen Käfig aus Kürbis und Holzstäbchen gesetzt, kehrte er zum Vater zurück, der jedoch bei diesem dritten Eselstreich die Geduld verlor und, einen Knüppel ergreifend, Nardiello so gewaltig durchwalkte, wie man nur irgend denken kann. Sobald indes Nardiello den Händen seines Vaters entkommen konnte, nahm er die drei Tierchen alle, verließ das Land und machte sich auf den Weg nach der Lombardei. Dort lebte nun damals ein vornehmer Herr namens Cenzone, welcher eine einzige Tochter hatte, die Milla geheißen und infolge einer Krankheit von so großem Trübsinn befangen war, daß man sie in einem Zeitraum von sieben Jahren auch nicht einmal hatte lachen sehen und daher der Vater nach tausendfachen vergeblichen Mitteln und nachdem er alles mögliche daran gesetzt, eine öffentliche Bekanntmachung ergehen ließ, daß, wer seine Tochter zum Lachen bewegen könne, sie zur Frau erhalten solle. Als Nardiello hiervon hörte, wollte er sein Glück versuchen, trat daher vor Cenzone und erbot sich, dessen Tochter zum Lachen zu bringen, worauf dieser versetzte: »Sieh dich vor, Freund, denn wenn es dir nicht gelingt, so kostet es deine Mütze und das, was darin steckt.« – »Mag es kosten, was es will«, erwiderte Nardiello, »und daraus entstehen, was da will, ich will es versuchen.« Der König ließ nun die Tochter kommen und unter einen Baldachin niedersitzen, worauf Nardiello die drei Tierchen aus ihrem Behältnis zog und diese auf so anmutige und scherzhafte Weise zu spielen, tanzen und singen begannen, daß Milla darüber laut zu lachen, der Fürst aber in seinem Herzen zu weinen anfing, weil er kraft seiner Aufforderung sich gezwungen sah, ein Juwel von Frau einem Bodensatz von Mann zu geben. Da er indes sein Wort nicht brechen konnte, sprach er zur Nardiello: »Ich gebe dir meine Tochter zur Frau und mein Reich als Aussteuer, jedoch unter der Bedingung, daß, wenn du nicht binnen drei Tagen die Ehe vollzogen hast, ich dich den Löwen vorwerfen lasse.« – »Da bin ich ganz ohne Furcht«, versetzte Nardiello, »denn bis dahin wollte ich nicht nur die Ehe mit deiner Tochter, sondern noch ganz andere Dinge vollziehen.« – »Nur sachte«, erwiderte jener, »gesagt ist leichter als getan.« Als nun der Abend des Hochzeitsfestes gekommen war und die Sonne wie ein Dieb, mit einer Kappe vor dem Gesicht, ins Gefängnis des Westens gebracht wurde, ging das Brautpaar zu Bett; der König hatte jedoch dem Nardiello hinterlistigerweise einen Schlaftrunk geben lassen, so daß dieser die ganze Nacht hindurch nichts tat als schnarchen; ebenso erging's ihm auch in der zweiten und dritten Nacht, daher der König ihn endlich in den Löwenzwinger werfen ließ. Als sich Nardiello auf diese Weise in größter Gefahr sah, öffnete er das Behältnis, in dem er die Tierchen hatte, und sprach: »Da mich nun einmal mein böses Schicksal durch einen unseligen Magnet in diese traurige Lage gezogen hat und ich euch, ihr schönen Tierlein, nichts anderes hinterlassen kann, so will ich euch doch wenigstens freilassen, damit ihr gehen könnt, wohin es euch gutdünkt.« Sobald die Tierchen sich solchergestalt in Freiheit gesetzt sahen, fingen sie an, dermaßen lustig zu hüpfen und zu springen, daß die Löwen wie versteinert dastanden, während die Maus zu Nardiello, der schon vor Furcht dem Tode nahe war, also sprach: »Nur Mut, Freund; wenn du uns auch die Freiheit schenkst, so werden wir dir doch von nun an treuer dienen als je, da du uns stets mit so vieler Sorgfalt gefüttert, mit so vieler Aufmerksamkeit gepflegt und zuletzt durch unsere Freilassung uns ein Zeichen so großer Liebe gegeben hast. Sei überzeugt, daß, wer Gutes tut, auch Gutes erfährt, und wie es in den Wald schallt, so schallt es auch wieder heraus; denn wir sind gescheit und wollen dir zeigen, ob wir Macht und Gewalt genug besitzen; darum folge uns nur nach, du sollst sicherlich aus dieser Gefahr befreit werden.« Nardiello ging ihnen also nach, und die Maus machte rasch ein so großes Loch, daß ein Mensch hätte durchkriechen können, vermittelst dessen Nardiello wie auf einer Leiter aus der Grube stieg und in Sicherheit gelangte, worauf die Tierchen ihn in eine Hütte brachten und zu ihm sagten, er solle ihnen befehlen, was er nur irgend wolle; denn sie würden alles tun, was er wünsche. »Mein Wunsch wäre der«, versetzte Nardiello, »daß, wenn der König seine Tochter einem andern Mann gegeben hat, ihr mir den Gefallen erweiset, ihn seine Ehe nicht vollziehen zu lassen; sonst würde er zugleich mein Todesurteil vollstrecken.« – »Das ist ja gar nichts und federleicht«, erwiderten die Tierchen, »sei guten Muts und erwarte uns hier; denn wir werden dich bald in eine bessere Lage bringen.« Die Tierchen begaben sich hierauf an den Hof und fanden, daß der König seine Tochter an einen vornehmen Engländer verheiratet hatte und das Faß gerade an diesem Abend angezapft werden sollte; sie schlichen sich daher unbemerkt ins Brautgemach und warteten ab, bis abends der Mond herauskam, um die Gluckhenne mit den Küchlein mit Tau zu füttern, und das Brautpaar zu Bett ging. Da aber der Bräutigam zuviel Ladung eingenommen und sich den Wanst zu voll gestopft hatte, so war er kaum ins Bett gekrochen, als er auch schon wie tot schlief. Sobald daher der Mistkäfer ihn schnarchen hörte, schlich er ganz leise die Bettstelle hinan und kroch, unter der Decke angelangt, dem Bräutigam rasch in den Hintern, wo er ihm dermaßen als Stuhlzäpfchen diente, daß ihm das Faß überlief und man mit Petrarca sagen konnte:
»Der Liebe sanften Strom lockt er hervor.«
Wie nun die Braut das Sprudeln der Fontäne wahrnahm,
»Die Luft, den Duft, die Frische und den Schatten«,
so weckte sie ihren Mann, der kaum merkte, mit was für Wohlgerüchen er seinen Abgott beräuchert hatte, als er vor Verdruß zu bersten und vor Scham zu sterben dachte. Er stand indes auf, wusch sich über und über mit Lauge rein und schickte nach den Doktoren, die das Übermaß des Hochzeitsschmauses als Ursache des gehabten Unfalls angaben. Am darauffolgenden Abend beriet er sich nun mit seinen Kammerdienern aufs neue, und alle waren der Meinung, daß er sich dicke Tücher umbinden solle, um einem neuen Unfall zuvorzukommen, welchen Rat er auch befolgte und dann zu Bette ging. Da er auch dieses Mal wieder einschlief und nun auch der Mistkäfer ihm wiederum denselben Streich spielen wollte, fand er den Zugang verrammelt, so daß er verdrießlich
zu seinen Gefährten zurückkehrte und ihnen mitteilte, wie der Bräutigam sich Wälle von Binden, Bollwerke von Windeln und Schanzen von Unterhosen gemacht habe. Als die Maus dies vernahm, sprach sie zu ihm: »Komm mit, und du sollst sehen, ob ich ein guter Minierer bin und zu graben verstehe.« Und an Ort und Stelle angelangt, fing sie an, ein Loch gerade über dem andern zu nagen, durch das der Mistkäfer dann hineinkroch und dem Bräutigam ein neues Klistier gab, dergestalt, daß er ein Meer von flüssigen Topasen ausströmte und die Düfte Arabiens den ganzen Palast durchdrangen. Hierüber erwachte alsbald die Braut, die fast den Atem verlor und bei der zitronenfarbigen Überschwemmung, die die Bettücher von schneeweißer holländischer Leinwand in gelbmoirierten venezianischen Taft verwandelt hatte, sich die Nase zuhaltend, in das Zimmer ihrer Zofe eilte. Der unglückliche Bräutigam aber rief wieder seine Kammerdiener und begann eine lange Klage über sein Unglück, daß sein Innenleben einen so unzuverlässigen Sitz haben sollte, worauf seine Diener ihn, so gut sie konnten, trösteten, ihm jedoch rieten, in der dritten Nacht genauer aufzupassen, wobei sie ihm die Geschichte von dem an Blähungen leidenden Kranken und dem schlagfertigen Doktor erzählten; von denen ersterem einmal ein Fist entwischte, wozu der Doktor auf gelehrte Weise »Sanitatibus« sagte, als jener aber einen zweiten folgen ließ, sprach jener: »Ventositatibus«; indem nun aber der dritte erscholl, schrie der Doktor aus vollem Halse: »Asinitatibus«. Wenn man daher die erste Mosaikarbeit, die er im Hochzeitsbett gemacht, dem übermäßigen Essen und die zweite dem verdorbenen Magen, der ihm einen Durchfall verursacht, zugeschrieben hätte, so würde man die dritte jedoch einer zur Gewohnheit gewordenen Bettmacherei zuschreiben und ihn mit Schimpf und Schande fortjagen. »Seid ohne Furcht«, versetzte der Bräutigam, »denn heute nacht, kost' es, was es will, habe ich mir vorgenommen, aufzupassen und mich nicht vom Schlaf besiegen zu lassen; außerdem wollen wir aber auch überlegen, wie wir es anfangen müssen, um den Hauptkanal zu verstopfen, damit man nicht von mir sage:
›Dreimal fiel er und lag beim drittenmal.‹«
Dieser Verabredung gemäß ließ der Bräutigam, der inzwischen Zimmer und Bett gewechselt hatte, den folgenden Abend seine Leute kommen und beriet mit ihnen, wie er sich die Hintertür verrammeln könnte, damit sie ihm nicht wieder einen so schlimmen Streich spiele; denn was das Wachbleiben beträfe, so sollten ihn nicht alle Schlaftränke der Welt einschläfern. Es befand sich aber unter seinen Dienern einer, der sich gern mit Feuerwerkerei beschäftigte, und da nun jeder gern von seinem Handwerk spricht, so riet er dem Bräutigam, sich einen hölzernen Pfropfen zu machen, wie man ihn bei den Böllern braucht. Dieser Vorschlag wurde sogleich allgemein gebilligt, und nachdem man den Pfropfen gehörig angebracht hatte, so daß er ganz fest saß, ging der Bräutigam zu Bett, jedoch ohne daß er, aus Furcht, er könnte bei irgendeiner Bewegung die schöne Erfindung zerstören, die Braut anzurühren oder auch nur die Augen zuzumachen wagte, damit er bei jeder Aufforderung seines Leibes bereit wäre. Als daher der Käfer den Bräutigam immer wach bleiben sah, sprach er zu seinen Gefährten: »Diesmal sind wir angeführt, und unsere Künste nützen uns zu gar nichts; denn der Bräutigam schläft nicht, und ich kann daher meinen Plan nicht durchführen.« – »Warte ein bißchen, ich werde dir bald helfen«, versetzte die Grille und fing so lieblich zu singen an, daß der Bräutigam darüber einschlief, worauf der Mistkäfer sogleich eilte, die Dienste einer Klistierspritze zu verrichten. Da er jedoch die Tür verschlossen und den Weg verlegt fand, so eilte er verwirrt und verzweifelt zu seinen Gefährten zurück und erzählte ihnen, wie die Sachen ständen. Unverzüglich lief daher die Maus, deren Wunsch bloß darauf gerichtet war, Nardiello zu dienen und zufriedenzustellen, in die Speisekammer, und indem sie alle Gefäße beroch, machte sie ein Mostrichfäßchen ausfindig, in welches sie den Schwanz eintunkte; dann lief sie in das Bett des Bräutigams und schmierte dem armen Engländer die Nasenlöcher gehörig ein, so daß dieser dadurch auf das heftigste zu niesen anfing, den Zapfen mit aller Gewalt herausstieß und, da er mit dem Rücken der Braut zugewandt lag, ihr denselben mit solcher Kraft in die Brust schoß, daß er sie fast tötete. Bei dem lauten Geschrei der Braut eilte sogleich der König herbei, und indem er sie fragte, was ihr wäre, erwiderte sie, daß ihr eine Petarde gegen die Brust geschleudert worden wäre. Zwar wunderte sich der König gar sehr über diese ungereimte Rede, daß sie nämlich mit einer Petarde in der Brust sprechen könnte; als er jedoch die Decken und Laken emporhob, fand er die gelbe Ladung und den Böllerpfropfen, der der Braut eine tüchtige Schwiele gemacht hatte, obwohl es nicht ausgemacht war, was ihr mehr Schaden zufügte, ob der Gestank des Pulvers oder der Schlag der Kugel. Sobald der König diese Bescherung erblickte und vernahm, daß der Bräutigam nun schon zum drittenmal sein Kapital flüssig gemacht hatte, jagte er ihn gleich aus seinem Lande, und da er glaubte, daß ihm all diese Widerwärtigkeiten wegen der dem armen Nardiello bewiesenen Grausamkeit widerfahren wären, so fing er an, sich heftig in die Brust zu schlagen und äußerte eben noch die lautesten Klagen, als plötzlich der Mistkäfer vor ihm erschien und zu ihm sprach: »Verzweifle nicht, o König, denn Nardiello lebt und verdient es um seiner guten Eigenschaften willen, der Schwiegersohn deiner Majestät zu werden; wenn es dir also genehm ist, daß er komme, so wollen wir ihn sogleich holen lassen.« – »Sei mir auf das beste willkommen mit dieser erfreulichen Nachricht, mein liebes Tierchen«, versetzte hierauf der König; »du hast mich aus einem Meer von Kummer errettet, da ich wegen des dem armen Burschen angetanen Unrechtes schon gar schweres Leid in meinem Herzen empfand. Laß ihn daher alsbald herkommen; denn ich werde ihn als meinen Sohn umarmen und ihm unverzüglich meine Tochter zur Frau geben.« Kaum vernahm dies der Käfer, so eilte er singend und springend in die Hütte, in der Nardiello sich aufhielt, erzählte ihm alles, was vorgefallen war, und eilte mit ihm in den königlichen Palast zurück, wo er vom König mit herzlichsten Umarmungen empfangen wurde und dann die Hand der Prinzessin erhielt sowie er auch durch Zauberei plötzlich in einen schönen Jüngling verwandelt wurde. Er ließ hierauf seinen Vater vom Pflug holen und lebte mit ihm von nun an vergnügt und glücklich, indem er nach tausend Leiden und Drangsalen erfahren hatte, daß:
Ist die Not am grössten,
ist die Hilf' am nächsten.