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1815.
O Sang! O Klang! O Freudenklang!
O Klang der süßen Minne!
Wie mächtig drang, wie lieb und bang
Dein Ton durch meine Sinne!
So klingt im Tal die Nachtigall,
Die ihre Zeit vergessen.
Am Sonnenstrahl im Herbst einmal,
Wo sie im Lenz gesessen.
O Nachtigall, du Bild der Qual,
Wovon kein Mensch will lassen,
Dein Sonnenstrahl, dein Blumental
Gehn beide ihre Straßen,
Der Tag wird heiß, das Blütenreis
Welkt in den gelben Zweigen,
Dich brennt so heiß, was keiner weiß,
Du mußt es still verschweigen.
O Vöglein süß, o Minne süß!
Wem ist dein Leid nicht eigen?
Wohl mancher ließ ein Paradies
Und muß es still verschweigen,
Die lange Zeit, die schwere Zeit
Muß er die Lust beweinen:
Denn höchste Freud' bringt tiefstes Leid,
Wo Erdensonnen scheinen.
Wie inniglich, wie winniglich
Beut Jugend ihre Rosen!
Wie inniglich, wie minniglich
Ist ihrer Wonne Kosen!
Doch schnell dahin, dahin, dahin,
Wie Wasser weiter fließen;
Und ist's dahin, so deucht's dem Sinn
Ein Traum von Engelgrüßen.
Doch klinge, Klang, du Freudenklang,
Du Klang der süßen Minne!
Ist ewig lang, sei du so lang
Und täusche meine Sinne;
Bringt höchste Freud' das tiefste Leid,
So will ich nimmer klagen,
Denn schönste Freud' war mir bereit
In meinen Frühlingstagen.