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Ein Edelmann sprach von seinem Diener sehr groß, daß er ihm so getreu wäre. Die Frau wollte seine Treue probieren, bat ihren Junker, er möchte sich stellen, als wollte er auf die Jagd reiten, sollte aber bald wiederkommen. Wie der Junker weg war, bat die Frau den Diener, er sollte zu ihr ins Bette kommen.
Er ließ sich auch bereden. Indem kam der Junker die Treppe herauf. Sie sprach aber geschwind zum Knecht: »Potz tausend, der Junker kommt, ducke unter!«
Wie nun der Junker zur Kammer herein kam, fragte er sie, ob sie den Diener probiert hätte.
»Ja«, sagte sie, »er ist wohl ein loser Schelm!«
»Wie das?« fragte der Junker.
Sie wieder antwortet: »Er hat mich auf den Abend in unseren Garten beschieden, da will er mir was sagen. Nun weiß ich guten Rat. Ihr sollt auf den Abend meine Kleider anziehen und tun, als ob ich's wäre. Da werdet Ihr sehen, was für einen treuen Knecht Ihr habt.« – Womit der Junker Abschied nahm und sich aus der Kammer begab.
Da ließ die Frau den Diener aufstehen, der sie vorhero wohl deponiert hatte, und sagte zu ihm: »Du sollst hingehen und diesen Abend den Junker mit Prügeln empfangen.«
Als es nun Abend und die bestimmte Zeit da war, verfügte sich der Diener nach dem abgeredeten Ort, allwo der Junker im Frauenhabit auch angezogen kam.
Der Diener sprach darauf: »Kommet Ihr?«
»Ja«, sprach der Junker.
Der Diener faßte hierauf den Prügel, schlug weidlich auf den Junker und sagte: »Du lose Hure, bist du meinem ehrlichen Junker nicht getreuer?«
Der Junker voller Schmerzen schrie laut: »Halt, Claus, ich bin's!«
»Ja«, sagte er, »das weiß ich wohl, daß du lose Hure es bist.« Und schlug tapfer fort.
Der Junker entlief endlich und kam wieder zur Frauen. Die fragte ihn, wie ihm widerfahren sei.
»Ja«, sagte er, »Ihr solltet dagewesen sein, so solltet Ihr erfahren haben, daß ich einen getreuen Knecht habe.«
Ein Bürger kaufte von einem Landmann ein Fuder Holz. Wie nun der Bauer das Holz abgeladen, nötigte jener ihn hereinzukommen, da er ihm denn nebst Butter und Brot einen feinen holländischen Käse vorsetzte. Wie nun der Bauer solchen gekostet, merket er, daß er gut sei, schneidet derohalben weidlich hinein und speiset mit großer Begierde.
Der Bürger hätte den Käse gerne verschont gesehen, sagte dannenhero: »Mein Freund, es ist Eidamer Käse.«
Dieser versetzte: »Das schmeck ich wohl.«
Jener sprach weiter: »Man kann auch leicht zu viel davon essen, daß man gar davon stirbt.« Vermeinet denselben dadurch zu schrecken, daß er aufhören sollte.
»Ei«, sagte der Bauer, »das ist gut, daß ich solches höre«, schnitt darauf noch ein gut Stück davon und fuhr, zu reden fort: »Ich will dieses meiner Frau zu essen geben, denn ich wollte doch die alte Donnerkatzen gern los sein.« Steckte darauf das Stück in die Taschen und ging davon.
Ein Bauer hatte an einem Amte eine Rechtssache, welche ihn ziemlich viel gekostet. Als sie nun zu Ende war, erbat er die Acta vom Gerichtsschreiber, welcher ihm solche gab. Da sah der Bauer, daß die Schrift sehr weit gestellt und fast der dritte Teil des Papiers nicht beschrieben war, fragte dannenhero, wie das doch käme, daß soviel Platz gelassen wäre, und er hätte doch das Papier müssen teuer bezahlen.
Der Gerichtsschreiber antwortete: »Ei Bauer, das verstehst du nicht, das heißt Acta geschrieben.«
Der Bauer merkte solches, und weil er nicht wohl bei Gelde war, erbot er sich, die Belohnung dem Gerichtsschreiber mit Arbeit abzuverdienen. Welches der Gerichtsschreiber gar wohl zufrieden war, gab ihm die Acta und ließ ihn gehen.
Nach einer Zeit bestellte ihn der Gerichtsschreiber in seine Scheuren zu dreschen.
Der Bauer kam an, ging nach der Scheure, legte die Garben ziemlich weit voneinander, schlug oben gar leicht darauf herum und ließ das halbe Getreide in den Ähren.
Der Gerichtsschreiber kommt endlich gegangen, und als er solches sieht, hebt er an heftig zu schelten, sagend: »Du loser Vogel, was machst du» Das ist nicht gut gedroschen, das halbe Korn sitzt noch in den Ähren.«
Der Bauer wollte ihn mit gleicher Münze bezahlen, sagte dannenhero: »Ei, Herr Gerichtsschreiber, das versteht Ihr nicht, das heißt Acta gedroschen.« Lief damit von der Tennen.
Ein Bürger schickte nach einem Bäcker in derselbigen Stadt einen Kalbsbraten, solchen in dem Ofen gar zu machen. Als solcher nun gebraten ist und wieder aus dem Ofen gelanget wird, mag sich der Bäcker durch den angenehmen Geruch haben verleiten lassen, ein Stück vom Braten zu schneiden.
Der Bürger läßt darauf den Braten wieder holen, befindet aber, daß etwas davon geschnitten, und weil der Bäcker in Güte den Braten nicht bezahlen wollte, also wurde der Bürger ihn zu verklagen genotsachet.
Der Bäcker ist in diesem Fall behutsam, verfüget sich zum Bürgermeister, erzählet ihm den Handel, stopfet ihm aber mit einer frischen Semmel den Mund.
Wie nun beide Parteien des andern Tages vor Gericht erscheinen, sagt der Bäcker auf des Bürgers angebrachte Klage kürzlich, daß, wie er den Braten aus dem Ofen gelangt, sich sogleich ein Haufen Fliegen darauf gesetzt und solches Loch darein gefressen.
Der Bürgermeister konnte eben nicht so reden, wie es wohl recht gewesen, gestalt ihm die frischen Semmel im Halse waren stecken blieben, sagte dannenhero mit heisriger Stimme: »Haben es die Fliegen getan, so rächet Euch an denselben und schlaget sie tot, wo Ihr sie findet.«
Der Bürger, welcher ein loser Schalk, sah eben eine in des Bürgermeisters Angesicht sitzen und meinet dem Urteil ein Genügen zu tun, schlug ihn damit ins Gesicht, daß das Blut aus der Nase lief, sagend: »Herr, da saß eben eine.«
Ein Schneider hatte die Gewohnheit an sich, daß er, sooft seine Hausfrau Kohl gekocht oder Erbsen mit Butter oder anderem Fett zugerichtet, allemal ein tiefes Kreuz vor sich in das Gericht machte, damit das Fett sich daselbst hinziehen könnte. Ob nun wohl sein Hausgesinde meinete, daß er solches aus Frömmigkeit täte, da der gemeine Mann in dem Aberglauben steckt, daß er meinet, wenn er ein Kreuz worüber macht, daß solches gesegnet sei.
So begab es sich, daß er einsten einen Gesellen, welcher vielleicht klüger als der Meister selbst war, in Arbeit bekam. Als er nun seine Gewohnheit jedesmal in acht nahm, merkte der Geselle gar leicht, warum er solches tat. Wie er nun einsmals solch Kreuz in das Gericht Kohl gemacht, auch das Fett sich dahin gezogen, nimmt der Gesell einen Löffel, rühret ihn wieder durch und drehet die Schüssel auf dem Tisch herum.
Hierüber erzürnet Meister Schneider so heftig, daß er sich gerne mit dem Gesellen, falls ihnen nur die Hörner nicht gefehlet, gestoßen hätte. Stehet auch in solchem Eifer auf, ergreift die Schüssel und schmeißt sie zum Fenster hinunter.
Als der Gesell solches gesehen, ergreift er das Tischtuch mit alledem, so noch auf dem Tisch gestanden, und wirft es gleichergestalt hinunter, dabei sagend: »Meister, wollen wir heute da unten essen?«
Der Meister aber antwortete nichts und ging zur Stuben hinaus.
In Würzburg visitierte einsmals ein Pfaff in der Fasten, ob die Leute auch Fleisch äßen. Derselbe kam auch unter anderm in einer Witwen Haus, die saß über Tisch und hatte eine Schüssel voll Fleisch vor sich und aß. Solches empfand er gar hoch und wollte sie strafen.
Sie aber sprach ihm freundlich zu und bat, er möchte sich doch belieben zu setzen und seinen Mantel ablegen, sie hätte eins und das andere mit ihm zu reden.
Er ließ sich's gefallen und setzte sich nieder. Mit der Weile praktizierte sie seinen Mantel hinaus und schickte ihre Magd damit in des Pfaffen Haus, ließ dabei sagen, daß der Pfaff begehrte, daß man ihm das Essen senden sollte, davon er zu Mittag gegessen hätte. Der Mantel wäre das Wahrzeichen seines Willens.
Die Magd kam wieder und brachte einen stattlichen welschen Hahn in der Schüssel, so gebraten und gespickt war, dabei noch des Pfaffen Messer und Gabel lagen.
Solchen setzte sie ihm wider Vermuten vor, worüber er sehr erschrak und sagte: »Oh, alle arme Sünder!«
Wie zu Prata, ein Dorf in Mähren gelegen, der Küster daselbst Todes verfuhr, gab sich ein Bauer, welcher, weil er etwas bei Mitteln und wohl ehemals des Habermanns Gebetbuch gesehen, sich keine Sau dünken ließ, bei dem Pastor des Dorfs wieder an, um den Küsterdienst zu überkommen.
Da ihn denn, wie nicht unbillig, der Pastor zuvor fragte, ob er schreiben und lesen könnte.
Worauf er denn sagte: »Wenn ich das nicht könnte, was wollte ich denn für ein Küster werden.«
Der Pastor fragte darauf weiter, ob er denn auch wohl in der Bibel belesen sei.
Er antwortet: »Ja.«
Der Pastor hierauf: Wer Noah gewesen?
Er wieder antwortet: Der Mann, so in den Kasten gangen wäre.
Der Prediger: Wieviel derselbe Söhne gehabt?
Er: »Drei, nämlich Sem, Cham und Japhet.«
Der Prediger hierauf: Wer denn Japhets Vater gewesen?
Er antwortet, das wüßte er nicht und wäre solches eine wunderliche Frage, er hätte ja dazumalen noch nicht gelebet.
»Ja«, sagte hierauf der Prediger, »so könnet Ihr auch nicht Küster werden.«
Hierauf ging der Candidatus des Küsterdienstes betrübt nach Hause, klagte seiner Frauen, daß er aus oberzählten Ursachen nicht Küster werden könnte.
Die Frau, welche viel witziger und verständiger als der Mann, verstand den Irrtum bald, wollte ihren Mann mit einem deutlichen Gleichnis zurechtweisen und sagte: »Wo nun, mein lieber Mann, könnet Ihr das nicht einst verstehen» Sehet doch: Unser Müller Heinrich, wieviel hat der Söhne?«
Er sprach: »Drei, Dreves, Claus, Stephen.«
Sie fragte weiter: »Wer ist nun Stephen sein Vater?«
Er wieder antwortet: »Wo! Das ist Heinrich, unser Müller.«
»Und so ist es auch mit Noah«, sagte die Frau.
Da denn der Stümper sich wieder nach dem Prediger begab, anzeigend, daß er nun besser studiert hätte.
Worauf der Pastor eben wie zuvor frug, welches er auch also wieder beantwortete. Als aber der Prediger zuletzt fragte, wer denn nun Japhet sein Vater gewesen, antwortete dieser: »I! Herre, das ist Heinrich, unser Müller.« Und diese Antwort machte, daß er nicht ist Küster worden.
Eine Jungfer, welche von Natur ein blöd Gesicht hatte und kaum so viel sehen konnte, daß sie einem beladenen Wagen aus dem Wege ging, hatte einen Bräutigam. Damit nun selbiger solchen Fehler nicht merken sollte, stach ihre Mutter eine feine Nähnadel in die Wand, welchen Ort die Braut gar wohl bemerken und fast alle Tage etlichemal zufühlen mußte, damit sie ohne Irrung nachgehends darauf zu gehen könnte.
Wie nun einsmals der Bräutigam sie besucht, stehet sie auf, gehet nach dem Ort und sagt im Gehen: »Wer mag doch die Nähnadel haben so weit in die Wand gesteckt?« Ziehet sie damit heraus, worüber sich der Bräutigam höchst verwundert, daß sie in der Ferne habe so scharf sehen können.
Wie sie sich nun des Mittags zu Tische setzen und eine frische Butter auf einer etwas erhobenen Schüssel zuletzt aufgesetzt wird, meinet die Jungfer, daß solches ihre weiße Katze sei, sagt dannenhero mit lauter Stimm: »Katz ut!« und schlägt damit an die Butter, daß solche vom Tisch fällt.
Wie dieses der Bräutigam siehet, sagt er: »Ihr konntet allererst eine gar kleine Nähnadel sehen, nun aber könnet Ihr nicht einst eine Butter und Katz unterscheiden. Das gehet nicht mit Recht zu.« Stund derohalben auf und ging davon.