verschiedene
Den Spott zum Schaden
verschiedene

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Verfasser unbekannt

Till Ulenspiegel
1515

Wie Ulenspiegel alle Kranken in einem Spital auf einen Tag ohn Arznei gesund macht

Auf ein Zeit kam Ulenspiegel gen Nürnberg und. schlug groß Brief an die Kirchtüren und an das Rathaus und gab sich aus für ein guten Arzt zu aller Krankheit. Und da war ein große Zahl kranker Menschen in dem neuen Spital daselbst, da der hochwürdig heilig Speer Christi mit andern merklichen Stücken rasten istliegt. Und derselben kranken Menschen, der war der Spittelmeister einesteils gern ledig gewesen und hätt ihnen Gesundheit wohl gegönnt. Also ging er hin zu Ulenspiegel, dem Arzt, und fragt ihn nach laut seiner Brief, die er angeschlagen hätt, ob er den Kranken also helfen könnt, es sollt ihm wohl gelohnt werden.

Ulenspiegel, der sprach, er wollt ihm seiner Kranken viel gerad machen, wenn er wollt zweihundert Gulden anlegen und ihm die zusagen wollt.

Der Spittelmeister sagt ihm das Geld zu, sofern er den Kranken hülf. Also verwilliget sich Ulenspiegel, wo er die Kranken nit gerad macht, so sollt er ihm nit ein Pfennig geben. Das gefiel dem Spittelmeister wohl und gab ihm zwanzig Gulden darauf.

Also ging Ulenspiegel ins Spital und nahm zween Knecht mit sich und fragt die Kranken, ein jeglichen, was ihm gebrest, und zuletzt, wenn er von einem Kranken ging, so beschwor er ihn und sprach: »Was ich dir offenbaren werd, das sollst du bei dir heimlich bleiben lassen und niemand offenbaren.«

Das sagten dann die Siechen Ulenspiegel bei großem Glauben zu.

Darauf sagt er dann einem jeglichen besonders: »Soll ich nun euch Kranken zu Gesundheit helfen und auf die Fuß bringen, das ist mir unmöglich, ich verbrenn denn euer einen zu Pulver und geb das den andern in den Leib zu trinken, das muß ich tun. Darum, welcher der Kränkst unter euch allen ist und nit gehn mag, den will ich zu Pulver verbrennen, auf daß ich den andern helfen mög damit, euch all auf zu bringen. So würde ich den Spitalmeister nehmen und in der Tür des Spitals stehn und mit lauter Stimm rufen: ,Welcher da nit krank ist, der komm heraus!' Das verschlaf du nit!«So sprach er zu jeglichem allein: »Denn der letzt muß die ÜrtenZeche bezahlen.«

Solcher Sag nahm jeglicher acht, und auf den gemeld'ten Tag eilten sie sich mit Krücken und lahmen Beinen, als keiner der letzt wollt sein. Da nun Ulenspiegel nach seinem Anlaß rufte, da begannen sie von Statt zu laufen, etlich, die in zehn Jahren nit vom Bett kommen waren.

Und da das Spital nun ganz leer war, da begehrte er seines Lohnes von dem Spittelmeister und sagt, er müßt an ein ander End eilen. Da gab er ihm das Geld zu großem Dank. Da ritt er hinweg.

Aber in dreien Tagen, da kamen die Kranken all herwieder und beklagten sich ihrer Krankheit.

Da fragt der Spittelmeister: »Wie geht das zu, ich hatt ihnen doch den großen Meister zubracht, der ihnen doch geholfen hat, daß sie all selber davongangen waren.«

Da sagten sie dem Spitalmeister, wie daß er ihnen gedroht hätt, welcher der letzte war zu der Tür hinaus, wenn er derzeit ruft, den wollt er verbrennen zu Pulver.

Da merket der Spittelmeister, daß es Ulenspiegels Betrug war. Aber er war hinweg, und er könnt ihm nichts angewinnen. Also blieben die Kranken wieder im Spital wie zuvor und war .das Geld verloren.

(58)

Wie Ulenspiegel zu Braunschweig sich verdingt zu einem Brotbäcker für ein Bäckerknecht und wie er Eulen und Meerkatzen buk

Da nun Ulenspiegel wieder gen Braunschweig kam zu der Bäckerstuben, da wohnt ein Bäcker nah dabei, der ruft ihn in sein Haus und fragt ihn, was er für ein Geselle war.

Er sprach: »Ich bin ein Bäckerknecht.«

Der Brotbäcker, der sprach: »Ich hab eben keinen Knecht, willst du mir dienen?«

Ulenspiegel sagt: »Ja.«

Als er nun zween Tag bei ihm war gewesen, da hieß ihn der Bäcker backen auf den Abend, denn er könnt ihm nit helfen bis an den Morgen.

Ulenspiegel sprach: »Ja, was soll ich aber backen?«

Der Bäcker war ein schimpfig Mann und war zornig und sprach im Spott: »Bist du ein Bäckerknecht und fragst erst, was du backen sollst. Was pflegt man zu backen, Eulen oder Meerkatzen?« Und ging damit schlafen.

Da ging Ulenspiegel in die Backstuben und macht den Teig zu eitel Eulen und Meerkatzen, die Backstub voll, und buk die. Der Meister stund des Morgens auf und wollt ihm helfen, und da er in die Backstuben kam, so findet er weder Wecken noch Semmeln, nur eitel Eulen und Meerkatzen.

Da ward der Meister zornig und sprach: »Wie der Jahrritt, was hast du da gebacken?«

Ulenspiegel sprach: »Das Ihr mich geheißen habt, Eulen und Meerkatzen.«

Der Bäcker sprach: »Was soll ich nun mit der Narretei tun? Solch Brot ist mir nirgends zu nütz, ich mag das nit zu Geld bringen.« Und ergriff ihn bei dem Hals und sprach: »Bezahl mir mein Teig!«

Ulenspiegel sprach: »Ja, wenn ich Euch den Teig bezahl, soll dann die War mein sein, die davon gebacken ist?«

Der Meister sprach: »Was frag ich nach solcher War, Eulen und Meerkatzen- dienen mir nit auf meinem Laden.«

Also bezahlt er ihm sein Teig und nahm die gebackenen Eulen und Meerkatzen in ein Korb und trug sie aus dem Haus in die Herberg »Zu dem Wilden Mann«, und Ulenspiegel gedacht bei sich selber: »Du hast oft gehört, man könnt nit so seltsams Dings gen Braunschweig bringen, man löst Geld daraus.« Und war an der Zeit, daß am andern Tag Sankt Niklaus' Abend war, da ging Ulenspiegel vor die Kirchen stehn mit seiner Kaufmannschaft und verkauft die Eulen und Meerkatzen alle und löst viel mehr Geld daraus, dann er dem Bäcker für den Teig hatt geben. Das ward dem Bäcker kundgetan; den verdroß es, und er lief vor Sankt Niklaus' Kirchen und wollt ihn anfordern um das Holz und für die Kosten, die Ding zu backen. Da war Ulenspiegel erst hinweg mit dem Geld, und hatt der Bäcker das Nachsehen.

(59)

Wie Ulenspiegel sich verdingt zu einem Schmied und wie er ihm die Bälg in den Hof trug

Zu Rostock in dem Land Mecklenburg, da kam Ulenspiegel hin und verdingt sich für ein Schmiedknecht; und derselb Schmied hatt: ein Sprichwort: Wenn der Knecht mit den Bälgen blasen sollt, so sprach er: »Haho, folge mit den Bälgen.«

Also stund Ulenspiegel auf den Bälgen und blies.

Da sprach der Schmied zu Ulenspiegel mit harten Worten: »Haho, folg mit den Bälgen nach!« Und er ging mit den Worten hinaus in den Hof und wollt sich seines Wassers entblößen.

Also nahm Ulenspiegel den einen Balg auf den Hals und folgt dem Meister nach und sprach: »Meister, hier bring ich den einen Balg, wo soll ich ihn hintun? Ich will gehn, den andern auch bringen.«

Der Meister sah sich um und sprach: »Lieber Knecht, ich meint es nit also. Gang mir hin und leg den Balg wieder an sein Statt.«

Das tat Ulenspiegel und trug ihn wieder an sein Statt.

Also gedacht der Meister, wie er ihm das wieder belohnen möcht, und ward mit sich selber eins, wie daß er fünf Tag lang wollt alle Mittnacht aufstehn und den Knecht wecken und arbeiten. Da weckt er die Knecht und ließ sie schmieden.

Ulenspiegels Gespann begann zu sprechen: »Was meint unser Meister damit, daß er uns so früh weckt, das pflegt er nit zu tun.«

Also sprach Ulenspiegel: »Willst du, so will ich ihn fragen.«

Der Knecht sprach: »Ja.«

Da sprach Ulenspiegel: »Lieber Meister, wie geht es zu, daß Ihr uns so früh weckt, es ist erst Mitternacht.«

Der Meister sprach: »Es ist mein Weis', daß zum ersten mein Knecht acht Tag nit länger sollen liegen denn ein halbe Nacht.«

Ulenspiegel schwieg still, und sein Kompagnon dürft nit sprechen bis in die ander Nacht, da weckt sie der Meister aber. Da ging Ulenspiegels Kompagnon arbeiten. Da nahm Ulenspiegel das Bett und bindet es auf den Rücken, und als das Eisen heiß war, so kommt er von der Bühne laufen und zum Amboß und schlägt mit zu, daß die Funken ins Bett stoben.

Der Schmied sprach: »Nun, sieh, was tust du da, bist du toll worden? Mag das Bett nit bleiben liegen, da es soll liegen?«

Ulenspiegel sprach: »Meister, zürnet nit, das ist mein Weis' zu den ersten Worten, daß ich ein halb Nacht will liegen auf dem Bett, und die ander halb Nacht soll das Bett auf mir liegen.«

Der Meister ward zornig und sprach zu ihm, daß er das Bett wieder hintrüg, da er das genommen hätt. Und sprach fürder zu ihm in jähem Mut: »Und gang mir droben aus dem Haus, du verzweifelter Schalk.«

Er sprach »ja« und ging auf die Bühn und legt das Bett nieder, da er es genommen hatt, und bekam ein Leiter und stieg in den First und brach das Dach oben aus und ging auf dem Dach auf den Latten und nimmt die Leiter und zieht sie nach sich und setzt sie von dem Dach ab auf die Straß und steigt also hinab und geht hinweg.

Der Schmied hört, daß er poltert, und geht ihm nach auf die Bühn mit dem andern Knecht und sieht, daß er das Dach hat aufgebrochen und war dadurch ausgestiegen. Da ward er noch zorniger und sucht den Spieß und lief ihm nach aus dem Haus.

Der Knecht ergriff den Meister und sprach zu ihm: »Meister, nit also, laßt Euch sagen, er hat doch nit anders getan, denn das Ihr ihn geheißen habt. Denn Ihr spracht zu ihm, er sollt Euch droben aus dem Haus gehn, das hat er getan, als Ihr denn seht.«

Der Schmied ließ sich berichtigen, und was wollt er dazu tun i Ulenspiegel war hinweg, und der Meister mußt das Dach wieder lassen Hetzenflicken und mußt dessen zufrieden sein.

Der Knecht sprach: »An solch Kompagnon ist nit viel zu gewinnen. Wer Ulenspiegel nit kennt, der hab nur mit ihm zu tun, der lernt ihn kennen.«

(60)

Wie Ulenspiegel zu Quedlinburg Hühner kaufte und der Bäuerin ihren eignen Hahn zu Pfand ließ für das Geld

Alles Dings waren die Leut etwan nit so schalkhaftig als jetzt, sonderlichen die Landleut. Auf ein Zeit kam Ulenspiegel gen Quedlinburg, da war zu der Zeit Markt, und hatt Ulenspiegel nit viel Zehrung (wie er sein Geld gewann, so ging es wieder hinweg) und gedacht, wie er wieder Zehrung wollt bekommen. Also saß ein Landfrau da zu Markt und hatt ein Korb voll guter Hühner mit einem Hahn feil. Also fragt Ulenspiegel, was das Paar gelten sollt.

Sie antwortet ihm: »Das Paar um zween Stefansgroschen.«

Ulenspiegel sprach: »Wollt Ihr sie nit näherbilliger geben?«

Die Frau sprach: »Nein.«

Also nahm Ulenspiegel die Hühner mit dem Korb und ging gen dem Burgtor zu.

Da lief ihm die Frau nach und sprach: »Kaufmann, wie soll ich das verstehn? Willst du mir die Hühner nit bezahlen?«

Ulenspiegel sprach: »Ja gern, ich bin der Äbtissin Schreiber.«

»Danach frag ich nit«, sprach die Bäuerin, »willst du die Hühner haben, so bezahl sie; ich will zu Hof bei Abt oder Äbtissin nichts zu schaffen haben. Mein Vater hat mich gelehrt, ich soll von denen nit kaufen noch ihnen verkaufen oder zu Borg geben, vor denen man sich muß neigen oder die KugelHut ab muß ziehen. Darum bezahl mir die Hühner, hörst du das wohl.«

Ulenspiegel sprach: »Frau, Ihr seid von kleinem Glauben. Es war nit gut, daß all Kaufleut also wären, es müßten die guten Stallbrüder sonst übel gekleidet gehn; und damit daß Ihr des Euren gewiß seid, so nehmt hin den Hahn zu Pfand, bis ich Euch den Korb und das Geld bring.«

Die gut Frau meint, sie war wohl versorgt, und nahm ihren eignen Hahn zu Pfand, aber sie ward betrogen, denn Ulenspiegel blieb aus mit den Hühnern und mit dem Geld. Da geschah ihr ebenso als denen, die unter Zeiten ihr Ding allergenauest wollen versorgen, die bescheißen sich zuzeiten allererst. Also schied Ulenspiegel von dannen und ließ die Bäuerin fast zürnen über den Hahn, der sie um die Hühner hatt bracht.

(61)

Wie Ulenspiegel dem Pfarrer zu Kissenbrück sein. Pferd abred't mit einer falschen Beicht

Böser Schalkheit ließ sich Ulenspiegel nit verdrießen zu Kissenbrück in dem Dorf, in dem Asseburger Gericht. Da wohnt auch ein Pfarrer, der gar eine schöne Kellnerin hatt und dazu ein klein säuberlich wacker Pferd. Die hatt der Pfarrer alle beide lieb, das Pferd als wohl als die Magd.

Da war der Herzog von Braunschweig zu der Zeit zu Kissenbrück und hatt den Pfarrer durch ander Leut lassen bitten, daß er ihm das Pferd wollt lassen zustelln, er wollt ihm dafür geben, was ihm genügt. Der Pfarrer verneint allzeit dem Fürsten, daß er das Pferd nit wollt verlassen. So dürft ihm der Fürst auch das Pferd nit nehmen lassen, denn das Gericht war unter dem Rat von Braunschweig.

Also hatt Ulenspiegel die Ding wohl gehört und verstanden und sprach zu dem Fürsten: »Gnädiger Herr, was wollt Ihr mir schenken, daß ich das Pferd zuwegen bring von dem Pfaffen zu Kissenbrück?«

»Kannst du das tun«, sprach der Herzog, »ich will dir den Rock geben, den ich hier anhab.« Und das war ein rot Schamlot mit Perlen bestickt.

Das nahm Ulenspiegel an und ritt von Wolfenbüttel in das Dorf zu dem Pfarrer in Herberg, und Ulenspiegel war wohl bekannt in des Pfarrers Haus, denn er war oft da bei ihm vorzeiten gewesen und war ihm willkommen. Als er nun bei dreien Tagen dagewesen war, da gebärdet er sich, als ob er krank war, und ächzet laut und legt sich nieder.

Dem Pfaffen und seiner Kellnerin war leid darum und wußten nit Rat, wie sie den Sachen tun sollten. Zuletzt ward Ulenspiegel ja krank also, daß ihn der Pfaff ansprach und bat ihn, daß er sollt beichten und nehmen Gottes Recht.

Ulenspiegel war fast dazu geneigt, also daß derPfarrer ihn selbst wollt Beicht hören und fragen auf das schärfste, und sprach, daß er sein Seel bedächt, denn er hätt sein Tag viel Abenteuer getrieben, daß er sich bewährt, daß ihm Gott sein Sund vergeben wollt.

Ulenspiegel sprach ganz kränklichen und sprach zu dem Pfarrer, er wüßt nichts mehr, das er getan hätt, sonder einer Sünde, die dürft er ihm nit beichten; und daß er ihm ein andern Pfaffen holte, dem wollt er sie beichten. Denn so er ihm sie offenbarte, so besorgt er, daß er darum zürnen würd.

Da er das hörte, da meint er, da war etwas unter verborgen, und das wollt er auch wissen. Er sprach: »Ulenspiegel, der Weg ist fern, ich kann den andern Pfaffen nit so bald bekommen; und ob du in der Zeit stürbst, so hättest du und ich vor Gott dem Herrn die Schuld, wo du darin versäumt würdest. Sag nun mir das, die Sund soll so schwer nit sein, ich will dich davon absolvieren. Auch was hülf es, daß ich bös würd, ich muß doch die Beicht nit melden.«

Ulenspiegel sprach: »So will ich das wohl beichten.« Sie war auch so schwer nit, sonder ihm war nur leid, daß er bös würd, denn es treff ihn an.

Da verlangt den Pfarrer noch mehr, daß er das wissen sollt, und sprach zu ihm, hätt er ihm etwas gestohlen oder Schaden getan, oder was es war, daß er's ihm beichte, er wollt es ihm vergeben und ihn nimmer darum hassen.

»Ach, lieber Herr«, sprach er, »ich weiß, daß Ihr darum zürnen werdet. Doch ich empfind und furcht, daß ich bald von hinnen muß scheiden. Ich will Euch das sagen, Gott geb, Ihr werdet quad oder bös. Und lieber Herr, das ist das: Ich hab bei Eurer Magd geschlafen.«

Der Pfaff fragt, wie oft das geschehen war.

Ulenspiegel sprach: »Nur fünfmal.«

Der Pfaff gedacht: »Da soll sie fünf Drüsen für bekommen.« Und absolviert ihn bald und ging in die Kammer und hieß sein Magd zu ihm kommen und fragt, wann sie bei Ulenspiegel geschlafen hätt.

Die Kellnerin sprach, nein, es war gelogen.

Der Pfaff sprach, er hätt ihm doch das gebeichtet, und er glaubt es auch. – Sie sprach »nein«, er sprach »ja« und erwischt ein Stecken und schlug sie braun und blau.

Ulenspiegel lag im Bett und lacht und gedacht bei sich selber: »Nun will das Spiel gut werden und will sein Recht bekommen.« Und lag den ganzen Tag also.

In der Nacht ward er stark und stund des Morgens auf und sprach, es würd besser, er müßt in ein ander Land, daß derPfarrer rechnet, was er verzehrt hätt.

Der Pfaff rechnet mit ihm und war so irr in seinem Sinn, daß er nit wußt, was er tat, und nahm Geld und doch kein Geld und war dessen zufrieden, daß er nur wanderte von dannen, desgleichen die Kellnerin auch, die war gleichwohl um seinetwillen geschlagen.

Also war Ulenspiegel bereit und wollt gehn. »Herr«, sprach er, »seid gemahnt, daß Ihr die Beicht geoffenbart habt. Ich will gen Halberstadt zu dem Bischof und will das offenbaren von Euch.«

Der Pfaff vergaß seiner Bosheit, da er hört, daß Ulenspiegel ihn wollte in Beschwernis bringen, und bat ihn mit großem Ernste, daß er schwieg; es war geschehen in jähem Mut; er wollte ihm zwanzig Gulden geben, daß er ihn nit verklagte.

Ulenspiegel sprach: »Nein, ich wollt nit hundert Gulden nehmen, das zu verschweigen, ich will gehn und will das vorbringen, als sich das gebührt.«

Der Pfaff bat die Magd mit weinenden Augen und sprach, daß sie ihn fragte, daß er ihr sagte, was er ihm geben sollt, das sollt sie ihm geben.

Zuletzt sprach Ulenspiegel, wollt er ihm das Pferd geben, so wollt er schweigen und sollt es unvermeldet bleiben, er wollt auch anders nichts nehmen denn das Pferd.

Der Pfaff hatt das Pferd ganz lieb und hätt ihm lieber all sein Barschaft geben, als daß er das Pferd sollt verlassen, und verließ das ohn seinen Dank, denn die Not bracht ihn dazu, und gab Ulenspiegel das Pferd und ließ ihn damit hinreiten.

Also ritt Ulenspiegel mit des Pfaffen Pferd gen Wolfenbüttel. Also kam er auf den Damm, da stund der Herzog auf der Ziehbrücken und sah Ulenspiegel mit dem Pferd dahertraben. Von Stund an zog der Fürst den Rock aus, den er Ulenspiegel gelobt hatt, und ging ihm unter die Augen und sprach: »Sieh hin, mein lieber Ulenspiegel, hier ist der Rock, den ich dir gelobt hab.«

Also fiel er von dem Pferd und sprach: »Gnädiger Herr, hier ist Euer Pferd.« Und war dem Herzog groß zu Dank und mußt ihm das erzählen, wie er das Pferd von dem Pfaffen gebracht hätt.

Dessen lacht der Fürst und war fröhlich davon und gab Ulenspiegel ein ander Pferd zu dem Rock.

Und der Pfarrer betrübte sich um das Pferd und schlug die Magd oft übel darum, also daß ihm die Magd entlief, da ward er ihrer beider ledig.

(62)

Wie Ulenspiegel den Landgrafen von Hessen malet und ihm weismacht, wer unehelich war, der könnt es nit sehen

Abenteuerliche Ding trieb Ulenspiegel in dem Land zu Hessen, da er das Land zu Sachsen fast um und um gewandert hatt und fast wohl bekannt war, daß er sich mit seiner Büberei nit wohl durchbringen mocht. Da tat er sich in das Land zu Hessen und kam gen Marburg an des Landgrafen Hof.

Und der Herr fragt, was er könnt.

Er antwortet und sprach: »Gnädiger Herr, ich bin ein Künstler.«

Dessen freut sich der Landgraf, denn er meint, er war ein Artist und könnt mit der Alchimie, denn der Landgraf hatt groß Arbeit mit der Alchimie. Also fragt er, ob er ein Alchimist

war.

Ulenspiegel sprach: »Gnädiger Herr, nein, ich bin ein Maler, desgleichen in viel Landen nit funden wird, denn mein Arbeit übertrifft ander Arbeit weit.«

Der Landgraf sprach: »Laß uns etwas sehen.«

Ulenspiegel sprach: »Gnädiger Herr, ja.« Und hatt etlich Tüchlein und Kunststück, die er in Flandern kauft hatt, die zog er hervor aus seinem Sack und zeigt die dem Grafen.

Die gefielen dem Herrn so wohl, und er sprach zu ihm: »Lieber Meister, was wollt Ihr nehmen und wollt Uns Unsern Saal malen, von dem Herkommen der Landgrafen von Hessen und wie die befreundet waren mit dem König von Ungarn und andern Fürsten und Herren und wie lang das bestanden hat, und wollt Uns das auf das allerköstlichste machen;«

Ulenspiegel antwortet: »Gnädiger Herr, also mir Euer Gnad das vorgibt, wird's wohl vierhundert Gulden kosten.«

Der Landgraf sprach: »Meister, macht Uns das nur gut, Wir wollen Euch das wohl belohnen«.

Ulenspiegel nahm das also an, doch so mußt ihm der Landgraf hundert Gulden daraufgeben, damit er Farben kaufte und Gesellen bekam. Als aber Ulenspiegel mit dreien Gesellen will die Arbeit anfangen, so dingt er dem Landgrafen an, daß niemand sollt in den Saal gehn, dieweil er arbeitet, denn allein sein Gesellen, damit er in seiner Kunst nit verhindert würd. Das verwilliget ihm der Landgraf.

Also ward Ulenspiegel mit seinen Gesellen eins und überleget mit ihnen, daß sie stillschwiegen und ließen ihn machen, sie durften nit arbeiten und sollten dennoch ihren Lohn haben, und ihr größte Arbeit sollt sein im Brettspielen. Das nahmen die Gesellen an, daß sie mit Müßiggehn gleichwohl sollten Lohn verdienen.

Das währt also ein Woch oder vier, daß den Landgrafen verlangt, was doch der Meister mit seinen Kumpanen mochte malen, ob es doch so gut wollt werden als die Prob, und sprach Ulenspiegel an: »Ach, lieber Meister, Uns verlangt gar sehr, zu sehen Eure Arbeit, Wir begehren, daß Wirt mit Euch mögen gehn in den Saal und Euer Gemaltes besehen.«

Ulenspiegel sprach: »Ja, gnädiger Herr, aber einerlei will ich Euer Gnaden sagen, wer mit Euer Gnaden gehet und das Gemäld beschaut: Wer dann nit recht ehelich geboren ist, der mag mein Gemäld nit wohl sehen.«

Der Landgraf sprach: »Meister, das war Großes.«

Indem gingen sie in den Saal. Da hatt Ulenspiegel ein lang leinen Tuch an die Wand hingespannt, da er malen sollt. Und da zog Ulenspiegel das ein wenig hinter sich und zeigt mit einem weißen Stäblein an die Wand und sprach also: »Seht, gnädiger Herr, dieser Mann, das ist der erste Landgraf von Hessen und ein Columneser von Rom gewesen und hat zu einer Fürstin und Frauen gehabt des milden Justinians Tochter, eine Herzogin von Bayern, der danach Kaiser ward. Sehet, gnädiger Herr, von dem da ward geboren Adolfus. Adolfus, der gebar Wilhelm den Schwarzen. Wilhelm gebar Ludwig den Frommen, 'Und also fort hin bis auf Eure fürstliche Gnad. Also weiß ich das fürwahr, daß niemand mein Arbeit strafen kann, so künstlich und auch von so schönen Farben.«

Der Landgraf sah anderes nit denn die weiß Wand und gedacht bei sich selber: »Sollt ich immer ein Hurenkind sein, so sehe ich doch anderes nit denn ein weiße Wand.« Jedoch sprach er (ums Glimpfs willen): »Lieber Meister, Uns genügt's wohl, doch haben Wir sein nit genug Verstand, zu erkennen.« Und ging damit aus dem Saal.

Da nun der Landgraf zu der Fürstin kam, da fragt sie ihn: »Ach, gnädiger Herr, was malet doch Euer freier Maler? Ihr habt es besehen, wie gefällt Euch sein Arbeit? Ich hab schwachen Glauben dazu, er sieht aus wie ein Schalk.«

Der Fürst sprach: »Liebe Frau, mir gefällt sein Arbeit säuberlich wohl; und tut ihm doch recht!«

»Gnädiger Herr«, sprach sie, »müssen Wir es nit auch besehen?«

»Ja, mit des Meisters Willen.«

Sie ließ Ulenspiegel fordern und begehrt auch zu sehen das Gemälde. – Ulenspiegel sprach zu ihr wie zu dem Fürsten, wer nit ehelich war, der könnt sein Arbeit nit sehen.

Da ging sie mit acht Jungfrauen und einer Törin in den Saal. Da zog Ulenspiegel das Tuch abermals hinter sich wie zuvor und erzählte da der Gräfin auch das Herkommen der Landgrafen, je ein Stück nach dem andern.

Aber die Fürstin und die Jungfrauen schwiegen alle still, niemand lobt oder schalt das Gemäld. Jeglicher war leid, daß ihr Unrecht war von Vater oder von Mutter her, und zu dem letzten da hub die Törin an und sprach: »Liebster Meister, nun seh ich nichts von Gemäld, und sollt ich all mein Lebtag ein Hurenkind sein.«

Da gedacht Ulenspiegel: »Das will nit gut werden, wollen die Toren die Wahrheit sagen, so muß ich wahrlich wandern.« Und zog das in ein Gelächter.

Indem ging die Fürstin hinweg wieder zu ihrem Herrn. Der fragt sie, wie ihr das Gemäld gefiel.

Sie antwortet ihm und sprach: »Gnädiger Herr, es gefällt mir als wohl als Euer Gnaden. Aber Unsrer Törin gefällt es nit, sie spricht, sie sah kein Gemäld, desgleichen auch unsre Jungfrauen, und ich besorg, es sei Büberei in der Sach.«

Das ging dem Fürsten zu Herzen, und er gedacht, ob er schon betrogen war, ließ doch Ulenspiegel sagen, daß er sein Sach schickt, das ganz Hofgesind müßt sein Arbeit besehen. Und der Fürst meint, er wollt sehen, welcher ehelich oder unehelich unter seiner Ritterschaft war, deren Lehen wären ihm verfallen.

Da ging Ulenspiegel zu seinen Gesellen und gab ihnen Urlaub und fordert noch hundert Gulden von dem Rentmeister und empfing die und ging indem davon.

Des andern Tags fragt der Graf nach seinem Maler; der war hinweg. Da ging der Fürst des andern Tags in den Saal mit allem seinem Hofgesind, ob jemand etwas Gemaltes sehen könnt, aber niemand konnte sagen, daß er etwas sehe. Und da alle schwiegen, da sprach der Landgraf: »Nun sehen Wir wohl, daß Wir betrogen seind, und mit Ulenspiegel hab ich mich nie bekümmern wollen, dennoch ist er zu Uns kommen. Doch die zweihundert Gulden wollen Wir wohl verdulden, so er dennoch ein Schalk muß bleiben und muß darum Unser Fürstentum meiden.«

Also war Ulenspiegel von Marburg hinwegkommen und wollt sich fürder des Malens nit mehr annehmen.

(63)


 << zurück weiter >>