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Den Spott zum Schaden
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Augustin Tünger

Facetiae
1484

Von zween PriesternÜberschrift vom Herausgeber

Es sind gewesen zween Priester auch zu Straßburg, die zweien schönen Frauen Geld ausgaben, ein Nachtmahl zuzurichten und daß sie sie über Nacht beherbergten. Und da sie warteten des Nachtmahls, belanget es sie übel und war ihnen der Tag viel zu lang, bis daß es Abend ward.

Und als sie nun meinten, daß die Zeit da sei, sich mit den Frauen zu lieben, fielen eilends in das Haus zween RyfionStrolche, dieser Ding vorhin von den Weibern unterrichtet, und nahmen sich an, sie wären der Weiber Ehemann und merkten, daß andere Mann im Haus wären.

Die Priester, als sie diese hörten, wurden sie jählings mit großen Ängsten umgeben. Denen zu entrinnen und am letzten mit Rat der Weiber, so sich auch großer Furcht annahmen, fielen sie zu den Stubenfenstern hinaus mit nit weniger aller Freuden.

Da sich die Priester freuten, daß sie diesen entronnen, so freuten sich die andern, daß sie hungrig ein köstlich Mahl ohn ihren Schaden fanden.

(3)

Von einem Dieb, der gab sich für den Teufel ausÜberschrift vom Herausgeber

Ein Bürger zu Trier vermerkt einen Dieb in seinem Haus. Also stund er auf mit allem seinem Gesind, den Dieb zu suchen.

Als aber der Dieb mit dem Diebstahl beladen zunächst zu dem Herrn des Hauses kam und sah, daß er nicht mehr mocht entrinnen, fing er an und schrie, was er schreien mocht: »Fliehen! Fliehen! Ich bin der Teufel!«

Von diesem Geschrei der Herr im Haus und das ganz Hausgesinde also erschraken, daß der Dieb also ungeschädigt hinweg kam.

(4)

Von Mutter und TochterÜberschrift vom Herausgeber

In dem Dorf Mals, ein Meil Wegs von Chur, ist gewesen ein Frau, die, wiewohl sie einen Ehemann hatt, nichtsdestominder wider die Satzung der Ehe andern Mannen in Liebe verwilliget. Und wiewohl es dem Mann unleidlich war, doch daß er dem Weib nicht zu hart zu sein gesehen würd, verhob er die ziemliche Straf und ward zu Rat und sagt es dem SchwäherSchwiegervater.

Der Schwäher aber, wiewohl er wußt, die Tochter schuldig zu sein, jedoch daß er dem Tochtermann seinen Kummer und der Tochter die Straf desto geringer machte, neigt er sich, den Tochtermann zu trösten, und sagt, das war nicht an der Tochter zu betrauern, wenn sie in solchem ihrer Mutter nachschlug; sie würd aber in den Jahren davon lassen, denn ihre Mutter sich auch also in der Jugend gehalten hätt, aber da sie sechzigjährig worden wäre, hätt sie davon gelassen; also würd die Tochter ohn Zweifel auch tun, wenn sie sechzig Jahr alt würd.

(5)

Von einem Armen, der metzget ein SchweinÜberschrift vom Herausgeber

Es ist ein alte Gewohnheit an etlichen Orten in teutschen Landen, daß, wenn die Leut Schwein metzgen, daß sie dann den Freunden und Nachbarn Wurst schicken. Derselben Gewohnheit nach etlich Bauren eines Dorfes bei Memmingen pflogen unter sich selbst zuzeiten Wurst zu teilen, ausgenommen einen Armen, der auch also arm war, daß er nicht vermocht ein Schwein zu kaufen. Desselben auch zuzeiten, so man Wurst austeilet, ganz niemals gedacht ward.

Und wenn dasselbe der Arme betrachtet, erbarmet er sich selbst und setzt sich doch vor, er wollt erlernen, ob solches aus rechter Liebe oder Gütigkeit unter den andern ginge, und bracht kaum so viel zuwegen, daß er ein klein Schweinle kauft. Dasselbe ließ er vor allen andern metzgen und mit ihnen teilen. Hiermit er schuf, daß sie ihm dasselbe Jahr auch alle Wurst schickten.

Das ander Jahr aber danach erzog er sich ein kleines Färkli von Jugend auf. Und wenn seine Nachbarn dasselbe täglich vor sich sahen, meinten sie, er würd aber tun wie zuvor, und schickten ihm aber alle. Der arm Mann verzog aber sein Schwein zu metzgen bis in die Fasten, so unserm Gesetz nach verboten ist, Fleisch zu essen. Da war er von solcher Austeilung genug wohl entschuldiget und tat nicht desto minder die andern, so sich auf sein Säuli gespitzt hatten, betrügen.

(6)

Von einem Metzger, der sprach mit den GehängtenÜberschrift vom Herausgeber

Ein Metzger von Hagenow, vier Meil von Straßburg, ging eilends vor den Galgen daselbst an einem Abend, als sich eben Tag und Nacht schied, und führt mit sich an einem Seil ein Rind, so er auf dem Land kauft halt. Und als er die toten Leichnam da sah hängen, redet er schimpflich mit ihnen und warnet sie, wollten sie noch in die Stadt, so wäre not, daß sie eilten, oder sie würden sonst vor der Stadt ausgeschlossen.

Und als er schnell gegen die Stadt tat ziehen, folget ihm von fern einer nach, der auch desto fester eilt, daß er Sorg halt, daß die Tor geschlossen würden, daß er nicht in die Stadt käme, und schrie den Metzger an, daß er seiner beitetwartet und ihn mit sich ließ.

Und als aber der Metzger um sich sah, gedacht er an die Wort, die er mit denen am Galgen gebraucht halt, und meint, dieser, so ihm nachlief, wäre derselben einer. Und so sehr dieser schrie, so sehr floh der Metzger und ward mit solcher Furcht umgeben, daß er das Rind ließ laufen und kaum halb lebendig, triefend von Angstschweiß, in die Stadt kam.

(7)

Von einem Zunftmeister, der träumt, er hätte ein Kalb brachtÜberschrift vom Herausgeber

Ein Zunftmeister aus einer Stadt in Schwaben, die mir jetzo nicht geziemet zu nennen, ward ausgeschickt in Botschaftweise und kam also auf dem Weg gen Buchhorn an dem Bodensee, da auch dazumal etlicher Fürsten und anderer Städte Botschaften waren. Damit es sich macht, daß der Wirt sie nicht all könnt in Betten legen. Also blieb der Zunftmeister mit seinem Knecht in der Stuben, in der Meinung, am Morgen vor Tag hinwegzureiten.

Und als aber der Wirt ein Kalb, so dieselbe Nacht geboren worden war, in die Stuben trug und es neben den Zunftmeister legt, denn es gar kalt war, daß es nicht erfrür, und aber der Zunftmeister mit Schlaf beladen war, träumt ihm, er hätt ein Kalb bracht, was er, sobald er erwachet, begann dem Knecht zu sagen.

Dazu der Knecht sagt: »Herr Zunftmeister, der Traum ist der Wahrheit eben nach, denn das Kalb liegt da bei uns.«

Welche Wort dem Zunftmeister ein solche Furcht und Scham tat reichen, daß der dem Knecht einen merklichen Lohn verhieß, die Ding zu verbergen.

Als aber der Knecht das annahm, nahm er das Kalb auf den Rücken, derweil es noch finster war, und warf es in den See.

(8)

Von einem GoldschmiedÜberschrift vom Herausgeber

Ein Goldschmied einer Stadt in unsern teutschen Landen kauft auf dem Land ein Schwein. Dasselbe Schwein ihm der Bauer verschlossen in einem Sack heimbrachte. Das Schwein aber, als es in der Stadt frei umging, lief es wieder hinaus auf das Land zu dem Bauren.

Als aber der Bauer das sah, entschuldiget er sich gegen den Goldschmied, das wäre ohn sein Schuld geschehen, und gab dem Goldschmied die Wahl, das Geld oder das Schwein wieder zu wollen.

Aber der Goldschmied wollt des Schweins nimmer und sagt, es ziemt ihm nicht, daß er ein solch witzig Tier an eines Schweins Statt in seinem Haus hätt. Denn warum? Das Schwein übertraf mit Gewißheit alle die Zunftmeister, so in der Stadt

wären; denn keiner unter ihnen war, wenn man ihm die Augen verbände und beschlösse und ihn an ein Ort führt, ihm unbekannt, der wieder heim könnte kommen, als die Sau hätt getan.

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