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Ein Bauer hatte einen Garten an seinem Haus, darein gewöhnte sich seines Nachbars Sau. Der Bauer klaget, da ward nichts draus. Also kroch die Sau abermals durch den Zaun. Die schlug der Bauer mit einer Axt, daß sie starb.
Es gelanget an den Hof und kam dahin, der Bauer sollte das Schwein bezahlen. Er wollte nicht. Der Landherr wollte die Parteien vergleichen.
Da fing der Bauer an: »Gnädiger Herr, die Sau kam in meinen Garten. Man wollte nicht wehren. Nun hab ich die Sau erschlagen, die soll ich bezahlen. Ist das auch recht?«
Der Landherr sprach: »Mein Männlein, sag die Sache noch einmal! Wir haben's nicht verstanden.«
Der Bauer saget es noch einmal wie zuvor.
Der Landherr sprach: »Sage es her zum drittenmale! Wir können es noch nicht vernehmen.«
Der Bauer nahm Kreide, machet einen Strich und sprach: »Das sei der Zaun. Wenn nun Euer Gnaden die Sau wäre und wollte herneben in meinen Garten und ich stünde denn mit einer Axt auf dieser Seite und schlüge Euer Gnaden an den Hals, so würdet Ihr mich ja verstehen.«
Der Landherr sprach: »Nun, wir verstehen die Sache. Gehe hin, du sollst die Sau nicht bezahlen!«
Ein weidlicher Hofdiener sprach einen Bauren an, daß er ihm hundert Gulden vorsetze, und hatt es bald dazu gebracht, daß der Bauer einwilliget.
Aber weil Claus dabeistund und zuhörte, sprach er zu dem Bauren: »Willst du mir gehorchen und folgen, so behalt dein Geld und leih es diesem, nicht. Denn wenn du es willst wiederhaben und ihn- darum mahnest und ansprichst, so mußt du deinen Hut vor ihm abnehmen und ihn ja so sehr und hoch bitten, daß er dich bezahle, als er dich bat, da du ihm liehest.«
Es war ein Fürst gestörten, den beklaget der Koch in der Küchen. Claus sprach: »Was machst du viel Wesens, daß ein Fürst gestorben ist? Mußte doch dein Vater sterben, der war eines Fürsten Koch und konnte gute, köstliche Suppen machen.«
Der Koch hatte ein Essen verderbt und durfte es nicht fürtragen. Claus [32}sprach: »Laß die Brüder wohl hungrig werden, so schadet's dem Essen nicht und schadet den Brüdern auch nicht, wenn es auch mit Hufnäglein gewürzt und gepfeffert wäre.«
Claus kam in ein Haus, da wartet die Mutter ein krankes Töchterlein und fraget: »Ach, mein Herzogin, was fehlet dir, was willst du doch haben? Sage mir, der Vater soll dir viel gute und schöne Gattung kaufen. Was soll dir dein Väterlein kaufen? Soll er dir Zucker kaufen, meine große Tochter?«
Das Töchterlein war krank und wollte keinen Zucker haben.
Da fraget das Mütterlein: »Willst du Mandeln haben?«
Das Kindelein wollte nicht.
Darum fraget die Mutter: »Willst du ein Rosenkränzlein?«
»O nein«, sprach das Jungfräulein, »ich mag kein Kränzlein haben.«
Solches hatte Claus alles gehöret und lehret die Frau, daß sie fraget, ob das Töchterlein wollte einen Reiter oder einen Schreiber haben. – Das tat die Mutter.
Da ward das Töchterlein froh und sprach: »Ach ja, Mütterlein, ja, ein Reiterlein oder ein Schreiberlein möchte ich gern haben. Lasset den Vater Reiter und Schreiber kaufen, so viel er kriegen kann: Ich mag sonst nichts lieber haben!«