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Den Spott zum Schaden
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Hans Wilhelm Kirchhof

Wendunmut
1563-1603

Ein reicher Bauer heiratet zum Adel

In dem Land zu Thüringen wohnete ein sehr reicher und betagter Bauer, der hatt nicht mehr denn einen Sohn, Parcius genannt, der nach dem Tod seines Vaters mit der Mutter haushielt und solcher großen Güter einziger Erbe, doch dabei ein rechter Narr, Phantast und unverständig Schaf war.

Nachdem gewann er, nicht weit von ihm daheim, eine edle Jungfrau heftig lieb, gelanget an ihre Eltern, daß sie ihm werden möchte, er wollt sie zum Weib nehmen. Ob nun schon die Eltern dieser Jungfrau von Adel, doch aber geringen Vermögens waren und wohl besorgten, daß ihres Stands niemand bald ihrer Tochter begehren würde, derhalben durch diesen Reichtum bewegt, nahmen sie nicht lang Bedenkzeit, ihm seine Bitt zu gewähren und »ja« zu sagen.

Die Mutter aber dieses Wenigwitzigen, der am besten seine Geschicklichkeit bewußt war, auf daß nicht vielleicht die Jungfrau ihn wegen seines Unverstands verschmähe, gab sie ihm, so gut sie vermochte, Unterricht, was für Sitten und Gebärden an denen Enden sich geziemten und er gebrauchen müßte.

Und sonderlich dadurch bewegt, wie ihr Sohn zum ersten Mal bei der Jungfrau und die Heirat beschlossen gewesen, hat sie ihm von neuer Freundschaft wegen ein Paar weiße Handschuh von dem subtilsten und köstlichsten Fellwerk, Fehen genannt, geschenkt, welche er im Heimgehen, als es einen sehr großen Regen tat, gar zunicht machet und verderbet.

Darum ihn sein Mutter strafet, und »Lieber Sohn«, sprach sie, »solche Handschuh solltest du fein in deinem Busen bis heim getragen und von deiner lieben Braut wegen lang behalten haben.«

»Nun seid zufrieden, Mutter«, sagt er, »ein ander Mal will ich sorgfältiger sein.«

Und als er in kurzem wieder bei seiner Braut zu Gast gewesen, beehret ihn ihr Vater mit einem Habicht, sprechend, daß er von guter Art und solches an seinen Anzeigungen zu sehen war. Der gut Bräutigam gedacht an seiner Mutter Unterricht und, daß er nicht abermals von ihr gefilzt, den Vogel besser denn die Handschuh zu verwahren, und steckt ihn in sein Ärmel.

Wie er aber heimkommen, sprach er: »Mutter, ich bin Eurer Worte nicht allerdings vergessen und habe das, so mir jetzund geschenkt, fleißiger aufgehoben.« Wollt ihr damit den Vogel zeigen, da hatt er ihn erdrückt.

Wer war leidiger denn sie beide? »Ach«, sagt die Mutter, »du solltest das selbst wohl gedacht haben, daß er also nicht lebendig bleiben könnte, und ihn fein auf der Hand getragen haben.«

Zum dritten Mal wollt er besehn, wie es um seine Vertraute getan sei, und reitet dahin, sagt und bekennet alles, wie es ihm mit den Handschuhen und dem Vogel gangen war. Darum sie wohl abnehmen konnten, was er für ein Mann war. Und wie er wieder abscheiden wollte, begabt ihn seine Schwiegermutter mit einem hübschen neuen Sieb. Das führt er auf der Hand, wie er den Habicht sollt tragen haben.

Derwegen ihn sein Mutter abermals straft, sagend, er sollt es fein hinter sich auf das Pferd gebunden haben.

Ihm war aber wie den Narren allen, die kein Laufen verdrießt. Denn sobald er zu seiner Mutter Haus kommen, waren dies seine ersten Gedanken, wann er wieder zu seiner Braut reiten wollt, wie er denn noch zum vierten Mal auch tat. Dieselbige samt ihrem Vater und Mutter merkten wohl, daß ihr Bräutigam mit einem Geck beladen und ihm nichts Köstliches nütz war. Doch aber, daß sie ihn nicht leer und unbegabt von sich ließen, schenkten sie ihm ein schöne und große Seiten Speck. Es ward ihm aber seiner Mutter Red, daß er das Sieb sollt hinter sich auf den Gaul gebunden haben, eingedenk, und er band den Speck seinem Pferd an den Schwanz. Darum, ehe er heim kam, hatt er den an den Sträuchern und Dornen allerdings zerrissen, dazu im Kot, was noch daran hing, verwüstet und beschmieret.

Die Mutter erschrak über ihres Sohns Torheit und befürchtete, daß vielleicht derhalben die Freierei gar durch den Korb fallen und sie ihm würd abgeschlagen werden. Ging selbst zu der Jungfrau und ihren Eltern, mit ihnen, wann das Beilager sein sollte, sich zu unterreden, und befahl ihrem Sohn, dieweil sie aus wäre, im Haus alles zum fleißigsten zu versehen.

Als er aber ganz allein, denn das Gesind alles auf dem Feld und an seiner Arbeit war, gedacht er auch einmal einen guten Mut zu haben und Herr zu sein, ging in den Keller, Wein zu holen. Und wie er ihn aus einem Faß lassen wollte, entfiel ihm der Zapfen in die Kanne. Darum hatte er Sorg, sollt er den Zapfen wieder heraus haben, müßt er den Wein ausschütten, und ließ den Wein aus dem Faß immer laufen, so lang, bis nichts mehr darin blieb. Daß solches sein Mutter nicht sehen sollte, nahm er ein Sack mit Mehl und streuet das in den Keller. Nachdem dieser Rat gestiftet, gehet er nach der Stuben. Unter der Stiegen aber saß ein Gans und brütet Eier aus. Die erschreckt er mit seinem Rollen und Hin- und Widerlaufen, daß sie schrie: »Gag gag gag.« So verstund der Tölpel, die Gans sprach: »Ich will's sagen.« Nämlich was er im Keller ausgerichtet. Erwischet sie und hieb ihr den Kopf ab. Nun besorgt er, die Eier würden verderben. Dasselbig aber zu verhüten, nahm er ein Fäßlein mit Honig, das in der Speiskammer stund, bestrich seinen ganzen Leib damit, schneidet danach etliche Bettkissen und Pfühlen auf, klebt die Federn an sich und saß anstatt der Gans auf den Eiern.

Indem kommt sein Mutter wieder, klopfet an die Tür (denn er hatt sie hart verschlossen) und ruft ihn bei seinem Namen. Antwortet er immerdar »gag gag«, denn er meinete, dieweil er auf den Eiern saß, war er auch ein Gans. Letztlich nach vielen Dräuworten seiner Mutter macht er ihr die Tür auf. Da befand sie allenthalben, wie ihr Sohn hatt hausgehalten. Doch darum, daß kurz nach ihr die Braut auch kommen würde, mußt sie in diesem allen Geduld tragen und erweiset ihn, mit was für Zucht und Gebärden er die Braut empfangen, auch wie er sich über Tisch mit Vorlegen und anderer Höflichkeit halten, nämlich, daß er seine Augen freundlich und fröhlich gegen die Braut werfen sollte; über Tisch, wenn er ihr wollt vorlegen, müßt solches fein sittlich, mit einem Messer geschehen; die Erbsen mit Löffeln zu essen und die Eier in vier Teil, wenn sie hart wären, zu zerschneiden war der Gebrauch. Die Bein von dem Fleisch gebührten sich fein auf den Teller zu legen. Und wie sie es wußt, kehret sie allen Fleiß an.

Dies alles vollbracht er wie folgt: Gehet sobald in seiner Mutter Schafstall, stach mehr denn hundert Schafen die Augen aus, und wie sein zukünftig Ehegemahl kommt, wirft er ihr dieselben alle nach dem Kopf, daß sein Mutter genug hatt, ihn hinwegzuziehen. Danach, wie sie zu Tisch gesessen und Erbsen mit Speck (denn auf den Dörfern sein wenig Feigen zu kaufen) aufgetragen, langet er mit dem Messer ein Erbse auf seinen Teller, schneidet sie in vier Schnitt und leget seiner Braut eins vor. Sein Mutter ersah es und sprach: »Lieber Sohn, die Erbsen isset man mit Löffeln.« – »Gut ist es«, antwortet er, »daß Ihr mich daran erinnert. Wer kann aber immerdar alle Ding gar in Acht haben?« – Nach den Erbsen brachten sie Eier, die wollt er da mit einem Löffel essen, vermocht aber doch nicht mehr denn eins zumal darin zu behalten. – Wie das Fleisch und Gebratenes auf dem Tisch stund, nahm er sich vor, sich hoch zu verbrechengut zu verhalten und weislich zu stellen, griff in die Schüssel mit der Hand, langt ein Stück Fleisch heraus, steckt es an sein Messer und legt es vor seine Braut. Also auch das Salz nahm er mit den Fingern aus dem Salzfaß und legt es danach auf das Messer, stieß daneben mit beiden Händen ein, daß er schäumet wie ein Eber. – Indem fährt ihm etwas in die unrechte Kehlen, daß er anhebt zu husten und ihm ein großer Kengel aus der Nasen vorn auf ein Ärmel fiel. Vorhin aber hatt ihn sein Mutter unterweiset, da es ihm vonnöten, sollt er sich in ein Tüchlein, das er bei sich trug, schneuzen. So verstund er das Tischtuch und klebt darein ein ziemlichen Spiegel. – Fürder, als die Mahlzeit schier geschehen, gedacht er abermals an seiner Mutter Lehr, die Bein auf den Teller zu legen, rüstet und strecket seine Bein und bäurische Schuh unter dem Tisch hervor, sie auf den Teller zu bringen. Dies kam ihn aber so sauer an, daß ihm ein großer KomphartFurz entwischet.

Wiewohl er nun, wie gehört, ein ungehobelter, phantastischer Büffelskopf war, bracht doch sein großes Gut, welches die meiste Freierei zuwegen bringet, fürder es dahin, daß er die Jungfrau behielt und mit ihr Hochzeit hatt. O was für eine Freude wird sie bei ihm gehabt haben, wie ein Hund im Brunnen!

(109)

Von einem Bürgermeister und seinem Küraß

Dieweil es dahin kommen, daß die Bürger auch edel sein und alles, was dem Adel zustehet, nit allein nachtun, sondern auch in vielem denselben übertreffen wollen, wird durch solche Affenhoffart mancher Pfennig unnütz ausgespildet. Jetzt, gemeldeter Weis, hat einen Bürgermeister zu Duderstadt der Hund Ladunken nicht ein wenig verletzt (wie ich manchmal von meinem Vater gehöret). Denn er vermeinet ja sowohl ein rittermäßiger Mann als die vom Adel zu sein und ließ sich zu Erfurt einen ganzen Küraß schlagen. Als derselbig gemacht und der Plattner ihn dem Bürgermeister heimbracht, er ihn ihm anlegt, zu besehen, wie er sich schickte.

Nachdem aber alle Schrauben und Band, wie sich gehöret, verschlossen und zugemacht, fraget der Bürgermeister den Plattner: »Meinet Ihr auch, wenn ich also gewappnet bin, daß mir jemand Schaden möge zufügen?«

»O gar mitnichten!« antwortet der Meister.

»Fürwahr also ich auch«, saget der Bürgermeister, »kann mir jetzund niemand was tun, ich noch einem andern viel weniger.«

(110)

Von einem Bauren und seinem Panzer

Harnisch ist gut, spricht man, wer es zu brauchen weiß; wie jener Bauer getan hatte, der ein Hufeisen fand und steckt's untern Gürtel. Danach schoß einer mit einem Pfeil nach ihm und traf ungefähr das Eisen, sonst hätt es sein Leben gekostet.

Dieser Meinung war auch ein Baurenknecht, in der Artillerie Anno 1546 vor Gengen. Derselbig fand im Lager ein Stück Panzer, etwa eine Handbreit, gedacht dasselbe besser zu gebrauchen, bracht es dem Schneider, der ihm ein Paar Kriegerhosen (wie sie die hessischen Bauren nennen) machte, und befahl ihm, das Stück Panzer ins Wams vor das Herz zu nähen.

Der Schneider sagt ihm das zu, und als das Kleid fertig, nähet er den Panzer zwischen das Futter an den Hosen hinten am Gesäß. Der Bauer aber, wie er die neuen Hosen und Wams anlegt, suchet und greift er fast mit Fragen nach dem Panzer. Antwortet der Meister, er soll zufrieden sein und, daß ihm's nicht am rechten Ort gemacht, gar keinen Zweifel tragen, damit er sich schweigenbeschwichtigen ließ und froh war, wo auch der Panzer bliebe.

Nun weiß ein jeder, der im selbigen Zug mit gewesen, daß der großen Menge und langwierigen Lagers halber daselbst die Fütterung zum letzten drei Meilen und weiter mußt geholet werden. Wer läßt sich aber gern das Sein mit Gewalt nehmen, voraus, wenn er's wenden kann? In solchen Händeln macht der Schmerz und der Güterverlust, daß auch die Kleinmütigen, der Räch begierig, mit Gefahr ihres Lebens sich verwagen.

Also taten die verderbten Bauren auf den umliegenden Dörfern diesmal auch; wo sie die, die aus dem Lager nach Stroh, Heu, Habern usw. kommen, nit mit Worten abschrecken konnten, gaben sie ihnen am Hundshabern zu dreschen. Samt andern wenigen Wagen hatt sich Obgemeld'ter mit dem Panzer zu weit vertan, und als sie schon ohn vorhergemachte Bedingung die Frucht aufladen wollten, wischten die, so sie zustund, mit Flegeln und Gabeln plötzlich hervor, ihnen den Kauf dazuzuschlagen. Die aus dem Lager hatten zu wenig Geld mit sich genommen und mochten diesen Markt nicht halten, liefen derhalben weidlich um den Barchent. Oh, wie ging es dem einen so übel! Der blieb mit seinen Kriegerhosen, wie er über einen Zaun springen wollt, behängen, einer aus dem Gegenteil säumt sich nicht lang, sticht diesen hinten vor, daß die SchnittNähte an den Hosen brachen, er herab fiel und also entlief.

Von solchem Stoß empfand er Schmerzen, vernahm doch nit, daß er wund war, besah derhalben seine Hosen, wird des Panzers, der den Stich aufgehalten hat, gewahr; und sobald er ins Lager wiederkommen, ging er zum Schneider, tat sein Hut ab, dankt ihm und sprach: »O lieber Meister, Euch soll ich billig Lob nachsagen: Ihr seid der rechte Mann und wisset, wo mein Herz liegt.«

(111)

Einer errettet sich selbst vom Tod

Einer ward auch in der Belagerung von Schweinfurt, um daß er etwas wider den Articul verbrochen, dem Profossen zu verwahren befohlen. Nun hatt er wohl Sorg, daß das Wasser über die Körb gehen und seiner Gans den Kragen kosten würde; darum gedachte er es aufs Geratewohl zu wagen. In einer Nacht, als er wahrgenommen, daß der Profoß, seine Diener und sonst jedermann, weil sie trunken waren, schliefen, zog er die Hand, damit er eingeschlossen war, aus den Eisenbanden (denn er hatt es vorhin probieret und bis zu gelegener Zeit gesparet), erwischet ein Glas, darein er in der Eil sein Wasser ließ, ging danach stillschweigend zu des Profossen Pferden, nahm das, das er pflog selbst zu reiten, saß da auf und macht sich davon, daß es niemand innen ward. Dieweil er aber überall Bescheid wußte, ritt er zu der Wache, da er am wenigsten mocht erkennet werden, sprach ernsthaft, daß sie ihn reiten ließen, der Profoß war so heftig krank worden, daß man sich seines Lebens verwegesorge, und sei er darum mit seinem Harn in dem Glas nach Coburg, daselbst vom Doktor Rat zu fragen, eilends abgefertigt. Diese Red (denn er wußte sie so nötig auszuspitzen) hielten sie als wahrhaftig und gestatteten ihm durch die Wache, auch dieweil sie des Profossen Pferd kenneten, davon zu reiten. Kein Mensch war dessen mehr denn er selbst erfreuet, ließ den Gaul laufen, was er aus den Bügen vermocht, bis es Tag und ihn fern genug zu sein deuchte. Da stieg er ab, befahl einem Bauren, das Pferd im Lager dem Profossen wieder zu überliefern, auch daneben, daß er ihm's so weit geliehen hätte, freundlichen Dank zu sagen.

Ob dies zu schelten sei, weiß ich nicht und laß es einen, der verständiger ist, beurteilen. Wem das Wasser an den Mund geht, muß schwimmen lernen oder ertrinken.

Zwar ich bin diesmal nicht in diesem Lager, aber bei dem andern Haufen vor Plassenburg gewesen; doch hab ich die erzählte Historie, als die mit der Wahrheit übereinstimme, im Beisein vieler ehrlicher Leut einen gehört rezitieren. Also schreib ich auch davon.

(112)

Ein Landsknecht bittet Sankt Nikolaus

Sehr lang ist es her, daß ich glaub, es sei nimmer wahr, da kam im Herbst und großen Regenwetter ein armer Bruder, der gern auf der Bletzmühlen zu mahlen pflegte, in ein Dorf, übel gekleidet und krank im Säckel. Derhalben er von des großen Gewässers wegen etlich Tag daselbst verharrete, mittlerzeit aber einmal, zwei oder drei vor Langeweil in die Kirchen spazierte und vor einem großen Bild des Sankt Nikolaus betete und sprach: »O heiliger Herr Sankt Nikolaus, bescher mir armem Schlucker, in Betrachtung, daß ich dir all mein Tag gedienet und deinen Tag geehret hab, einhundert Goldgulden; und wo ein Pfennig daran mangelte, so nahm ich's nit.« Solch Gebet und Wort sprach er, sooft er in die Kirchen kam, und wiederholet sie zum vierten oder fünften Mal.

Ein reicher alter Pfaff, der allweg seine Frucht, bis es teuer ward, hielt und verkaufte, nahm dieses Menschen und seines Gebets Achtung und gedacht bei sich selbst: »Ein wunderbarer Hahn muß dieser sein, wollt er hundert Gulden, darum, daß ein Pfennig daran mangelt, nit nehmen; Ich schlug's nit ab, wer mir ein Kreuzer schenkte, wollte ihm dafür auch ein Meßlein überrumpeln. Ich kann ihm seine Wort nit wohl glauben und muß es versuchen.« Des Morgens, als noch niemand in der Kirchen war, nahm er neunundneunzig Goldgulden und legt sie dem Sankt-Nikolaus-Bild in den Kopf, denn es war hohl, und wartet, was doch der ander tun würde.

Es bestund nit lang, der Landsknecht kommt, gehet bei dem Bild her, siehet's über die Seiten an und sagt im Zorn: »O du karger und ohnmächtiger Nikolaus, ich merk, es muß das Geschrei, so von dir ausgebreitet wird, erlogen sein, oder du mußt nichts mehr haben, und sollst also keinen mehr betrügen.« Zog seinen Degen heraus und schlug das Bild, daß es zur Erden und die Gulden ihm aus dem Kopf fielen. »Sieh«, sprach der Landsknecht, »ist dir also zu helfen; Du tust noch wie die Reichen und Kargen all: Bitten will nit helfen. Drum, wer was von dir haben will, muß dich überschnarchen!« Hob also die neunundneunzig Goldgulden auf, steckt sie in seinen Säckel.

Der Pfaff sprang zu und sprach: »Mir nit also! Das Geld ist mein, ich hab es dahin verborgen.«

»Das wird nicht sein«, sagt der Landsknecht, »ich hab für mich allein gebeten, und es ist mir beschert. Willst du was haben, sieh selbst, wie du tust; hier wird dir nichts von werden.«

Der Pfaff wollt nit nachlassen, bringt den Handel vor den Schultheißen, klagt diesen an, wie er ihm das Seine genommen und vorenthielte.

Der Landsknecht aber erzählet dem Schultheißen, dem all des Pfaffen Aufsätzigkeit und Geldgierigkeit zu wissen war, allen Handel. Darum ward ihm von demselbigen das Geld zu behalten zuerkannt; darüber mußt ihm der Pfaff, daß er ihn fälschlich der Dieberei geziehen, ein Widerspruch tun und für die Schmach noch zehn Gulden geben.

(113)

Betrug der Stationierer

Ein Stationierer gab vor, er könnte die Seelen aus dem Fegefeuer mit seinem Heiligtum und Ablaß, den der heiligste Vater, der Papst, dazu gegeben, erretten.

Da trat zu ihm ein Landsknecht und sprach: »Herr, wenn ich gewiß wüßte, daß die Seelen meiner Eltern und Freunde erlöset würden, so hab ich noch zwei Gulden, die wollt ich daran wagen.«

Der Stationierer aber sprach: »Was ist dein Vater für ein Mann gewesen?«

Sprach der Landsknecht: »Er war ein frommer Mann.«

Darauf sagt der Stationierer: »So ist er nit in der Hölle.« Und fragte weiter: »Tut er auch Wunderzeichen;«

»Nein«, sprach der Landsknecht.

Sprach der Pfaff: »So ist er im Fegefeuer.«

Darum gab ihm der Krieger ein Batzen und erlöset damit seinen Vater. Danach fragt er seiner Mutter halben, ob's auch möglich, dieselbige zu erlösen.

Da erforschet der Betrüger wie zuvor vom Vater und vermutet daraus, daß sie auch im Fegefeuer säße. Alsdann gab der Kriegsmann abermals ein Batzen und also fort für die andern seiner Freunde, daß er vierzehn Seelen mit vierzehn Batzen aus dem Fegefeuer erlöset. Darauf sprach er: »Herr, bin ich gewiß, daß sie nun erlöset und selig seind?«

»Ja«, sagt der Pfaff, »ich schwöre dir dessen einen Eid.«

»Wohlan«, sagt der Landsknecht, »Herr, Ihr habt gern Gold. Gebt mir die vierzehn Batzen wieder, so will ich Euch ein Goldgulden dafür geben!« – Da gehorcht ihm der Stationierer und gab sie ihm.

Die nahm der Landsknecht wieder zu sich und sprach: »Die Seelen seind nun im Himmel, kommen nicht wieder heraus. Ich bedarf des Geldes baß denn Ihr, lieber Herr!« Behielt das Gold und die Münze miteinander und ging also davon.

(114)

Einem wird sein Tasch gestohlen

Meßgewand und anderen – nach päpstlicher Ordnung – Kirchenornat hatte einer feil zu Frankfurt in der Messe. Ihrer kamen allenthalben her, die seine War begehrten. Ein Abenteurer, der abgemerkt, wie dieser Krämer viel Geld einnahm, kam in ehrbarer Gestalt, sich für einen Meßner oder Kirchner ausgebend, besah ein Meßgewand nach dem andern, und da er eins fand, das ihm beliebte, legt er dasselbig über seine Kleider an und gab vor, wie es ihn eben mit der Länge recht zu sein deuchte. Doch sagt er: »An einem andern könnte ich's besser sehen und urteilen, ob es auch für unsern Pfarrherrn wäre, der eben von Eurer Größe und Dicke ist. Herr Kaufmann, darum seid doch unbeschwert, es auch an zu versuchen, ob es fein glatt anliege! Eure große Taschen« – denn er hatte sie mit dem Gürtel an den Hals gehängt – »legt doch solang neben Euch auf ein Ort, die würde sonst vorn hoch auftragen und ein Ungewisses machen.«

Der närrische Kaufmann glaubte diesem Betrüger und legt die Tasch, die voller Gulden und Geld war, von sich. Bald erwischt sie dieser und lief mit davon durch das Volk.

Der Kaufmann vergaß das Meßgewand wieder abzulegen, so jach war ihm, diesem nachzueilen, lief und rief mit heller Stimme: »Halt, haltet den Dieb! Haltet den Dieb!«

Der mit der Taschen rief eben auch also: »Haltet den Dieb!«

Derhalben meinet jedermann, der das Meßgewand anhatt, wäre der Dieb, der es zu enttragen willens, fingen und hielten ihn mit Gewalt auf; und ehe sie von ihm gründlichen Verstand seines Rufens eingenommen, war unterdes der mit der Taschen sicher davon kommen.

(115)

Von der Mönche Geizigkeit

Ein andächtiger Bruder und Mönch des Bettlerordens hatte einem sehr reichen Mann, der auf seinem Totenbett und in den letzten Zügen lag, Beicht gehöret. Nach der Beicht aber führet er des Mannes einzigen Sohn vor den Vater (denn in der Beicht waren sie gar allein gewesen) und erzählete ihm in Gegenwärtigkeit des Vaters mancherlei, so er seinen Ordensbrüdern für seine Seel zu bitten verheißen hätte zu geben; und daß er es selber hören sollte, wollte er den Vater, auf daß es möchte aufgezeichnet werden, noch einmal darum fragen, wie er auch tat.

Der Kranke ward immerzu schwächer, und hatte ihm auch die Sprach nachgelassen; darum, als der Mönch fragte, ob er nit so und so viel in sein Kloster für Begängnis, Seelenmess', Jahrzeit, Kelche, Meßgewänder und viel anderes mehr zu geben verordnet, nickt er mit dem Haupt, ja zu bedeuten.

Der Sohn aber vermerket nunmehr seines Vaters Unvernunft oder Verachtung der zeitlichen Güter, auch des Mönchs geizige Betrüglichkeit, sprach derhalben ihn also an: »Vater, soll ich den Mönch die Stiegen hinabwerfen?«

Der gab darauf ein Zeichen mit dem Haupt, daß er es willig wäre. Derhalben nahm der Sohn den Mönch beim Hals, warf ihn zur Tür hinaus, daß er über und über purzelt, und sagt: »Siehe, dies hast du weg, und ist ohn Not, daß du es solltest aufschreiben und notieren.«

(116)

Zween Mönch wollen kein Fleisch, sondern Butter essen

Bei einem Wirt auf einem Dorf kehrten ein zween junge Mönch des Bettlerordens, die Nacht über da zu bleiben. Der Wirt gedacht sie abzuschrecken und sagte: »Lieben Herren, Ihr kommet jetzund in ein kalte Küchen; ich weiß Euch nit nach Würden zu traktieren und hab, dieweil es weit von der Stadt und auf den Dörfern nichts zu bekommen ist, wenig kochen lassen.«

»Lieber Wirt«, antworteten sie, »wir halten doch den Orden unseres Klosters, daß wir kein Fleisch essen. Wir wollen sonst mit dem, was Ihr uns gebt, vorlieb nehmen.«

Der Wirt mußte zufrieden sein, setzet ihnen ein schönen frischen Butterwecken von etlich Pfund auf und langet ihnen zu trinken. Die schalkhaftigen Mönch aber merkten des Wirts Kargheit und daß er sie nicht gern beherbergte, wollten ihm derhalb ein geistlich Stücklein beweisen, nahmen die Butter, und schnitt ein jeder an einem Ort davon. Und da der Wirt sagte, warum sie nit an einem Ort zugleich schnitten, es wäre durchaus gute frische Butter, antworteten sie: »Es hat nit Not, frommer Wirt, solches schmecken wir wohl und wollen in der Mitte zusammen kommen.« – Diesen heiligen Männern hatte die Butter ein glatte Kehlen gemacht, derhalben auch der Wein desto besser fließen mochte und sie das Kännlein weidlich ließen umhergehen.

Als sie nun die ganze Nacht bis an den hellen Morgen die Hundsmetten gesungen, unterstunden sie sich auch nach ihrem alten Gebrauch, mit einem »Gratias« zu bezahlen, weil sie vor dem Wirt anzeigten, daß sie kein Geld bei sich trügen.

»Solchem widersprech ich mitnichten«, antwortet der Wirt, »ich hab die Gewohnheit, wer kein Geld hat, daß ich dem auch keins nehme, er muß mir aber sonsten dafür lassen, was ich bei ihm befinde; dergestalt werde ich mit euren Kappen jetzund handeln.«

Neue Zeitung war dies den Mönchen, die ihnen nit gefiel, und begannen dem Wirt mit Dräuen und üblen Worten darum entgegen zu stehen. Derselbe aber rief zweien seinen Knechten, jedem, mit einem guten TremmelKnüppel zu kommen, und sagt zu ihnen: »Nehm euer einer diesen und der ander jenen Mönch vor und sehet, daß ihr sie also treibet, bis ihr in der Mitte zusammen kommet! Ich will die Tür verwahren.«

Jctzo wollte Lachen teuer werden, denn die Mönch mußten wider ihren Willen springen; und da ihnen das Bad wollte zu heiß werden, warfen sie mehr Geld von sich, denn sie verzehrt hatten und die Butter wert gewesen war, welche sie halb wieder fallen und dahinten ließen, sprangen zum Fenster hinaus und entliefen.

(117)

Von einem, der sich rühmt, edel zu sein

Gen Sangerhausen, einer Stadt im Land zu Thüringen, da der notwendigsten und herrlichsten Bergwerk eins, so man zu menschlicher Notdurft gebrauchen muß, nämlich ein Salzwerk, ist, kam verjährter Zeit ein junger und von Person gerader und schöner Mensch, aber doch mit losen Federn, zerrissen Kleidern und übel angetan, fragt nach einem guten Wirtshaus, darin die vom Adel pflegten zu herbergen. Das ward ihm gezeigt. Er ging hinein, bat den Wirt, daß er ihn die Nacht beherbergte.

Der Wirt sah ihn an, hatt wohl Sorg, daß ihn der Geldsack nicht hart beschweret, und fragt, was sein Hantierung war.

»Lieber Wirt«, sprach dieser, »jetzund sehet Ihr allhier ein armen Gesellen. So Ihr aber, da ich daheim bin, wäret, würd vor Euch ein reicher Edelmann, der von altem und großem Geschlecht ist, stehen.«

Der Wirt gedacht: »Ein Mahlzeit kann dich nit verderben.« Und hieß ihn in die Stuben, darinnen sonsten Bürger aus der Stadt saßen und fröhlich waren, gehen.

Dieweil sie nun diesem Abenteurer nicht viel Ehr bewiesen, ihn nicht willkommen hießen oder den Hut abzogen, ward er nicht wenig bei sich selbst zu heimlichem Zorn bewegt, mußt doch schweigen so lang, bis daß ihm der Kopf heiß worden, und sprach, es wären unverständige, grobe und tölpische Leut in der Stadt, aus den Ursachen, daß sie einen Menschen vor dem andern und sonderlich einen Edelmann, wie er denn auch einer, nit zu halten und mit gebührender Ehrerzeigung zu empfangen wüßten.

Diese Red wurde von den Bürgern etwas verdrießlich aufgenommen, und einer unter ihnen fragt und sprach, ob er denn ein Junker war.

Antwortet der Fremde: »Ja, warum nit? Auch nit von dem geringsten Geschlecht einer.«

»Lieber, verkreuch dich«, sagt der Sangerhäuser (denn man nicht wenig Speikatzen daselbst findet), »mit deinem Adel! Denn ich weiß einen Müller, dessen Esel ist viel edler denn du; so der Korn- oder Mehlsäck traget, wartet allwegen ein Knecht, der ihm nachgehet, auf ihn; du aber kommst daher, hast weder Esel noch Knecht, die dir dienen.«

Was sollt der Junker hierzu sagen? Er gedacht: »Mit Stillschweigen kann man viel verantworten.«

Unterdes redeten die andern von mancherlei Sachen und Kaufmannschaften; voraus der, so diesen, wie vermeld't, so spöttisch verhöret, rühmet von seinen Gütern und Reichtum, wie er des vorigen Tags mehr denn in die neunzig übergewichtige und kronenschwere Goldgulden eingewechselt und dieselbigen bei die anderen, mehr denn vierhundert, in ein schön eisern polieret nürnbergisch Kästlein, das inwendig mit rotem Samt bezogen, gelegt hätt.

Diesem allen höret der Junker fleißig zu, erforschet von weitem von dem Hausknecht, wie dieser und etliche mehr hießen und wo er wohnet.

Als nun jedermann fröhlich war und auf ihn kein Achtung gab, erwischet er heimlich des Rühmers gefüttert Barett, das bei dem Ofen auf seinem Rock lag, fügt sich heimlich zu dessen Haus, klopft an und sagt, er hätt mit der Frauen zu reden, welche sein Begehren anzuhören kam.

Saget er: »O liebe Frau, Euer Hauswirt N., mein Herr, ist in meines Herrn N. Haus, da ich ein Knecht in bin, und hat N. sein Pfannenteil abgekauft, ihm – damit der Kauf nit hinter sich gang – etlich Gulden in Gold alsbald darauf zu geben sich verpflichtet und mich darum zu Euch hierher geschicket und befohlen, daß Ihr ihm vierzig Goldgulden aus dem polierten Kästlein, mit rotem Samt inwendig bezogen, durch mich senden wollet. Daß Ihr auch mir desto mehr Glauben gebt, hab ich zum Wahrzeichen allhie sein Barett.«

Die gut Frau sah und hört, alles dieses war sein, unwissend aber des Betrugs reichet sie ihm die geforderten Gulden.

Nachdem dieser wiederum (niemand war bewußt, wo er gewesen war) ins Wirtshaus kam, bestellet er, ihm ein große Kannen mit Wein zu langen, schenket dieselbig den Herren über den andern Tisch, setzet sich damit zu ihnen und sprach:

»Niemand weiß, was in eines andern Beutel stecket, man soll auch keinen halten, wie man ihn ansiehet. Ich hab, gottlob, noch diese Nacht mein Zech zu bezahlen.« Langet und schmilzt allhand ein Goldgulden oder fünf auf den Tisch.

Sie sahen einander an, sagten, er müßt ihnen die vorherige Vexation verzeihen, und baten, ob sie nicht die Gulden besehen möchten, denn sie gedeuchten sie sehr schön zu sein.

»Von Herzen gern«, sprach er, »ich hab ihrer noch wohl mehr.« Langet derhalben noch bei zehn oder zwölfen aus seinem Wams.

Sie fragten weiter, nachdem sie sich der guten Gulden verwundert hatten, ob er sie nit verwechseln wollte; er sollt etliche Groschen an jedem zu Gewinn haben.

»Nit gern«, sprach er, »doch um Kundschaft zu machen, schlage ich's nit ab, denn ich behalte dennoch ein gut Teil.«

Der ihm vorhin sein Armut verächtlich vorgeworfen, besah mit Fleiß diese Gulden, die gefielen ihm überaus wohl, bat die andern (dieweil er vorhin mehr Gulden solchen Schlags hatte und sie denselbigen ganz gleich), daß er diese allein möcht zu wechseln bekommen; er wollt ihnen allen ein gute Verehrung und für den auch, dessen die Gulden waren, die Zech bezahlen.

Sie waren's willig, und bekam er von dem Fremden dieser Gulden zu großer Danksagung bei die dreißigen. Als aber solches geschehen, taten sie einen guten Schlaftrunk, daß der Bürger ganz wohl bezecht heimging und auch die andern allzusammen sich schlafen legten.

Des Morgens tagt es diesem Edelmann gar früh, "und er packt sich hinweg.

Der Wechsler aber, wie er erwacht, rühmt und zeigt seiner Frauen die schönen Gulden, fragt dabei, wie sie ihr gefielen, und berichtet ihr alle ergangenen Sachen.

Wie heftig die gute Frau erschrak, ist nit zu sagen, denn sie merket bald, wie dies mit Hinterlist zugangen, mußte doch ihrem Mann Not halben, wieviel ihr hiervon bekannt und was sie dazu unwissend geholfen, anzeigen; der mit ihr derwegen übel zufrieden und gar nit zu versöhnen war, doch daß es nit jedermann erfahren würde, in ein sauren Apfel beißen, stillschweigen und den Spott zum Schaden haben mußte.

(118)

Ein reicher Karger schlachtet ein Sau

Mit ganzer Wahrheit wird das Sprichwort gesagt, daß kein fröhlicher Tod denn einer Sau und eines kargen Reichen Tod sei, denn dieweil sie beid noch am Leben, nützen sie niemand, sind dagegen vielmehr beschwerlich. Die Sau frißt, wühlt, reißt und bricht um allenthalben, summa, kann nichts denn stinken und unflätig sein. Sobald sie aber geschlachtet, ist sie sauber und schön und mag man ihrer wiederum genießen; die Nachbarn freuen sich der Wurst und künftigen Gastereien, desgleichen die Kinder hoffen nach der Blasen. Also auch solang der Nimmersatt noch lebt, ist kein Mensch seiner gebessert; der Nutz, so von ihm entsteht, ist noch zur Zeit nichts wert und ist nicht so gut, dürft ich schier sagen, wie ein Sau. Ursach: Dieselbig frißt, was ihr vorkommt und gebracht wird, hinwieder ein Geiziger darf sich von seinem eignen Brot nit recht satt essen, kargt und sparet alles traurig zusammen, daß er hernach desto mehr lachende Erben machen kann. Dann eigentlich sieht man's, da ein solches Hellbrettlein in den Kalk gebracht, wie die Flaschen nach dem Weinkeller klingen, der Rost von den alten Gulden abgerieben und die lang verlegenen Kleider an die Sonn gebracht werden.

Auf solche Art, wie vermeld't, wohnete in einem. Städtlein ein reicher Bürger, der allen Hunden, wenn ihm ein Kuh gestorben war, genug geben und um den Balg einem eine Laus geschindet hätte. Daselbst war ein Gewohnheit (wie auch sonst an vielen Orten), daß ein Nachbar den anderen, wenn er ein Schwein abgetan, zu Gast lud. Solche Kosten hätte der angeredete Bürger, Geizigkeit halber, gern vermieden, und da er selbst nit Wege, dazu dienlich, ausdenken mochte, ratfraget er darum einen seiner Gevattern.

Derselbig sprach in Scherzerei: »Ich wüßt kein bessere Ausred, denn daß Ihr sagt, die Sau sei Euch des Nachts gestohlen.«

Was geschieht? So schimpflichscherzhaft dieser seinen Gevatter, sich zu beschönigen, unterrichtet, also eben und billig traf Untreu ihren eignen Herrn. Denn es kommt einer des Nachts und stiehlt ihm sein Schwein, das wohlgemästet war.

Des Morgens, als er gewahr wird, daß der Saustall ledig ist, läuft er schnell hin zu seinem Gevatter, mit lauter Stimm rufend, sein Schwein sei ihm über Nacht gestohlen.

Der antwortet ihm: »Ja, recht, recht, lieber Gevatter, so sprecht nur sicher zu jedermann, ist eben, wie ich Euch gelehrt hab.« Als aber der Karg oft und bei Gott schwur, daß ihm also, antwortet doch stets sein Gevatter: »Besser könntet Ihr der Gasterei nicht überhoben sein, und tut nach meinem Rat.«

So viel nun dieser sprach, er sollt bei der Meinung bleiben, repetiert jener doch immerdar mit festem Eidbekräftigen sein vorige Klag, daß es wahrhaftig also ergangen und ihm sein Sau diebischerweis entfremdet.

Sprach sein Gevatter wiederum: »Ei, was bedarf es viel Wort? Seid Ihr doch noch auf meiner Meinung, und ich hätt Euch nicht besser, damit Ihr eitel Unkosten ersparet, unterweisen mögen.«

Letztlich merket der Kalterbeiß, daß er nit viel Trost, aber Gespött genug bekommen würde, und ging hinweg. Das heißt den Regen fliehen und ins Wasser fallen. Es ist nur der zähen Haut zu wenig gewesen und sollt ihnen allen so widerfahren.

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Einer macht selbst, daß sein Weib die Ehe bricht

Honig zu lecken suchte auch in einer Stadt ein Bäcker (wie etliche, so dies lesen, wo er gewohnet, merken werden) Gelegenheit, der ihm doch in herberer Bitterkeit denn Galle geriet. Denn nachdem er seine Magd zu mehr Malen um ein Beischlafen ansuchte, stellete sie sich als eine, die mit Bitten überwunden wäre, und sagt, er sollte kommen, wenn es am geheimsten – daß es die Frau nicht erführe – geschehen möchte.

Die Magd aber hatte es der Frau ohne alles Verhehlen zu wissen getan; die legte sich in einer Nacht, als der Mann backen wollte, in der Magd Bette. Derselbe fügte sich heimlich, als er den Teig zugerichtet, in die Kammer, und was er da getan hab, ist gut zu denken. Dergleichen geschah von ihm zum andern und dritten Mal.

Wie nun seine unordentliche Brunst etwas abgekühlt, besorgte er, die Magd würde ihn mit einem Kindskopf werfen, tat derhalben seinem Knecht dieses Handels allergenugsame Anzeigung und überredet ihn, daß er auch (wie dann geschah) sich zur Magd legen und, so sie geschwängert, es auf sich nehmen sollte; dagegen er ihm ein Geldlein zu schenken zusagte.

Wie gegen Tag der Meister sich in sein eigen Schlafbett zu ruhen legte, war sein Frau auch wieder da, die verwies ihn und warf ihm mit Scheltworten vor, daß er so und so oft die Nacht war zu der Magd in ihr Kammer gangen. Und da der Mann solches mit Leugnen von sich ablegen wollte, sprach sie: »Wie kannst du untreuer Ehebrecher das verneinen, bin ich doch selbst anstatt der Magd im Bett gelegen.« Und sagte ihm alle Wahrzeichen.

Da der Meister dies verstanden und für gewiß hatte, daß er den Knecht selber zu ihr hatt heißen gehen, schalt er das Weib übel, schlug sie von sich und wollte ihrer kein Gnad mehr haben, sie beschuldigend, daß nicht er, sondern sie die Ehe gebrochen hätte.

Daraus unter ihrer beider Freundschaft ein grimmiger Haß und Uneinigkeit sich erhob.

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Von einem Bauren, der auf einmal hundert Taler verbuhlete

Ein reicher, hoffärtiger Meier im Land zu Hessen hatte einem Weinschenken auf einem andern Dorf zu seinem Handel einhundert Taler um einen Zins geliehen und ging nach etlicher Zeit zu ihm, seinen Wein zu versuchen. Dieweil aber der Wirt eine ziemlich schöne Frau hatte, kramete der Meier mit ihr, daß sie der Wirt alle beid überm Haufen in der Schlafkammer sich raufend fand, wollte derhalben mit einem Schweinsspieß Fried nehmen. Und da ihm das Weib entwutschte, schmieret er dem Meier seine Lenden und Arm damit, daß er es nit verleugnen konnte, wollte ihn auch anders gebleuet haben, wo er nicht auf seine Knie gefallen und ihn, um Gottes willen, ihm das Leben zu fristen gebeten hätte, mit Verheißung, ihm die hundert Taler aller quitt und los zu geben; daneben die Verschreibung ward aufgehoben.

Bei diesem aber ließ es der Wirt nicht bleiben, sondern schlug das Weib aus dem Haus und jagte sie ihrem Vater, der auch daselbst wohnete, heim. Der brachte es mit andrer guter Freunde Unterhandlung beim Wirt dahin, daß er von ihm, seinem Schwäher, mit hundert Talern gestillt ward und seine Frau, die ihm in anderthalb Tagen zweihundert Taler verdienet hatte, wieder aufnahm.

Diese alle miteinander sein mir wohl bekannt, und geschah es Anno 1558.

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Von einem hölzernen Johannes

So lieb hatt ein Weib ihren Mann, daß sie sich vorsetzte, nach seinem Absterben sich von keinem andern weder freien zu lassen. Ließ darum ein hölzern Bild in der Form, Gestalt und Größe ihres Hauswirts schnitzen und mit Farben anstreichen, welches sie den hölzernen Johannes nennete; das sollte danach, so sie Witwe würde, an Statt eines Mannes bei ihr bleiben.

Es trag sich zu, daß es, wie ihr Vermutung gewesen, zuging und ihr Mann den Geist aufgab.

Nachdem sie aber fast ein halbes Jahr heftiglich getrauert, fing die Kümmernis an, etlichermaßen schmeidiger zu werden, und als sie, von ihren Anverwandten zu einer Wirtschaft geladen, gehen wollte, befahl sie ihrer Magd, ja nicht zu vergessen, daß sie, wenn der hölzerne Johannes warm worden wäre, ihn ins Bett lege und dann, sie heim zu geleiten, zu ihr käme. Denn es war ihr Brauch alle Abend, ehe sie sich schlafen legte, mußt man ihr den hölzernen Johannes, der sonst bei dem Ofen stund, ins Bette tragen.

Die Magd gedacht, es würde jetzo Zeit sein, weil die Frau nach der Gasterei fröhlich sein würde, den Ihren zu raten. Derhalben beruft sie ihren Bruder, der ein schöner und gerader Jüngling war; den unterrichtet sie des Handels, führet ihn in der Frau Bett, verstecket den hölzernen Johannes auf ein andern Ort, ging nachdem zu ihrer Frauen, danach wieder mit ihr zu Haus, und da sie ihr in die Kammer gezündetgeleuchtet, leget sie (die Magd) sich auch zum Ruhen nieder.

Dieser Johannes wärmte die Frau so wohl, daß sie ihn nicht wie den andern, wenn er kalt worden war, vors Bette stellet, sondern behielt ihn bei sich bis an den Morgen.

Nach SchaffungAnordnung der Frau kam alle Morgen, wie auch jetzt, die Magd und fragte, ob sie gen Markt gehen und etwas kaufen sollte.

Sprach die Frau, daß sie zusehe, ob nicht ein gut Essen Fisch zu bekommen wäre.

»Gern will ich's tun«, antwortet die Magd, »wenn aber ich sie schon bringe, haben wir nicht soviel dürres Holz im Haus, daß man sie möchte rechtschaffen dabei sieden.«

»Ach«, sagt die Frau, »so nimm den hölzernen Johannes, der ist dürr genug, den zerhau und koch davon, so lang es währet!«

Dergestalt bracht die Magd ihren Bruder in großen Reichtum, denn dieweil er die Frau so wohl wärmet, behielt sie ihn zu ihrem ehelichen Mann.

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