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Der Jäger Kournle auf dem Einkorn.

Auf dem Einkorn lebte einst ein Jäger namens Konrad. Man nannte ihn weitum in der Gegend nur den Jäger-Kournle. Er führte in seinem Forsthaus eine Schenkwirtschaft, welche fleißig besucht wurde. Ob nun gleich der Kournle ein anständiger, zuvorkommender Mann war, so fürchtete man sich doch vor ihm, denn in seinem Wesen lag etwas Unheimliches. Dies hatte seinen Grund darin, daß er seine Seele dem Teufel verschrieben hatte. Satan sollte dem Jäger dafür die Zusicherung gegeben haben, daß keiner seiner Schüsse das Ziel verfehle. Nun war es einmal an einem Feiertag, daß in dem Jägerhaus auf dem Einkorn eine große Tanzbelustigung abgehalten wurde. Mitten in der Lustbarkeit und dem fröhlichen Treiben wurde Kournle plötzlich hinausgerufen und ihm die Nachricht übermittelt, daß unfern unter einer Eiche ein sehr schöner Edelhirsch dem Verenden nahe sei. Begleitet von einigen seiner Leute eilte er der bezeichneten Stelle zu; aber der Hirsch war nirgends zu finden. Kournle sandte seine Begleiter zurück, um im nahen Gebüsch das Suchen nach dem Tier allein fortzusetzen. Aber nach kurzer Zeit vernahmen die Zurückgehenden ein ohrenzerreißendes Hilfegeschrei, und als sie diesem eilenden Schrittes nachgingen, fanden sie weder Jäger noch Hirsch. Am Boden aber zeugte eine große Lache geronnenen Blutes von einem Kampf, der hier auf Leben und Tod ausgefochten worden war, und alle sagten: Jetzt hat der Teufel den Kournle geholt. Seitdem treibt sich nun der Jäger nächtlicherweile unselig in den Waldungen um den Einkorn und den Burgberg herum, und seine arme Seele findet nicht eher Rast noch Ruh, als bis sich eine Jungfrau seiner erbarmt und ihn auf einem Kreuzweg küßt. Da es aber bis dahin wohl noch lange anstehen dürfte, so wird auch der Jäger-Kournle noch oft die Wanderer zur Nachtzeit foppen und namentlich die Wilderer in die Irre und dem Förster vor den Schuß führen.

(Mündlich aus Großaltdorf. C. Sch.)

 


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