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Wir haben gesehen, wie Therese wieder auf den sichern Pfad zurückgeführt wurde, von dem sie so lange abgeirrt war; sie sollte noch erfahren, wie die Strafe für die Vergangenheit folgte, und sie kam mit einem schweren, unerwarteten Schlag.
Am Nachmittag der stillen Trauung Mariens theilten Anna und Helene, welche mit zweien ihrer Brüder derselben angewohnt hatten, ihrer Mutter Einzelnes von der Hochzeit mit: wie freundlich der bejahrte Pater Lawrence aussah, der sie traute; wie Bernard mühsam die Ceremonie durchmachte und ohnmächtig wurde, als sie vorbei war; wie Marie, bleich aber ruhig, eher Beistand leistete, als dessen bedurfte; und wie sie nachher am Bette ihres Gatten sich niedersetzte, mehr eine ergebene Krankenwärterin, als eine Neuvermählte. Das junge Volk, welches der Tante sehr zugethan war, sprach gern von ihrer Schönheit und Güte; es gab vieles in ihrem Loose, was die Sympathie der Jugend mächtig anzog.
»Was ich am meisten an Tante Marie bewundere,« bemerkte Helene, »ist ihr Schweigen während all der Jahre der Enttäuschung. Welch' ein gläubiges, geduldiges Leben! Ich denke gern darüber nach, denn es scheint mir, als entdeckte ich stets irgend eine neue, stille und daher süße Blume, so oft ich es betrachte.«
»Ja,« sagte Anna, »ihr Leben zeigt uns die Liebe in ihrer höchsten Entfaltung, unbefleckt von Selbstsucht und unfähig des Wechsels. Theure Tante! sie ist jetzt so belohnt, als sie es auf Erden wünscht, obwohl ich fürchte, es werde nicht lange dauern. Glaubst Du, Georg, Onkel Bernard sehe kräftiger aus, als Du ihn zum ersten Mal sahest?«
»Georg hört Dich nicht; er ist schon seit einer halben Stunde in tiefes Sinnen verloren,« erwiederte Alfred. »Du denkst wohl an Deine eigne Hochzeit, Georg,« setzte er derb hinzu.
Auffallend war die Wirkung, welche diese einfache Bemerkung auf Georg, wie auf seine Mutter hervorbrachte, als ob ein unbehagliches Geheimniß zwischen beiden obwalte, das durch einen Athemzug verrathen werden könnte. Er erröthete tief, und sie bemerkte rasch:
»Rede nicht so, Alfred. Es würde mir lange Zeit Leid thun für Georg, wenn er so etwas im Sinne hätte.«
Auf dieß schaute ihr Georg voll in's Antlitz.
»Was wollen Sie mit Ihrer Bemerkung sagen, Mutter?«
»Nichts, Georg, nichts, als daß Du noch so jung bist.«
»An Jahren, ja; doch bin ich alt genug, um zu beurtheilen, was zu meinem eignen Heil und Glück dient. Sie müssen dessen eingedenk sein, Mutter, und mich nicht darüber tadeln, daß ich mein Recht ausgeübt habe.«
Jetzt war die Reihe zu fragen an ihr, und es geschah in stammelnden Lauten; die andern Zuhörer, überrascht, daß eine so gewöhnliche Bemerkung ein solches Gefühl hervorrief, zogen sich aus dem Zimmer zurück.
»Mutter, ich bin verheirathet und zwar schon seit einiger Zeit.«
»Georg! mit wem?«
Stumm erblaßte die Mutter, des Sohnes Antlitz war regungslos. Nach einer Pause nahm er wieder das Wort:
»Ich war ihr schon lange geneigt. Durch ihres Oheims Tod blieb sie schutzlos zurück, und mußte als Erzieherin zu den Kindern des Mr. Bonna gehen. Dieß konnte ich nicht lange aushalten; und da ich ein hübsches Einkommen habe, handelte ich als ein Mann von Ehre, und bot ihr eine Heimath an. Wir ließen uns still trauen, denn sie ist keine Katholikin, und ich wußte, daß Sie in diesem Punkte zu leicht erregt sind. Oft zwar wünschte ich, Mutter, Sie wüßten alles; und als unser kleiner Knabe geboren wurde, eine Woche vor dem Tode unsers armen Vaters, hatte ich die Absicht, Ihnen die Sache zu eröffnen; allein seitdem sind wir alle vielfältig geprüft worden, und – es ging nicht; doch jetzt wissen Sie alles, und ich bin überzeugt, daß Sie als meine liebe gute Mutter unserm Glücke nicht entgegentreten werden.«
Bei diesen Worten küßte er sie auf die blasse Wange.
Jetzt war ihr sein früheres Betragen auf einmal erklärt – seine Zurückhaltung, seine theilweise Entfremdung, der sorglose Besuch seiner eignen Kirche, der halb eingestandene Besuch einer andern. Er war dahingegangen, um sie zu sehen; vielleicht auch, um ihr und Mr. Bonna zu gefallen. Und all dieß für ein Mädchen, das der Familie fast fremd war – all dieß ohne ein Wort für die Mutter, die ihn liebte! Sei nicht zu bös auf den Jungen, Therese: könnte er nicht ein Beispiel aus deinem eignen Leben anführen?
Obwohl verletzt und tief verwundet, hatte Therese die Klugheit zu schweigen. Georg hatte, – wie es gewöhnlich bei denen der Fall ist, die nicht auf dem besten Grunde stehen – in unbewußt gebieterischer Weise gesprochen; dieß sagte ihr, daß er Widerspruch eben so wenig dulden würde, als ein anderer, dessen Gestalt wieder vor ihren Augen erschien, als sie auf den Sohn blickte. Ueberdieß konnten Vorwürfe das Geschehene nicht ändern, wohl aber für die Zukunft unheilvoll sein. Mit großer Anstrengung enthielt sie sich jeder Bemerkung mit Ausnahme eines Punktes, der dringend wichtig schien.
»Das Kind, Georg, ist doch getauft, und in Deinem Glauben?«
»Ei – es ist noch in keine Kirche gebracht worden. Clara kennt zwar meine Wünsche, aber sie zögert noch um ihres Gewissens willen – und – wir ereifern uns deßhalb nicht, das ist die Thatsache. Der Mann, welcher versucht, in solchen Punkten den Neigungen seiner Gattin Gewalt anzuthun, verdient nach meiner Ansicht mit Fußtritten behandelt zu werden. Beruhigen Sie sich also; später wird sich alles finden. Der Knabe ist jung, es ist noch Zeit genug, darüber zu sprechen.«
Hier konnte sich indeß das volle Herz nicht enthalten, es mußte sich äußern.
»O Georg, Georg! bedenke, wenn er ungetauft stürbe! Du hast Unrecht, mein Junge – Unrecht!«
»Sie werden sehen, es wird alles recht, Mutter, wenn Sie sich nur mäßigen. Ich halt es fürs beste, jetzt nicht weiter darüber zu sprechen.«
Mit diesem Pfeil in ihrer Brust verließ er sie. Was konnte kluger Weise die Mutter anders, als seinem Winke folgen und versuchen, dieses neue Familienband durch Verzeihung und freundliches Benehmen festzukitten? Sie äußerte daher nie einen weiteren Tadel gegen Georg, noch gegen die kleine zarte Lady, welche er bald darauf bei der Familie einführte, und die bei der mütterlichen Umarmung Thränen vergoß, welche stumm um Verzeihung zu bitten schienen. Hoffnung linderte das verwundete Herz Theresens, als sie ihre Schwiegertochter begrüßte – die Hoffnung, daß sie durch liebreiche Ausdauer vom unbewußten Irrthum auf die Pfade der Wahrheit geleitet werden könnte. Ein ähnliches Gefühl verlieh besondre Zärtlichkeit dem ersten langen Kuße, den sie auf die kindliche Wange ihres Enkels drückte, als Georg mit ernstem Blick das Kind in ihre Arme legte. Sie machte dem Kind mit diesem ersten Kuße ein Versprechen, welches sie im Laufe der Zeit auch glücklich erfüllte.
Denn Clara, deren sanftes Gemüth aufrichtig die Sympathie ihrer neuen Verwandten zu erwerben suchte, ward bald bewogen, in dem Punkte nachzugeben, der für Therese der wichtigste war, und als ihr zweiter Sohn geboren ward, willigte sie ein, daß die Kinder im Glauben ihres Vaters getauft und erzogen werden sollten. Eben so kam die Zeit, wo sie für dieses gute Gefühl durch die kostbare Gnade der Bekehrung belohnt wurde und demüthig um Aufnahme in die wahre Kirche bat. Von da an war sie nicht bloß selbst eine treue Katholikin, sondern ihr Beispiel erbaute auch ihren gleichgiltigen Gatten und gewann ihn wieder für die frommen Uebungen seiner Jugend. Dieß geschah jedoch nicht eher, als bis sich verschiedne kleine Füße in der Halle der Chase hören ließen – nicht eher, als bis Theresens Haar unter der Wittwenhaube gebleicht war – doch der Tag kam, und sie erlebte die Freude, die er mit sich brachte.
Glücklicher Weise hatte Therese schon vorher andre Gründe zu frommem Dank, und diese wurden ihr von mehr als einem ihrer trefflichen Kinder verschafft. Es ward ihr eine Erfahrung zu Theil, welche die Seele einer Mutter mit einer mehr himmlischen als menschlichen Bewegung erfüllt: sie hatte gesehen, wie ihr Sohn Paul am Altar das heilige Opfer darbrachte, und dann mit klopfendem Herzen und mit Thränen im Auge gehöret, wie er jene Worte der Beredsamkeit hervorströmen ließ, welche von seinen in eifriger Liebe erglühenden Lippen floßen, und die bereits manchen Sünder bekehrt hatten – die ersten Früchte einer überreichen Ernte. Auch Anna war einem religiösen Rufe gefolgt, und nachdem sie mit Erfolg ihr Noviziat bestanden, geht sie jetzt den Weg jener guten Mägde, welche, in Armuth und Krankheit, ihrem Meister in seinem Ebenbilde dienen. Nicht ohne Kampf hatte Therese diese geliebte Tochter für ein so mühsames Leben geopfert und ihre Einwilligung würde noch schwerer erlangt worden sein, wären nicht die glühenden Briefe ihres Sohnes Paul gewesen, dessen Ermahnungen sie zuletzt zu dem Opfer beredeten. Dieser Bruder und Anna hatten stets einen vertrauten Briefwechsel geführt, und sie unterstützten sich gegenseitig auf dem schwierigen Wege, zu dem beide berufen waren.
»Du schreibst mir, Schwester,« hatte er erwiedert, als sie ihm ihren frommen Wunsch zum ersten Mal ausdrücklich anvertraute, »daß die Neigung zu einem religiösen Leben schon lange in Dir mächtig gewesen sei. Du überraschest mich nicht durch diese Worte, denn ich habe stets erwartet, daß Du eine Nonne werden würdest. Weißt Du, wann ich diesen Eindruck das erste Mal empfing? Es war am Sterbebette des jungen Mark Rogers. Ich hatte Dich, wie Du Dich vielleicht noch erinnerst, einige Augenblicke allein bei ihm gelassen; als ich zurückkam, hieltest Du seinen leblosen Kopf und betetest. Ich schaute auf Dich, meine Schwester, und ein auffallend lebendiger Gedanke blitzte in mir auf – Anna ist an ihrem Platze – sie hat ihr erstes Werk als barmherzige Schwester vollzogen. Jetzt liegt Dein Brief vor meinen Augen, welcher sagt, daß Du deutlich Deinen Ruf vernimmst; und ich bete, daß Du unbedingt dem gehorchen mögest, welcher seine Diener beruft, wann und wozu es Ihm gefällt.«
Es ist bemerkenswerth, daß die Begegnung beider nach Jahren der Trennung an einem andern Sterbelager stattfand. Pater Paul, der erst den Tag zuvor auf seiner ersten Mission angekommen war, wurde eilig zu einer Sterbenden gerufen; eine Nonne, in Gebet versunken, stand neben dem Krankenbett, in der gebeugten Gestalt erkannte er jedoch seine Schwester nicht eher, als bis die Dienste der Nächstenliebe nicht länger nöthig waren. Hierauf erfolgte gegenseitige Wiedererkennung, die unter diesen Umständen eine rührende Bedeutung hatte. Seit dieser Zeit begegneten sie sich oft, stets mit demselben Werk der Liebe beschäftigt.
In dasselbe Kloster der barmherzigen Schwestern trat bald eine andre Person, deren in diesen Blättern Erwähnung geschah – nicht Helene, deren liebliche Reize von einem jungen Sprößling aus einem bekannten und von jedem Katholiken geachteten Hause gebührend gewürdigt worden waren, sondern ein Mädchen, für welches sie ein tiefes und stetes Interesse fühlte.
Eines Morgens besuchte Pater Lawrence die hübsche Stadtwohnung, welche Therese jetzt ihr eigen nannte, und indem er sein Vorrecht als alter Freund gebrauchte, drang er bis zum Ankleidezimmer, wo Helene eben mit zartem, sinnigem Lächeln einige Artikel musterte, die zur Vorbereitung auf ein nahes glückliches Ereigniß angekommen waren – eine Beschäftigung, die sie bei seinem Eintritt mit einem Blick des Willkomms aufgab. Indem sie dem guten alten Priester einen bequemen Stuhl anwies, und zu seinen Füßen sich niederließ, drückte sie die Hoffnung aus, daß nichts Schmerzliches den ernsten Ausdruck hervorgerufen habe, welchen seine Züge zufällig zeigten.
Auf diese Frage lächelte der ehrwürdige Gentleman seinem Liebling zu und erleichterte ihre Sorge durch die Versicherung, daß nichts vorgefallen sei, außer was für sie alle von freudiger Wichtigkeit sein müsse; hierauf erklärte er sich näher.
»Vor ungefähr sechs Monaten, Helene, am Feste der Bekehrung des heiligen Paulus hatten wir eben den Abendgottesdienst in der Kirche beendet – Ihr Bruder Paul hatte gepredigt – erinnern Sie Sich an jenen Abend? Sie waren alle in der Kirche.«
»Ja, ich erinnere mich. Der Gegenstand seiner Predigt war die Macht des Glaubens und das Glück, der Kirche anzugehören. Ich betete, jeder anwesende Protestant möge von seinen Worten gerührt werden. Theurer Paul! er schien an jenem Abend wie begeistert.«
»Nun, theures Kind, es gefiel Gott, daß eine Person anwesend war, an der Sie alle Antheil nahmen, und für die Ihre beständigen Gebete erhört worden sind, wie ich glaube. Als der Gottesdienst vorüber war, kam eine junge, tief verschleierte Dame zu uns und bat um eine Unterredung mit dem Geistlichen, der die Predigt gehalten habe. Ihr Bruder willfahrte ihr und wurde von ihren Worten höchlich interessirt. Sie erklärte, daß sie, obwohl in entgegengesetzten, und wie es schien, sehr engherzigen Grundsätzen erzogen, seit geraumer Zeit schon sehnsüchtig verlange, unsere Lehre kennen zu lernen; sie habe einige Mal heimlich unsern Gottesdienst besucht; und jetzt, nach dieser Abendpredigt empfinde sie die höchste innerliche Aufregung und könne sich nicht eher beruhigen, bis ihre Fragen beantwortet, und ihre Zweifel berichtigt wären. Diese arme junge Dame befand sich in einer prüfungsreichen Lage, ohne ein katholisches Buch, ohne einen katholischen Bekannten, da ihre Freunde und besonders ihre Mutter die unduldsamsten Gesinnungen hegten.«
»O! Sir, es ist – es ist Miß Overstein?« unterbrach ihn Helene, indem ihre Wangen vor Freude sich karmoisinroth färbten.
Pater Lawrence lächelte gefällig.
»Sie kleiner Schelm, ich wollte dieses Geheimniß bis zum Ende bewahren; doch Sie sind zu rasch für mich. Ihr Bruder konnte sich ihrer Unterweisung nicht unterziehen, da er für einige Wochen auf Mission ging – so brachte er sie mir. Ich that mein Bestes und bin von dem Ernst und Edelmuth dieser theuren Seele erbaut worden. Sie ist jetzt aufrichtige Katholikin.«
»Dank sei Gott – theure Cäsarina! Aber ihre Mutter, Sir?«
»Ihre Mutter, Helene, ist ihr ein scharfer Dorn in der Seite gewesen und ist es noch. Miß Overstein hielt klüglich alles geheim, bis ihr Suchen mit Ueberzeugung geendet hatte. Dann öffnete sie ihr Herz ihrer Mutter und bat sie, vernünftig und gütig zu sein. Jene arme Frau ist indeß auffallend von Vorurtheilen eingenommen und – nun sie wollte weder auf eine Erörterung noch auf eine Bitte hören, sondern befahl ihrer Tochter, entweder die Uebungen ihres neuen Glaubens aufzugeben, oder ihr Haus nie wieder zu betreten. Auf meinen Rath suchte Miß Overstein eine zeitweilige Heimath als Kostgängerin in dem Kloster, wohin Ihre Schwester Anna sich zurückgezogen hat.«
»Theures muthiges Kind! Harte, grausame Mutter!« rief Therese, welche eingetreten war und mit tiefer Aufmerksamkeit zuhorchte.
»Sie wollte dort bleiben, bis die Liebe ihrer Mutter wieder erwachen und ihr erlauben würde, daheim frei ihrem Gewissen zu folgen; der allmächtige Gott scheint andre Absichten zu haben, denn während ihres Aufenthaltes im Kloster fühlte sie sich mächtig zum klösterlichen Leben hingezogen, und schließlich wurde sie auf ihr ernstes Bitten dort zum Noviziat zugelassen. Gestern legte sie die Novizentracht an, und sie hofft, daß Sie, Helene, sie besuchen werden, denn sie sagt, Sie hätten zuerst in ihr das Gefühl vernachlässigter Pflichten und vergeudeter Tage erweckt, Sie hätten sie zuerst zu dem Gedanken gebracht, es sei möglich, daß die Katholiken gute oder vernünftige Wesen sein können – die kleine, standhafte Papistin!«
So auffallend hatte Gott, der Licht aus der Finsterniß zieht, die unduldsamen, wenn auch wohlmeinenden Versuche jener vereitelt, welche Seine Getreuen verfolgten, und durch eben ihre Hände hatte er eine kostbare und auserwählte Seele aus den Krallen unbewußten Irrthums gerettet.
Das bekehrte Leben der Miß Overstein war ebenso kurz als inbrünstig. Gegen das Ende ihres Noviziates wurde sie von einem Fieber überfallen, das sie sich im Dienste ihrer Pflichten zuzog, und sie erlag der Heftigkeit desselben. Sie genas, um auf ihr dringendes Bitten den klösterlichen Schleier zu empfangen, und dann eilte sie sogleich als selige Braut zu ihrem himmlischen Bräutigam. Therese und ihre Kinder wandelten oft mit Thränen in das Kloster, nachdem sie dort in dem bedeckten Gang die einfache Aufforderung gelesen hatten, welche den Gläubigen zurief:
Bete für die Ruhe
der
Schwester Maria Paula
Welche im 28
ten Jahre ihres Alters
Und am Tage der Ablegung ihres Ordensgelübdes
Aus diesem Leben schied.
R. I. P.
»Will Tante Marie auch eine Nonne werden,« lautete eine Frage, welche oft ängstlich von kleinen Neffen und Nichten gestellt wurde, als ihre Pflicht erfüllt, als der Gegenstand ihrer ausharrenden Liebe in dankbarem Frieden ihrem sterblichem Auge entrückt war, als sie wieder einsam im Leben da stand. Nein, Marie ist eines jener Wesen, deren süßes Beispiel wir von Nöthen haben, sie wird nicht aus der Welt gerufen. Ruhig ist ihr schönes Leben stets gewesen, und so wird es bleiben; wie wahrhaft nützlich es war, das mögen die jungen Neffen und Nichten bezeugen!
Wir fanden die Schwestern nach langer Trennung wieder vereint, so wollen wir sie verlassen – die rauhe Reise durch das Leben ist fast vorüber, die See ist glatt, beide erwarten ruhig die Einfahrt in den Hafen. Therese besonders, deren Loos so hart war, sie mag dankbar die Nachruhe genießen und sich erinnern, daß nur zarte Fürbitte und Gottes Güte sie aus den Gefahren retteten, welche so oft das Heil ihrer Seele bedrohten. Mögen ihre Prüfungen andre davon abschrecken, den nämlichen verbotenen und unsicheren Weg zu wandeln!