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XXXV. Lyra Buntschuhmacher, Theolog aus dem Predigerorden grüßt den Wilhelm Hackinet, den größten Theologen unter den Theologen.

Ihr habt mir aus England, von London aus, einen langen, schön lateinisch stilisierten Brief geschrieben, worin Ihr mich ersuchet, Euch etwas Neues, sei es gut oder schlimm, mitzuteilen, weil Ihr von Natur geneigt wäret, Neuigkeiten zu hören, wie dies bei allen der Fall ist, weiche ein warmblütiges Naturell haben, gerne musikalische Vorträge hören und bei Tische heiteren Sinnes sind. Ich war hoch erfreut, als ich Euern Brief erhielt, wie einer, der eine kostbare Perle gefunden hat, und habe ihn meinen Herren, Johannes Crocinus und Linacer, gezeigt mit den Worten: »Sehet meine Herren, sehet, ist nicht dieser unser Magister ein Muster im lateinischen Stil, im Verfertigen von Aufsätzen und in der Kunst, Briefe zu schreiben~« Und sie schwuren, daß sie keine so kunstreich lateinische Briefe verfassen könnten, obgleich sie Poeten sind, griechische und lateinische, und erhoben Euch über alle, die in England, Frankreich, Deutschland und allen Nationen unter dem Himmel leben. Darum wäre es auch nicht zum verwundern, daß Ihr General Eures Ordens seid und daß der König von Frankreich Euch liebt; denn Ihr habt keinen der Euch gleichkommt im Lateinschreiben, im Disputieren und im Predigen; auch versteht Ihr es, auf den König, wie auf die Königin im Beichtstuhle bestens einzuwirken. Auch lobten Euch jene beiden Poeten wegen Eurer Kunstfertigkeit in der Rhetorik. jedoch war auch ein junger Geselle da, der als Richard Corcus immatrikuliert war; dieser trat voll Anmaßung gegen Euch auf, Ihr schriebet nicht kunstgerecht nach den Regeln der Rhetorik, allein er kam ganz außer Fassung, als er es beweisen sollte. Er befindet sich jetzt in Leipzig und studiert die Logik des Petrus Hispauns. Ich glaube, er wird sich später mehr in acht nehmen. Allein ich komme nun zu den Neuigkeiten. Die Schweizer und Landsknechte haben heftige Wirren zwischen einander erregt, indem sie sich zu vielen Tausenden wechselseitig niedermachten: es ist zu fürchten, daß keiner von ihnen in den Himmel komme, da sie es des Geldes wegen tun; und es darf ja kein Christ den andern töten. Doch, Euch kümmern derlei Dinge nicht, denn es ist ja nur geineines Volk, das absichtlich Streit aufsucht. Schlimmer ist eine andere Neuigkeit; Gott gebe, daß sie nicht wahr ist. Man schreibt aus Rom, der Spiegel von Johannes Reuchlin sei auf Befehl des Papstes, unseres Herrn, aus der Muttersprache in's Lateinische übersetzt worden und laute an mehr als zweihundert Stellen im Lateinischen anders, als ihn unsere Magister und Herr Johannes Pfefferkorn in Köln übersetzt haben; auch sagt man für gewiß, daß er zu Rom öffentlich gelesen und mit dem Talmud der Juden gedruckt werde. Daraus ziehen sie nun den Schluß, unsere Magister seien Fälscher und ehrlose Leute, weil sie schlecht übersetzt hätten; auch seien sie Esel, die weder lateinisch, noch deutsch verständen; und wie sie jenes Buch bei dein heiligen Andreas zu Köln verbrannt haben, so müßten sie auch ihren Ausspruch und das Gutachten von Paris verbrennen, oder selbst Ketzer sein. Ich könnte Blut weinen, so sehr schmerzt mich das: wer wollte ferner noch Theologie studieren und unsern Magistern die schuldige Ehrerbietung erweisen, wenn er solches hört? jedermann wird glauben, Dr. Reuchlin sei gründlicher gelehrt, als unsere Magister, was doch unmöglich ist. Nebst dem schreibt man auch, daß nach drei Monaten der Endentscheid gegen unsere Magister kommen solle, sowie, daß der Papst unter Strafe der allerstrengesten Zensur befehlen werde, daß die Brüder des Predigerordens wegen ihrer Frechheit eine weiße Brille oder »Gucker« hinten auf ihrem schwarzen Mantel zum ewigen Gedächtnis und Gespött tragen sollen, weil sie den Augenspiegel des Herrn Johannes Reuchlin mit Unrecht angegriffen hätten; wie man auch bereits sagt, sie müßten eine Verspottung bei der Meßfeier erdulden wegen der Vergiftung eines Kaisers. Ich will nicht hoffen, daß der Papst so töricht sein werde, das zu tun – tut er es aber, so wollen wir durch unsern ganzen Orden gegen ihn den Psalm lesen: »Gott, mein Ruhm «. Übrigens denken unsere Väter und Magister jetzt darauf, wie sie diesem Unglück entgegentreten können. Sie wollen vom apostolischen Stuhle die ausgedehntesten Indulgenzen erlangen und recht viel Geld in Deutschland und Frankreich sammeln, womit sie jenem Gönner der Juden Widerpart halten können, bis er stirbt, da er schon hochbejahrt ist; dann wollen sie ihn ganz und gar verdammen. Lebet wohl, gebt mir Euern Rat, wie Ihr es vermöget, und fördert das Beste des Ordens.


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