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IX. Magister Conrad von Zwickau entbeut seinen Gruß dem Magister Ortuin Gratius.

Da im Prediger Kap. 11 zu lesen steht: »Freude Dich, Jüngling, in Deiner Tugend«, darum bin ich jetzt so frohen Sinnes und tue Euch zu wissen, daß es mir in der Liebe gut von statten geht und ich viele Befriedigung habe, nach dem Spruche Ezechiels: »Nun treibt er die Hurerei fort und fort.« Und warum sollte ich nicht hie und da meine Nieren ausputzen? Bin ich doch kein Engel, sondern ein Mensch, und jeder Mensch irret. Auch Ihr, obgleich Ihr ein Gottesgelehrter seid, leget Euch hie und da etwas unter, weil Ihr nicht immer allein schlafen könnet, nach dem bekannten Spruche des Predigers Kap. 3: »Wenn zwei zusammen schlafen, erwärmen sie sich gegenseitig; wie kann ein Einzelner warm werden?« Schreibet mir auch zuweilen, was Eure Geliebte macht. Neulich sagte mir einer, Ihr hättet, als er zu Köln war, Streit mit Ihr gehabt und sie geschlagen, weil sie vielleicht Eurem Kopfe nicht gefolgt war. Ich muß mich wundern, wie Ihr ein so schönes Weib schlagen konntet; ich müßte weinen, wenn ich solches sähe! Ihr müßt vielmehr sagen, »sie solle das nicht mehr tun«, dann würde sie sich von selbst bessern und in der Nacht freundlich gegen Euch sein. Sagtet Ihr uns doch, als Ihr uns Vorlesungen über den Ovid hieltet, man dürfe unter keinen Umständen die Weiber schlagen, und führtet hierfür sogar die heilige Schrift an. Ich bin zufrieden, wenn meine Freundin heiter ist und nicht mit mir keift, wann ich zu ihr komme; dann mache ich es ebenso: wir sind lustig und trinken Bier und Wein, »denn der Wein erfreut des Menschen Herz, Traurigkeit aber vertrocknet die Gebeine.« Hie und da bin ich auch böse über sie, dann gibt sie mir einen Kuß, es wird Friede, und darauf sagt sie: »Herr Magister, seid nur frohen Sinnes!« Kürzlich wollte ich zu ihr gehen, da sah ich einen jungen Kaufmann herausgehen, der die Hosen offen hatte und auf der Stirne schwitzte; schon glaubte ich, er hätte sie hergenommen, und wollte in Zorn geraten. Sie aber schwur, der Kaufmann habe sie nicht berührt, sondern nur Leinwand an sie verkaufen wollen Da sagte ich: »Das ist gut; allein, wann gebt Ihr auch mir ein Hemd?« Da bat sie mich um zwei Gulden, um jene Leinwand bezahlen zu können, dann wolle sie mir auch ein Hemd geben. Ich hatte aber damals kein Geld, ging daher einen guten Freund darum an, von dem ich es auch erhielt, und gab es ihr. Ich lobe es, wenn jemand heiter ist; und auch die Ärzte sagen, es sei gesund, wenn man heiter sei. Einer unserer hiesigen Magister ist immer griesgrämig und nie heiter, darum ist er auch stets krank. Er tadelt mich fortwährend und sagt: ich solle die Weiber nicht lieben, denn sie seien Teufel und richten die Männer zu Grunde, sie seien unrein und es gebe gar kein reines Weib, und wenn einer mit einem Weibe zusammen sei, so sei das so gut, als wäre er mit dem Teufel zusammen, weil sie einem keine Ruhe lassen. Hierauf erwiderte ich: »Um Verzeihung, Herr Magister, Eure Mutter war ja auch ein Weib«, und ging fort. Auch predigte er neulich, die Priester dürften unter keinen Umständen Konkubinen haben, und sagte: die Bischöfe begingen eine Todsünde, wenn sie den Milchzehnten nähmen und gestatteten, daß die Priester mit Mägden zusammen lebten; sie sollten dieselben ganz und gar fortjagen. Allein, dem sei wie ihm wolle, wir müssen doch hie und da vergnügt sein, und können auch wohl bei Weibspersonen schlafen, wann es niemand sieht; nachher beichten wir ja doch; Gott ist barmherzig und wir können auf Vergebung hoffen. – Ich sende Euch beiliegend einige Schriften zur Verteidigung des alten und gediegenen Grammatikers Alexander Gallus, obgleich die modernen Poeten ihn nichts gelten lassen wollen; allein sie wissen nicht, was sie reden, denn Alexander ist der Beste, wie Ihr mir einst während unseres Aufenthaltes zu Deventer gesagt habt. Ein hiesiger Magister gab sie mir wo er sie aber her hat, weiß ich nicht. Ich hätte gerne, daß Ihr sie drucken ließet, damit würdet Ihr jene Poeten recht in Zorn jagen, da der Verfasser ihnen empfindlich zu Leibe geht. Das Ganze ist jedoch so poetisch abgefaßt, daß ich es nicht verstehe, denn der Verfasser ist ebenfalls ein guter Poet; dabei ist er aber auch Theolog, und hält es nicht mit den weltlichen Poeten, einem Reuchlin, Busch u. a. Als man mir jene Schriftstücke gab, sagte ich sogleich, ich wolle sie Euch zum Lesen schicken. Wenn Ihr etwas neues habt, so schickt es mir auch. Lebet wohl in ungeheuchelter Liebe!

Aus Leipzig.


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