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X. Johannes Arnoldi grüßt vielmal den Magister Ortuin Gratius.

Sintemal und alldieweil Ihr immer etwas neues zu haben wünschet, nach dem Ausspruche des Aristoteles: »Alle Menschen sind von Natur wißbegierig: derowegen sende ich, Johannes Arnoldi, Euer Schüler und untertäniger Diener, Ew. Herrlichkeit oder Ehrwürden hier ein Büchlein, das ein Lotterbube verfaßt und den Herrn Johannes Pfefferkorn in Köln, einen ohne allen Zweifel untadelhaften Mann, an den Pranger gestellt hat. Ich wurde höchst unwillig darüber, konnte aber nicht verhindern, daß er es drucken ließ, da jener Geselle hier viele Gönner hat, auch Adelige, und sie ziehen, bewaffnet mit langen Schwertern, wie aufgeblasene Kröten durch die Straßen. Doch sagte ich, es sei nicht recht; denn Ihr müßt es Euch merken, daß jene weltlichen Poeten mit ihren Dichtereien noch viele Wirren anstiften werden, wenn unsere Magister nicht wohl achtgeben, und sie nicht durch Magister Jacob von Hoogstraten vor die römische Kurie zitieren. Und ich fürchte, es wird eine große Verwirrung im katholischen Glauben entstehen. Daher bitte ich Euch, Ihr wollet ein Buch gegen jenen Schmäher verfassen und ihm empfindlich zu Leibe gehen. Dann wird er in Zukunft nicht mehr so frech sein, unsere Magister seinen Stachel fühlen zu lassen, da er ein bloßer Geselle ist, und weder promoviert, noch die Prüfung in der Rechtswissenschaft oder den freien Künsten erstanden hat, obgleich er sich in Bologna aufhielt, wo sich auch viele weltliche Poeten befinden, die keinen Eifer haben und im Glauben nicht erleuchtet sind. Noch nicht lange her, als er bei Tische saß, äußerte er: »Unsere Magister in Köln und Paris tun dem Dr. Reuchlin unrecht«, ich aber hielt ihm Widerpart. Da quälte er mich mit vielen schlechten ärgerlichen Reden, worüber ich so in Zorn geriet, daß ich vom Tisch aufstand, in Gegenwart aller gegen diese Beleidigungen protestierte und keinen Bissen mehr essen konnte. Nun sollt Ihr mir in obengenannter Sache Rat erteilen, weil Ihr ja zum Teil auch Rechtsgelehrter seid. Ich habe einige Strophen zusammengemacht, die ich Euch zusende, Choriambisch, Sechsfüßig Sapphisch, Jambisch, Asclepiadisch, Einsilbig, Elegisch, Zweigliederig, Zweistrophig:

Wer gut katholisch ist, der halte fest an dem,
Was zu Paris gelehrt wird, weil der Bildungsort
Die Mutter aller Universitäten ist.
Zunächst dann kommt das heil'ge Köln: es steht so hoch
Im Christenglauben, daß ihm keiner widerspricht,
Der nicht die wohlverdiente Strafe leiden will,
Wie Doktor Reuchlin, der den »Augenspiegel« schrieb,
Dem unser Meister von Tongern bewiesen hat,
Daß er ein Ketzer sei, Jacob Hoogstraten auch,
Der sein Geschreib dem Feuer übergeben hat.

Wenn ich einen Beleg hätte, so wollte ich eine Schrift gegen jenen Windbeutel verfassen und dartun, daß er tatsächlich exkommuni-ziert ist. Ich habe nicht mehr Zeit zum Schreiben, weil ich in die Vorlesung gehen muß, wo ein Magister sehr scharfsinnige Betrachtungen über die alte Kunst vorträgt, die ich, um mich vollends auszubilden, höre. Lebet wohl, Ihr, den ich über alle meine Genossen und Freunde stelle, welche ich hier und überall und an allen ehrenhaften Orten habe.


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