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Wie kläglich sah ich ihr, indem die stolzen Flügel Mit donnerndem Geräusch sich schlossen, hinten nach! Die ganze Macht der sieben Hügel, Von denen Rom dem Erdkreis Urtheil sprach, War gegen den, der hier befahl, zu schwach. Doch scheut sich Amor selbst vor Salomonis Siegel? Die Pforte mag bewacht, gesperrt, gesiegelt seyn, Im Nothfall bringt er euch durchs Schlüsselloch hinein. |
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Zwey Stunden flog ich hin und wieder Um den Palast, bis ich den Aufenthalt Von meiner Schönen fand. Drauf ließ ich in Gestalt Des schönsten Papagays mich vor ihr Fenster nieder, Aufs goldne Gitter hin. Sie sah mich nicht so bald, So schlug ich schon mit klatschendem Gefieder Das Fensterglas, pickt' in den Rahm hinein, Und wollte mit Gewalt hinein gelassen seyn. |
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Sie that's, beschaute mich erstaunt, und ihre Freude Schien fast der meinen gleich. Wie wenig träumte sie Was unter meinem Federnkleide Verborgen war! Doch zog bereits die Sympathie Ihr unbewußtes Herz. Welch eine Augenweide War mir erlaubt! Ich saß auf ihrem Knie, Begaffte jeden Reitz mit liebestrunknen Blicken, Und durfte mich sogar an ihren Busen drücken. |
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Die Lust, die sie an meinem Schmeicheln fand, Verführte mich zuletzt mit unbescheidnen Picken Das niemahls ruhige Gewand Von ihrem weißen Hals allmählich wegzurücken. Sie sah mit halbverwirrten Blicken Mir lächelnd zu, bis ihre sanfte Hand Mit kleinen tändelhaften Schlägen Mir zu verstehen gab ich werde zu verwegen. |
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Dieß war genug, den Papagay, Der mich zu frey gemacht, mir aus dem Sinn zu bringen. Ich legte mich mit Blicken voller Reu Zu ihren Füßen hin, und mit gesenkten Schwingen, Und ließ nicht ab mich fest um ihren Fuß zu schlingen, Bis mir ihr Mund bewies, daß ich begnadigt sey. Sie gab mir einen Kuß, und schien bey diesen Spielen Was neues, das ihr selbst ein Räthsel war, zu fühlen. |
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So glücklich wirkte bald der zärtliche Betrug! Sie liebte nichts wie mich; ich aß aus ihren Händen Und schlief auf ihrem Schooß; sie konnte nicht genug Liebkosungen an mich verschwenden. War je ein Papagay so freundlich und so klug? Die Sprache fehlte nur das Wunder zu vollenden: Sie gab sich viele Müh, doch blieb ihr Papchen stumm; Es sprach mit Blicken nur, und wußte wohl warum. |
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Verstehen was sie sprach, und doch nicht reden können, Das schien der Schönen wunderlich. Komm, rief sie oft, sprich nur: Ich liebe dich! Das wird dir doch die Zunge nicht verbrennen! Versuch's, mir zu Gefallen, sprich Nur meinen Nahmen aus, du hörst so oft ihn nennen! Umsonst, ich blieb bey allem Zuspruch stumm, Und ihre Kammerfrau entschied nun, ich sey dumm. |
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So schlüpften, ohne daß der bärtige Verliebte Sich sehen ließ, drey Tage schnell vorbey. Allein, am vierten schien's, daß ihre Fantasey Ich weiß nicht welche Wolke trübte. Nichts gab ihr Freude mehr was sie noch kürzlich liebte, Nicht ihr Klavier, auch nicht ihr Papagay: Umsonst bestrebt' ich mich, ihr Übel wegzuscherzen; Es war als lieg' ihr was sehr wichtigs auf dem Herzen. |
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Den nächsten Morgen schien ihr Unmuth sich vielmehr Noch zu verdoppeln als zu legen. Bald ging sie, von Gedanken schwer Und in sich selbst gekehrt, im Zimmer hin und her; Bald saß sie, ohne sich zu regen, Auf ihrem Sofa da; nichts hatte das Vermögen, Sie aus der andern Welt, wo sie verirret schien, In ihren Leib zurück zu ziehn. |
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Von Kummer fast entseelt saß ich zwar neben ihr; Allein sie sah mich nicht, und wollte mich nicht sehen. Indem wir nun so saßen, ging die Thür Mit beiden Flügeln auf, und plötzlich sahen wir Den alten Weißbart vor ihr stehen. Kaum ließ er mir noch Zeit ihm aus dem Weg zu gehen; Doch Er sah Lila nur. Er warf sich auf die Knie, Und sprach von seiner Gluth viel feuriger als nie. |
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Du liebest mich? – (hört' ich sie endlich sagen) Schon lange sagst du mir's, doch sag' es noch einmahl! Du liebst mich also? – Wie? kann Lila das noch fragen? (Erwiedert er) Wohlan! es steht in deiner Wahl, Mir zum Beweis was schwerers aufzutragen Als ihrem Ritter je die Grausamste befahl. Dir meine Liebe zu beweisen, Zieh' ich, wenn du befiehlst, die Stern' aus ihren Kreisen. |
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Willst du, es soll des Meeres Strand Mit Perlen sich, anstatt des Sandes, decken? Soll sich der Ocean ins feste Land verstecken? Soll jeder Fels dein Bild von Diamant Kolossisch in die Wolken strecken? Soll von Katay zum heißen Mohrenland Die Welt dir zinsbar seyn, und die auf Thronen prangen Ihr Diadem aus deiner Hand empfangen? |
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Befiehl's, es soll geschehn! – Nein, (fiel sie lächelnd ein) Vor meinem Ehrgeitz mag der Mogul sicher leben: Mein Wunsch fliegt nicht so hoch; und durch ihr Herz allein, Nicht durch den Thron der Welt, kann Lila glücklich seyn. Kurz, was ich will ist nicht so schwer zu geben Als nur den kleinsten Berg aus seinem Sitz zu heben. Gieb mir den Jüngling nur, der schon die zweyte Nacht An meiner Seite zugebracht. |
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»Den Jüngling? Wie? Sprichst du im Fieber? Und wen, ich bitte dich? Den Jüngling sagst du?« – Ja, Ihn, den ich schon zwey Nächte bey mir sah, Und wachend immer seh', und der bereits mir lieber Als alles ist. Wofern's im Traum geschah, O dau'rte dieser Traum mein ganzes Leben über! Liebst du mich, Astramond? Ich will die Probe sehn; Laß diesen Augenblick den Jüngling vor mir stehn. |
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Ihn lieb' ich, ihn allein, und werd' ihn ewig lieben, Und sein, sonst niemands, will ich seyn. Er schwor mir, unser Bund sey im Gestirn geschrieben; Wir lieben uns, mein Herz ist sein, und seines mein. – Hier schien sich Astramond so heftig zu betrüben, Als dräng' in jedem Wort ein Dolch in ihn hinein. Der Schmerz schien ihm die Sinne selbst zu schwächen, Und ließ die Kraft ihm nicht, sie nur zu unterbrechen. |
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Urtheilet, Herr, was ich, indem sie sprach, empfand! Doch, da sie nun begann den Jüngling abzumahlen, Und ich (verschönert zwar) mich selbst geschildert fand, So wie die Liebe mahlt, mit Farben nicht, mit Strahlen, Doch kennbar, daß ein Mißverstand Kaum möglich war – o denkt, von welchen Qualen Zu welchem Übermaß von Wonn' ich überging, Indeß daß Astramond nun an zu klagen fing: |
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Du liebest, rief er, Undankbare? Du liebst? – und wen? – ein eitles Traumgesicht! Und wäre was du liebst mehr als ein Hirngedicht, Glaubst du, daß ich den Lohn so vieler Jahre, So vieler Zärtlichkeit, für einen Fremden spare? Nein, Lila, täusche dich mit solchem Unsinn nicht. Eh' mische sich der Himmel mit der Erde, Eh' ich selbst deinem Gott dich überlassen werde. |
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Wie? soll ein Herz, das mir, beym zärtlichsten Bemühn Es zu erwärmen, kalt geblieben, Für ein Fantom beym ersten Anblick glühn? Lehrt' ich dich darum nur die süße Kunst zu lieben, Sie, da du sie gefaßt, mit andern auszuüben, Und mir, was ich verdient, was mein ist, zu entziehn? Von wem sind alle deine Gaben? Wer kann ein nähers Recht dich zu besitzen haben? |
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Wer war es, Ungetreue, sprich, Der dich als Kind an seinen Busen drückte? Sprich, wer erzog, besorgte, pflegte dich? Wer war's, der deinen Geist entwickelte und schmückte? Mißkenn' ihn wenn du kannst! – Und alles das hätt' ich Gethan, damit ein andrer pflückte, Was ich für mich gepflanzt? Nein, Lila, hoff' es nicht! Mein bist du, sey es nun aus Neigung oder Pflicht. |
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Weh dem, ihn treffe Blitz und tödtendes Verderben, Der dich mir zu entziehn unsinnig sich getraut! Den schrecklichsten der Tode soll er sterben, Zu längrer Qual mit Lebensgeist bethaut; Durch Martern neuer Art, wovor der Menschheit graut, Soll, tropfenweis erpreßt, sein Blut die Erde färben! Doch was entrüst' ich mich? Verdient ein Schattenbild, Ein bloßer Traum, daß mir die Galle schwillt? |
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Vergebens hoffest du dein Traum soll wirklich werden; Wir sind allein: wie vielmahl sag' ich's dir? Wir, und die Vögel, und die Herden, Und was in Teichen schwimmt, und tief im Schooß der Erden Und in der Luft die Geister, die nur mir, Dir niemahls, sichtbar sind. – Entsage der Begier Nach fremden, wesenlosen Dingen, Die, von Betrug gezeugt, in deinem Hirn entspringen. |
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Ein Blick, ein Wort, o Lila, wird zugleich Dein Schicksal und das mein' entscheiden; Sprich nur ein Wort, so sind uns beiden An Wonne nur die Götter gleich: Ergiebt dich mir, beherrsch' als Königin ein Reich Von Liebesgöttern und von Freuden; Du kennest meine Macht; entschließ, o Schönste, dich, Beherrsche mich, so bist du größer noch als ich. |
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Hier hielt er ein, durch das beredte Schweigen Entflammter Sehnsucht sie zum frohen Ja zu neigen. Du sprichst, versetzte sie, sehr gut, ich muß gestehn; Allein, was hälf' es dir, sprächst du auch noch so schön? Mich kann mein Herz nur überzeugen. Ach, Astramond! Ich hab', ich habe den gesehn, Ihn, den, so bald er nur die Augen auf mich wandte, Mein überzeugtes Herz für seinen Herrn erkannte. |