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Inzwischen lag der schöne Amadis,
Noch hingestreckt ins Gras, in tiefer Ohnmacht verlohren;
Doch nein! ihn hatte, mit Hülfe der unbezauberten Mohren,
Bereits sein Secretair, der treue Ferafis,
Auf seinem Schild in eine der nächsten Hütten getragen,
So krank, als hätte ihm (die Sache heroisch zu sagen)
Der Hurensohn Roland die Glieder mit einem Eichbaum zerschlagen.Diese heroische Wendung gab Don Quischotte seinem ersten kläglichen Abentheuer mit dem Maulesel-Treiber von Toledo, wie zu lesen ist im 7. Capitel des ersten Theils seiner Helden- und Wunder-Geschichte. Sollte übrigens die Delicatesse der Leser durch das Beywort, welches dem Roland gegeben wird, beleidiget worden seyn, so dient zu einiger Entschuldigung des Dichters, daß die Anspielung auf einen Don Quischottischen Ausdruck es so mit sich brachte; nichts davon zu gedenken, daß, wenn dem Stallmeister des Spiegelritters (dessen unterhaltende Gespräche mit Sancho Pansa im 13ten Cap. des III. Theils vorgedachter Geschichte beschrieben sind) zu glauben wäre, das Beywort Fils de putain vielmehr eine Art von Lob als einen beschimpfenden Vorwurf in sich hielte. Wenigstens hat es in Beziehung auf den großen Roland das Verdienst der Wahrheit; denn Roland wurde für einen natürlichen Sohn Carls des Großen gehalten.
Das Uebel wurde noch durch eine Wunde erhitzt,
Die ihm ein wenig mehr als nöthig zur Ader gelassen.
Ihm hatte die Lanze des knochichten Boreassen,
Wiewohl er sich noch in Zeiten mit seinem Schilde beschützt,
Die rechte Brust ein wenig aufgeritzt.
Bedeutend war es nicht. Doch alles zusammen erweckte
Im ersten Momente, da er zu Boden fiel,
Und Blut die geschmelzten Schuppen des goldnen Panzers befleckte,
Bey Leoparden die Furcht vor einem Trauerspiel.
Ihr Herz, wir könnens nicht bergen, nahm Antheil an der Sache;
Und lieber hätte der feurigste Drache
Den wilden Boreas, noch eh der Fall geschah,
Durch sieben Himmel entführt, als daß sie Amadisen
Verwundet und athemlos im Sande liegen sah.
Indessen da sie bisher sich immer so spröde bewiesen,
Daß alle Welt von der Meynung, ihr Busen sey von Stein,
Tief eingenommen war, so durfte sie freylich, zum Schein,
Und ihrem Charakter zu Ehren, nicht sehr betroffen seyn.
Doch sagen die Nymphen, die ihr am nächsten waren,
Ihr sey in der ersten Bewegung ein zärtlich Ach! entfahren.
Die Hütte, wohin man indessen den schönen Amadis gemuit sub pondere cymba zu bemerken. Eine offenbare Probe, werden sie sagen, daß unser Autor die Alten sehr wohl gekannt hat, und so ungelehrt nicht war, als einige aus der Regellosigkeit seines Werkes, und den häufigen Anstößen wider die Geographie und Historie, die darinn vorkommen, haben schließen wollen. M. S.
Getragen, wurde von einer guten Alten
Bewohnt, die jungen, wohlgestalten
Und artigen Leuten noch itzt nicht ungern merken ließ,
Wieviel sie zu ihrer Zeit auf hübsche Männer gehalten.
Die gute Frau stand in der ganzen Refier,
Kraft eines Manuscripts voll Salben und Kräutertränken,
In großem Ruf. Kein Uebel läßt sich erdenken,
Wofür sie kein Mittel wußte. Sie hatte ein Elixier,
Wovon drey Tropfen, im Blute von einem schwarzen Hahne
Genommen, Todte selbst aus Charons leckem KahneDie künftigen Commentatoren dieses Gedichtes werden nicht unterlassen, hier die Anspielung auf den Virgilischen Vers,
Sutilis, & multam accepit
Rimosa paludem,
Zurück ins Leben riefen, so fern der Todte nur,
Nicht mit dem rechten Fuß zuerst hineingestiegen.
Ein Kranker mochte woran er wollte liegen,
So hatte sie eine Wundercur
Im nehmlichen Fall, vor so und so viel Jahren,
An einem gewissen gethan, bey welchem zwar die Natur,
Und Milz und Leber noch im gutem Stande waren;
Denn, sprach sie, fault die Milz, und dorrt die Leber ein,
Dann mag der liebe Gott dem Kranken gnädig seyn!
Der Zufall konnte nicht besser für unsern Helden sorgen.
Die Alte that Wunder, und brachte den guten Paladin
Mit ihren Ueberschlägen, Latwergen, Kräuterbrühn,
Und Salben, soweit, daß er am nächsten Morgen,
Bereits beym zweyten Verband,
Sich um die Hälfte zum wenigsten – schlimmer befand.
Sein Wasser (vielleicht von ihren Latwergen gefärbet)
Gefiel der Urgande nur halb; Sie zog ein langes Gesicht,
Und wiegte den grauen Kopf; doch, sprach sie, sorgen Sie nicht!
Wenn uns die Milz den Handel nicht verderbet,
So hab' ich ein Pflaster von einer Base geerbet,
Das seinesgleichen sucht; es heilt die fliegende Gicht,
Den Stein, die Ruhr, und alle Arten von Brüche,
Es kühlt den Brand, es hilft im Seitenstiche,
Und kurz, so giebts kein Pflaster in der Welt.
Wieviel dieß herrliche Pflaster zur Heilung beygetragen,
Entscheide der Arzt!Ein vortreffliches, jedermann bekanntes Buch, dem wir nicht umhin konnten, hier im Vorbeygehen unser Compliment zu machen. Genug, nach sieben Tagen
Befand der junge Held,
Dank seiner guten Natur, sich wieder hergestellt.
Wir können nicht bergen, ein Mädchen, von der Alten
Die Tochter, oder doch wie ihre Tochter gehalten,
Trug auch das ihrige bey; ein Mädchen, wie Amadis,
Seitdem er seinen Thurm die Welt zu sehen verließ,
Noch nie gesehn, und hier in Schäferhütten
Zu finden mächtig erstaunte. Ein Mädchen, schön von Sitten,
Voll Geist und Witz, von Zwang und Ziererey,
Ansprüchen, Coketterie, und zwanzig Fehlern frey,
Mit deren einem und andern die Damen unsrer Herzen
Gewöhnlich behaftet sind; gefällig, zärtlich, gut,
Und ohne Falsch, freymüthig, von fröhlichem Muth,
Und mit der Gabe begabt, so angenehm zu scherzen,
So schön zu erzählen, und mit so guter Art
Die feinsten Gedanken anzubringen,
Daß, wer sie hörte, von ihr bezaubert ward,
Und fieng sie vollends an, zu ihrer Laute zu singen,
Denn war es, (wenigstens für einen Amadis)
Unmöglich, unversehrt sein Herz davon zu bringen.
Bey so viel Verdiensten, Talenten, und Tugend gebrach
Nur Eins dem guten Kind; und dieses Eine sagte
Nicht etwan bloß der Neid ihr nach;
Es war, was Amadis selbst fast alle Minuten beklagte:
Man konnt', um nur nicht gar ein Stachelschwein
Und Pavian zu seyn, unmöglich häßlicher seyn!
Der arme Ritter! So oft sie was witziges sagte,
(Und dieß begegnete ihr
Nicht selten) so oft ihr Herz in einem schönen Gedanken
Sich mahlte, (und dieß begegnete ihr
Noch öfter) so traten dem guten Prinzen schier
Die Thränen ins Aug'; Er hatte Müh, in den Schranken
Des Wohlstands zu bleiben, nicht laut – was gäb ich dafür –
Zu rufen, Olinde, was gäb ich dafür,
Du wärest – nicht schön, nur bloß den Augen nicht unerträglich!
Wohl hundertmal seufzt' er dieß in einem Tag', und sah
Olinden, (so hieß das Mädchen) so zärtlich, so beweglich,
Ins Auge, und kam sie ihm von ungefehr so nah,
So drückt' er ihr die Hand, die ihm von allen Händen
Die schönste schien, (auch war sie würklich fein)
So sehnlich, daß davon ein Stein
Sich hätte beleben mögen. – Olindens Bild zu vollenden,
Bemerken wir noch; Sie hatte, bey aller Mißgestalt
Von ihrem Gesicht, es doch in ihrer Gewalt,
Die Augen der Leute auf schöne Sachen zu wenden.
Ihr Arm, ihr Wuchs, kurz, ihre ganze Figur,
(Hätt' ihr Gewand sonst nichts verbergen müssen
Als ihren Kopf – doch dieß darf Amadis nicht wissen! –)
War einer Göttin werth, war etwas, woran die Natur
Die höchste Schönheit erschöpft; und eine Probe nur,
Die kleinste Oefnung in ihrem Halstuch hätte
Den armen Amadis zum glücklichsten Menschen gemacht.
Er hätte durch eine natürliche Kette
Von Schlüssen das übrige selbst sehr gern hinzugedacht.
Allein die behutsame Art, womit sie von den Füßen
Bis an den Hals, bey Tage wie bey Nacht,
Vermummt war, ließ nicht viel zu ihrem Vortheil schließen.
Wo würde ein Mädchen mit einem solchen Gesicht,
(So dachte man) hätte sie was, die Augen schadlos zu halten,
Risquieren wollen, als Jungfer zu veralten?
Olinde war zu klug, um diese Gedanken nicht
In allen Augen zu lesen; doch that sie nicht dergleichen;
Entschlossen, von einem Gesetz, woran das ganze Glück
Von ihrem Leben hieng, kein Haarbreit abzuweichen.