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Inzwischen rüstete sich, nach einem guten Schlaf,
Der besten aller Panaceen,
Herr Amadis, frisch und gesund vom Lager aufzustehen.
Er hatte bereits den Unfall, der Parasolen betraf,
Auch daß die ausgesandten Mohren
Bey ihrem Suchen Müh und Schlaf und Fackeln verlohren,
Von seinem Diener vernommen. Nach allem, was er bisher
Von Bambos Töchtern gesehn, und was sein Secretair
Im Vorgezelt von ihnen aufgefangen,
War ihm so ziemlich die Lust, sich ihnen zu wiedmen, vergangen.
Indessen erfoderte doch des Ritterordens Pflicht,
(Die ihm so heilig war als Don Quixotten) sie nicht
Allein und unbeschützt dem Zufall Preis zu geben.
Kein Ritter, von Arthus an bis auf den Ritter sans peur
Et sans reproche,Der berühmte Ritter Bayard, einer der großen Französischen Helden unter den Regierungen Carl VIII. Ludewig XII. und Franz I. erwarb sich durch seine kriegerischen und sittlichen Tugenden den ruhmvollen Beynahmen le bon chevalier sans peur & sans reproche. Franz der Erste gab ihm bald nach seiner Gelangung zum Throne einen öffentlichen Beweis seiner Hochachtung, indem er sich mit allen bey den alten irrenden Rittern gebräuchlichen Ceremonien von ihm zum Ritter schlagen ließ. befliß sich, den Damen so sehr
Zu angenehmen Diensten zu leben.
Er säumte demnach, sobald der Mittag kam,
Sich nicht, in der Antischambre nach ihren Befehlen zu fragen.
Und eine der Sclavinnen brachte die Antwort von Madam,
Ihr würde an ihrer Toilette sein Anblick sehr behagen.
Die Complimente, die beyde einander gemacht,
Sie ihm zu seiner Genesung, er ihr zu den blühenden Wangen
Und zu den Augen voll Glanz, womit sie ihn empfangen,
Und alle die feinen Sachen, wozu die Morgentracht
Der Damen Anlaß giebt, dem Leser vorzureimen,
Das hieße sich ohne Noth bey Kleinigkeiten säumen.
Das Fräulein, ohne daß es schien,
Gab sich die äusserste Müh, den Vogel ins Garn zu ziehn.
Und er, so übel bisher ihm seine Versuche gelungen,
Fand endlich in ihren Blicken sich wider Willen verschlungen.
Er hatte die böse Gewohnheit, die manchem jungen Herrn
Schon theuer zu stehen kam, so gern
Nach offnen Palatinen zu schielen.
Und Bambo's Töchterchen wußte dabey
Ihr kleines Spiel so fein und behende zu spielen,
(Man schwüre, daß es Instinct bey diesen Hexen sey)
Daß unser Ritter die List, die ihn geärgert hätte,
Für Zufall hielt. – Wenn übrigens Colifischette,
(So unbesonnen wie man sie uns geschildert hat)
In diesem Stück ein wenig aus ihrem Character trat,
So scheint die dringende Noth dies Phänomen zu erklären.
Man konnte nach ihren Begriffen die Zahl
Der Sclaven nie zu viel vermehren.
Erst gestern hatte sie zween. Da war doch eine Wahl.
Nun leider! brauchte sie nur noch einen zu verliehren,
So hatte sie keinen! Itzt galts behutsam seyn!
Sie war dahin gebracht, gieng Amadis nicht ein,
Sich mit sich selbst zu amüsieren.
Wie flatterhaft sie sonst auch immer war,
Wer zitterte nicht vor einer solchen Gefahr?
Den einzigen, den sie noch hatte, so vielfach zu umspinnen,
Daß ihm nicht möglich sey, ihr wieder zu entrinnen,
War itzt das große Ziel, wozu vom Palatin
Bis zum Pantoffel herab ihr alles helfen mußte.
Gut war's hiebey für sie, doch desto schlimmer für ihn,
Daß sie soviel von seiner Geschichte wußte.
Itzt war ihrs leicht, sein nichts besorgendes Herz
Durch stille Grazien und Blicke voll Seele zu fangen,
Durch schöne Unschuld, gefallenden Scherz,
Und unbewußten Reiz und sanfterröthende Wangen.
Wie sehr sie Meisterin war in dieser schönen Kunst,
Bewies der Erfolg. Denn mitten unterm Schielen
Fieng auch sein Herz unmerklich an zu fühlen,
Und stufenweise so viel, bis endlich, im magischen Dunst
Der süssen Gefühle, das Auge phantasieret,
Schah Bambo's Tochter unmerklich verschwand,
Und er sein Ideal an ihrer Stelle fand.
Da hatte sie ihn erwartet! In diesem begeisterten Stand
War Amadis der Löwe, den Amors kleine Hand,
Wohin er will, an Rosenketten führet.Eine Anspielung auf eine bekannte Vorstellung des Amors auf alten Gemmen; z. ex. auf No. 786. der Lippertischen Dactyliothek, deren Erklärung auf der 276. S. zu lesen ist.
Und also genösse Madam, so lang es wenigstens währt,
Der Freude, alle die zärtlichen Sachen,
Die sechs und dreissig vor ihr der Reihe nach gehört,
Zum sieben und dreissigsten mal so lebhaft sich sagen zu hören,
Als ob sie in seinem Herzen erst itzt entstanden wären.
Ein eitles Vergnügen! Und doch, (wie uns die Kenner lehren)
Ist nichts gewöhnlicher als dieser Selbstbetrug.
Wer unter euch, ihr Weisen, ist so klug,
Dem nicht sein Lob die unermüdlichen Ohren
Mehr als Musik ergötzt, und käm's von einem Thoren?Und käms von einem Thoren. – Es ist nicht zu sagen, wie groß die Freude des Don Lorenzo war, sich von Don Quixotte so loben zu hören, ungeachtet er ihn für einen Narren hielt. Don Quixotte Tom. III. L. VI. C. 18. p. m. 252.
Indessen war nun alles bereit und angeschickt,
Die Schwestern zu suchen, von denen die gute Dindonette
(So gern der Paladin das Mährchen von Landririrette
Und alle Mährchen der Welt ihr auch erlassen hätte)
Noch immer dann und wann in seinem Kopfe spückt,
Seit er (nach seiner Sprache) ihr gutes Herz erblickt,
Doch freylich nur durch ihre Colerette.
Herr Amadis erhielt, wie jeder Leser schon
Vermuthet hat, die Ehre, die Dame zu begleiten.
Schön, wie ein Mittelding von Mavors und Adon,
Ritt er dem stolzen Camel, worauf sie saß, zur Seiten.
Gespräche kürzten den Weg. Das Fräulein Colifischon,
Die gerne schwatzte, begann die fünf geliebten Schwestern
Mit allem Witz von der Welt sehr liebreich zu verlästern.
Sie kennen, sagte sie zum Ritter, nur eine davon,
Ein ehrliches Ding, dem seinen Hals zu mißgönnen
Wohl Sünde wäre. Sie sollen nun auch die übrigen kennen!
Das schwesterliche Lob, mein Herr, muß ihnen nicht
Des Pinsels Treue verdächtig machen.
Ich weiß des Portraitmahlers Pflicht,
Und werde mein Herz mit aller Sorgfalt bewachen.
Ich liebe die Mädchen, das muß ich gestehn;
Allein dies macht sie nicht zu Engeln.
Ich mahle sie wie sie sind mit ihren kleinen Mängeln.
Die älteste zum Exempel? – Sie haben doch Prüden gesehn?
Gut! Aber eine Prüde wie Leoparde, noch Eine,
Durchsuchen Sie Himmel und Erde, mein Herr, sie finden keine!
Herr CalprenedeHerr La Calprenede war unter den elenden Scribenten, welche Boileau unsterblich gemacht hat, keiner der geringsten. Er hat Tragödien geschrieben, welche zu lachen machten, und Romane, welche besser einschläfern als Opium; ob es gleich unbillig wäre, seiner Cassandra, und Cleopatra, seinem Pharamond, u.s.w. das Lehrreiche und Erbauliche, welches sie für eine gewisse Gattung Leser haben können, abzusprechen; ein Verdienst, welches sie mit unserm Herkules und Herkuliskus, und andern großen Heldengeschichten dieser Art aus dem vorigen Jahrhundert theilen, und welches auch ihren ganzen Werth ausmacht. Und ist das etwan so wenig! Sehr wenig, wenn es alles ist, was man von einem Buche sagen kann, zumahl von einem Buche, worinn das Nützliche mit dem Angenehmen vereinigt seyn soll. Man dispensiert gewisse Gattungen von Schriftstellern mit Recht von dieser Vereinigung; aber die Poeten und Romanschreiber sind nicht unter den dispensierten. selbst hat nichts so grausams erdacht.
Wohl achtzig bis hundert gehorsame Diener
Hat ihre Tyranney vom Leben zum Tode gebracht.
Manch Seladonchen wurde durch ihrer Augen Macht
Aus einem andern Narciss, in zweymal Tag und Nacht,
So leicht wie ein Seufzer, und hohler von Augen und grüner
Als eine Dirne, der Hymen das Warten zu lange gemacht.
Es war erbärmlich zu sehn! Doch Leopardens Strenge
Hat nie was Mitleid ist gekannt.
Im Ernste, sie triebs zu weit. Auch hielt es in die Länge,
Nur einer aus, Don Bleumourant
Von Trebisond; ein Mensch, der, wie der Fisch zum Schwimmen,
Zum Schmachten geschaffen scheint, und ewig hoffnungslos
Sich unter den Füssen von seiner Juno zu krümmen.
Ich bin gewiß, er hat Leoparden sich bloß
Deswegen erwählt! Denn Seufzer und Thränen laben
Sein krankes Herz; er muß stets was zu wimmern haben,
Für ihn allein hat Amor keine Lust.
Der Mann ist seines Werths sich bewußt;
Und jemals ihm begreiflich zu machen,
Daß man ihm gut sey, ist keine der möglichen Sachen.
Und würden sogar an einer Venus Brust
Zehntausend winkende Amorn ihm lachen,
So dächt' er, sie spotteten seiner, und lief, als jagten sie ihn,
Zu seiner Unempfindlichen hin,
Um, wie er spricht, aus ihren göttlichen Augen
Herzstärkende Pein, und süßes Sterben zu saugen.
Genug von der albernen Seele! – und seiner Peinigerin,
Die, ohne die Majestät und die hohen Begriffe von Ehre,
Wodurch sie Bleumourant der Götterkönigin
Vergleicht, und, wenn Sie wollen, mit einem kürzern Kinn
Und einer gefälligern Miene, ein gutes Mädchen wäre.
Doch, hassenswürdig zu seyn, ist nun ihr Eigensinn!