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Der Triton war – was alle Tritonen zu Land Corrò la fresca e mattutina rosa,
Und Wasser immer gewesen, ein wahrer Sacripant,Ein wahrer Sacripant.
Sacripante, König von Circassien, ist einer von den Helden im Orlando Furioso und von den Liebhabern der schönen Angelica. Der Character, den ihm Ariost giebt, rechtfertigt die Vergleichung unsers Dichters. Hier scheint er besonders auf die 57. und 58. Stanze im 1. Gesang zu deuten, wo Sacripante in einem kleinen Selbstgespräch den Entschluß faßt, sich die Gelegenheit zu nutz zu machen, die ihm seine spröde Gebieterin, allein, und in einem Walde, in die Hände spielte. »Wenn Orlando ein solcher Narr war, und die günstige Stunde ungenützt entschlüpfen ließ, (sagt er bey sich selbst) so mag er's an ihm selbst haben! Ich werde sein Nachahmer nicht seyn – Ich will sie pflücken, die frische Morgenrose« – Doch, wir wollen den Ariost lieber selbst reden lassen:
Che tardando stagion perder potria,
Sò ben, ch'a Donna non si può far cosa,
Che più soave e più piacevol sia;
Ancor che se ne mostri disdegnosa,
E talor mesta e flebil se ne stia,
Non starò per ripulsa o finto sdegno
Ch'io non adombri e incarni il mio disegno.
Rauch wie die schäumende Welle. Verfeinte Gesinnungen waren
Arabisch für ihn. Der Damen Zärtlichkeit
Zu schonen, ihren Wangen die Ungelegenheit,
Erröthen zu müssen, behutsam zu ersparen;
Die Kunst sie unvermerkt dahin
Wo man sie haben will zu führen,
Nachgiebig, ohne sein Ziel zu verliehren,
Wenn Scrupel oder Eigensinn
Den nahen Sieg euch disputieren;
Kurz, alle die Künste, wofür ihr loser Meister, Ovid,
Mit seinen Corinnen vermuthlich im feurigen Phlegeton glüht,
Hat nie kein Triton noch Faun zu lernen noch zu üben
Gewürdigt. Was brauchen sie das? Sie lehrt der Appetit
Gleich zärtlich ihr Mädchen, ihr Glas, und ihren Rostbeef lieben.
Bey einem solchen Thiere gieng
Die feine Denkungsart von Schattuliösen verlohren.
Komm, sprach er, indem er vertraulich sie unterm Gürtel umfieng,
Komm, Närrchen, winsle mir nicht länger um die Ohren!
Wir müssen Freunde seyn; du bist mir schön genug,
Dich in mein Lager aufzunehmen.
Nur keine Mienen, mein Püppchen! Ich dächte, du wärest so klug,
Dich ohne Schwierigkeit zu einem Mann zu bequemen.
Komm, keine Ziererey! Ich bin kein Seladon,
Und desto besser für dich! Was hättest du davon?
Er sagte noch viel dergleichen, was wir Bedenken tragen
Vor schönen Damen nachzusagen,
Noch minder sagten wir gern, was er zugleich gethan.
Nur Schad' um die Delicatesse der armen Schatulliöse!
Ihr Zustand war für eine Preciöse
Der härtste den man denken kann.
Ein Mann, – schon schrecklich genug! doch, Götter! welch ein Mann!
Welch eine Figur! Der Herkules Farnese
War gegen ihn (nun machet selbst den Schluß)
Ein Veneris Columbulus.Ein Veneris columbulus, d. i. ein Täuberchen der Venus, oder was wir einen süssen Herrn, einen kleinen Seladon nennen würden, der zu seines Mädchens Füssen sein kurzes Sperlingsleben wegtändelt, wie ein Dichter irgendwo sagt.
Wir kennen FatmenDie Aehnlichkeit dieser Classe von Damen, mit der verachtenswürdigen Fatme, welche Crebillon im 2. und 3. Capitel des I. Theils vom Sopha schildert, ist ohne Zweifel der Grund, warum ihnen hier dieser Nahme beygelegt wird. zwar, die, sonst unendlich zart,
Kaum eines Zephyrs Berührung ertragen,
So reizbar sind, den neuen AbälardSo reizbar sind, den neuen Abälard der Schlüpfrigkeit erröthend anzuklagen.
Dies ist eine Thatsache. Welch eine Delicatesse, welche überzarte moralische Empfindlichkeit muß nicht ein Frauenzimmer haben, um die Memoires de Versorand, die Poupée, die Petite maison, und zwanzig andre Dinge von dieser Stärke ohne Anstoß lesen, und hingegen den 55. Brief im ersten Theil der Neuen Heloise von einer unerträglichen Schlüpfrigkeit finden zu können? Welcher Poet dürft' es wagen, einen solchen Charakter zu dichten?
Der Schlüpfrigkeit erröthend anzuklagen,
Und an Figuren dieser Art
Die ihrigen doch mit vieler Entschlossenheit wagen.
Ob Bambo's Tochter von dieser Classe war,
Das muß sie euch durch ihre Handlungen sagen.
Genug, sie ergab sich dem Schicksal, und ließ vielleicht wohl gar
(So groß ist die Macht der Gewohnheit) zuletzt sichs wohl behagen.
Und in der That, es war nicht halb so schwer,
Als wie sie Anfangs besorgte. Der Triton, so lieb er sie hatte,
War wenig zum Tändeln, hingegen desto mehr
Zum Schlafen geneigt. Kein minder beschwerlicher Gatte
Muß in der Welt nicht seyn als er.
Ihr war erlaubt, in einem vergoldeten Nachen,
So oft sie wollte, (mit einer AjaAja, Hofmeisterin. zwar,
Die eine alte Nixe, doch mit candierten Sachen
Mit Pfefferkuchen und Sekt sehr fromm zu machen war)
Bald eine Fahrt auf dem See, und bald ans Land zu machen,
Und während er schlief zu ihrem Vergnügen zu wachen.
Einst, da die Dame an einem Sommertag
Im Schatten eines Baums allein am Ufer lag,
Und ihren Gedanken Gehör gab, indessen in seiner Grotte
Ihr Alter schnarchte: da kam queer über Land
Dem Ufer zu, in kurzem Trotte,
Ein mächtiger Ritter geritten. Sein Weg gieng linker Hand.
Er hätte vielleicht die Dame nicht wahrgenommen,
Allein ein lauter Ton, der ihr – im Schrecken entfuhr,
(Sie war, wie wir wissen, sehr schreckhaft von Natur)
Entdeckte die furchtsam Schöne, und hieß ihn näher kommen.
Ein Frauenzimmer, so schön, so reich mit Perlen geschmückt,
(Denn sie geputzt zu sehn war ihres Alten Grille)
Ist, was man in einer Gegend, wo allgemeine Stille
Und öde Wildheit herrscht, nicht ohne Wunder erblickt.
Er ließ sein Visier herab, die schöne Dame zu grüssen,
Und bot mit vieler Höflichkeit
Ihr seine Dienste an. »Welch eine Seltenheit!
Ich würde, lebten wir noch in der alten Götterzeit,
Sie wenigstens für die Nymphe der Gegend halten müssen.
Denn Nymphen und Faunen allein scheint diese Gegend geweyht.
Was für ein Mißgeschick läßt in so öden Gründen
(Ist anders so zu fragen vergönnt?)
Mich eine Schönheit einsam finden,
Die man beym ersten Blick dafür gemacht erkennt,
Um, wo es Augen giebt und Herzen, den Scepter zu führen?«
So sprach der Ritter. – Die Dame betrachtet ihn schweigend, und fühlt
Die Möglichkeit, ihr Herz an diesen Mann zu verlieren.
Sie braucht nicht viel zu calculiren,
Sich sattsamlich zu überführen,
Wie wenig sie beym Tausche verspielt.
Der Triton (unter uns!) war von den Truggestalten,
Die viel versprechen, um desto minder zu halten.
Don Boreas, (so hieß der Paladin)
Ein feiner Mann mit einer römischen Nase
Und schwarzen feurigen Augen, däucht ihr, je länger sie ihn
Betrachtet, ihrem Gemahl mit seinen Augen von Glase
(Auch alles übrige gleich) noch immer vorzuziehn.
Mit Einem Wort, er schien
Dem Freunde von Cristallinen, dem großen FacardinSeh. die vier Facardine des Grafen Anton Hamilton im 2ten Theile der Bibliotheque de Campagne.
(Von dem er ein Tochtersohn war) soviel aus äußern Zeichen
Sich schließen läßt, an innerm Gehalte zu gleichen.
Dies alles erklärt uns genüglich den sanft einladenden Blick,
Womit die Dame sein Compliment belohnet.
Bald wird sie vertraulich genug, ihr abentheurlich Geschick
Ihm zu entdecken. Der Triton wird wenig dabey geschonet.
»Doch wenigstens muß sie ihm in einem einzigen Stück
Recht wiederfahren lassen. Er hatte bisher noch immer
Sich in den Grenzen der Ehrfurcht, die einem Frauenzimmer
Von ihrer Denkungsart gebührt, zu halten bequemt.
Sie hatte seine Begierden, wiewohl mit Mühe, gezähmt.
Denn würklich war sein äußres Ansehn schlimmer
Als sein Gemüthe. Bey allem dem war ihr
Das Glück, den Ritter kennen zu lernen,
Unendlich willkommen. Denn so ein gutes Thier
Ihr Triton ist, wer ist ihr Bürge dafür,
Er werd' es bleiben? Das Beste war immer, sich bald zu entfernen.«
Herr Boreas schwört bey den beyden Angelsternen
Von seinem Herzen, bey ihren Augen, er sey
Sie gegen alle Tritonen (den Priester Johann und den Dey
Von Tunis mit eingeschlossen) bey Tag und Nacht zu schützen
Bereit, bis auf die Hefen sein ritterlich Blut zu verspritzen.
Doch hofft er, indem er hiemit zu ihren Diensten sich weyht,
Sie werd' ihn auch dafür zu ihrem Ritter erklären,
Und nach erstandner Prüfungszeit
(Je bälder je lieber) ihm auch den Sold der Minne gewähren.
Die Dame läßt, wie ers spricht, erröthend ihr schönes Gesicht
Auf ihren Busen sinken, und wenn sie nichts verspricht,
So bleibt ihm unverwahrt, ihr Schweigen auszulegen.
Drey Küsse auf ihre Hand, von drey kaum fühlbaren Schlägen
Mit ihrem Fächer bestraft, versiegeln den zärtlichen Bund,
Und, wie er aufs Pferd sie hebt, ein vierter auf den Mund.
Schon saß die Perle der Damen, und hielt den nothhaften Ritter
Nach ihrer furchtsamen Art mit beyden Armen umfaßt,
Schon fliegt sein Roß davon, stolz auf die schöne Last;
Da sprengt aus dem Wald ein unwillkommner Dritter
Mit rennenden Zügeln sie an. Doch, wer er war, und warum
Er sich die Entführung der Dame zu Herzen genommen,
Davon ein andermal! Wir sehn nach den Zelten uns um,
Wo wir vielleicht Dinge zu hören bekommen,
Die (ohne Ruhm zu melden) ein Mann,
Dem nicht der Dämon vom CardanDaß Sokrates einen besondern Dämon oder Genius zu haben geglaubt oder vorgegeben, ohne sich jedoch deutlich zu erklären, was es mit demselben für eine Beschaffenheit habe, ist eine bekannte Sache; und die Gelehrten, denen nichts willkommner ist, als eine Gelegenheit, Dissertationen zu schreiben, haben sich große Mühe gegeben, zu untersuchen, von was für einer Classe von Geistern dieser Dämon wohl gewesen sey, weiß oder schwarz, oder aschgrau, gut, oder böse, oder keines von beyden. Uns däucht, sie hätten sich diese Mühe wohl ersparen können, so lange unausgemacht ist, was vermuthlich immer unausgemacht bleiben wird, – daß Sokrates würklich einen Genius oder Spiritus familiaris gehabt habe. Indessen fanden in den spätern Zeiten gewisse Philosophen von der schwärmerischen – oder marktschreyerischen Gattung nichts so schön, als einen Genius zu haben wie Sokrates. Hieronymus Cardanus, ein berühmter Arzt und Alleswisser des sechzehnten Jahrhunderts, war einer von dieser Gattung, wenn es jemals einer war. Unter zwanzig andern außerordentlichen Dingen, deren er sich in seiner von ihrn selbst verfertigten Lebensbeschreibung rühmet, ist auch dieses, daß er, wie Sokrates, einen Genius habe. CARDAN. de vita propria, cap. 47.
Zu Diensten steht, nicht wohl errathen kann.