Alfred de Vigny
Cinq-Mars oder eine Verschwörung gegen Richelieu
Alfred de Vigny

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Zweites Buch.

Vierzehntes Kapitel. Der Aufstand

Welche Schnelligkeit kommt der des Gedankens gleich? Seine Szenen eilten auf Flügeln der Einbildungskraft dahin, ruft der unsterbliche Shakespeare mit dem Chor eines seiner Trauerspiele; stellt euch den König auf dem Ozean vor, begleitet von seiner schönen Flotte, betrachtet ihn, folgt ihm. Mit dieser poetischen Wendung durcheilt er Raum und Zeit und versetzt die aufmerksame Versammlung nach Willkür an die Orte seiner prächtigen Szenen.

Wir wollen uns das gleiche Recht zunutze machen, ohne das gleiche Genie zu besitzen; wir wollen uns nicht öfter als er auf den Dreifuß der Einförmigkeit setzen und, die Augen auf Paris und den alten schwarzen Palast des Louvre werfend, plötzlich den Raum von zweihundert Stunden und einen Zeitraum von zwei Jahren durcheilen.

Zwei Jahre! Welche Veränderungen sie auf der Stirn der Menschen, in ihren Familien und besonders in jener großen, so oft gestörten Familie der Nationen hervorbringen, deren Bündnisse ein einziger Tag brechen, deren Kriege eine einzige Geburt zur Ruhe bringen, deren Frieden ein einziger Todesfall zerstören kann.

Unsere Augen sahen an einem Frühlingstage Könige wieder in ihre Wohnung einziehen; an demselben Tage segelt ein Schiff ab und machte eine zweijährige Rundreise; der Schiffer kehrte zurück; sie saßen auf ihrem Throne. Nichts schien sich während seiner Abwesenheit zugetragen zu haben und doch hatte ihnen Gott hundert Tage ihrer Regierung genommen.

Im Jahre 1642 jedoch, dem Zeitpunkt, zu dem wir übergehen, hatte sich für Frankreich nichts geändert außer seinen Befürchtungen und seinen Hoffnungen. Die Zukunft allein hatte eine andere Gestaltung gewonnen. Doch bevor wir zu unseren Personen zurückkehren, ist es notwendig, den Zustand des Königreiches einer allgemeineren Übersicht zu unterwerfen.

Die mächtige Einheit der Monarchie ward noch gewichtiger durch das Unglück der Nachbarstaaten; die Empörungen in England, Spanien und Portugal machten die Ruhe, die Frankreich genoß, um so bewundernswerter; Straffords und Olivarez' Sturz oder Wanken ließen den unerschütterlichen Richelieu nur noch größer dastehen.

Sechs furchtbare, auf ihren siegreichen Waffen ausruhende Armeen dienten dem Königreich als Wall; die des Nordens hatten mit dem verbündeten Schweden die von Gustav Adolfs Schatten verfolgten Kaiserlichen in die Flucht geschlagen; die, welche Italien vor sich sahen, empfingen in Piemont die Schlüssel der Städte, welche Prinz Thomas verteidigt hatte, und die, welche die Kette der Pyrenäen verdoppelten, behaupteten das empörte Katalonien und lagen noch vor Perpignan, das sie nicht einnehmen durften.

Das Innere des Reiches war nicht glücklich, aber ruhig. Ein unsichtbarer Genius schien diese Ruhe erhalten zu haben, denn der tödlich erkrankte König schmachtete in St. Germain an der Seite eines jungen Günstlings, und der Kardinal, hieß es, liege in Narbonne im Sterben. Einige Todesfälle zeugten indes, daß er noch lebe, und von Zeit zu Zeit fielen Männer, wie von einem vergifteten Hauche getroffen, und erinnerten an die unsichtbare Macht.

Saint-Preuil, einer der Feinde Richelieus, hatte soeben seinen eisernen KopfDieser Name war ihm seiner Tapferkeit und eines nur allzu festen Charakters wegen, welcher letztere sein Verbrechen war, beigelegt. aufs Schafott getragen, und zwar, wie er sich äußerte, als er dasselbe bestieg, ohne Schande noch Furcht.

Indessen schien sich Frankreich selbst zu regieren, denn der König und der Minister lebten schon längst getrennt, und von diesen beiden Kranken, die sich gegenseitig haßten, hatte der eine die Zügel seines Staates nie gehalten, und der andere ließ seine Hand nicht mehr daran fühlen; man hörte seinen Namen in öffentlichen und gerichtlichen Verhandlungen nicht mehr nennen, er erschien nicht mehr in der Regierung, zog sich von allem zurück und schlief, gleich der Spinne, im Mittelpunkt seiner Netze.

Wenn während dieser zwei Jahre einige Ereignisse und einige Revolutionen vorgegangen waren, so mußte das nur in den Herzen geschehen sein, mußten es einige jener geheimen Veränderungen sein, aus denen in Monarchien ohne Grundlage entsetzliche Zerrüttungen und lange und blutige Mißhelligkeiten entstehen.

Um darüber ins klare zu kommen, wollen wir unsere Augen auf das alte schwarze Gebäude des unvollendeten Louvre heften und den Gesprächen seiner Bewohner und ihrer Umgebung unser Ohr leihen.

Es war im Dezember; ein strenger Winter lagerte traurig über Paris, in dem das Elend und die Besorgnisse des Volkes einen ungeheuren Grad erreicht hatten; nichtsdestoweniger ward es noch immer von seiner Neugier gestachelt und haschte gierig nach den Schauspielen, die ihm der Hof gab. Seine Armut schien ihm weniger drückend, wenn es die Beunruhigungen des Reichtums betrachtete, seine Tränen minder bitter beim Anblick der Kämpfe; und das Blut der Großen, das in seinen Straßen floß und damals allein des Vergießens würdig schien, veranlaßte es, seine Niedrigkeit zu segnen.

Schon hatten einige aufrührerische Szenen, einige schreiende Morde die Entkräftung des Monarchen, die Abwesenheit und das nahe Ende des Ministers fühlen lassen und stachelten, gleich einer Art Prolog zu der blutigen Komödie der Fronde, die Bosheit und fachten sogar die Leidenschaften der Pariser noch stärker an. Diese Unordnung mißfiel ihnen nicht; gleichgültig hinsichtlich der Ursache der sie gar nicht berührenden Streitigkeiten, waren sie es nicht gegen die Individuen selbst und begannen schon, den Aufrührern Wohlwollen oder Haß zu zeigen, nicht gerade der Teilnahme wegen, die sie vielleicht ihrer Klasse bezeigt hätten, sondern einfach deswegen, weil sie wie Schauspieler gefielen oder mißfielen.

In einer Nacht besonders waren häufig Pistolen- und Flintenschüsse in der Cité gehört, ja die zahlreichen Patrouillen der Schweizer und der Leibwache, die in den gewundenen Gäßchen der Insel Notre-Dame einige Barrikaden angetroffen hatten, angegriffen worden; Karren, die an die Ecksteine angekettet und mit Fässern beladen waren, hatten die Reitenden am Eindringen in dieses Stadtviertel verhindert, und einige Musketenschüsse hatten Pferde und Menschen verwundet. Die Stadt, mit Ausnahme des Quartiers am Louvre, das in diesem Augenblick von der Königin und Monsieur, dem Herzog von Orleans, bewohnt war, lag noch im Schlafe. Auf diesem letzteren Platze aber kündete alles eine nächtliche Unternehmung sehr ernster Art an.

Es war zwei Uhr morgens; es fror, und dichte Dunkelheit herrschte, als eine zahlreiche Versammlung an dem damals kaum gepflasterten Kai stillhielt und langsam und stufenweise den sandigen Boden besetzte, der sich zur Seine hinabzog. Die Rotte schien aus ungefähr zweihundert Mann zu bestehen; sie waren in große Mäntel gehüllt, welche die Scheide der langen spanischen Degen, die sie trugen, auf einer Seite etwas aufhob. Ordnungslos der Länge und Breite nach auf und ab marschierend schienen sie die Ereignisse eher zu erwarten als zu suchen. Viele unter ihnen setzten sich mit gekreuzten Armen auf die Steine der eben begonnenen Brüstung; alle beobachteten das tiefste Schweigen. Nach einigen Minuten jedoch näherte sich langsam ein Mann, der aus einer Tür des Louvres zu kommen schien und eine Blendlaterne trug, deren Lichtseite er jedem einzelnen ans Gesicht hielt und die er dann ausblies, als er den gefunden hatte, den er suchte. Er drückte ihm die Hand und redete ihn mit halblauter Stimme folgendermaßen an:

»Nun, Olivier, was hat Ihnen Herr le Grand gesagt?So hieß man zur Abkürzung den Großstallmeister Cinq-Mars. Diese Benennung wird im Laufe unserer Erzählung noch oft vorkommen. Geht es gut?«

»Ja, ja, ich habe ihn gestern in St. Germain gesehen; der alte Kater liegt sehr krank in Narbonne, er wird ad patres gehen; wir müssen aber unsere Geschichte rundweg abtun, denn es wäre nicht das erstemal, daß er den Erstarrten spielt. Haben Sie Leute für diesen Abend, mein lieber Fontrailles?«

»Seien Sie ruhig. Montrésor wird mit etwa hundert Edelleuten Monsieurs kommen; Sie werden ihn schon erkennen; er wird als Maurermeister verkleidet sein und einen Zollstab in der Hand halten. Vergessen Sie aber vor allen Dingen die Losungsworte nicht; wissen sie sie auch alle, Sie und Ihre Freunde?«

»Ja, alle kennen sie, mit Ausnahme des Abbé von Gondi, der noch nicht angekommen ist; aber Gott verzeih' mir, ich glaube, da ist er ja selbst. Wer Teufel hätte ihn wiedererkannt?«

Wirklich schlich sich auch ein kleiner Mann in der Uniform der französischen Garde und mit einem kohlschwarzen falschen Schnurrbart zwischen sie. Er hüpfte freudig bald mit dem, bald mit diesem Fuß und rieb sich die Hände.

»Vive Dieu! Alles geht gut; mein Freund Fiesco machte die Sache nicht besser!« – Und sich auf die Zehenspitze stellend, um Olivier auf die Schulter zu klopfen: – »Wissen Sie auch, daß Sie für einen Mann, der beinahe erst aus den Pagenschuhen tritt, recht Taugliches leisten, Herr Olivier d'Entraigues? Finden wir einen Plutarch, so werden Sie zu unseren berühmten Männern gezählt werden. Alles ist gut organisiert, Sie kommen als ein rechter Parteiführer weder zu früh noch zu spät an. Fontrailles, dieser junge Mann wird es weit bringen, das sag' ich Ihnen voraus. Doch eilen wir, in zwei Stunden werden Gemeindemitglieder meines Oheims, des Erzbischofs von Paris, zu uns stoßen; ich habe sie recht ins Feuer gejagt, sie werden wie Rasende rufen: Es lebe Monsieur! Es lebe die Regentin! Fort mit dem Kardinal! Tüchtige, mir ganz ergebene Betschwestern haben ihnen die Köpfe so erhitzt. Mit dem König steht es sehr übel. O, alles geht gut, sehr gut. Ich komme von St. Germain, habe Freund Cinq-Mars gesehen; der ist gut, sehr gut, immer fest wie ein Fels. Ha, das nenn' ich mir einen Mann! Wie er sie mit seiner melancholischen und gleichgültigen Miene zum besten gehabt hat! Jetzt ist er Herr des ganzen Hofes. Punktum, es heißt, der König wolle ihn zum Herzog und Pair machen; es handle sich stark darum, doch zögert er noch; es muß sich durch unsere heutige Bewegung entscheiden, ob es der Wunsch des Volkes ist! Man muß durchaus den Wunsch des Volkes erfüllen; wir wollen denselben vernehmen lassen. Der wird Richelieus Tod sein, wissen Sie's auch! Der Haß gegen ihn besonders soll sich in dem Geschrei vorherrschend kundgeben, denn das ist das Wesentliche. Das wird endlich unseren Gaston bestimmen, der noch immer schwankt, nicht wahr?«

»Ei, was kann er anderes tun?« sagte Fontrailles. »Sollte er heute einen Entschluß zu unseren Gunsten fassen, so wäre das sehr verdrießlich.«

»Und weshalb?«

»Weil wir überzeugt sein könnten, daß er morgen gegen uns wäre.«

»Gleichviel«, entgegnete der Abbé, »die Königin hat Verstand.«

»Und auch Herz«, bemerkte Olivier; »das gibt mir Hoffnung für Cinq-Mars, der, wie mich bedünkt, sich zuweilen herausgenommen hat, ihr gegenüber zu schmollen.«

»Was Sie doch für ein Kind sind! Wie schlecht kennen Sie noch den Hof! Nichts kann ihn halten als die Hand des Königs, der ihn wie seinen Sohn liebt; und wenn das Herz der Königin noch warm schlägt, so geschieht dies der Erinnerung und nicht der Zukunft zuliebe. Doch es handelt sich jetzt nicht um solch abgeschmacktes Zeug; sagen Sie, mein Lieber, sind Sie auch Ihres jungen Advokaten, den ich hier herumstreichen sehe, recht gewiß? Ist er gut gesinnt?«

»Vollkommen gut; er ist ein Royalist durch und durch und würde den Kardinal alle Augenblicke in den Fluß werfen; überdies ist es Fournier von Loudun und das ist genug gesagt.«

»Gut, gut, dergleichen Leute sehen wir gern. Doch aufgepaßt, meine Herren, man kommt von der Straße Saint-Honoré her.«

»Wer da?« riefen die Vorposten der Rotte den Ankommenden zu, »Royalisten oder Kardinalisten?«

»Gaston und le Grand«, antworteten leise die Ankömmlinge.

»Das ist Montrésor mit Monsieurs Leuten«, sagte Fontrailles; »wir werden bald beginnen können.«

»Ja, par la Corbleu!« sagte einer der Ankömmlinge; »denn die Kardinalisten werden um drei Uhr hier vorüberkommen, wie man uns soeben berichtete.«

»Wo wollen sie hin?« fragte Fontrailles.

»Es sind ihrer mehr als zweihundert, um Herrn von Chavigny zu begleiten, der, wie es heißt, den alten Kater in Narbonne besuchen will; sie hielten für sicherer, den Weg am Louvre vorbei zu nehmen.«

»Wohlan! wir wollen ihnen hübsch das Pfötchen geben«, sagte der Abbé.

Er hatte kaum ausgeredet, so ließ sich ein Lärm von Wagen und Pferdegetrappel vernehmen. Mehrere der in Mäntel Gehüllten wälzten einen ungeheuren Stein in die Mitte des Platzes. Die ersten Berittenen sprengten, da sie etwas ahnen mochten, eilig und mit der Pistole in der Hand durch die Menge; der Postillion aber, der die Pferde des ersten Wagens lenkte, fuhr an den Stein und warf um.

»Was ist das für ein Wagen, der die Fußgänger erdrückt?« riefen auf einmal alle die Männer in Mänteln. »Das ist recht tyrannisch! Das kann nur ein Freund des Kardinals von La RochelleBei der langen Belagerung dieser Stadt hatte man Richelieu diesen Zunamen gegeben, um die Hartnäckigkeit, womit er als Oberbefehlshaber kommandieren und sich das Verdienst der Einnahme von La Rochelle zuschreiben wollte, ins Lächerliche zu ziehen. tun.«

»Es ist jemand, der die Freunde des Le Grand nicht fürchtet«, rief eine Stimme am offenen Schlage, von dem sich ein Mann auf ein Pferd schwang.

»Weist diesen Kardinalisten den Weg in den Fluß!« rief eine kreischende und durchdringende Stimme.

Das war das Signal zu Pistolenschüssen, die von jeder Seite mit wütender Erbitterung ausgetauscht wurden und dieser düsteren, stürmischen Szene das einzige Licht liehen; das Geklirr der Degen und das Stampfen der Pferde verhinderten jedoch nicht, einerseits das Geschrei zu vernehmen: »Nieder mit dem Minister! Es lebe der König! Es lebe Monsieur und Herr le Grand! Nieder mit den Rotstrümpfen!« und andererseits: »Es lebe Se. Eminenz! Es lebe der große Kardinal! Tod den Aufständischen; es lebe der König!« Denn in dieser sonderbaren Zeit stand der Name des Königs in Haß und Liebe immer obenan.

Indessen war es den Angreifern gelungen, die beiden Wagen quer über den Kai zu stellen, um sich damit einen Wall gegen Chavignys Pferde zu bilden, und jetzt schickten sie dem Feinde zwischen den Rädern, den Wagenschlägen und unter den Achsen durch einen Hagel von Pistolenschüssen zu, so daß mehrere Reiter stürzten.

Der Tumult wütete entsetzlich, als die Tore des Louvre sich plötzlich öffneten und zwei Schwadronen Gardereiter im Trab aus denselben hervorritten; die Mehrzahl trug Fackeln in den Händen, um die, welche sie angreifen wollten, zu beleuchten. Die Szene änderte sich. Sowie einer der Garde in die Nähe eines der zu Fuß Befindlichen kam, sah man den letzteren stillstehen, seinen Hut abziehen, sich zu erkennen geben, und dann zog sich die Garde zurück, oft grüßend, zuweilen mit einem Händedruck. Dieser Zuzug war daher Chavignys Wagen von beinahe gar keinem Nutzen, und diente nur dazu, die Verwirrung noch zu vermehren. Die Garde durcheilte, gleichsam um ihre Gewissenspflicht zu erfüllen, die Rotten der Kämpfenden mit der gutmütigen Mahnung:

»Ei, ei, meine Herren, ein wenig Mäßigung!«

Hatten aber zwei Edelleute in ihrer Erbitterung tüchtig ausgelegt, so hielt die Garde, welche sie sah, still, um die Hiebe zu beurteilen, und begünstigte zuweilen sogar den, welchen er als zu seiner Partei gehörig ansah; denn wie ganz Frankreich, so hatte auch dieses Korps seine Royalisten und Kardinalisten.

Allmählich erhellten sich die Fenster des Louvre, und hinter den kleinen viereckigen Scheiben wurden viele Frauenköpfe sichtbar, die dem Kampfe aufmerksam zuschauten.

Der Palast entsandte wiederum zahlreiche Patrouillen Schweizer mit Fackeln; diese Soldaten unterschieden sich durch ihre seltsame Uniform von den anderen. Der linke Arm derselben war blau- und rotgestreift und der seidene Strumpf ihres rechten Beines rot; die linke Seite war blau-, rot- und weißgestreift und der Strumpf weiß und rot. Ohne Zweifel hatte man im königlichen Schlosse geglaubt, diese merkwürdige Truppe vermöge die Massen auseinanderzutreiben; allein man täuschte sich. Diese teilnahmlosen Soldaten befolgten kalt, genau und ohne sie im mindesten zu überschreiten, die gegebenen Befehle, marschierten in zwei geordneten Kolonnen zwischen die bewaffneten Gruppen, die sie in einem Augenblick zerstreuten, trafen mit der vollkommensten Genauigkeit beim Gittertor wieder zusammen und überschritten es in aller Ordnung, wie beim Manöverieren, ohne sich zu erkundigen, ob die feindlichen Parteien, die sie getrennt hatten, wieder zusammengestoßen seien oder nicht.

Allein der für einen Augenblick beschwichtigte Lärm brach wieder allgemein los. Man hörte überall Rufe, Flüche und Verwünschungen; es schien, als könne nichts den Kampf zum Schweigen bringen außer die gänzliche Zerstörung der einen oder der anderen Partei, als ein fürchterliches Geschrei oder vielmehr Gebrüll den Tumult auf den höchsten Gipfel trieb. Der Abbé von Gondi war eben beschäftigt, einen Reiter beim Mantel vom Pferde zu zerren und rief:

»Da hab' ich meinen Mann! Fontrailles, da werden Sie schöne Dinge sehen; schauen Sie, schauen Sie nur, wie das schon läuft! Das ist allerliebst, wahrhaftig!« –

Allein jetzt ließ er seinen Mann fahren und stieg auf einen Stein, um, die Arme mit der Wichtigkeit eines Generals der Armee kreuzend, die Manöver seiner Truppen zu beobachten.

Der Tag begann anzubrechen und vom Ende der Insel Saint-Louis her sah man wirklich eine Menschenmasse, Männer, Weiber und Kinder aus der Hefe des Volkes herbeieilen, indem sie mit gen Himmel und gegen den Louvre gerichteten Gebärden ein seltsames Geschrei ausstießen. Mädchen trugen lange Degen, Kinder schleppten ungeheure Hellebarden und damaszierte Piken aus der Zeit der Ligue mit, alte in Lumpen gehüllte Weiber zogen an Stricken Karren voll alter, verrosteter und zerbrochener Waffen nach sich; Handwerker aller Arten, zum größten Teil betrunken, folgten ihnen mit Stöcken, Mistgabeln, Lanzen, Schaufeln, Fackeln, Pfählen, Hacken, Hebestangen, Säbeln und Spießen; sie sangen und heulten wechselweise, machten unter wildem Gelächter das Miauen der Katze nach und trugen gleich einer Fahne an einer Stange einen Kater, der in einen roten Lumpen eingewickelt war und den Kardinal, dessen Vorliebe für die Katzen man allgemein kannte, vorstellen sollte. Öffentliche Ausrufer liefen, rot und keuchend, umher und säten auf Gräben und Straßen lange satirische Geschichten in Versen über die wichtigeren Personen der Zeit, klebten sie an die Brüstungen, die Wehrsteine, die Mauern der Häuser, ja sogar an den Palast selbst; Fleischerknechte und Küchenjungen schlugen mit kurzen, breiten Säbeln auf Kessel, als trommelten sie zum Angriff, und schleppten ein kurz zuvor erwürgtes Schwein, dem das rote Käppchen eines Chorknaben auf dem Kopfe saß, durch den Kot. Junge, kräftige Schlingel in Frauenkleidung und mit dick rot bemalten Nacken schrien mit rasender Stimme: Wir sind Familienmütter, die Richelieu zugrunde gerichtet hat; Tod dem Kardinal! In ihren Armen trugen sie Wickelkinder von Stroh, die sie in den Fluß zu werfen drohten und auch wirklich hineinwarfen.

Als diese ekelhafte Rotte die Kais mit ihren Tausenden infernalischer Individuen überschwemmt hatte, brachte sie bei den Kämpfenden eine seltsame und ganz entgegengesetzte Wirkung, als ihr Gönner erwartet hatten, hervor. Beide feindliche Parteien senkten ihre Waffen und trennten sich. Die Partei Monsieurs und Cinq-Mars', empört, sich durch solchen Zuzug unterstützt zu sehen, half den Edelleuten des Kardinals eigenhändig wieder zu Pferd und in die Wagen und den Bedienten derselben die Verwundeten hineintragen, indem sie ihren Gegnern besondere Zusammenkunftsorte nannten, um ihren Streit auf einem entlegenen und ihrer würdigeren Boden abzutun. Sich der Überlegenheit ihrer Zahl und des gemeinen Packs, das sie anzuführen schien, schämend, zerstreuten sie sich, die breitkrempigen Hüte tief über die Augen drückend, sich dichter in ihre Mäntel hüllend und das Tageslicht befürchtend.

»Sie haben mit dieser Canaille alles verdorben«, sagte Fontrailles stampfend zu dem ziemlich verlegenen Gondi; »Ihr guter Herr Onkel hat da artige Pfarrkinderchen.«

»Die Schuld liegt nicht an mir«, entgegnete Gondi dennoch mit trotzigem Tone, »diese Dummköpfe sind eben eine Stunde zu spät angelangt; wären sie bei Nacht gekommen, so hätte man sie nicht gesehen, – denn ich gestehe, daß das Tageslicht ihnen ein bißchen wehtut –, und man hätte nur die Stimme des Volkes gehört: Vox populi, vox Dei. Außerdem ist das auch nicht so schlimm; ihre Anzahl gibt uns Mittel an die Hand, zu entwischen ohne erkannt zu werden, und am Ende ist ja unsere Aufgabe gelöst, denn wir wollten nicht den Tod des Sünders; Chavigny und die Seinen sind wackere Leute, die mir wert sind; ist er nur ein wenig verwundet, desto besser. Leben Sie wohl, ich werde Herrn von Bouillon besuchen, der aus Italien zurückgekehrt ist.«

»Olivier«, sagte Fontrailles, »eilen Sie doch mit Fournier und Ambrosio nach St. Germain; ich will mit Montrésor Monsieur Bericht erstatten.«

Alle trennten sich, und was bei diesen Leuten von Bildung die Kraft nicht vermochte, das hatte nun der Ekel über sie vermocht.

So endigte dieses Handgemenge, das den Anschein hatte, großes Unglück erzeugen zu können: niemand ward dabei getötet. Die Reiter setzten mit etwas Ritzen mehr und einige sogar um ihre Börsen leichter durch Seitenstraßen ihren Weg neben den Wagen fort; die Angreifer entwischten einer nach dem anderen durch die Volksmasse, deren Aufstand sie veranlaßt hatten. Das aller Anführer bare Gesindel wütete noch zwei Stunden lang unter dem nämlichen Geschrei fort, bis es seinen Rausch ausgetobt hatte und die Kälte das Feuer seines Blutes und seiner Begeisterung zumal auslöschte. An den Fenstern der Häuser des Kais und der Cité aber und längs der Mauern derselben erblickte man das kluge und echte Pariser Volk, das mit düsteren Mienen und dumpfem Schweigen diesen Vorspielen der Unordnung zusah, während das kaufmännische Korps, schwarzgekleidet und mit seinen Schöffen und Vorgesetzten an der Spitze, sich langsam und mutig einen Weg durch die Volksmasse nach dem Palais de Justice bahnte, wo sich das Parlament versammeln sollte, und dort seine Beschwerden über diese schrecklichen nächtlichen Auftritte niederlegte.

In den Gemächern Gastons von Orleans war es indessen sehr unruhig gewesen. Dieser Prinz bewohnte den mit den Tuilerien gleichlaufenden Flügel des Louvre, und seine Fenster gingen von der einen Seite auf den Hof und von der anderen auf ein Gewirr kleiner Häuser und enger Straßen, die den Platz beinahe gänzlich bedeckten. Durch den Lärm der Feuerwaffen jählings aufgewacht, war er schleunigst aus dem Bette gesprungen, hatte die Füße in weite Pantoffeln mit hohen Absätzen gesteckt, einen seidenen, mit Gold gestickten Nachtrock umgeworfen und begann dann in seinem Schlafzimmer auf und ab zu spazieren, indem er von Minute zu Minute einen Lakaien absandte, um sich nach den Vorfällen zu erkundigen, und den Abbé von La Rivière, seinen gewöhnlichen Ratgeber, zu holen befahl, der aber gerade von Paris abwesend war. Bei jedem Pistolenschuß lief der furchtsame Prinz ans Fenster, ohne jedoch etwas anderes als einige Fackeln von Vorbeieilenden sehen zu können; wie sehr man ihm auch versicherte, daß das Geschrei, das er höre, zu seinen Gunsten sei, spazierte er dennoch in der größten Verwirrung unablässig durch die Gemächer; seine langen schwarzen Haare hingen ihm wild um den Kopf und seine blauen Augen traten, vergrößert durch Unruhe und Schrecken, aus ihren Höhlen; er war, als Montrésor und Fontrailles endlich kamen, halb nackt und schlug sich fortwährend auf die Brust, indem er tausendmal wiederholte: »Mea culpa, mea culpa

»Nun, so kommt doch!« schrie er ihnen von weitem zu, »lauft ihnen entgegen; kommt doch, kommt! Was geht denn vor, was tut man da unten? Wer sind diese Mörder? Was ist das für ein Geschrei?«

»Man ruft: Es lebe Monsieur!«

Ohne den Anschein zu haben, als höre er es, und die Tür seines Zimmers einen Augenblick geöffnet haltend, damit seine Stimme bis in die Galerien dringe, wo sich die Leute seines Hauses befanden, fuhr er, aus vollem Halse schreiend und unter heftigem Gebärdenspiel fort:

»Ich weiß von alledem nichts und habe niemand zu so etwas ermächtigt; ich will nichts hören, will nichts wissen, ich werde mich nie in irgendeinen Plan einlassen; es sind Aufrührer, die all diesen Lärm machen; man rede mir nie davon, wenn man hier gern gesehen sein will; ich bin niemands Feind; ich verabscheue dergleichen Auftritte . . .«

Fontrailles, der seinen Mann kannte, antwortete nichts und trat mit seinem Freunde ein, zwar ohne sich zu beeilen, damit Monsieur Zeit hätte, sein erstes Feuer zu kühlen. Als dieser ausgeredet hatte und die Tür sorgfältig verschlossen war, begann er:

»Wir kommen, Ew. Gnaden tausendmal um Verzeihung zu bitten wegen der Unverschämtheit dieses Volkes, das nicht aufhört, unter Geschrei den Tod Ihres Feindes zu verlangen, und sogar Sie als Regent sehen möchte, wenn wir das Unglück haben sollten, Se. Majestät zu verlieren; das Volk benimmt sich allerdings in seinen Äußerungen stets freimütig; es war aber so zahlreich versammelt, daß alle unsere Anstrengungen es nicht in Schranken halten konnten; es war der Schrei des Herzens in seiner ganzen Wahrheit; es war ein Ausbruch der Liebe, den die kalte Vernunft nicht unterdrücken konnte und der alle Ordnung überschritt.«

»Aber was ist denn nur vorgegangen?« entgegnete Gaston ein wenig beruhigt; »was haben sie seit vier Stunden, da ich sie höre, getan?«

»Diese Liebe, wie Herr von Fontrailles die Ehre hatte Ihnen zu sagen«, fuhr Montrésor kalt fort, »überschritt so sehr alle Schranken und Grenzen, daß sie uns selbst hinriß und wir uns von jener Begeisterung ergriffen fühlten, die uns beim bloßen Namen Monsieur stets beseelt, was uns denn auch zu Taten veranlaßte, die vorher nicht in unserer Absicht lagen.«

»Aber was habt ihr denn getan?« entgegnete der Prinz.

»Diese Taten, wovon Herr von Montrésor die Ehre hatte, Monsieur zu sprechen«, antwortete Fontrailles, »sind gerade die, welche ich gestern abend eben hier voraussah, als ich die Ehre hatte, Monsieur von den Vorgängen zu unterhalten . . .«

»Es handelt sich nicht darum«, unterbrach ihn Gaston, »Sie werden nicht sagen können, daß ich etwas befohlen oder jemand zu etwas ermächtigt hätte; ich mische mich in nichts, ich verstehe nichts von der Regierung . . .«

»Ich gebe zu«, fuhr Fontrailles fort, »daß Eure Königliche Hoheit nichts befohlen haben, allein Sie erlaubten mir, Ihnen meine Ahnung mitzuteilen, daß diese Nacht gegen zwei Uhr morgens Ruhestörungen vorfallen dürften, und ich hoffte, Ihre Überraschung werde dann weniger groß sein.«

Der Prinz, der sich allmählich erholte und sah, daß er die beiden Kämpen nicht einschüchtern konnte, dessen Gewissen ihn überdies erinnerte, was er auch in ihren Augen las, daß er ihnen abends zuvor Einwilligung zu allem erteilt habe, setzte sich auf den Rand seines Bettes, kreuzte die Arme, schaute sie mit der Miene des Richters an und fragte wieder mit Nachdruck:

»Aber nochmals, was habt ihr denn getan?«

»Ei, fast nichts, Ew. Gnaden«, antwortete Fontrailles, »der Zufall ließ uns in der Menge einige unserer Freunde antreffen, die mit Herrn von Chavignys Kutscher, der sie überfahren wollte, Streit gehabt hatten, was einen etwas lebhaften Wortwechsel, einige etwas handgreifliche Gebärden, einige Schrammen und das Umkehren der Wagen zur Folge hatte, das ist alles.«

»Durchaus alles«, wiederholte Montrésor.

»Wie, alles!« rief Gaston, in größter Aufregung aufspringend; »ist denn das nichts, den Wagen eines der Freunde des Kardinal-Herzogs anzuhalten. Ich liebe dergleichen Auftritte nicht, das hab' ich Ihnen schon gesagt; ich hasse den Kardinal nicht; er ist unstreitig ein großer Politiker, ein sehr großer Politiker; Sie kompromittieren mich fürchterlich; man weiß, daß Montrésor mein Angehöriger ist; hat man ihn erkannt, so wird es heißen, ich hätte ihn gesandt . . .«

»Der Zufall«, antwortete Montrésor, »verschaffte mir die Kleidung eines Mannes aus dem Volke, die Monsieur hier unter meinem Mantel sehen kann, und die ich aus dem erwähnten Grunde jeder anderen vorgezogen habe.«

Gaston atmete wieder auf.

»Sind Sie ganz gewiß, daß man Sie nicht erkannt hat?« fragte er; »Sie fühlen nämlich wohl, mein lieber Freund, wie peinlich mir wäre . . . gestehen Sie es selbst . . .«

»Ob ich dessen gewiß bin, o Himmel!« rief der Edelmann des Prinzen; »ich würde meinen Kopf und meinen Teil am Paradiese verpfänden, daß niemand mich gekannt und bei meinem Namen genannt hat.«

»Wohlan!« fuhr Gaston fort, sich wieder auf sein Bett setzend und eine ruhigere Miene, in der sogar eine leise Befriedigung strahlte, annehmend, »so erzählen Sie mir ein bißchen was vorgefallen ist.«

Fontrailles übernahm die Erzählung, in der, wie man sich leicht denken kann, das Volk eine große Rolle spielte, Monsieurs Leute dagegen gar keine; und fügte, auf Einzelheiten eingehend, in seiner Rede hinzu:

»Man konnte sogar von unseren Fenstern aus sehen, gnädiger Herr, wie ehrbare Familienmütter, von Verzweiflung getrieben, unter Verwünschungen auf Richelieu ihre Kinder in die Seine warfen.«

»Ach, das ist entsetzlich!« rief der Prinz entrüstet oder sich wenigstens stellend, als sei er es und glaube an solche Exzesse. »Es ist also wahr, daß er so allgemein verabscheut wird? Man muß aber auch gestehen, daß er es verdient! Wie, sein Ehrgeiz und seine Habsucht sollten die guten Bewohner von Paris, die ich herzlich liebe, so weit gebracht haben?«

»Ja, gnädiger Herr«, fuhr der Redner fort; »und hier bittet Sie nicht nur Paris, sondern ganz Frankreich dringend, sich entschließen zu wollen, es von diesem Tyrannen zu befreien; alles ist bereit, es bedarf nur eines Winkes Ihres erhabenen Hauptes, um diesen Zwerg zu vernichten, der den Verfall des königlichen Hauses selbst zu bewerkstelligen suchte.«

»Ach, Gott ist mein Zeuge, daß ich ihm diese ernste Beleidigung vergebe«, entgegnete Gaston mit zum Himmel gerichteten Augen; »allein ich kann den Notschrei dieses Volkes nicht länger anhören; ja, ich werde ihm zu Hilfe kommen! . . .«

»Ach, wir fallen auf die Knie vor Ihnen!« rief Montrésor, sich verbeugend . . .

»Heißt das«, fuhr der Prinz zurückweichend fort, »insoweit meine Würde nicht gefährdet wird und mein Name nirgends zum Vorschein kommt.«

»Ei! gerade den wollen wir«, rief Fontrailles etwas freimütiger . . . »Sehen Sie, gnädiger Herr, es sind schon der Namen mehrere bereit, sich unter den Ihrigen zu setzen, und Namen, die sich nicht fürchten zu unterzeichnen; ich will sie Ihnen sogleich nennen, wenn Sie wollen . . .«

»Aber, aber, aber . . .« sagte der Herzog von Orleans, etwas erschrocken, »wissen Sie auch, daß Sie mir da ganz einfach eine Verschwörung vorschlagen? . . .«

»Pfui doch, pfui doch! Ew. Gnaden, Leute von Ehre, wie wir! Eine Verschwörung! Ach, keineswegs! Eine andere Ligue, allerhöchstens ein kleiner Vertrag, um dem einmütigen Wunsche der Nation und des Hofes eine Richtung zu geben; das ist alles.«

»Aber, aber das ist mir nicht klar, denn dies wäre alsdann weder eine allgemeine noch öffentliche Sache, sondern eine Verschwörung; Sie würden nicht gestehen, daß Sie dabei sind.«

»Ich? Ew. Gnaden, um Vergebung, der ganzen Welt würde ich es gestehen, weil das ganze Königreich schon dabei ist und ich ein Glied des Königreichs bin.«

»Ei! und wer sollte seinen Namen nicht nach dem eines Herrn von Bouillon und Cinq-Mars setzen? . . .«

»Nach denselben vielleicht, doch vor ihnen?« sagte Gaston, seine Blicke, und zwar forschender als der Höfling es erwartete, auf Fontrailles heftend.

Dieser schien einen Augenblick zu zögern.

»Wohlan!« hob er dann wieder an, »was würde Monsieur tun, wenn ich ihm Namen sagte, nach welchen er den seinigen setzen könnte?«

»Haha! das ist spaßhaft«, entgegnete der Prinz lachend, »wissen Sie, daß es nicht viele gibt, die sich über den meinigen setzen können? Ich kenne nur einen.«

»Nun, und wenn es einen gibt, will Ew. Gnaden versprechen, den Namen Gastons darunterzusetzen?«

»Ha, Parbleu, von Herzen gern, da laufe ich keinerlei Gefahr, denn ich sehe über mir nur den König, und der ist gewiß nicht von der Partie.«

»Wohlan!« sagte Montrésor, »so erlauben Sie, daß wir Sie diesen Augenblick beim Wort nehmen, und geruhen Sie jetzt nur, in zwei Dinge einzuwilligen: Herrn von Bouillon bei der Königin und den Großstallmeister bei dem Könige zu sehen.«

»Topp!« entgegnete Monsieur heiter, indem er Montrésor auf die Schulter klopfte, »gleich heute will ich bei der Toilette meiner Schwägerin erscheinen und meinen Bruder bitten, mich nach Chambord auf die Hirschjagd zu begleiten.«

Die beiden Freunde verlangten nicht mehr und waren selbst erstaunt über den Erfolg ihrer Bemühungen, denn noch nie hatten sie ihren Gebieter so entschlossen gesehen. Aus Furcht aber, ihn in ein Gleis zu bringen, das ihn von der eben eingeschlagenen Bahn wieder ablenken konnte, beeilten sie sich, die Unterhaltung auf andere Gegenstände zu führen, und entfernten sich dann erfreut, ihm zum Abschied noch ans Herz legend, daß sie auf seine Versprechungen zählten.



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