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Saint Germain, die Matte.
König Dagobert, Octavianus, Florens, Gefolge.
Kg. Dagobert.
Es ist ein wundervolles Ding, daß selbst
Der alte Mann so kühn geworden, hin
Zum Lager sich zu wagen.
Florens. Seht, mein König,
Das seltsamliche Roß, das stärkst' und wildste,
Unwiderstehlich soll es sein im Ansprung
Und unbesiegbar, im Entfliehn so rasch,
Daß Pfeil und Wind es nicht einholen können.
Kg. Dagobert.
Wie bist du glücklich doch in allen Thaten,
So hast du nun das wundervollste Roß.
Florens. Wenn's euch gefällt, mein König, nehmt dies Pferd,
Nur Könige ist es gewohnt zu tragen.
Kg. Dagobert.
Ich danke dir der Gabe, will sogleich
Versuchen, ob ich es vermag zu reiten. geht.
Octavianus. Ihr seid der würdigste von allen Rittern,
In euch blüht auf die Ehr' und zarte Liebe,
Die man in alten edlen Liedern preist.
Florens. Mein Kaiser, Gott ist unser aller Schützer,
In seinem Namen will ich dieses Schwerdt
Ziehn in der Schlacht: doch wenn ich ihren Namen
Mir heimlich nenne und ihr schönes Bildniß
In meinem Herzen aufwächst, ihre Gunst,
Ihr Blick, ihr Kuß wie Athem Licht und Luft
Mich süß umhaucht, so schwillt der kühne Muth,
Von selbst zittert die streitbegier'ge Lanze
Durstend nach Blut, es kämpft nicht mehr mein Arm,
Sie rennt freiwillig ungestüm hindringend
Zum Herzen meiner Feinde, wie vom Himmel
Fällt dann der Sieg zu meinen Füßen nieder
Und sein Verdienst ist es und ihre Gunst.
König Dagobert und Clemens kommen.
Clemens. Ja, Ihro Majestät, das ist ein Pferd!
Ich hab's erbeutet! Wie der wilde Jäger
Bin ich zurück gekommen, wie der Sturmwind,
Noch saust der Kopf mir von dem tollen Rennen,
Und hinter mir die Heiden mit Halloh!
Kg. Dagobert.
Ihr seid in alten Tagen noch ein Held
Geworden und die That zeugt von der Kühnheit
Des Herzens.
Clemens. Ja, ich war in meiner Jugend
Soldat, die Katze läßt das Mausen nicht.
Susanne kommt aus dem Hause.
Susanne. Mein Mann! Mein Clemens! Und es hat die Bestie
Dich unterwegs nicht aufgefressen?
Clemens. Nein,
Conträr, gefangen hab' ich's hergebracht zur Stadt,
Zum Andenken dem König überliefert.
Kg. Dagobert.
Ich danke euch für dieses edle Roß,
Daneben sollt ihr eines Lohns gewarten,
Wie er sich ziemt, daß ihn ein König giebt,
Und daß ein Unterthan, der so geliebt ist,
Um seinen edlen Sinn, um seinen Sohn,
Mit Dank aus eines Königs Hand empfängt.
Clemens. Ich möchte danken, möchte weinen, heulen,
Und wenn ich stottre, wenn ich lamentire,
Ist's alles meinem Könige zu Ehren.
Arnulphus kommt.
Kg. Dagobert.
Was, heil'ger Bischof, ist euer Begehren?
Arnulphus. Noch einmal will ich Abschied von euch nehmen,
Mein königlicher Herr, und euch dem Höchsten
Befehlen; lebt denn wohl, mein theurer Fürst!
Unwiderstehlich lockt die Einsamkeit
Mich wieder, die auf euer hoch Geheiß
Ich ließ, die Lust strenger Beschaulichkeit,
Als Eremit zu leben. Kämpft mit Gott!
Kg. Dagobert.
So fahret wohl, ihr edler heil'ger Mann!
Arnulphus geht ab. Pepin kommt.
Pepin. Nun gilt's, mein König, heute ist der Tag,
An welchem Frankreich siegen muß und glänzen,
An welchem Frankreich stürzt und mit ihm auch
Die Fürsten unsers Glaubens. Zu den Waffen!
Der Feind in Wuth versammelt seine Schaaren,
Rings um die Stadt ist glänzend das Gefilde
Mit Schwerdt und Spieß, Bogen und Roß bedeckt,
Unübersehlich und unzählbar nahn sie,
Es dröhnt die Erde ihrem Gang und dumpf-
Verworren hört man ihren Schlachtgesang.
Schon blasen unsre Wächter auf den Zinnen
Und mahnen uns zum Krieg, die Glocken läuten,
Die frommen Mönche liegen auf den Knieen
Und wollen flehend Sieg vom Himmel ziehen.
Kg. Dagobert.
Wir alle sind in Harnisch und in Waffen.
Dies ist der Tag, an dem die Christenschaaren
Durch Tod und Blut bekräft'gen ihren Heiland.
Florens. Dies ist der Tag, den ich mir längst gewünscht,
Nun gilt's, den Muth des Herzens zu erproben,
Was uns Trompeten oft mit ihren Klängen
Gewahrsagt, wenn die ganze Seele jauchzte,
Entbrannt nach Schwerdtgetös und Kriegsgefahr,
Der Wunsch, die Sehnsucht werden heut gestillt.
Octavianus. Dies ist der Tag, an dem die Unschuld siegt
Und Tapferkeit ihr kühnstes Herz erkennt,
Die Schuld wird heut' auch noch die Strafe finden
Und manch verwirktes Leben von den Säbeln
Der wilden Heiden mit dem Blut entströmen.
Kg. Edward kommt.
Kg. Edward. Wo sind die wilden Heiden, die immer Frevel liebten
Und Drangsal, Mord und Leiden an Christi Freunden übten?
Schon zürnet diese Lanze und meine kühne Schaar
Drängt sich zum Waffentanze, voran so wie der Aar
Flieg' ich mit dreisten Schwingen, sie stürzen in den Staub,
Dem Tode laßt uns bringen schnell den erwünschten Raub.
Kg. Rodrich kommt.
Kg. Rodrich.
Blutig Kreuz in den Panieren,
Angedenken der Passion,
Du, Maria, auf dem Thron,
Unter dem mit Jubiliren
Sterne ihren Reigen führen,
Ihr sollt unsre Waffen lenken!
Wer mag zweifeln, wer mag denken,
Kämpfen wir in diesem Bilde,
Daß die ew'ge Mutter milde
Sammt dem Sohn nicht Sieg wird schenken?
Gr. Armand kommt.
Gr. Armand.
Wer nur die Liebe kennet,
Wem schöne Augen blickten,
Wen, rosenroth entbrennet,
Von Rubinlippen Küsse je entzückten,
Wem Liebesstrahlen aus dem hellen Himmel
Das wunde Herz getränket, der denk' heut beides in dem Schlachtgetümmel.
Kg. Dagobert.
Freunde, Genossen, Brüder, edle Streiter,
Die Fahnen wehn voran im Sommerwinde,
Der blaue Himmel scheint so klar und heiter,
Als wenn der schönste Tag sich uns verkünde.
Wohlan, brecht auf, in Gottes Namen! Weiter
Soll uns kein Schutz, die Magd nur mit dem Kinde,
Das Herz jauchzt muthig, alle Wünsche brennen,
Uns ihre Streiter und Vertheid'ger nennen.
Auf denn, Franzosen! zeigt die kühnen Herzen,
Die mit Gefahr und Blut und Tod nur spielen,
Der Römergeist kennt keine andre Schmerzen,
Als überwunden Wunden nicht zu fühlen;
Der Spanier großer Sinn wird lächelnd scherzen
Mit jenem Ungeheu'r der Schlacht, und kühlen
Die Sehnsucht in dem Meer der Waffenstrahlen
Wird England sammt den muth'gen Provenzalen.
alle im Marsche ab.
Arnulphus tritt auf.
Arnulphus. Um die Paniere fliegen
Mit süßem Streit Engel mit goldnen Schwingen,
Wie muthig laut erklingen
Trompeten, Zinken und die Kraft des Horns,
Seh' ich die Christen siegen,
Ermuthigt im Gefühl des reinsten Zorns
Mit Satan selbst und seiner Schaar zu ringen.
Bald ist die Schlacht gewonnen,
Und überall ertönen Hymnen, Psalmen,
Die Zweige heil'ger Palmen
Rauschen, Sanct Dionysius blickt hernieder
Und freuet sich der Wonnen,
Er sieht die Heiden neue Christenbrüder,
Es freut der Schnitter sich der schönen Halmen. –
Und ich geh' in die Wildniß
Der süßen Einsamkeit und ihrer Stille,
Daß alles Himmels Fülle
Aus Baumgeräusch, aus Sprudeln sanfter Quellen,
Und des Allmächt'gen Bildniß
Aus Stein und Fels und aus des Baches Wellen
Entgegen mir mit Liebesathem quille.
Da kenn' ich euch dann wieder
Ihr Waldesbäume, die mir Trost gegeben,
Als ich schon sonst mein Leben
In Andacht und Betrachtung bei euch führte,
Dort klingen noch die Lieder
Die ich gesungen, daß erquickt ich spürte
Im Widerhall die Geister mich nmschweben. ab.
Clemens, Susanne, Claudius, Beata, aus dem Hause.
Claudius. Lebt wohl denn, Vater, Mutter, Freude
Und Wohlsein bleibe für euch beide.
Susanne. Sei glücklich in der neuen Ehe
Und daß ich Enkel auch bald sehe.
Clemens. Das wird nicht fehlen, seid nur froh,
Erfüllt sind eure Wünsche so.
Verzeiht mir nur, daß nicht mehr Saus
Und Braus gewesen hier im Haus,
Die Kriegszeit paßt zur Hochzeit nicht.
Beata. Alles ist gut so eingericht,
Wir wohnen nun gleich in der Stadt,
Wo man doch auch mehr Ruhe hat,
Ihr seid hier draußen halb im Feld,
Des Lagers Lärm mir nicht gefällt.
Clemens. Ich muß nun alle guten Zimmer
Einrichten jenem Frauenzimmer,
Der schönen wilden Türkenbraut,
Bald kommt sie selber an, denn schaut
Zwölf Pagen sind schon angekommen,
Die er in seinen Dienst genommen,
Die sollen ihren Aufzug zieren.
Er will sie aus der Schlacht entführen.
Beata. Wenn es ihm nämlich ist gelungen,
Denn keinem ist es ja gesungen
An seiner Wiege, wie man spricht,
Was ihm dereinst den Nacken bricht.
Doch lebt nun wohl, mein Schwiegervater!
Clemens. Was er gekonnt, vermocht, das that er,
Doch statt der That nehmet den Willen,
Mein Sohn wird alles das erfüllen
Was nicht steht in meinem Vermögen.
Geb' euch der Himmel seinen Segen. alle ab.
Gumprecht kommt.
Gumprecht. Paris, leb wohl! Du hast in deiner Mitten
Den Mann, der etwas werth ist, nicht gelitten,
Dich und auch Frau Beaten wird's gereun,
Wenn ich erst werde in der Fremde sein,
Wenn Pfuscher ohne Kraft und Wissen schalten:
Propheten nie im Vaterlande galten..
Adieu, Paris! Ich will die Welt nun schauen,
Es giebt auch andrer Orten hübsche Frauen.
geht ab.
Florens, Marcebille, Roxane, Lealia.
Florens. Glücklich sind wir angekommen
Und uns trugen güt'ge Wogen,
Alle waren uns gewogen,
Als wir her auf ihnen schwommen.
Ist die Furcht dir nun entnommen,
Ist verschwunden jedes Zagen?
Marcebille. Ach, Geliebter, deinen Fragen,
Diesen Lippen, diesen Blicken,
Diesem Schmerz, diesem Entzücken,
Kann ich keine Antwort sagen.
Nur mein Sehnen, nur mein Lieben,
Daß ich ganz nun bin die deine,
Daß dein Leben jezt ganz das meine,
Dieses ein' ist nur geblieben.
Du wirst nun von mir getrieben,
Aus der Ferne hör' ich brüllen
Das Getöse, und zu stillen
Der Trompeten wildes Rufen,
Die nach deiner Hülfe rufen,
Achtest du nicht meinen Willen,
Achtest nicht die Seufzer, Thränen,
Die mir von den Wangen fließen,
Wie dir Blick und Kuß auch sprießen,
Willst du dich nach Mord hinsehnen.
Ach, ich muß in Aengsten wähnen,
Daß ein scharfgespitzter Pfeil
Von tatarscher Hand in Eil
Sich in deine Brust einreißt:
Träfe meinen bangen Geist
Früher doch ein Donnerkeil.
Florens. Nicht Verzweiflung, nicht dies Zagen,
Deine Liebe wird mich schirmen,
Wie Gefahren sich auch thürmen,
Laß die Thränen, laß die Klagen.
In's Getümmel mich zu wagen,
Rufen mich die Engelschaaren,
Heil'ge werden mich bewahren,
Und die den Erlöser trug,
Der für uns die Hölle schlug,
Sie beschützt mich vor Gefahren.
Marcebille. Ha, mit ungewohnter Stimme
Will ich zu dem Kindlein flehen,
Daß sein Schein mag mit dir gehen,
Daß er um dein Haupt dir glimme,
Dich beschütze vor dem Grimme,
Daß es sei dein liebend Schild.
Seit der Glaube mich erfüllt,
Den ich liebend mußte fühlen,
Ist der Kinder Lächeln, Spielen,
Mir der Gottheit süßes Bild.
Florens. Mit der Liebe, dem Vertrauen
Sei dein Herz ihm stets ein Thron,
Bete zum geliebten Sohn
Und zur göttlichsten der Frauen.
Marcebille. Werden deine Augen schauen
Mich mit dieser Lieb' auch immer,
Da ich in dem Dämmerschimmer
Gestern Herz und Seele, Leib
Gerne gab als Braut und Weib,
Und verachtest du mich nimmer?
Florens. Holde, süße, einzig Eine,
Sieh, von diesem Wort getroffen,
Steht mein Herz in Schmerzen offen,
Sieh, wie ich der Rede weine.
Nein, bei diesem Sonnenscheine,
Bei dem Himmelslicht, dem klaren,
Bei den heil'gen Engelschaaren,
Bei der Lieb', die in dir brennt,
Nur der Tod ist, was uns trennt:
Leb' wohl, Gott mag dich bewahren. geht ab.
Marcebille. Auf dem Felde wogt der Krieg
Seine Ankunft schon erwartend,
Wo die Christen siegend streiten
Rothe Kreuze in den Fahnen:
Wie das Blut nun ungestüm
In die Schlacht zu fließen wallet,
Zorn begegnet heißem Zorne
Im Triumf die Waffen schalten,
Und das Eisen zeigt die gier'ge
Kraft, so wie es lechzend starret
Nach dem Fleische, nach dem Blute,
Zornig lüstern nach dem Mahle. –
Ach du rother Sonnenschimmer,
Ach wann kommst du kühler Abend?
Wehen deine milden Lüfte
So wie gestern auf mich labend?
Als ein süßes Baumgeflüster
Und ein Duft von Blumen wallte,
Und der ferne Strom wie Musik,
Und die Wogen wie die Harfen,
Und dazwischen seine Worte
Paradiesisch hold erklangen;
Und ein Streben und Beleben
Und Verlangen und Ermatten,
In dem schönsten Freudentaumel
Hinzugeben sich, entbrannte,
Daß er nur die volle Liebe,
Die ihm lebt' und starb, erkannte.
Aus der lieben dunkeln Ferne
Klagten laut die Nachtigallen,
Die die labend kühlen Töne
In den Abendschimmer sandten,
Wie die Töne kamen, zogen,
Und in ihnen Sehnsucht hallte,
Waren sie wie dunkle Grotten,
Mit den Schatten, mit den kalten,
Und die Seele, die so brünstig,
Die so liebend, die so bange,
Wohnte wie in sichrer Kühle,
Ruhte wie in mildem Schatten:
Wie ein Zelt von Lebensbalsam
War es um uns her geschlagen,
Und wir hielten inn'ger, lieber,
Schmachtender uns noch umfangen. –
Ach, und wie entfremdet ist mir
Alles, da entfernt mein Gatte,
Ungetreu ist Wasser, Blume,
Vögel, die noch gestern sangen,
Und im innern Herzen Geister,
Die so muthig Flügel schwangen. –
Wirst du mir nicht wiederkehren?
Wozu dieses Zittern, Bangen?
Ja, dann sterb' ich freudig gerne,
Denn das Höchste, Einz'ge, Alles,
Was das Leben, was die Erde,
Was der Gottheit volle Gaben
Je gewähren, seine Liebe
Ward mir und ich konnte sagen,
Wie ich ihn geliebt: Erwünscht, Tod,
Wenn wir beide also starben. geht in das Haus.
Lealia. Selig Leben, selig Sterben,
Wann zuletzt Athem, Gedanke,
Wunsch und Wort zerschmilzt wie Gold
In dem einzigen Verlangen. geht ab.
Roxane. Wie die Rosen wiederkehren
Und in jedem Sommer prangen,
Wie die Bienen in den Blumen
Immer wieder finden Nahrung,
Wie die Morgenröthe nimmer
Säumt, den Himmel auszumahlen,
Also wird erfreut der Liebste
Zu der Liebsten wieder wandeln. geht ab.