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Jerusalem.
Felicitas, Euphrasia.
Euphrasia.
Nieder senkt sich schon mein Leben,
Mein Gefährte, den ich hatte,
Joachim, mein edler Gatte,
Ist dem Herren übergeben,
Und er wandelte voran.
Alles Sinnen, alles Trachten
Wendet sich nach jenem Lande,
Und ich fühl' im sanften Brande
Ganz mein sehnend Herz verschmachten,
Immer sucht es jene Bahn.
Jenen Frühling, jene Blüthen
Und der ew'gen Lilien Duft
In der warmen Lebensluft,
Die uns Engelshände bieten
Und mit Lächeln reichen dar.
Horch! die heil'gen Glocken läuten
Und sie rufen zur Capelle,
Wo von der geweihten Stelle
Psalmgesang von Himmelsbräuten,
Heil'gen Nonnen, tönt herab.
Da der Herr noch Kraft verleihet,
Will ich alle seine Spuren
Einmal noch in Fels und Fluren
Fromm besuchen, und erfreuet
Geh' ich in mein stilles Grab. geht ab.
Felicitas.
O der stillen Liebestreue!
Die nie zweifelt am Geliebten,
Die da weiß, daß die Betrübten
Er mit Gegenlieb' erfreue,
Wenn ihr Herz ihm nicht verzagt.
Freudengeschrei, Musik von außen.
Welch laut Getümmel, welche wilde Freude
Schlägt heut so ungestüm empor zum Himmel?
Ich sehe meinen Sohn: Trost, Augenweide,
Ja ihm, ihm gilt dies frohe Kriegsgetümmel,
Er kehrt zurück, geschmückt im Siegerkleide,
Umgeben von unzähl'gem Volksgewimmel.
Mein Sohn, mein kühner Leo! alle Schmerzen
Nimmst du mit edlem Thun aus meinem Herzen.
Leo tritt ein, die Löwin folgt ihm.
Leo. Geliebte Mutter, seid mir hoch willkommen.
Felicitas. Willkommen mir, daß du mir wohl behalten
Zurück kehrst. Hat der Streit ein End' genommen?
Leo. Ich ließ den Himmel und die Vorsicht walten.
Felicitas. Und ohne Wunden bist du mir gekommen?
Leo. Siegend, gesund; den Heiden wir vergalten
Die Tücke, die sie an den Pilgern übten,
Daß sie so manchen heil'gen Mann betrübten.
Der kleine Haufe, den ich mit mir führte,
Hat muthig stark für Kirch' und Gott gestritten,
Auf Fliehen dachte keiner, jeder spürte
Im Herzen, was für uns der Christ gelitten,
Daß Blut aus Wunden manche Brust roth zierte,
Mancher kehrt nicht, der mit uns ausgeritten,
Doch sind wir froh, daß wir den Sieg errangen,
Der König von den Heiden ist gefangen.
Und dieses Thier ohne Vernunft, der Leu,
Er zeigte auch zum Streite seine Lust,
Und wie er mir getreu gewogen sei,
Der mich gesäugt als Kind an seiner Brust,
Er stürzte auf sie ein mit wildem Schrei,
Daß viele sterben unter ihm gemußt;
Dann kam er wieder, sah in meinen Blicken,
Zu wem ich ihn im Kampfe wollte schicken.
Felicitas.
Geliebtes Kind, wie deine Reden tönen,
Erregen sie mir Schmerz in heitrer Freude;
Wie deine Jahre sich in Ruhm verschönen,
Seh' ich doch ungern, wie die Jugend scheide,
Die dich mit aller Anmuth sollte krönen,
Schwermuth nährt sich in dir vom stillen Leide,
So ruhmvoll bist du mir zurückgekehrt,
Doch immer vom verborgnen Leid verzehrt.
Leo.
Mutter, was andre Ritter Jugend nennen,
Was Kindheit war, blieb mir stets unbekannt,
Ich wollte keine Spiele, Scherze kennen,
Muthwill' und Lachen blieb ich abgewandt:
Auch jetzt will ich gern andern dieses gönnen,
In meinem Herzen spielt ein süßer Brand,
Von Andacht, Liebe, der taucht sich in Demuth
Und leuchtet in dem Thränenstrom der Wehmuth.
Drum wurde schon als Kind mein Herz erhoben,
Wenn ich an Kirche, Messe, Priester dachte,
Ich wünschte so wie du den Herrn zu loben,
Und wie die Sehnsucht inn'ger sich anfachte,
Stieg auch mein Sinn und Herz und Geist nach oben,
Bis es mich plötzlich liebevoll anlachte,
Dies Lächeln drang bis in mein tiefstes Leben,
Ich war nun ganz der höchsten Lieb' ergeben.
Mit tausend Seufzern, ach! mit süßen Klagen
Besucht' ich nun als Pilgrim alle Spuren,
Die uns im heil'gen Lande von ihm sagen,
Der schmerzlich litt für seine Creaturen;
Da konnt' ich weinend Fels und Steine fragen,
Ich küßt' entzückt die hochbeglückten Fluren,
Wo er gewandelt mit der gläub'gen Schaar,
Wo er Kind unter seinen Kindern war.
Dacht' ich nun, wie die Ungläub'gen ihn kränken,
Wie sie die heil'ge Jungfrau nicht verehren,
Die fromme Magd, die ihn uns wollte schenken,
Konnt' ich mich heißen Zürnens nicht erwehren;
Da mußt' ich wohl an Schwerdt und Lanze denken,
Ich wünschte mich vor tapfern Christenheeren,
In Blut zu rächen, was sie Gott verspotten
Und streng die Schaar der Heiden auszurotten.
So nahm ich Waffen, ließ mich Ritter weihen,
Nur ihm und seiner Kirche wollt' ich dienen,
Mich sollte Liebe nicht und Lust erfreuen,
Ein unvergänglich Licht war mir erschienen,
Ich mied sie nicht und durfte sie nicht scheuen
Die hellen Blicke, Lächeln, holde Mienen,
Was konnten sie dem Herzen wohl verkünden? –
Ach, dies verschwand, ich kann's nicht wieder finden!
Als ich den vor'gen Feldzug übernahm,
Gerieth ich in ein einsam Waldgehege,
Ein Brunnen durch die grüne Wildniß kam,
Ich ging ihm nach und suchte nach dem Wege,
Als ich plötzlich süßen Gesang vernahm,
Ich folgte still dem schmalen kleinen Stege
Und sieh, ich stand auf einer grünen Stelle,
Wo unter Blumen floß die blaue Welle.
Sinnend stand eine weibliche Gestalt,
Sah auf das Grün, sah in die Wellen nieder;
Nun fühlt' ich, wie die Schönheit übt Gewalt,
Als ich empfand den Wuchs, die schlanken Glieder,
Es war, als leuchtete um sie der Wald,
Als hallten Himmel, Erde, sie nur wider,
Als hätten Träume aus verfloßner Zeit
Von ihr nur, dieser Stunde prophezeit.
Die weiße Stirn von blondem Haar umflossen,
Ein blaues Auge ernst und lieblich milde,
Wangen und Mund von Wehmuth zart umgossen,
So rührend, daß gebeugt sich ihr der wilde
Panther und Leu, ich wäre unverdrossen
Jahrlang zu stehn vor diesem süßen Bilde,
In dem sich alle meine Wünsche spiegelten,
Vor dem sich die Gedanken all beflügelten.
Die Lilienblume hielt sie still betrachtend
In weißer Hand, das schöne Haupt geneiget,
Die Blume dünkte mich am Blick verschmachtend,
Sie lächelte, wie wenn man denkt und schweiget
Und den Gedanken schilt, so sanft verachtend,
Nein, nicht verachtend, wie sich oftmals zeiget,
In heil'gen Mienen Lächeln schnell enteilend,
Was Lächeln würde, blieb' es noch verweilend.
Mir stand im Herzen Mai und Frühling blühend,
Ein süß Ermatten hemmte all mein Leben,
Thränen und Töne, Träume kamen fliehend
Und wollten sich mit diesem Bild verweben,
Der Bach rief mir, die Blumen, Wolken ziehend,
Mir fern war ihrer Näh' ich hingegeben, –
Ach, wie erwacht' ich aus dem Traum geschwind, –
Die Einzige, – sie ist ein Heidenkind.
Wo Lilgen blühen kommt sie mir entgegen,
Aus Wald und Grün steigt mir ihr schönes Bildniß,
Die Welle singt von ihr, auf allen Wegen
Erscheint mir sie, tritt aus einsamer Wildniß,
In allem Denken will nur sie sich regen,
So jagt mich vor sich her dies helle Bildniß, –
Ja, diese Schmerzen, die aus Blumen drangen,
Die Noth aus ihrem Blick hält mich gefangen.
Ein Ritter tritt ein.
Ritter.
Der große Balduin, vom heil'gen Land
Der König, und Jerusalem, läßt sagen,
Es sei unwürdig eines Königs Hand
Nicht seine Schulden einmal abzutragen,
Er hat schon lange euren Werth erkannt,
Nie zögert ihr, das Blut für ihn zu wagen,
Nicht länger zögert er mit eurem Lohne,
Drum ruft er beide euch zu seinem Throne.
Felicitas.
Wir wissen, daß er edel ist, wir fühlen,
Wie gütig er der Seinigen gedenkt.
Leo. Das was wir thun, ist ungefähres Zielen,
Des Höchsten Hand dem Pfeil die Richtung lenkt,
Es schirmte unser Leid sich in dem kühlen
Schatten, den seine Macht uns hat geschenkt,
Doch folgen wir des Fürsten ernstem Rufen
Und nähern uns des goldnen Thrones Stufen.
sie gehen.