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Vorwort.

A ls Thackeray im Dezember des Jahres 1854 »The Rose and the Ring« dem Drucke übergab, äußerte er sich über den Ursprung dieser Kindergeschichte folgendermaßen:

»Es begab sich, daß der Unterzeichnete (Thackeray) die letztjährige Weihnachtszeit in einer fremden Stadt verbrachte, wo es viele englische Kinder gab.

»In jener Stadt nun konnte man, wenn man eine Kindergesellschaft geben wollte, nicht einmal eine Zauberlaterne beschaffen oder Schattenspiel-Figuren kaufen – jene drolligen kolorierten Bilder, den König, die Königin, den Liebhaber, die Dame, den Stutzer, den Offizier usw. vorstellend –, mit denen sich unsere Kleinen in dieser festlichen Zeit zu ergötzen gewohnt sind.

»Meine Landsmännin Miß Bunch, welche Gouvernante in einer kinderreichen Familie war, die den Piano Nobile desselben Hauses inne hatte, das ich mit meinen jungen Pflegebefohlenen bewohnte – es war der Palazzo Poniatowski in Rom, und die Gebrüder Spillmann, zwei der besten Kuchenbäcker der Christenheit, haben ihren Laden im Erdgeschoß – Miß Bunch also bat mich, eine Serie von Schattenspiel-Figuren zur Belustigung unserer jungen Welt zu zeichnen.

»Sie ist eine Dame von lebhafter und launiger Einbildungskraft, und als wir die Figuren beschaut hatten, verfaßten wir zusammen eine Geschichte dazu, die dann abends dem jungen Volk vorgetragen wurde und als Schattenspiel an unserem Kaminfeuer diente.

»Unsere jungen Zuhörer belustigten sich höchlich an den Abenteuern, welche Giglio und Bulbo, Rosalba und Angelika erlebten. Ich fühle mich verpflichtet, festzustellen, daß das Geschick des Türhüters beträchtliches Aufsehen erregte, und daß die Wut der Gräfin Schnauzibautz mit äußerstem Vergnügen aufgenommen wurde.

»Wenn es diesen Kindern Freude macht, dachte ich, warum sollen sich nicht auch andere daran belustigen? ...«

Und so wurde dieses Märchen- oder Schattenspiel in eine Erzählung mit drolligen Illustrationen verwandelt, die jedoch ihre Entstehung aus dem Stegreif auf keiner Seite verleugnet mit ihren burlesken Einfällen und dem sorglosen Geist tollen Übermuts, der sie erfüllt. Man merkt, wie der Verfasser, der sich damals schon durch seine Meisterwerke »Vanity Fair« und »Esmond« einen der ersten Plätze unter den Romandichtern seiner Nation errungen hatte, sich nun einmal ohne jeglichen Gedanken an die kritische Mit- oder Nachwelt völlig gehen läßt in harmlosem Scherz, ein Kind mit Kindern, indem er seinen kleinen Freunden dieses Märchenspiel zum besten gibt; nur kann er es sich nicht versagen, von Zeit zu Zeit mit wohlwollend satirischem Lächeln den Eltern, Onkeln und Tanten im Hintergrunde zuzublinzeln und hier und da auch eine satirisch-literarische Anspielung in den Text zu mischen.

Seit jenem ersten Auftreten im Palazzo Ponjatowski haben Prinz Giglio, Prinz Bulbo und die anderen hohen Herrschaften unseres Märchens sich dauernd in der englischen Kinderstube eingebürgert, wo ihre merkwürdigen Schicksale und spaßhaften Abenteuer immer neues Ergötzen und Gelächter hervorrufen, nicht zum mindesten wegen der unwiderstehlichen Komik der Illustrationen. Zwar mögen die italienischen Endungen der meisten Damen die Mehrzahl der jungen Leser fremder anmuten als jene ersten kleinen Zuhörer in Rom, und noch mehr gilt dies von denjenigen Eigennamen, die, wie Giglio und Bulbo, Cavolfiore und Spinachi, mit Stumpf und Stiel dem italienischen Zier- und Küchengarten entnommen sind; zwar wird die heutige Kinderwelt den Gegenden um das Schwarze Meer nicht mehr das begeisterte Interesse entgegenbringen, das die Nähe jener Gebiete vom Kriegsschauplatz auf der Krim in den patriotischen Gemütern der kleinen Engländer der fünfziger Jahre erweckte, die mit Vergnügen entdecken mochten, daß die Damen mancher paphlagonischen oder krimtatarischen Persönlichkeiten einen ähnlichen Klang hatten wie diejenigen der feindlichen Generäle und Minister in den täglichen Kriegsberichten.

Doch solche kleine ausländische Züge haben wenig zu bedeuten, wie denn auch das englische Gepräge der Erzählung nicht hindern wird, daß deutsche Kinderherzen sich noch nach 50 Jahren daran ergötzen.

Wir haben uns bei der Übersetzung des Werkes, das in der familiärsten englischen Umgangssprache geschrieben ist, bemüht, den ursprünglichen Charakter getreu zu wahren, und uns nur da zu unbedeutenden kleinen Änderungen oder Streichungen berechtigt gefühlt, wo die Anspielungen auf englische Zustände uns zu veraltet oder für den deutschen Leserkreis zu schwer verständlich schienen.

So übergeben wir das Büchlein erneut der Öffentlichkeit mit der Überzeugung, daß auch dieses Werk des berühmten englischen Schriftstellers verdient, in deutschen Landen bekannt und beliebt zu werden.

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