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Rund ist der reiche Bau, in dessen Kreise Als Mittelpunkt der schöne Garten liegt, Der alle, die mit größtem Ruhm und Preise Jemals geblüht, an Reizen weit besiegt. Irrgänge sind kunstreich verworrnerweise Durch Geisterhand rings um ihn her geschmiegt; Und in des vielverschlungnen Pfades Mitte Liegt er versteckt, unnahbar jedem Schritte. |
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2. |
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Durchs Hauptthor gehn die Ritter; denn sie sehen, Es zählet hundert Pforten der Palast. Die Thore von geformtem Silber drehen In goldnen Angeln ihre reiche Last. Die Ritter bleiben bei den Bildern stehen, Denn hier besiegt den Stoff die Arbeit fast. Zum Leben scheint nur Sprache zu gebrechen, Traust du dem Blick, so wähnest du, sie sprechen. |
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3. |
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Hier plaudert Herkules, ein Spinngeselle Mäon'scher Mägd', und hat des Rockens acht. Trug er die Stern' und zwang des Orkus Schwelle, So spinnt er jetzt; und Amor sieht's und lacht. Zum Hohn trägt Iole an seiner Stelle Mit schwacher Hand das Mordgerät der Schlacht. Die Löwenhaut auf ihrem weichen Rücken Scheint viel zu hart den zarten Leib zu drücken. |
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4. |
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Genüber ist ein Meer; die ganze Weite Der blauen Felder schäumt von grauer Flut. Zwei Flotten sieht man hier geschart zum Streite, Bewehrt; und aus der Wehr blitzt helle Glut. Gold flammt das Meer; und lodernd, scheint es, breite Um ganz Leukate sich des Krieges Wut. Rom führt August, Anton des Osts Barbaren, Der Araber, Aegypter, Indier Scharen. |
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5. |
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Als schwämmen die Cykladen auf den Wogen, Als stürmten Felsen gegen Felsen los, So kommt der Flotten Macht dahergezogen, So furchtbar ist der Schiffe rauher Stoß. Schon fliegen Pfeil' und Bränd' in weiten Bogen, Und neuer Mord bedeckt des Meeres Schoß. Sieh – und noch freut kein Sieger sich des Zieles – Sieh! da entflieht die Königin des Niles. |
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6. |
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Da fliehet auch Anton – und kann entsagen Der Hoffnung, die den Weltthron ihm verheißt? Nicht flieht er, nein! der Tapfre kann nicht zagen; Er folgt der Flücht'gen, die ihn mit sich reißt. Du sähest ihn, wie wenn mit tausend Plagen Scham, Lieb' und Zorn zugleich das Herz zerreißt, Bald schauen nach der Schlacht, die noch begriffen Im Schwanken ist, bald nach den flücht'gen Schiffen. |
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7. |
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Dann, von des Nils verborgner Schluft umfangen, Erwartet er in ihrem Schoß den Tod Und findet dort im Lächeln holder Wangen Den reichen Trost für alle seine Not. Mit solchen Bildern sahn die Ritter prangen Das hohe Thor, das ihnen Eingang bot; Und nun, sich wendend von der schönen Pforte, Gehn sie hinein zu dem verdächt'gen Orte. |
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8. |
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Wie der Mäander mit verirrter Welle Oft zwischen krummen Ufern zweifelnd weilt, Ins Meer die Wasser sendet, die zur Quelle, Und seinem eignen Lauf entgegeneilt, So, und verworrner, sind auf jeder Stelle Die Wege hier verwickelt und geteilt. Doch jenes Buch, vom Magus dargeboten, Zeigt alles deutlich an und löst den Knoten. |
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9. |
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Und wie sie nun dem Labyrinth entwallen, Wird gleich der schönste Garten offenbart: Hier stille Seen, bewegliche Kristallen, Dort Bäume, Blumen, Kräuter aller Art, Besonnte Höhn und schatt'ge Thaleshallen, Und Grott' und Wald, von einem Blick gewahrt; Und, was die Schönheit mehrt so holden Werken, Die Kunst, die alles schafft, ist nie zu merken. |
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10. |
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Es scheint – so mischt sich Künstliches dem Wilden – Als ob Natur den Garten angelegt Und sich bestrebt, der Kunst ihn nachzubilden, Die immer sonst ihr nachzubilden pflegt. Sogar die Luft, die ewig den Gefilden Ihr Grün bewahrt, wird durch Magie erregt. Stets sieht man Frücht' und Blüten sich gesellen; Die brechen auf, da jene reifend schwellen. |
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11. |
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Hier bricht die Feig' hervor, dort reift die Feige Am selben Stamm, vom selben Laub umfaßt. Der Apfelbaum trägt an demselben Zweige Der grünen und der goldnen Früchte Last. Daß sie der Sonne sich entgegenneige, Rankt sich die Reb' empor mit üpp'ger Hast; Hier blüht sie noch, dort schwillt der Traubenhülle Gold und Rubin von edler Nektarfülle. |
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12. |
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Wollüst'ge Tön' anmut'ger Vögel dringen Wetteifernd aus der grünen Nacht empor; Auch lockt die Luft mit ihren leichten Schwingen Aus Laub und Wellen manchen Ton hervor. Sie murmelt leiser, wenn die Vögel singen, Doch schweigen sie, dann rauscht der Lüfte Chor. Sei's Zufall oder Kunst: bald folgt den Liedern Der luft'ge Klang, scheint bald sie zu erwidern. |
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13. |
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Ein Vogel zeigt sich hier, ihn schmückt vor allen Des Schnabels Purpur, des Gefieders Pracht; Und alle Töne, die der Kehl' entwallen, Sind wie von Menschenzung' hervorgebracht. Jetzt läßt er wiederum Gesang erschallen, Des seltne Kunst ihn schier zum Wunder macht. Die andern schweigen all', um ihm zu lauschen, Und selbst die Winde hören auf zu rauschen. |
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14. |
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O siehe, sang er, wie die holde Rose Jungfräulich zart aus ihrer Knospe bricht; Erst halb enthüllt und halb versteckt im Moose Und schöner nur, je scheuer vor dem Licht! Jetzt öffnet sich die Brust, die hüllenlose, Dem West – und welkt und scheinet jene nicht, Nicht jene mehr, vorhin mit Liebestönen Ersehnt von tausend Buhlen, tausend Schönen. |
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15. |
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So schwindet, ach! mit eines Tages Schwinden Des Erdenlebens Blüt' und holdes Grün; Und ob wir auch den Frühling wieder finden, Nie wird uns jenes grünen mehr noch blühn. Pflückt denn die Ros' und laßt uns Kränze winden Am heitern Morgen vor des Mittags Glühn. Pflückt Amors Ros'; jetzt liebt, da Gegenliebe Noch lohnen mag des Herzens süßem Triebe! |
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16. |
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Der Vogel schweigt; und mit einstimm'gen Tönen Beifällig schallt der andern Vollgesang. Die Tauben küssen sich mit heißerm Stöhnen, Und jedes Tier fühlt neuer Liebe Drang. Der keusche Lorbeer, selbst die Eiche frönen, Das ganze Laubgeschlecht, dem süßen Zwang. Es scheint, daß Erd' und Meer von Lust durchdrungen Der Liebe weihn entzückte Huldigungen. |
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17. |
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Trotz solchem zarten Klang, trotz solcher Menge Von Schmeichelein und holdem Liebesflehn, Geht weiter dieses Paar und sucht mit Strenge Der Lockung süßer Lust zu widerstehn. Und durch das Laub der dunkeln Schattengänge Dringt jetzt der Blick, sieht oder glaubt zu sehn, Sieht wirklich dort der Liebenden Gekose; Er ruht im Schoß der Holden, sie im Moose. |
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18. |
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Ihr Busen wird vom Schleier nicht umfangen, Und Zephyr spielt im Haar, das ihn umschwebt. Sie schmachtet sanft, und die entflammten Wangen Bleicht holder Schweiß, der ihr Gesicht belebt. Im feuchten Auge funkelt voll Verlangen Ein Lächeln, wie der Strahl im Wasser bebt. Sie beugt sich über ihn; er hin sich gebend Ruht ihr im Schoß, den Blick zum Blick erhebend. |
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19. |
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Und lechzend selbst im Rausche der Genüsse Schmilzt er dahin in süßen Phantasien. Sie neigt das Haupt, um wollustreiche Küsse Vom Auge bald, den Lippen bald, zu ziehn. Er seufzt in diesem Augenblick, als müsse Die Seele jetzt aus seinem Busen fliehn Und gleich aus ihm in sie hinüberwandern. Verborgen lauschend stehn die beiden andern. |
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20. |
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Ein wunderbar Gerät hängt ihr zur Seiten, Ein glänzender Kristall, vollkommen klar. Sie steht auf und reicht ihm, dem Geweihten In die Geheimnisse der Lieb', ihn dar. Er glüht, sie lächelt, und zu gleichen Zeiten Nimmt jedes in Verschiednem Gleiches wahr: Ihr Spiegel ist das Glas; und er voll Wonne Bespiegelt sich in ihrer Augen Sonne. |
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Sie ist zu herrschen stolz, und er zu dienen; Sie ist es in sich selbst, und er in ihr. O wende, spricht er, diese holden Mienen, Die so besel'gen, Selige, zu mir! Kein wahrer Abbild ist dir je erschienen Von deinem Reiz als diese Flammen hier. Sein Bild, all' seine Wunder zeigt getreuer Als dein Kristall dir meines Busens Feuer. |
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O könntest du, verschmähst du mein Entzücken, Nur selber schaun dein himmlisches Gesicht: Wie würde dann – nichts kann dich sonst beglücken – Dein Auge schwelgen in dem eignen Licht! Kein Glas vermag solch Bildnis auszudrücken, Ein Paradies faßt solch ein Spiegel nicht. Der Himmel sei dein Spiegel; in den Sternen Kannst du allein dein Abbild kennen lernen! |
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Armida lächelt, ohne sich zu wenden, Und bleibt sich spiegelnd ihrer Arbeit hold. Sie flicht das Haar, sie ordnet mit den Händen, Was hie und da mutwillig sich entrollt. In Ringlein dreht sie nun die kleinen Enden Und streuet Blumen drauf, wie Schmelz auf Gold, Paart mit des Busens eigner Lilienfülle Die fremde Ros' und ordnet dann die Hülle. |
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So herrlich zeigt sich nie an stolzen Pfauen Der augenvollen Federn reiche Pracht; So Iris nicht, wann sie von Himmelsauen Im Gold- und Purpurtau hernieder lacht. Am schönsten ist der Gürtel anzuschauen, Den sie nicht von sich legt bei Tag und Nacht. Hier gab sie Körper körperlosen Dingen, Auch kann die Mischung keinem sonst gelingen. |
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Verliebten Trotz, mild ruhiges Versagen, Holdsel'ge Lockung, heitern Friedensmut, Süß Lächeln, Schmeichelein, halblaute Klagen Und feuchte Küss' und holde Thränenflut: Dies mischte sie und lehrt' es sich vertragen Und gab ihm Härt' an milder Fackelglut. Den Gürtel formte sie aus diesem allen Und ließ ihn leicht um ihre Hüfte wallen. |
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Das Kosen endend, nimmt nach ihrer Sitte Sie von ihm Abschied, küßt ihn und geht fort. Sie selbst verbringt des langen Tages Mitte Bei ihrem Zauberwerk an anderm Ort. Er bleibt im Garten, denn mit keinem Schritte Den Umkreis zu verlassen, heischt ihr Wort; Und sinnend irrt er zwischen Wild und Bäumen, Wenn nicht mit ihr, einsam in Liebesträumen. |
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27. |
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Doch hat die Nacht sich freundlich eingefunden Und ruft zurück zu süßen Dieberein, Dann feiern sie der Liebe sel'ge Stunden Im Garten, unter einem Dach allein. Kaum nun verläßt Armida, streng gebunden Durch ernstre Pflicht, den wonnevollen Hain, Als aus dem Waldgebüsch die Ritter beide Rinalden nahn in prächt'gem Kriegsgeschmeide. |
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28. |
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Dem Rosse gleich, das, von dem edlen Zwange Siegreicher Waffen lange schon getrennt, Auf Weiden irrt in schnödem Müßiggange Und in der Glut verbuhlter Liebe brennt, Doch nun, vom Stahlblitz, vom Drommetenklange Geweckt, laut wiehernd ihm entgegenrennt Und schon die Kampfbahn wünscht und schon bestiegen Von seinem Herrn mit Kriegenden zu kriegen, |
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So ward der Jüngling, als das stolze Prunken Der Waffen plötzlich ihm ins Auge sprang. Ihr Blitz entflammt' in ihm des Mutes Funken, Des kriegerischen Geistes kühnen Drang, Obwohl er längst, von süßer Wollust trunken, Sich eingewiegt in weichen Müßiggang. Jetzt naht Ubald und zeigt in vollem Lichte Den Demantschild des Jünglings Angesichte. |
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30. |
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Kaum daß er auf den Schild die Blicke wendet, Wird er in ihm sein ganzes Bild gewahr, Sieht eiteln Putz an seinen Leib verschwendet, Von Wollust duftend sein Gewand und Haar, Und an der Seite, weibisch und verschändet Durch üpp'ge Pracht, das Schwert, das Schwert sogar. Es scheint so ausgeschmückt nur eitle Zierde, Ein schlechtes Werkzeug kriegrischer Begierde. |
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31. |
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Gleichwie ein Mann, von schwerem Schlaf umnachtet, Zu sich zurückkehrt aus verwirrtem Graun, So jetzt Rinald, da er sich selbst betrachtet; Doch lange nicht erträgt er dieses Schaun. Das Auge sinkt, er zittert, er verachtet Sein eignes Selbst; sein Blick starrt auf die Aun. Verbergen möcht' er sich in Flammenschlünden, Im Meeresschoß und in der Erde Gründen. |
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32. |
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Und jetzt begann Ubald ihn zu ermahnen: Zum Kriege zieht Europas, Asiens, Macht. Wer Ruhm begehrt und treu blieb Christi Fahnen, Durchkämpft in Syrien jetzt manch heiße Schlacht. Nur dich, o Sohn Bertholds! fern jenen Bahnen In engem Winkel müßig, sonder Acht, Dich rühret nicht das Weltenungewitter, Dich, eines Weibes auserlesnen Ritter! |
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Welch dumpfer Schlaf läßt deinen Mut erkranken? Welch schnöder Wahn verlockt dein edles Blut? Auf! auf! dich rufen Gottfried und die Franken, Und Glück und Sieg erwarten deinen Mut. Verhängnisvoller Held! Komm ohne Wanken, Vollende jetzt dein Werk. Die freche Brut, Die du erschüttert längst, zu Boden werfe Dein Schwert sie ganz mit unfehlbarer Schärfe! |
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34. |
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Er schweigt; der edle Jüngling steht beklommen, Versteinert, sprachlos; doch nur kurze Zeit. Als aber Zorn den Platz der Scham genommen, Zorn, der zum Kämpfer der Vernunft sich weiht; Als statt der Röt' ein neues Feu'r entglommen, Das um sich greift mit größrer Heftigkeit, Da reißt er ab den eiteln Schmuck, der weichen Umhüllung Pracht, des Knechttums niedre Zeichen, |
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Und treibt zum Gehn und eilt mit hast'ger Schnelle Durch des verschlungnen Labyrinths Gebiet. Armida, die indes vor ihrer Schwelle Den Wächter des Palasts erschlagen sieht, Schöpft erst Verdacht; und bald in klarer Helle Wird sie gewahr, daß der Geliebte flieht, Und siehe ihn – o Anblick voller Grauen! Enteilen schon den wonnereichen Auen. |
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Sie wollte schrein: Barbar! mich willst du meiden? Doch jeden Laut verschließt der herbe Gram; Und jedes Wort zur Mehrung ihrer Leiden Fällt auf das Herz zurück, aus dem es kam. Sie sieht – o Schmerz! – den Vielgeliebten scheiden, Den höh're Macht aus ihren Armen nahm. Sie sieht es ein; und doch, um ihn zu halten, Versucht sie noch umsonst des Zaubers Walten. |
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Was je Unheil'ges dem befleckten Munde Thessal'scher Druden mit Gesumm entquoll; Was die Gestirne hemmt am Himmelsrunde Und Schatten ruft aus Gräbern schauervoll: Wohl wußte sie's; doch nicht all' ihre Kunde Wirkt, daß nur Antwort aus der Höh' erscholl. Sie läßt die Zauberein, um zu erspähen, Ob zauberischer sei der Schönheit Flehen. |
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38. |
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Sie eilt ihm nach, sorglos um Ehr' und Schande. Ach! wo ist jetzt der Siege Ruhm und Lohn? Hin wälzte sie und her die weiten Lande Der Liebe sonst mit einem Winke schon; Und ihr, sich gleich an Stolz und Unbestande, War Liebe lieb, der Liebende zum Hohn. Sie selbst gefiel sich nur, sonst mocht' an allen Nur ihrer Augen Wirkung ihr gefallen. |
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39. |
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Und nun versäumt, verspottet, aufgegeben, Folgt sie dem Flüchtling, dem Verräter nach Und sucht durch Thränen ihren Reiz zu heben, Verschmähte Gabe, für sich selbst zu schwach. Sie eilt hinab; die zarten Füße beben Nicht vor dem Eis, des Felsens Ungemach. Geschrei fliegt vor ihr her als Bot' und Rufer; Doch ihn erreicht sie nicht, eh' er das Ufer. |
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O, ruft sie, du, der mit bethörtem Wähnen Nimmt und zurückläßt einen Teil von mir, Nimm diesen auch; wo nicht, so laß mir jenen, Ach! oder töte beide! Bleibe hier, Nimm meine letzten Worte, meine Thränen, Nicht Küsse; die geb' eine Beßre dir. Was fürchtest du, Treuloser, zu verziehen? Du kannst verweigern, denn du konntest fliehen. |
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Da spricht Ubald zu ihm: Nicht widerstehen Der letzten Bitte darf dein Edelmut. Sie kommt mit Reiz bewaffnet und mit Flehen, Das sie versüßt durch herbe Thränenflut. Wenn du Sirenen hören kannst und sehen Und doch besiegst – wer gleichet dir an Mut? So wird Vernunft zur Herrscherin der Sinne Und läutert sich in ruhigem Gewinne. |
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Da blieb der Ritter stehn, bis sie mit Keuchen Und überströmt von Thränen zu ihm kam. Nie war ein Schmerz dem ihren zu vergleichen, Und doch besiegt ihr Reiz noch ihren Gram. Sie schaut ihn an und läßt den Blick nicht weichen Und schweigt aus Zorn, Nachdenken oder Scham. Er schaut nicht auf, und sollt' er's dennoch wagen, Ist' ein verstohlner Blick voll Scheu und Zagen. |
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Dem Sänger gleich, der mit geübter Kehle, Eh' er erhebt der Stimme vollen Klang, Durch Läufe sanften Tons des Hörers Seele Zu stimmen sucht für seinen Kunstgesang, Sucht diese, die, ob bittrer Schmerz sie quäle, Nicht ganz vergißt den künstlich schlauen Gang, Durch leise Seufzer, die der Brust entschwimmen, Für ihre Worte das Gemüt zu stimmen. |
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Dann fing sie an: Ich will dich nicht beschweren Mit Klagen, wie der Liebende sie klagt. Wir waren es; willst du's zu sein dir wehren, Ja, wenn der Lieb' Erinnrung schon dich plagt, So hör' als Feind; auch diese ja gewähren Bisweilen, was ein Feind zu bitten wagt. Was ich verlange, kannst du mir erlauben, Ohn' irgend etwas deinem Haß zu rauben. |
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Trifft mich dein Haß und macht er dir Vergnügen, Genieße sein, er sei dir nicht geraubt. Du nennst ihn recht: es sei! Ich will nicht lügen, Ich haßt' euch auch, und selbst dein teures Haupt. Als Heidin wuchs ich auf, und List und Trügen Schien zum Verderb der Christen mir erlaubt. Dir folgt' ich, fing dich, führte dich in Banden Vom Heere fern nach weit entlegnen Landen; |
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Und füg' hinzu – du wirst noch mehr mich hassen, Denn schimpflicher und schlimmer scheint dies doch – Durch Liebeslockung sucht' ich dich zu fassen; Und arger Trug und Frevel ist es doch, Die jungfräuliche Blüte pflücken lassen, Die Schönheit beugen unter fremdes Joch; Sie als Belohnung Tausenden versagen, Um als Geschenk sie einem anzutragen! |
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Sei dieses auch in meiner Sünden Menge! Weg treibe dich von dieses Eilands Bord So große Schuld; veracht' in deiner Strenge Den einst so teuern, so geliebten Ort. Geh hin, schiff' übers Meer; greif an, bedränge, Stürz' unsern Dienst! Ich treibe selbst dich fort. Was sag' ich unsern? Nicht mehr mein! Ich wähle Nur dich allein zum Abgott meiner Seele. |
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48. |
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Dies nur sei mir vergönnt: mit dir zu gehen! Die Bitt' ist selbst bei Feinden klein genug. Nicht wird der Räuber seinen Raub verschmähen, Und dem Triumph folgt der Gefangnen Zug. Mich soll das Heer bei deiner Beute sehen; Noch dies erhebe deines Ruhmes Flug, Daß du, die dich verachtete, verachtet; Sei als verschmähte Sklavin ich betrachtet! |
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49. |
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Verschmähte Sklavin! Ha, für wen bewahren, Die du verachtest, dieser Locken Pracht? Geraubt sei ihre Länge diesen Haaren! Als Sklavin will ich auch der Sklavin Tracht. Ich folge dir bis in der Feinde Scharen, Bis in das heißeste Gewühl der Schlacht. Wohl hab' ich Mut und Kraft, um ohne Zagen Dein Roß zu führen, deinen Speer zu tragen. |
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50. |
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Schildträger, Schild – wozu du mich erkoren, Ich bin es gern; für dich wird alles leicht. Mir muß das Schwert den Busen erst durchbohren, Den nackten Hals, bevor es dich erreicht. So grausam wohl ist kein Barbar geboren, Der, mich zu schonen, nicht von dir auch weicht Und selbst der Rache schreckliches Vergnügen Den Reizen opfert, die nicht dir genügen. |
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51. |
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Weh mir! Noch bin ich stolz? Noch will ich prangen Mit diesem Reiz, dem alle Macht gebricht? – Sie führe fort; doch Flut entströmt den Wangen, Der Quelle gleich, die aus dem Felsen bricht. Nun will sie nach der Hand, dem Mantel langen Mit fleh'nden Blicken; doch er leidet's nicht. Er kämpft und siegt und läßt der Liebe Sehnen Nicht in sich ein, und nicht hinaus die Thränen. |
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In seinem Busen, durch Vernunft erkaltet, Facht Liebe nicht die alten Flammen an. Das Mitleid nur, war züchtiger gestaltet, Doch ihr Gefährte, schmiegt sich sanft hinan, Indem es so im weichen Herzen waltet, Daß er die Thränen kaum verbergen kann. Doch hält er in sich diese zarte Regung Und zähmt, so gut er weiß, Blick und Bewegung. |
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Armida, spricht er dann, mich quält dein Kränken. O könnt' ich, wie ich's wünschte, dich befrein Von so unsel'ger Glut und Ruhe senken In deine Brust! Nicht Haß noch Zorn ist mein, Noch will ich Rache, noch der Schuld gedenken, Noch sollst du Sklavin mir, noch Feindin sein. Du hast gefehlt, wahr ist es; übertrieben Hast du die Weis' im Hassen wie im Lieben. |
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Doch menschlich sind und häufig diese Fehle; Dich schützen Glaube, Jugend und Geschlecht. Ich fehlte selbst; wenn ich auf Nachsicht zähle, Hab' ich zur Strenge gegen dich kein Recht. Wert bleibe dein Gedächtnis meiner Seele, Durch keine Freud' und keinen Schmerz geschwächt. Ich will dein Ritter sein, wenn mir's erlauben Der heil'ge Krieg, die Ehre samt dem Glauben. |
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55. |
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Mög' unser Irrtum nun auch dir mißfallen Und hier das Ende sein der schnöden Lust! Ihr Grab sei dieser öde Strand; verhallen Soll ihr Gedächtnis selbst aus unsrer Brust. Bleib' in Europa, in den Ländern allen Von meinen Werken dies nur ungewußt. Nicht sei entehrt durch dieses Schimpfes Bürde Dein Königsblut, dein Reiz und deine Würde! |
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56. |
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In Frieden bleib; ich gehe; mich begleiten – So will es, der mich führet – darfst du nicht. Bleib, oder mag ein andrer Weg dich leiten, Und stille dein Gemüt nach ernster Pflicht. Sie blickt, indem er's sagt, nach allen Seiten Unruhig, wild, mit finsterm Angesicht. Schon lange Zeit verächtlich, übermütig Schaut sie ihn an; nun bricht sie aus, wie wütig: |
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57. |
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O, nimmer hat in zärtlicher Erwarmung Aus Azzos Blut Sophia dich gezeugt; Nein, nur des Meers und Kaukasus Umarmung! Dich hat Hyrkaniens Tigerin gesäugt. Was hehl' ich noch? Hat menschlicher Erbarmung Das Ungeheur den wilden Sinn gebeugt? Entfärbt' er sich? Entlockten meine Schmerzen Dem Auge Thränen, Seufzer nur dem Herzen? |
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58. |
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Was soll ich übergehn und was erwidern? Er weiht sich mir, die er verläßt, verhöhnt. Ein edler Held, verzeihet er dem niedern Besiegten Feind und wünscht ihn sich versöhnt. Hört, wie er rät! Hört, wie der Mund des biedern Xenokrates von Liebesweisheit tönt! O Himmel! Götter! Frevlern gebt ihr Schonung Und stürzet Türm' und eure Tempelwohnung? |
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59. |
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Geh nur, Grausamer, geh mit diesem Frieden, Den du mir schenkest; geh, verhaßte Brut! Bald folg' ich nach, nie mehr von dir geschieden, Ein nackter Schatten, ein Gespenst der Wut, Mit Brand und Schlangen, gleich den Eumeniden; Der Liebe gleich sei meiner Rache Glut! Und solltest du – will's das Geschick – entgangen Dem Meer, den Klippen, bis zur Schlacht gelangen: |
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60. |
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Dann, Bösewicht, im Blut und unter Leichen Daliegend zahlst du meiner Qualen Lohn! Dann rufst du mit dem letzten, schweren Keuchen Armidens Namen – o, ich hör' es schon! Sie endet nicht, denn ihre Sinne weichen, Und unvernommen bleibt der letzte Ton. Sie sinkt dahin und überströmt die Glieder Mit kaltem Schweiß und schließt die Augenlider. |
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61. |
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Dein Auge sinkt, Armida; dir beneidet Den letzten Trost das geizige Geschick. Elende, schau' empor! Warum nicht weidet An deines Feindes Thränen sich der Blick? Ach, hörtest du die Seufzer, da er scheidet, Wie mildern würd' ihr Ton dein Mißgeschick! Er gibt, was er vermag – du siehst's nicht, Arme! – Er sagt dir lebewohl mit bitterm Harme. |
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62. |
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Was soll er thun? Auf diesem nackten Hügel Verlassen sie, halb lebend, halb erstarrt? Ihn fesselt Großmut, Mitleid hemmt die Zügel; Notwendigkeit entreißt ihn kalt und hart. Er geht, und Zephyr spielt mit leichtem Flügel Im Haar der Jungfrau, die Geleit ihm ward. Rasch fliegt das goldne Segel durch die Wogen; Er sucht das Land, und schon ist's ihm entzogen. |
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63. |
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Als jene sich erholt und sieht am Strande, So weit sie schauet, alles stumm und tot, Da ruft sie: Floh er doch? Und war imstande, Mich zu verlassen hier, in Todesnot? Nichts hielt ihn auf? War's möglich, daß am Rande Des Grabes selbst er mir nicht Hilfe bot? Und lieb' ich noch? Am Ufer hier, unschlüssig Und ungerächt, wein' ich und sitze müßig? |
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64. |
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Wozu noch Thränen? Hab' ich keine Waffen, Als diese mehr? Auf, nach ihm! Nicht geruht! Der Himmel soll ihm keine Freistatt schaffen, Der Abgrund nicht ihn bergen meiner Wut. Ich hab', ich halt' ihn! Aus dem Busen raffen Will ich sein Herz, Beispiel der Frevlerbrut. Der Bosheit Meister, ihn will ich beschämen In seiner Kunst – doch eitles Unternehmen! |
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65. |
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Weh dir, Armida! Als du ihn gefangen, Da sollte deine Macht – er war es wert – Dem Wütrich wüten. Jetzt, da er entgangen, Sind Haß und Zorn zu spät zurückgekehrt. Und dennoch sei nicht fruchtlos mein Verlangen, Wenn Schönheit, List noch ein'ge Kraft bewährt. O mein verschmähter Reiz, dein ist die Sache; Du bist beleidigt, gib denn du mir Rache! |
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66. |
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Wohlan! Sei diese Schönheit dem zum Lohne, Der sein verfluchtes Haupt vom Rumpfe schlug. Ihr tapfern Buhlen, auf zum Rächerfrone! Schwer ist das Werk, doch ehrenvoll genug. Ich, reich an Schätzen, Erbin einer Krone, Bin Lohn für einer Rachethat Vollzug. Wenn ich für diesen Preis den Wert nicht habe, Dann, Schönheit, bist du mir unnütze Gabe! |
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67. |
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Unsel'ge Gab', auf ewig sei verloren! Die königliche Würd' ist mir verhaßt, Das Leben selbst. O wär' ich nie geboren! Nur Rach' erleichtert mir des Daseins Last. So hat sie mit ersticktem Laut geschworen Und findet nicht am öden Ufer Rast; Wohl zeugt von ihrer Wut der Wangen Glühen, Der Locken Wildheit und der Augen Sprühen. |
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68. |
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Sie eilt ins Schloß und ruft mit grausem Munde Dreihundert Götter zu sich vom Avern. Mit Wolken füllt der Himmel sich zur Stunde, Und es erblaßt der ew'ge, große Stern; Sturm schüttelt das Gebirg' in seinem Grunde, Und unten braust die Hölle tief und fern. Den weiten Umfang des Palasts erfüllen Geheul und Zischen und Gebell und Brüllen. |
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69. |
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Ein Dunkel, finstrer als der Nächte Grauen, Hüllt undurchdringlich ihn in Schatten ein; Auf Augenblicke nur erhellt die Auen Furchtbarer Blitze dunkelroter Schein. Nun weicht die Nacht, die Sonne läßt sich schauen Mit bleichem Strahl, doch ist die Luft nicht rein; Und vom Palast ist keine Spur vorhanden, Noch sagen läßt sich: Hier ist er gestanden! |
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70. |
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Wie in der Luft ein Bau gewalt'ger Massen, Durch Wolkenflug geformt, doch flüchtig nur, Wenn ihn die Sonne schmelzt, ihn Stürme fassen, Vergeht wie Krankentraum ohn' alle Spur, So schwand das Schloß; nichts wird zurückgelassen Als Felsgeklüft und Grauen der Natur. Armida steigt in den bereiten Wagen Und wird nach ihrer Weis' emporgetragen. |
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71. |
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Auf Wolken fährt wie hin, die Lüfte teilend, Und Wettergraus und Sturm sind ihr Gewand. Sie schaut, den Kreis des andern Pols durcheilend, Gestad' und Völker, uns noch unbekannt; Läßt Herkuls Grenzen hinter sich, nicht weilend Am Strand Hesperiens, noch am Mohrenstrand, Und lenkt den Lauf nicht eher von den Wogen, Als bis sie Syriens Sandgestad' erflogen. |
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72. |
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Sie eilt nicht nach Damask, will nicht mehr schauen Das Vaterland, das einst ihr alles galt, Und lenkt den Flug nach jenen öden Gauen, Wo rings Gewässer ihre Burg umwallt. Hier meidet sie die Diener und die Frauen, Wählt mit Bedacht einsamen Aufenthalt Und gibt sich hin des Zweifels wilden Kämpfen; Doch bald gelingt dem Zorn, die Scham zu dämpfen. |
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73. |
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Fort, spricht sie, fort, eh' mit des Osts Vasallen Aegyptens König sich ins Feld bewegt! Umformung jeder Art soll mir gefallen, Erneuung jeder Kunst, die ich gepflegt. Her, Pfeil und Schwert! Gedient den Mächt'gen allen, Daß um die Wett' ihr Eifer werd' erregt! Und kann ich Rache nur zum Teil erjagen, So will ich nicht nach Zucht und Ehre fragen. |
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74. |
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Nicht tadle mich mein Oheim und mein Hüter; Er wollt' es so, er klage selbst sich an. Zu schlechtem Thun für weibliche Gemüter Führt' er zuerst den stolzen Geist hinan. Er raubte mir das köstlichste der Güter, Die edle Scheu, und störte meine Bahn. Ihm fällt zur Last die Schuld unwürd'ger Dinge, Die ich vollbracht aus Lieb', aus Zorn vollbringe. |
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75. |
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So redet sie und sammelt ohne Weilen Fraun, Ritter, Knappen, ihre ganze Macht Und wendet Kunst und Schatz in allen Teilen Auf Kleider und Gerät von seltner Pracht. Dann zieht sie fort und läßt nicht ab zu eilen, Hält keine Rast bei Tage noch bei Nacht, Bis sie erscheint, wo ihre Freunde standen Geschart auf Gazas sonnereichen Stranden. |