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Kaum aber, daß in Staub die Trümmer sanken Des großen Thurms, der Zion hart gekränkt, Als schon Ismen die eifrigen Gedanken Auf neue Mittel zur Verteid'gung lenkt. Verwehren will er jenen Wald den Franken, Der ihnen Holz zum Kriegsgeräte schenkt; Damit sie nicht mit neu erbauten Türmen Die schwer bedrängte Königstadt bestürmen |
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2. |
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Nicht fern vom Lager ruht in tiefem Grunde, Von Höhn umringt, ein alter Hain versteckt, Der hoher Bäume voll weit in die Runde Die grauenhaften, gift'gen Schatten streckt. Hier wird beim Glanz der hellen Mittagstunde Nur trüber, ungewisser Schein entdeckt, So wie er graut durch dichte Wolkenlage, Wenn Tag der Nacht folgt, oder Nacht dem Tage. |
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3. |
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Doch scheidet nun die Sonne – plötzlich gatten Sich Nacht, Gewölk und Finsternis und Graus, Die wie mit Höllenqualm das Aug' umschatten Und tilgen allen Mut im Herzen aus. Kein Hirt, kein Bauer führt auf diese Matten Sein Ackervieh und seine Herd' hinaus. Kein Wandrer naht, er sei den fehlgegangen; Weit zieht er um und zeigt dahin mit Bangen. |
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4. |
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Mit ihren Buhlen ziehn die Unholdinnen Auf Wettergraus, der sich in Wolken ballt, Bei Nacht hierher zu scheußlichem Beginnen, Als Drachen diese, jen' in Bocksgestalt. Gelockt von einem Trugbild, das den Sinnen Ergötzen lügt, begehn in diesem Wald Mit ekelhaftem Pomp die rohen Gäste Unreine Mahl' und wilde Hochzeitsfeste. |
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5. |
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So glaubte man; und keiner aus den Landen Wagt' einen Zweig von diesem Wald zu haun; Die Franken wagten's, weil sie hier nur fanden, Was nötig ist, ihr Sturmgerät zu baun. Der Magus nun – sobald die Nacht vorhanden, Die nächste Nacht nach jener That voll Graun – Eilt heimlich nach des Waldes dunkeln Reichen, Zieht seinen Kreis und bildet seine Zeichen. |
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6. |
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Gurtlos, nackt einen Fuß, steht er im Kreise Und summt den kräftig zaubrischen Gesang; Kehrt dreimal nach dem Ost und gleicherweise Dreimal sein Antlitz nach dem Niedergang, Und schüttelt dreimal mit dem mächt'gen Reise, Das oft die Toten aus dem Grabe zwang, Und stampft dreimal den Grund mit nacktem Fuße; Nun hebt er an mit wildem Zaubergruße: |
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7. |
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Hört, hört, o ihr, die von den Sternenthronen Der Wetterstrahl geschleudert in die Nacht! Ihr Geister, die das Reich der Luft bewohnen, Durch die der Sturm erbraust, der Donner kracht; Und ihr, die in des Orkus Regionen An Schuld'gen üben rächerische Macht; Euch, Bürger des Avern, ruf' ich zusammen, Und dich, du Fürst des argen Reichs der Flammen! |
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8. |
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Euch geb' ich diesen Wald und diese Bäume, Die ich mit Fleiß gezählt, in sichre Hut; Und, wie der Geist bewohnt des Körpers Räume, In jedem Baum wohn' einer eurer Brut, Damit der Franken Schar flieh' oder säume Beim ersten Hieb aus Furcht vor eurer Wut. So sprach Ismen; die andern Lästerungen Sind wiederholbar nur für Frevlerzungen. |
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9. |
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Der Sterne Schar, die mit des Glanzes Fülle Die Nacht geschmückt, erbleicht, indem er spricht; Der Mond wird trüb' und birgt in Wolkenhülle Sein zwiefach Horn und deckt das Angesicht. Allein Ismen verdoppelt sein Gebrülle: Beschworne Geister, noch erscheint ihr nicht? Was zögert ihr? Bedarf's, daß man mir fröne, Wirksamre noch, geheimnisvollre Töne? |
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Durch langen Nichtgebrauch hab' ich der Kunde Des stärksten Zauberbanns noch nicht entsagt. Noch kann auch ich mit blutbeflecktem Munde Den Namen nennen, dem das Weltall zagt, Vor dem die Höll' erbebt im tiefsten Grunde, Dem Pluto selbst zu widerstehn nicht wagt. Und wenn – und wenn – er schweigt; denn eh' er endet, Gewahrt er schon, der Zauber sei vollendet. |
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11. |
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Er hört heran unzähl'ge Geister brausen, Wovon ein Teil wohnt in der Luft zerstreut, Ein Teil hervorsteigt aus den tiefen Klausen Der Unterwelt, wo ew'ges Dunkel dräut. Sie zögern, fürchtend jenes Wort voll Grausen, Das ihrem Heer der Waffen Brauch verbeut; Doch wehrt es ihnen nicht, in diesen Forsten In Stämmen und im Laubgebüsch zu horsten. |
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Der Zaubrer kehrt nach seines Plans Vollbringen Zum König heim und spricht mit frohem Ton: Herr, fasse Mut die Sorgen zu bezwingen, Denn sicher ist dein königlicher Thron. Nicht wird's dem Franken, wie er glaubt, gelingen, Mit neuem Sturmgerät uns zu bedrohn. So spricht er und erzählt ihm von dem Werke, Das er vollbracht durch seine Zauberstärke. |
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13. |
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Er fügt hinzu: Nach himmlischen Beschlüssen Künd' ich ein gleich Erfreuliches dir an. Ich sage dir, Mars und die Sonne müssen Bald sich vereinen in des Löwen Bahn, Und ihre Glut wird nicht von Regengüssen, Von Tau, von Lüften Mildrung nicht empfahn; Denn alles, was erscheint am Sternensitze, Verkündet uns die größte Dürr' und Hitze. |
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Ein Brand wird sein, wie kaum die Nasamonen, Kaum die versengten Garamanten sehn. Uns in der Stadt zwar wird er mehr verschonen, Da Wasser uns und Schatten nicht entstehn; Doch die das dürre, trockne Land bewohnen, Der Franken Völker, werden schier vergehn; Und sie, gebändigt durch des Himmels Plagen, Wird leicht hernach Aegyptens Heer erschlagen. |
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Du siegst im Ruhn; drum folge meiner Rede Und suche nicht des Krieges Sorg' und Lst. Doch treibt Argant, des wilder Hochmut jede, Auch ehrenvolle Ruhe flieht und haßt, Zudringlich, wie er pflegt, dich an zur Fehde, So zähme, wie es sei, den stolzen Gast; Denn das Verhängnis wird mit günst'gen Händen Bald Frieden dir, und Krieg dem Feinde spenden. |
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Dies hörend hofft der Fürst des Reiches Dauer Und fürchtet nun nicht mehr der Feinde Macht. Ausbessern ließ er schon zum Teil die Mauer, Wo ihr der Widder Wunden beigebracht; Doch seine Sorge wird trotzdem nicht lauer, Und auch der kleinste Schaden wird bedacht. Sein ganzes Volk, die Bürger wie die Knechte, Arbeitet hier, und nimmer ruht die Rechte. |
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17. |
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Allein Bouillon, der wohl mit Grund sich scheute, Zum Angriff auf die feste Stadt zu ziehn, Bevor er seinen Hauptturm nicht erneute Und andres Sturmzeug, das ihm nötig schien, Sandt' unterdes die Schar der Zimmerleute In jenen Wald, der oft ihm Holz verliehn. Sie gehn dahin beim ersten Morgengrauen; Doch Furcht hemmt ihren Schritt, da sie ihn schauen. |
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18. |
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So wie ein Kind, wann Larven es umschweben, Das Auge nicht empor zu richten wagt Und in der Nacht, von Finsternis umgeben, Vor selbstgeschaffnen Ungeheuern zagt, So stehn erschreckt die Zimmrer da und beben Und wissen nicht, was für ein Gram sie plagt; Wenn ihre Furcht nicht Wunder mag gebären, Graunvoller noch als Sphinxe samt Chimären. |
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19. |
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Die Leute fliehn zurück in vollem Schrecken Und mengen Sach' und Wort so wunderbar, Daß beim Bericht sie nur Gespött erwecken; Denn keiner hält den Zauberspuk für wahr. Nun schickt der Feldherr nach des Waldes Strecken Der kühnsten Krieger auserlesne Schar Den andern zum Geleit, um bei den Werken, Die er verordnet, ihren Mut zu stärken. |
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20. |
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Wie diese sich dem Forst genähert hatten, Den sich zum Sitz der Geister Schar erkor, Erblickten kaum sie jene schwarzen Schatten, Als auch sogleich ihr Blut zu Eis gefror. Doch dringen sie, des Mutes feig Ermatten Durch kecken Schein verbergend, weiter vor Und kommen bis dahin, wo sie mit Grauen Den Zauberort ganz nahe vor sich schauen. |
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21. |
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ZUnd plötzlich dringt aus dem Gebüsch ein Brausen, Wie wenn der Erde tiefer Schoß zerlechzt. Sie hören ringsumher die Winde sausen; Es stöhnt, wie Meerflut zwischen Klippen ächzt. Der Löwe brüllt, die Schlange zischt voll Grausen, Es heult der Wolf, die Eule seufzt und krächzt, Die Donner rollen, die Drommeten dröhnen; Ein einz'ger Ton gleicht so verschiednen Tönen. |
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Da sieht man der Krieger Wang' erbleichen, Und bange Furcht erscheint im Angesicht. Noch weiter fort zu gehn, nur nicht zu weichen, Dazu bewegt sie nicht Vernunft noch Pflicht; Denn der verborgnen Macht furchtbaren Streichen Zu widerstehn, g'nügt die Bewaffnung nicht. Sie fliehn zuletzt, und einer von der Wache Erzählt entschuld'gend dem Bouillon die Sache: |
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Herr, keiner unter uns wird ferner wagen, Den Wald zu haun, denn er ist so bewacht, Als ob sein Haus dort Pluto aufgeschlagen; Ja, ich beschwör's, nicht falsch ist der Verdacht. Dreifaches Erz muß um den Busen tragen, Wer ohne Beben schaut in jene Nacht, Und fühllos sein, wer hören kann, wie zwischen Den Donnerknall sich mengt Gebrüll und Zischen. |
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24. |
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So redet er; und dieses Abenteuer Vernimmt nebst vielen andern auch Alkast, Ein Mann von keckem, ungezähmtem Feuer, Der nicht vor Menschen noch dem Tod' erblaßt. Ihn schreckt kein wildes Tier, kein Ungeheuer, Bei dessen Anblick Graun den Kühnsten faßt, Erdbeben nicht, noch Blitz, noch Sturmgebrülle, Und was die Welt furchtbarer noch erfülle. |
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25. |
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Er wiegt das Haupt und läßt sich lächelnd hören: Was der nicht wagt, das thu' ich frank und frei. Ich will allein den ganzen Wald zerstören, Den Aufenthalt verwirrter Träumerei. Kein greuliches Gespenst soll mich bethören, Kein Waldgeräusch, kein wildes Tiergeschrei; Und zeigte selbst in jenen Schauerklüften Sich mir der Eingang zu der Hölle Grüften. |
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So rühmt er sich und eilt, da seine Bitte Der Feldherr ihm gewährt, nach jenem Wald. Schon sieht er ihn und hört, wie aus der Mitte Des düstern Hains ein fremd Getös erschallt. Er aber wendet nicht die kühnen Schritte Und bleibt, so wie vorhin, beherzt und kalt Und würde jetzt den Ort des Banns betreten, Wenn Flammen nicht, so scheint's, ihm Einhalt thäten. |
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Das Feuer wächst, und seine Flammen bauen Gleich hohen Mauern dampfend sich hinan Und decken so den Wald mit ihrem Grauen, Daß niemand einen Baum verletzen kann. Die größten sind wie Schlösser anzuschauen Und türmen stolz und kühn sich himmelan; Und ringsumher verteidigt sich aufs beste Mit Kriegsgeschütz die neue Höllenfeste. |
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28. |
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O wieviel Ungeheu'r aus Plutos Reichen Erscheinen jetzt bewaffnet auf dem Schloß! Die teils mit furchtbarn Blicken ihn bestreichen, Teils ihn bedrohn mit klirrendem Geschoß. Er flieht zuletzt; zwar langsam ist sein Weichen, Wie wenn zum Rückzug sich der Löw' entschloß: Doch ist es Flucht, und seine Glieder beben Von Furcht bewegt zum erstenmal im Leben. |
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Noch ward er nicht gewahr, daß er gezittert; Erst als er ferner ist, zeigt sich's ihm an. Erstaunen, Zorn ergreift ihn, da er's wittert, Und Reue packt ihn fest mit scharfem Zahn. Von trüber Scham verworren und erbittert Verbirgt er stumm sich auf entlegner Bahn; Denn diesen Blick, so stolz in frühern Tagen, Wagt er nicht mehr vor Menschen aufzuschlagen. |
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Als man ihn ruft, dem Feldherrn sich zu zeigen, Will er sich zögernd dem Gebot entziehn. Zwar geht er endlich, doch beharrt im Schweigen, Und spricht er auch, so gleicht er Phantasien. Aus dieser Scham, so wenig sonst ihm eigen, Schließt Gottfried leicht sein Zagen und Entfliehn. Was ist das? spricht er, ist es Zauberstärke? Sind's der Natur erhabne Wunderwerke? |
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Doch treibt noch einen hier des Mutes Feuer, Im Walde zu bestehn sein Probestück, So unternehm' er gern das Abenteuer, Ein beßrer Bote kehr' er nur zurück. So sprach Bouillon. Im Forst der Ungeheuer Versuchten die Berühmt'sten nun ihr Glück Drei Tage lang; doch keiner, der dem Drohen Des Graungebilds mit Zittern nicht entflohen. |
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Indessen war Tankred hinausgegangen, Um der geliebten Freundin Grab zu sehn; Und wenn auch abgezehrt und bleich von Wangen Und noch zu schwach, in Waffentracht zu gehn, Vernimmt er kaum von jenem Unterfangen, So will er nicht Gefahr und Not verschmähn; Denn seines Herzens Kraft mit mächt'gem Gusse Durchströmt die Glieder bis zum Ueberflusse. |
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In sich gesammelt, schweigend, mit Vertrauen Begibt der Kühne sich zum Zauberwald. Er hält es aus, das Schreckgebild zu schauen, Hört, wie der Erdstoß und der Donner hallt, Und zittert nicht. Kaum ein unmerklich Grauen Durchschleicht die Brust; doch er verjagt es bald Und schreitet vor. Und durch die dunkeln Aeste Erhebt auf einmal sich die Flammenfeste. |
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Da hält er an und scheint sich zu bedenken Und spricht bei sich: Was hilft hier Schwert und Schild? Soll ich in diesen Flammenschlund mich senken, Ein sichres Mahl dem höllischen Gewild? Nie säume man, sein Leben zu verschenken, Wenn's für das Wohl der Allgemeinheit gilt; Doch soll kein Held den edlen Geist verschwenden. Der aber thut's, der hier ihn will verwenden. |
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Doch kehr' ich fruchtlos heim, was wird man sagen? Ist noch ein Wald hier, als an diesem Ort? Auch wird der Feldherr, diesen Weg zu wagen, Aufgeben nie. Und schritte man nur fort, Vielleicht erregt der Anblick größres Zagen, Als Schmerz die Wirkung jener Flammen dort. Doch folge draus, was kann! Und ohn' Erbleichen Springt er hinein. O Kühnheit sondergleichen! |
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Zwar kann er durch die Rüstung nichts empfinden Von Hitz' und Glut, wie heft'gem Feu'r entwallt: Doch ob hier wahre Flammen sich befinden, Ob Blendwerk nur, erkennt er nicht so bald, Weil, kaum berührt, sie Augenblicks verschwinden; Und eine Wolke zieht sich vor den Wald, Mit Nacht und Frost gefüllt; doch kaum empfunden, War Frost und Finsternis bereits verschwunden. |
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Erstaunen fühlt der Ritter, doch kein Grausen; Und da so still der Zauberspuk vergeht, Betritt er sichern Muts die Waldesklausen, Und jeder Winkel wird von ihm durchspäht. Nichts seltsam Fremdes scheinet hier zu hausen, Kein Widerstand, kein Hindernis entsteht; Nur daß der Forst durch Dunkelheit und Dichte An sich schon wehrt dem Fuß und dem Gesichte. |
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Zuletzt eröffnet sich vor seinen Schritten Ein weiter runder Platz, von Bäumen leer; Nur steht als Pyramid' in seiner Mitten Die schönste der Cypressen, hoch und hehr. Er tritt hinzu und findet eingeschnitten Der Zeichen viel' am Stamme ringsumher, Gleich jenen fast, die statt der Schrift dem alten, Geheimnisreichen Volk Aegyptens galten. |
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Hier standen auch, von jenen eingeschlossen, Schriftzüge Syriens, die er wohl verstand: Du starker Held, der kühn und unverdrossen Ins Thal des Todes seinen Schritt gewandt, O, bist du nicht so grausam wie entschlossen, Laß ungestört dies ruhgeweihte Land! Verschone mild des Lichts beraubte Seelen; Nicht darf, wer lebt, die Abgeschiednen quälen. |
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So sagt die Schrift; er sucht herauszubringen, Was für verborgnen Sinn dies Wort umfaßt. Die Wind' indes, die durch Gebüsche dringen, Erregen Zweig' und Blätter ohne Rast; Ein seltsam Tönen, schmerzliches Erklingen, Gleich Menschenseufzern, dringt aus Laub und Ast Und regt ein wunderbar Gefühl im Herzen, Wie ein Gemisch von Mitleid, Graun und Schmerzen. |
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Doch wagt er's endlich, in den Baum zu hauen Mit hochgezücktem Schwert. O Wunderstreich! Blut scheint der offnen Rinde zu enttauen Und rötet ringsumher das Erdenreich. Entsetzen faßt ihn an; doch um zu schauen, Was folgen wird, verdoppelt er den Streich. Und nun erschallt gleich dumpfen Grabestönen Ein unvernehmlich schmerzenvolles Stöhnen; |
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Und deutlich nun: Mit zu feindsel'gen Trieben Verfolgst du mich, Tankred; doch jetzt laß ab! Schon hast du aus dem Körper mich vertrieben, Der, durch und für mich lebend, mich umgab, Und quälst nun noch den Stamm mit deinen Hieben, Den mir ein hart Geschick zur Wohnung gab? Auch nach dem Tode noch, fühllos Verwegner! Bis in ihr Grab verfolgst du deine Gegner? |
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Clorinde war ich einst, und in die Schranken Des harten Baums bin nicht nur ich gebannt: Es werden alle, Heiden sowie Franken, Durch eine mächt'ge, wundervolle Hand, Wie sie am Fuß der hohen Mauer sanken, In solchen Leib, in solches Grab gesandt. Beseelt sind Zweig' und Stämme, die du schauest; Du übest Mord, wenn du sie niederhauest. |
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Dem Kranken gleich, der träumend einen Drachen, Ein Ungeheu'r mit Glut umhüllt, entdeckt Und, ob er wohl vermutet im Erwachen, Selbst wahrnimmt, daß ein Truggebild ihn neckt, Doch strebt zu fliehn, durch den gewalt'gen Rachen, Den Flammenblick des Ungetüms erschreckt: So glaubt Tankred, von Liebesfurcht befangen, Dem Trug nicht ganz und weichet doch mit Bangen. |
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Gefühle tausendfacher Art bewegen Sein Herz so, daß es zittert, matt und kalt; Und in so heft'gem Sturme sinkt der Degen Ihm aus der Hand, nicht durch der Furcht Gewalt. Er eilt hinweg bestürzt und glaubt zugegen Der Freundin blasse, leidende Gestalt. Er kann dies Blut nicht mehr zu schaun ertragen, Nicht hören mehr dies Seufzen, diese Klagen. |
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Ihn, der in Todsgefahr stets kühn geblieben, Hat auch dies Schreckbild nicht mit Furcht berührt; Doch ward sein Herz, nur schwach allein im Lieben, Durch leere Klag' und Truggestalt verführt. Sein Schwert, der Hand entsunken, fortgetrieben Vom Sturme, ward zum Forst hinausgeführt. Besiegt entwich er; fern vom Waldgehege Fand er hernach das Schwert auf seinem Wege. |
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Er kehrt nicht um, will nicht mehr nach dem Grunde Der Wunder forschen, die der Wald umfaßt; Vielmehr den Feldherrn sucht er auf zur Stunde, Und als er sich erholt nach kurzer Rast, Beginnt er: Herr, von Dingen geb' ich Kunde, Die ungeglaubt sind und unglaublich fast. Was jene von der Furchtbarkeit des Schalles, Des Anblicks dir gesagt, wahr ist es alles. |
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Hernach gewahrt' ich ein entsetzlich Feuer, Das ohne Stoff im Augenblick entstand. Wie eine Mauer war's, durch Ungeheuer Ringsum beschützt mit Waffen in der Hand. Doch drang ich durch vom flammenden Gemäuer Ganz unverletzt; kein Schwert that Widerstand. Dann ward es Nacht, und Frost befiel die Glieder; Bald aber kehrten Tag und Heitre wieder. |
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Noch sag' ich dir, daß in den Bäumen allen Ein Menschengeist mit Sinn und Sprache lebt. Ich selbst erfuhr's; die Stimme hört' ich schallen, Die schmerzlich noch in meinem Innern bebt. Verletzten Stämmen sieht man Blut entwallen, Als wären sie mit weichem Fleisch umwebt. Nie könnt' ich – nein, ich muß besiegt mich nennen – Von einem Baum Rind' oder Zweige trennen. |
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Er spricht's. Der Feldherr sinnt bei diesen Worten, Umhergewälzt in wilden Zweifelsseen: Soll er den Zauberspuk im Walde dorten – Denn dafür hält er's – selber noch bestehn? Soll er vielleicht sich aus entlegnern Orten, Die minder schwierig sind, mit Holz versehn? Doch aus der zweifelnden Gedanken Kreise Ruft ihn der Eremit auf solche Weies: |
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Laß deinen Plan! Ein andrer ist vorhanden, Der zu des Hains Beraubung ward bestellt. Schon naht der Schicksalskahn einsamen Stranden, Schon legt er an; das goldne Segel fällt, Und schon, befreit aus höchst unwürd'gen Banden, Stößt ab vom Ufer der ersehnte Held. Nicht ferne mehr seh' ich die Stunde winken, Da Zion fällt und ihre Scharen sinken! |
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Sein Auge strahlt, den Flammen zu vergleichen, Der Stimm' enttönet mehr als Erdenmut; Und andre Zwecke thätig zu erreichen Strebt Gottfried nun, der nimmer müßig ruht. Die Sonn' indes, die in das Himmelszeichen Des Krebses trat, bringt ungewohnte Glut, Erschwert ihm alle seine Plän' unsäglich Und macht dem Volk die Arbeit unerträglich. |
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Vom Himmelskreis flieht jeder günst'ge Schimmer, Und ihn beherrscht grausamer Sterne Macht, Unholde Kraft ausströmend, deren schlimmer, Feindsel'ger Druck die Luft verderblich macht. Die Hitze mehrt sich überall, und immer Furchtbarer, wilder wird sie angefacht. Die schlimmre Nacht nach einem schlimmen Tage Bringt einen Tag voll immer größrer Plage. |
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Nie läßt die Sonn' am Morgen sich entdecken, Daß ihre Stirn, von blut'gen Dünsten rot, Nicht deutlich zeigt zum allgemeinen Schrecken Des neuen Tages unzweifelhafte Not. Nie scheidet sie, daß nicht mit roten Flecken Sie bei der Rückkehr gleiche Plagen droht Und schärft die überstandne Qual im Scheiden Durch die gewisse Furcht zukünft'ger Leiden. |
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Und strahlt sie dann herab vom Himmelsbogen, So sieht des Menschen Auge ringsumher Das Laub entfärbt, die Blumen ausgesogen, Das Gras verschmachtet und von Säften leer. Die Erde reißt, es bergen sich die Wogen, Des Himmels Zorn ruht auf der Schöpfung schwer; Und unfruchtbare Wolken sind voll Grauen Zerstreut im Luftraum, Flammen gleich, zu schauen. |
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Der Himmel, schwarzem Ofen zu vergleichen, Zeigt ringsum nichts, das wohl dem Auge thut. Die Luft, unregsam, gibt kein Lebenszeichen, Und Zephyr liegt in seiner Grott' und ruht. Nur aus des Mohrenlandes sand'gen Reichen Bläst oft ein Wind gleich hoher Fackelglut Und stößt von Zeit zu Zeit auf Brust und Wange Mit seines Hauchs unleidlich schwerem Drange. |
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Und auch die Nacht hat keine mildre Schatten, Sie scheinen noch durchglüht vom Sonnenbrand; Auch webt sie oft Kometen, Feuerlatten Und andern Flammenschmuck in ihr Gewand. Und selbst der geiz'ge Mond gönnt deinen matten, Verlechzten Fluren, o du armes Land, Nicht seinen Tau. Vergeblich, ohne Kräfte Flehn Blum' und Gras um neue Lebenssäfte. |
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Aus unruhvollen Nächten flieht erschrocken Der holde Schlaf. Mit süßen Schmeichelein Sucht ihn umsonst der Mensch zurück zu locken; Doch ist der Durst die fürchterlichste Pein. Macht auch die Glut nicht alle Quellen stocken, So ließ Judäas Herrscher insgemein Durch unheilvollre Gifte sie besudeln, Als die im Styx und im Avernus sprudeln. |
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59. |
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Der kleine Siloa, der mit reichen Schätzen Der Franken Heer erfreute, rein und mild, Scheint jetzt noch kaum den dürren Grund zu netzen Mit lauem Naß, das schwach und spärlich quillt. Kaum würden sie den Po genügend schätzen, Wann er im Mai die Ufer überschwillt, Den Ganges, noch den Nil, wann nicht gedämmet Von sieben Betten er das Land verschlämmet. |
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60. |
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Sah einer jemals, vom Gebüsch umfangen, Den Silbersee im schattenreichen Thal; Lebend'ge Wasser, die dem Fels entsprangen, Den stillen Bach, der sich durch Wiesen stahl: Dann malt er sie dem lüsternen Verlangen Und nährt mit neuem Stoff die eigne Qual. Ihr lieblich kühles Bild vermehrt die Schmerzen, Dörrt und erhitzt und wallet auf im Herzen. |
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Die starken Krieger, die durch rauhe Lande Auf langem Pfad bis hierher vorgerückt, Die nie gescheut der Waffen schwere Bande, Selbst nicht das Schwert, zu ihrem Tod gezückt: Sie liegen jetzt, vom heißen Sonnenbrande Fast aufgelöst, durch eigne Last erdrückt. Verborgnes Feuer schleicht durch alle Röhren Und scheint sie leis' und leise zu zerstören. |
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Das matte Roß nimmt die geliebte Speise, Das schöne Gras, mit Widerwillen nur. Ihm wankt der schwache Fuß; demüt'gerweise Senkt, einst so stolz, der Nacken sich zur Flur. Es denkt nicht mehr der wohlverdienten Preise, Vom edlen Ehrgeiz schwindet jede Spur; Es scheint den reichen Schmuck, die Siegtrophäen, Als schnöde Last zu hassen zu verschmähen. |
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63. |
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Der treue Hund liegt da, fast ohne Leben Und ohn' um Herrn und Zelt besorgt zu sein, Und sendet keuchend mit gequältem Streben Zum innern Brande neue Luft hinein. Doch hat Natur das Atmen zwar gegeben, Der Glut des Herzens Lindrung zu verleihn: Jetzt kann es wenig oder nichts ihm frommen, So schwer ist diese Luft und so beklommen. |
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64. |
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So lechzt die Erde; solcher Qual erliegen Die armen Menschen, unerhört zuvor. Der Gläub'gen Volk verzweifelt schon zu siegen Und stellt sich nur des Elends Gipfel vor; Und ringsumher im Christenlager fliegen Mit lautem Schrei des Jammer Tön' empor: Was hofft Bouillon? Was zögert er so lange, Bis hier sein ganzes Volk den Tod empfange? |
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65. |
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Mit welcher Kriegsmacht will er sich getrauen, Die hochgetürmte Feindesstadt zu fahn? Wo nimmt er Sturmzeug? Kann nur er nicht schauen, Wie klar des Himmels Zorn sich kund gethan? Durch tausend Wunder, tausendfaches Grauen Zeigt dieser längst uns seine Feindschaft an. Die Sonne brennt uns so, daß, sich zu kühlen, Der Mohr und Inder wen'ger nötig fühlen. |
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66. |
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Glaubt Gottfried denn, es sei für nichts zu achten, Daß wir, unnütze Seelen, ungeehrt, Gemein und niedrig, bis zum Tod verschmachten, Wenn nur nicht er den Feldherrnstab entbehrt? Ist denn das Los des Herrschers zu betrachten Als so glückselig, als so wünschenswert, Daß man begierig sucht es zu bewahren, Auch zum Verderb der untergebnen Scharen? |
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Seht da das milde Herz des so besonnen Umsicht'gen Manns, den man den Frommen heißt! Der, um an eitler Ehre sich zu sonnen, Der Seinen Wohl verbannt aus seinem Geist Und, während uns versiegen Bach und Bronnen, Dem Jordan selbst die ferne Flut entreißt, Um unter wen'gen an vergnügten Tischen Das frische Naß mit Kreterwein zu mischen! |
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So murrt der Franken Volk. Allein der Griechen Heerführer, der des Kriegs schon müde war, Sprach jetzt bei sich: Warum denn hier versiechen, Und meine Krieger weihn der Todsgefahr? Denkt Gottfried, blind im Elend hinzukriechen, Wohlan, verderb' er sich und seine Schar! Was thut es uns? Und ohn' es anzuzeigen, Entfernt er sich bei Nacht in tiefem Schweigen. |
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69. |
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Dies Beispiel nun, sobald der Tag entglommen, Lock tauch der andern viel' auf gleiche Spur. Die mit Clothar und Adhemar gekommen, Mit Führern jetzt Gebein und Asche nur, Bemühn sich schon um Mittel zu entkommen; Weil er, der alles auflöst, auch den Schwur Der Treue löst; und ein'ge dieser Mannen Ziehn heimlich in der Dunkelheit von dannen. |
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70. |
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Wohl mußt' es Gottfried hören, wohl es schauen, Und strenge Mittel riete wohl der Zorn; Doch er verschmäht sie, und mit dem Vertrauen, Das Flüsse hemmt und beugt der Berge Horn, Fleht er empor zum Herrn der Himmelsauen, Daß er nun öffne seiner Gnade Born. Mit brünst'gen Blicken, mit gefaltnen Händen Eilt er, gen' Himmel Aug' und Wort zu wenden: |
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71. |
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O Herr und Vater! hast du einst die Deinen Mit süßem Tau dort in der Wüst' ernährt Und einer Menschenhand, aus harten Steinen Lebend'ge Flut zu locken, Kraft gewährt: So laß dasselbe Beispiel jetzt erscheinen An diesen hier; und fehlt der gleiche Wert, Laß deiner Gnad' Ersatz den Mangel dämpfen Und helf' es ihnen, daß für dich sie kämpfen! |
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72. |
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Die frommen Bitten, warm hervorgegangen Aus reiner Brust, sind nicht der Kräfte bloß; Zu Himmelshöhn wie leichte Vögel schwangen Sie sich empor und flohn in Gottes Schoß. Schon hat der ew'ge Vater sie empfangen Und blickt herab auf seiner Gläub'gen Los; Und der Gefahr, des Elends, das sie dulden, Erbarmt er sich, und er gebeut in Hulden: |
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73. |
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Nun soll das lange, harte Leid zerrinnen, Das meiner Gläub'gen Schar bis jetzt empfand; Und länger nicht mit Krieg und list'gen Sinnen Sei Erd' und Hölle wider sie entbrannt. Ein neuer Lauf der Dinge soll beginnen Und sei zu ihrem Heil und Glück gewandt; Denn regnen soll's; der Christen Held soll kommen, Aegyptens Heer sich nahn, zum Ruhm der Frommen. |
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74. |
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Und er bewegt sein Haupt; die Himmel alle Erzittern rings, ehrfürchtig bebt die Luft; Der Sterne Schar erbebt, die tiefe Halle Des Ozeans; es zittert Berg und Gruft. Zur Linken flammt der Blitz; mit lautem Schalle Empfangen Donner ihn aus ihrer Kluft; Das Volk begleitet Blitz und Donnerdröhnen Mit heller Stimm' und vollen Jubeltönen. |
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75. |
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Sieh, schnelle Wolken! Nicht hinaufgezogen Vom Grund der Erden durch der Sonne Macht; Vom Himmel selbst sind sie herabgeflogen, Der alle seine Pforten aufgemacht. Sieh, schnell erscheint, den hellen Himmelsbogen In Schatten hüllend, unverhoffte Nacht, Und Regen stürzt herab in solchen Massen, Daß schon des Baches Ufer ihn nicht fassen. |
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Wie manches Mal, wenn aus des Himmels Gattern Ersehnter Regen stürzt bei Sommerglut, Ein Schwarm von Enten mit geschwätz'gem Schnattern Am trocknen Ufer harrt der kühlen Flut Und ihr entgegeneilt mit schnellem Flattern, Und keine sich zu baden spröde thut, Und jede, wo sich staut die Wassermenge, Rasch untertaucht und dämpft des Durstes Strenge: |
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77. |
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So froh begrüßt den heiß erflehten Segen, Von Himmelshöhn gesandt, der Franken Schar. Ein jeder will mit dem ersehnten Regen Nicht das Gewand nur feuchten, auch das Haar. Der hebt ein Glas, der ihm den Helm entgegen, Der hält die Hand der frischen Nässe dar; Der eilt, die Schläfe, der, die Stirn zu waschen; Der füllt gescheit zu besserm Brauch die Flaschen. |
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78. |
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Und nicht allein der Mensch erfreut sich wieder, Erholt sich jetzt von allem, was er litt; Nein, auch die Erd', in deren kranke Glieder Die dürre Glut so manche Wunden schnitt, Schlürft gierig jetzt den kühlen Regen nieder Und teilt ihn bald den tiefsten Adern mit Und strömt die reiche Nahrung ohne Säumen Dem Grase zu, den Blumen und den Bäumen. |
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Sie ist der Kranken gleich, die nun genesen, Erquickt, gestärkt durch neuen Lebenssaft, Der, was des langen Uebels Grund gewesen, Aus ihrem Innern glücklich fortgeschafft Und, Labung strömend durch ihr ganzes Wesen, Ihr wiedergibt der Jugend frische Kraft; So daß sie froh nach bald vergeßnem Leide Sich schmückt mit Kränzen und mit Festgeschmeide. |
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Der Regen weicht, die Sonne läßt sich schauen; Doch sanft und mäßig strahlet sie fortan, Voll Manneskraft; so leuchtet sie den Auen, Wann sich April und Mai einander nahn. O Glaubensmut! Wer Gott weiß zu vertrauen, Der ändert leicht des Jahres Lauf und Bahn, Befreit die Luft von tötender Bedrängnis, Besiegt der Sterne Wut und das Verhängnis. |