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Schon ruft zu dem gewohnten Lebenskreise Der Morgenstrahl, was sich auf Erden regt, Als zu den Kriegern der bejahrte Weise Das Blatt, den Schild, die goldne Gerte trägt. Auf! spricht er, gürtet euch zur großen Reise, Eh' weiter sich des Tages Lauf bewegt. Hier ist, was ich versprach; mit diesen Dingen Könnt ihr Armidas Zauberein bezwingen. |
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2. |
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Sie waren auf, und ihre kräft'gen Glieder Schon mit der Waffen edler Zier geschmückt. Schnell folgen sie dem Greis zu Pfade nieder, Die nie des Tages froher Strahl beglückt, Und treten in dieselben Spuren wieder, Die sie vorhin beim Kommen eingedrückt. Doch an den Fluß gelangt, spricht der Begleiter: Hier, Freunde, lass' ich euch; zieht glücklich weiter! |
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3. |
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Des Flusses Schoß empfing sie, und gewogen Trieb nun und trug das Wasser sie hinan, So wie's ein leichtes Laub, hinabgezogen Vom Wirbelstrom, der Fläche pflegt zu nahn. Zum weichen Ufer führten sie die Wogen, Wo sie die schon versprochne Führung sahn: Ein kleines Schiff, an dessen Steuerseite Die Schicksalsbotin saß, die sie geleite. |
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4. |
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Umlockt ist ihre Stirn, und milde Spuren Holdsel'ger Ruh' zeigt ihrer Augen Paar. Im Antlitz gleicht sie himmlischen Naturen, So glänzend ist sein Licht, so flammenklar; Und ihr Gewand, bald purpurn, bald azuren Dem Ansehn nach, färbt sich so wandelbar, Als ob es stets von sich verschieden wäre, Wie oft der Blick zum Schauen wiederkehre. |
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5. |
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So scheint der Flaum, der zart sich um den weichen, Anmut'gen Hals verliebter Tauben flicht, In keinem Augenblick sich selbst zu gleichen Und wechselt stets die Farb' im Sonnenlicht. Jetzt als Rubinenhalsband, jetzt im reichen Smaragdenglanze täuscht er das Gesicht; Jetzt mischt er beid', und neu und reizend immer Erfreut den Blick sein hundertfält'ger Schimmer. |
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Kommt, ihr Beglückten, spricht sie, in den Nachen, Der sicher stets mich auf dem Meere barg. Ihn fördert jeder Wind; des Sturmes Krachen Ist ruhig ihm und keine Last zu arg. Um euch zu führen, um für euch zu wachen, Schickt mich mein Herr, mit seiner Gunst nicht karg. So redet sie und nähert mit dem Rande Der ausgehöhlten Fichte sich dem Strande. |
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7. |
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Sobald das edle Paar den Kahn bestiegen, Stößt sie vom Land' und löst die Segel auf Und läßt ihn rasch den Strom hinunter fliegen; Doch lenkt sie mit dem Steuer seinen Lauf. Leicht kann der Fluß anjetzt die Barke wiegen, Denn seine Flut schwillt ans Gestad' hinauf; Allein der Kahn ist so geringe Bürde, Daß auch ein seichter Bach ihn tragen würde. |
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8. |
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Schon treibt der Wind mit wunderbarer Schnelle Die Segel weiter längs dem Strandgefild. Ein grauer Schaum bedeckt des Stromes Welle, Und die durchschnittne Flut erbraust und schwillt. Sieh! jetzt erreichen sie im Fluß die Stelle, Wo sich sein Sturz in größerm Bette stillt Und, mit des Meers gewalt'ger Flut vereinet, Entweder nichts wird oder nicht erscheinet. |
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9. |
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Kaum ist das Wunderschiff hinab geflogen Zum Saum des Meers, durchbraust von Sturmeswut, Als alle Wolken fliehn vom Himmelsbogen, Der regenschwangre Süd besänftigt ruht. Ein Lüftchen ebnet sanft den Berg der Wogen Und kräuselt kaum die schöne blaue Flut. Der Himmel lacht aus unbewölkten Auen So mild und hell, wie wir ihn selten schauen. |
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10. |
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Sie kamen Askalon vorbei; zur Linken Drang nun das Schifflein gegen Abend vor Und sah gar bald die Zinnen Gazas blinken, Das nur der Hafen Gazas war zuvor; Dann aber wuchs es durch des andern Sinken Zu einer großen, mächt'gen Stadt empor. Jetzt war die Gegend an des Meers Gestaden Fast so mit Menschen, wie mit Sand beladen. |
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11. |
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Als sie die Blicke nach dem Ufer wandten, Sahn sie unzähl'ge Zelte weit umher; Und bald das Fußvolk, bald die Reiter rannten Vom Meer zur Stadt und von der Stadt zum Meer. Von Lastkamelen und von Elefanten Ward keiner Zeit die sand'ge Straße leer; Und wie des Hafens hohlem Grund entstiegen, Sahn sie die Schiffe dort vor Anker liegen. |
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12. |
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Und andre ziehn mit Segeln, andre fahren Mit flücht'gen Rudern durch den feuchten Raum; Und vor dem Kiel und vor den Ruderpaaren Spritzt da und dort empor der weiße Schaum. Die Jungfrau spricht: Genügen gleich den Scharen Des Heidenvolks Meer und Gestade kaum, Doch ward allhier die Vollzahl seiner Mannen Noch nicht vereint vom mächtigen Tyrannen. |
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Nur aus Aegypten und den nahen Gauen Sind, die ihr schaut; der Fernen harrt er dort; Denn zu des Morgens, zu des Mittags Auen Setzt sich die Grenze seines Reiches fort. Wir kehren wieder, hoff' ich mit Vertrauen, Eh' er die Zelte rückt von ihrem Ort, Er oder jener, den er ausersehen, An seiner Statt dem Heere vorzustehen. |
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14. |
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Die Jungfrau spricht's, und wie mit sichern Schwingen Der Adler streift durch andrer Vögel Zug, Um bis so nah zur Sonn' empor zu dringen, Daß auch kein Blick mehr nacheilt seinem Flug, So fliegend scheint ihr Kahn sich durchzuschlingen Durch Schiff und Schiff; keck und gewiß genug, Daß keins ihm folg' und ihm den Weg bestreite; Und rasch entfernt er sich und schifft ins Weite. |
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15. |
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Sogleich nun läßt sich Raffia entdecken, Der Syrer erste Stadt, die der gewahrt, Der aus Aegypten kommt; den öden Strecken Von Rhinocera naht sich dann die Fahrt. Hier sehn sie einen Berg das Ufer decken, Der sein erhabnes Haupt mit Wolken paart Und badet seinen Fuß in reger Welle; Er birgt im Schoß Pompejus' Ruhestelle. |
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16. |
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Dann zeigt sich Damiate nebst den Orten, Allwo der Nil die reine Himmelsflut Dem Meer aus den berühmten sieben Pforten Und hundert kleinern sendet zum Tribut. Bald sehen sie die Stadt der Griechen dorten, Womit der Griechenheld den Strand belud; Den Pharus dann, sonst Insel und vom Lande Entfernt genug, doch jetzt vereint dem Strande. |
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17. |
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Nicht Rhodus noch auch Kreta sind zu schauen; Der Nachen schifft an Afrika hinab, Am Meere fruchtbar, in den innern Gauen Voll Ungeheur, ein wüstes, weites Grab. Er streift Marmarica, er streift die Auen, Wo mit fünf Städten sich Cyren' umgab. Dann sah man Ptolemais und erspähte Die stille Flut der fabelhaften Lethe. |
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Jetzt eilt das Schiff ins höh're Meer hinüber, Weil nah am Land die große Syrte schreckt. Das Vorgebirg Judeca fliegt vorüber, Dann wird die Fahrt durch Magras Schlund vollstreckt. Jetzt zeigt sich Tripolis, und gegenüber Liegt Malta, tief, von Meeresflut versteckt. Dann nebst den andern Syrten weicht Alzerbe, Der alten Lotophagen Sitz und Erbe. |
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19. |
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Drauf sehn sie Tunis am gekrümmten Strande, Und rechts und links tritt ein Gebirg hervor; Die reichte Tunis, die im Libyerlande Nicht einem Orte weicht an Macht und Flor. Ihr gegenüber, an Siziliens Rande, Hebt Lilybäum kühn die Stirn empor. Den Kriegern zeig die Jungfrau hier vom weiten Die Stelle, wo Karthago stand vorzeiten. |
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20. |
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Karthago fiel, die hohe; kaum die Scherben Der mächt'gen Trümmer decken noch den Strand. So müssen Städte, Reiche so verderben, Und ihren Pomp verhüllet Gras und Sand. Wie? Und der Mensch erzürnet sich, zu sterben? O unser Herz, von Gier und Stolz entbrannt! Indem sie nun sich gen Biserta biegen, Bleibt rechts entfernt der Sarden Insel liegen. |
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Sie sahn das Land, das der Numider Scharen Als Hirten einst durchschweift mit freiem Sinn; Bugia und Algier, wo die Korsaren Ihr Nest erbaut, und Oran weiterhin. Auch Tingitana läßt sich nun gewahren, Der Leun und Elefanten Nährerin; Man nennt dies Land Fes und Marokko heute. Granada bleibt rechtwärts der Schiffersleute. |
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22. |
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Schon haben sie die enge Bahn gefunden, Die, fabelt man, Alcid dem Meer verliehn; Vielleicht war wirklich einst dies Land verbunden Und barst entzwei durch Erdstoß und Ruin. Da drang das Weltmeer durch die offnen Wunden, Da mußten Calp' und Abyla sich fliehn, Und Spanien trennte sich von Libyens Ländern; So viel vermag die graue Zeit zu ändern! |
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Die Sonne war schon viermal aufgegangen, Seit sich das Schiff dem Ufer abgethan; Doch ließ es sich von keinem Port umfangen, Denn unnot war's trotz seiner langen Bahn. Nun schifft es durch die Eng', und ohne Bangen Vertraut es sich dem großen Ozean. Groß ist das Meer, wo Land es rings umschließet: Was muß es sein, wieder es die Erd' umfließet? |
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Schon sehn sie nicht, umragt von hohen Wogen, Das reiche Cadiz, noch die Felsen mehr. Das Land, die Ufer sind dem Blick entzogen; Das Meer begrenzt die Luft, die Luft das Meer. Da spricht Ubald: O Jungfrau, die gewogen Uns führt' in diese See, der Schranken leer, Sprich, drang kein andrer je in diese Weite? Gibt's Menschen auch auf dieser Erdenseite? |
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Sie spricht: Nachdem Alcid in Libyens Sande, In Spaniens Aun die Ungeheur gefällt, Durchwandert und besiegt all eure Lande, Vertraute nicht dem Weltmeer sich der Held. Er setzt' ein Ziel dem menschlichen Verstande Und schloß den Mut in ein zu enges Feld. Doch diese Schranken g'nügten nicht Ulyssen, Der lüstern war, zu sehen und zu wissen. |
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Er überschritt der Säulen Ziel und strebte Ins offne Meer mit kühnem Ruderschwang; Doch half ihm nicht, was er zur See erlebte, Weil ihn die Gier des Ozeans verschlang. Euch blieb's verhehlt; denn Dunkelheit umwebte Wie seinen Leib des Helden Untergang. Wer sonst vom Sturm gejagt hierher geschwommen, Ist nicht zurück, wenn auch nicht umgekommen. |
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Verborgen blieb das Meer, das wir durchstreichen, Mit seiner Länder, seiner Inseln Zahl. Doch fehlt es nicht an Menschen diesen Reichen, Vielmehr höchst fruchtbar sind sie allzumal, An Zeugungskraft den euern zu vergleichen; Denn allbefruchtend wirkt der Sonne Strahl. Und welcher Art – verlangt Ubald Belehrung – Sind dieser Welt Gesetz' und Gottverehrung? |
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Man ist, versetzt sie, in verschiednen Kreisen Verschiedner Sitte, Sprach' und Tracht gewohnt. Denn die verehren Tiere, jene preisen Die Erd' als Gottheit, andre Sonn' und Mond; Von andern wird mit schauderhaften Speisen Beim wilden Mahl der Krieger Mut belohnt. Kurz, diesseits Calpe sind der Völker Scharen Von Glauben ruchlos, von Gemüt Barbaren. |
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29. |
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Und Gott, versetzt' Ubald, der einst dem Staube, Die Erde zu erleuchten, sich gesellt, Will er der Finsternis zum ew'gen Raube Dies große Land, die Hälfte dieser Welt? Nein! sagte sie, einst naht ihm Peters Glaube, Dann wird durch jede Kunst dies Land erhellt; Auch bleibt nicht immer durch des Weges Länge Eu'r Volk getrennt von dieser Völker Menge. |
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Es kommt der Tag, da werden Herkuls Zeichen Kunstfert'gen Schiffern ein verhöhnter Tand; Von unbenannten Meeren, dunkeln Reichen Dringt dann der Ruhm auch bis in euer Land. Der Schiffe kühnstes wird das Meere durchstreichen, Umspannen, hellen, was die Wog' umspannt, Der Erde Machtbau messen und umfliegen, Wetteifern mit der Sonn' und sie besiegen. |
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Ein Mann von Genua wird sich ohne Grausen Zuerst vertraun der unbekannten Flut; Und nicht der Winde fürchterliches Brausen, Der fremde Himmel, der Gewässer Wut, Noch was für Schrecken auf dem Meere hausen, Ein Graunbild für des kühnsten Schiffers Mut: Nichts hält zurück in Calpes engen Schranken Den kühnen Geist, den Helden sonder Wanken. |
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Du wirst, Kolumb! zu neuem Pole dringen Mit günst'gem Segel auf so fernem Zug, Daß kaum mit tausend Augen, tausend Schwingen Der Ruf vermag zu folgen deinem Flug. Er mag den Bacchus, den Alcid besingen; Von dir ist schon ein leiser Wink genug. Dies wen'ge gibt dem Enkel zu Geschichten Den würd'gen Stoff, zu göttlichen Gedichten. |
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So sprach das Weib und fuhr auf ebnen Wogen Dem Abend zu und gegen Mittag dann; Vor ihnen sank die Sonn' am Himmelsbogen, Im Rücken stieg der junge Tag heran. Als nun Aurora kam herauf gezogen Und Tau und Strahlen zu verstreun begann, Ließ sich von fern ein dunkler Berg erschauen, Des hohe Stirn die Wolken dicht umgrauen. |
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Er scheint hernach, da sie ihn fast erreichen Und keine Wolke mehr sein Haupt versteckt, Den spitzen Pyramiden zu vergleichen, Nach oben schmal, nach unten weit gestreckt; Auch sehn sie manches Mal ihm Rauch entweichen, Wie dem der den Enceladus bedeckt, Der eigner Art bei Tage pflegt zu rauchen Und dann bei Nachtzeit Flammen zu verhauchen. |
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Manch andres Eiland ließ sich nun gewahren Und minder steile Höhn an manchem Strand; Und dies sind der beglückten Inseln Scharen, Die schon die graue Vorzeit so genannt, Weil, hieß es, sie so lieb dem Himmel waren, Daß dort von selbst das unbebaute Land Die Frucht gebär', und daß die wilde Rebe Dort ungepflegt die süßern Trauben gebe. |
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Dort, sprach man, täuscht kein Oelbaum das Vertrauen, Und Honig beut der Eichen Höhlung dar; Und von den Höhn, sanft murmelnd durch die Auen, Ergießen sich die Bäche süß und klar. Die Weste wehn, die Morgenwolken tauen, Und Sommerhitze wird man kaum gewahr. Dort wähnte man Elysiums Gefilde, Der Sel'gen Aufenthalt in ew'ger Milde. |
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Da steurt die Jungfrau hin: Dem Ziel entgegen, Beginnt sie jetzt, eilt unser Meereszug. Des Glückes Inseln seht ihr dort gelegen, Auch euch, zwar nicht genau, bekannt genug. Wohl sind sie lieblich, hold und reich an Segen, Doch mischt sich in die Wahrheit mancher Trug. So redet sie; und in der Nähe sehen Läßt sich bereits die erste von den zehen. |
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Wofern, o Weib, beginnet Karl die Bitte, Mit unserm hohen Werk es sich verträgt, So öffne du dies Eiland meinem Schritte Und laß mich schauen, was sein Innres hegt, Die Völker schaun und ihre Glaubenssitte Und alles, was des Klugen Neid erregt, Wann ich mit Lust von so entlegnen Orten Erzählen werd' und sagen: Ich war dorten! |
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Wohl, spricht die Jungfrau, ist dies Unterfangen Ganz deiner wert; doch was vermag ich jetzt, Wenn deinem schönen, würdigen Verlangen Des Himmels ernster Schluß sich widersetzt? Denn noch nicht ganz ist jene Zeit vergangen, Die Gott bis zur Entdeckung festgesetzt; Auch dürft ihr nicht von diesen Meeresweiten Die wahre Kund' in eurer Welt verbreiten. |
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Euch, über Kunst der Schiffer, soll's gelingen Aus Gnade, zu durchschiffen diese Bahn Und in die Haft des Helden einzudringen, Um eurer Welt ihn wiederum zu nahn. Dies sei genug; nach höherm Ziel zu ringen, Wär' Ungehorsam und vermeßner Wahn. Die Jungfrau schwieg; schon sahen sie sich neigen Der Inseln erste, schon die zweite steigen. |
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Sie alle, zeigt die Führerin, erstrecken In langer Reihe sich gen Ost gewandt; Und durch sie hin fließt in fast gleichen Strecken Der Ozean und trennet Strand von Strand. Auf sieben nur sind Spuren zu entdecken Von Menschenwohnung, Häuser, urbar Land. Doch drei sind wüst; dort haben wilde Tiere Gebirg und Wald zum sichersten Reviere. |
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Auf einer dieser zeigt sich abgelegen Ein stiller Platz am krummen Meeresbord, Des lange Hörner eine Bucht umhegen, Geräumig g'nug; eine Felsen höhlt den Port, Kehrt ihm die Stirn, der hohen Flut hingegen Den Rücken zu, teilt sie und stößt sie fort. Zu beiden Seiten stehn zwei Felsenriffe Hoch aufgetürmt, ein Zeichen für die Schiffe. |
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Beruhigt schweigt das Meer am Felsensaume, Den Gipfel krönt ein dichtbelaubter Wald, Wo eine Grotte liegt im grünen Raume, Die Epheu schattet, süße Flut durchwallt. Kein Tau, kein Anker hält mit starkem Zaume Die müden Schiff' im sichern Aufenthalt. Nun lenkt die Jungfrau in der Felsenhallen Einsamen Port und läßt die Segel fallen. |
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Seht, spricht sie dann, wie auf der Bergessteile Der Prachtbau sich erhebt so riesenhaft! Dort ist es, wo in Freund' und müß'ger Weile, Bei Mahl und Scherz des Glaubens Held erschlafft. Zu jenen Höhen lenkt des Schrittes Eile, Wann sich dem Meer die neue Sonn' entrafft. Gefall' euch der Verzug; denn nur am Morgen Könnt ihr gedeihlich eu'r Geschäft besorgen. |
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Doch bei dem Licht, das noch der Tag verbreitet, Erreichet ihr bequem des Berges Rand. – Beurlaubt nun von der, die sie begleitet, Betreten sie den lang' ersehnten Strand Und ziehn den Pfad, der sie zum Berge leitet, Mühlos dahin, ohn' allen Widerstand; Und bei der Ankunft sehn sie Phöbus' Wagen Hoch überm Meere noch empor getragen. |
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Durch Klüfte, sehn sie, über Felsenbrocken Steigt man zum Gipfel nur mit Müh' und Graun, Und bis dahin bedeckt mit Reif und Flocken Ist jeder Pfad; doch oben blühn die Aun. Dem grauen Kinne nah wehn grüne Locken Am Bergeshaupt; und Rosen, Lilien traun Dem Nachbareis: so wundersame Werke Erzwingt von der Natur die Zauberstärke. |
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Der Krieger Paar verweilet an der Schwelle Des steilen Bergs in dichter Schatten Hut; Und als nunmehr des Lichtes ew'ge Quelle Die Himmelsaun durchströmt mit goldner Flut, Da rufen sie: Hinan! und auf der Stelle Beginnen sie den Pfad mit Kraft und Mut. Doch plötzlich hergeschnellt wehrt ihrem Gange Ein kriechend Tier, die fürchterlichste Schlange. |
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Den Kamm, das Haupt mit goldner Schuppendecke Steilt sie empor, den Hals bläht Zorneshauch; Ihr Leib verbirgt des ganzen Weges Strecke, Glut sprüht ihr Aug', ihr Rachen Gift und Rauch. Bald schrumpft sie ein, dehnt bald nach ihrem Zwecke Die Knotenring' und ziehet nach den Bauch. So hütet sie den Weg treu ihrer Sitte, Doch hemmt sie nicht der Krieger mut'ge Schritte. |
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Karl zieht sein Schwert, um auf sie einzudringen: Was machst du? Was beginnst du? ruft Ubald; Mit diesen Waffen willst du sie bezwingen, Die Wächterschlange, mit des Arms Gewalt? Er läßt die goldne Wunderrut' erklingen, So daß ihr Ton das Ungeheur umhallt; Und es entflieht, von diesem Laut betroffen, Verkriecht sich schnell und läßt den Zugang offen. |
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Bald aber springt, den Bergpfad zu bewachen, Ein Leu empor, der brüllt und drohend blickt. Er sträubt die Mähn' und öffnet weit den Rachen, Indem er gierig sich zum Angriff schickt, Und peitscht sich selbst, die Zornglut anzufachen; Doch hat er kaum die goldne Gert' erblickt, Und schnell durcheist ein heimlich Graun das Feuer Des alten Muts und jagt das Ungeheuer. |
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Das rasche Paar will keine Zeit verlieren; Doch sieh! es naht mit fürchterlichem Drohn Ein ganzes Heer von kriegerischen Tieren, Verschieden an Bewegung, Form und Ton. Was Ungeheures von des Nils Revieren Umschweift bis an des Atlas Region, Im Schloß Hercyniens, in Hyrkaniens Gauen, Ist hier vereint auf einem Platz zu schauen. |
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Doch sie zu hemmen, sie hinab zu drücken, Vermocht' es nicht, dies Heer, wie stark es war; Ein kleines Zischen, ein geringes Zücken, Und – neues Wunder! – schnell entflieht die Schar. Die Sieger nun erreichen bald den Rücken Des hohen Bergs ohn' Anstoß und Gefahr; Die Steilheit nur, das Eis auf diesen Wegen Steht hie und da dem schnellen Schritt entgegen. |
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Doch als sie nun besiegt die Höhn und Klüfte Und aus dem Schnee und Eise sich befreit, Da finden sie die schönsten Sommerlüfte, Und auf dem Berg die Ebne frei und weit. Hier hauchen kühle Wind' anmut'ge Düfte Beharrlich stets mit gleicher Sicherheit; Und nimmer wird wie anderswo ihr Wehen Geweckt, geschläfert durch der Sonne Drehen. |
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Man braucht sich nicht vor Hitz' und Frost zu hüten, Die heitre Luft übt keinen Unbestand; Des Winters Eis, des Sommerbrandes Wüten Hält hier des Himmels ew'ger Glanz verbannt Und nährt der Wiesen Gras, des Grases Blüten, Des Blüten Duft, der Bäume Laubgewand. Vom Ufer eines Sees beherrscht das hehre, Prachtvolle Schloß rings die Gebirg' und Meere. |
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Die Ritter nun, die sich ermüdet fühlen Vom rauhen Weg und von des Klimmens Pein, Gehn auf dem Pfad der Blumenaun im Kühlen Nur langsam fort und halten manchmal ein. Die Glut von ihren Lippen wegzuspülen Lockt eine Quelle sie, die klar und rein Vom Felsen rauscht, mit tausend Strahlen leuchtend Im Sonnenglanz und rings das Gras befeuchtend. |
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Dann sammelt sich in freundlichem Vereine Die rasche Flut, umhegt vom Wiesenbord, Und fließt im Schatten ewig grüner Haine Mit leisem Murmeln kühl und dunkel fort; Doch ihrer Wasser nie getrübte Reine Birgt keinen Reit, auch nicht am tiefsten Ort; Und üppig schwillt das Gras zu beiden Seiten, Um weichen Sitz dem Wandrer zu bereiten. |
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Sieh, sprachen sie, den Quell des Lachens fließen, Aus dessen Glut uns Todsgefahren drohn. Wie sehr sie reizt, wir dürfen nicht genießen; Denn nur Enthaltsamkeit verspricht uns Lohn. Hier laß behutsam uns das Ohr verschließen Dem tückisch lieblichen Sirenenton. – So gehn sie fort, bis wo des Flusses Wellen In weiterm Bett zu einem See erschwellen. |
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Hier finden sie, dicht an des Sees Gestaden Auf einem Tisch der reichen Speisen viel. Hier treibt ein Paar wollüstiger Najaden Geschwätzig scherzend in der Flut ein Spiel; Bald spritzen sie sich ins Gesicht im Baden, Bald schwimmen sie wetteifernd nach dem Ziel. Sie tauchen ein und zeigen endlich wieder Nach unsichtbarem Lauf die schönen Glieder. |
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Wohl rührt der Reiz so holder Schwimmerinnen Ein wenig doch der Krieger festes Herz. Sie weilen, um zu schaun; und ihr Beginnen Verfolgen jene mit holdsel'gem Scherz. Die eine steigt empor, und was den Sinnen Am meisten lächelt, zeigt sie oberwärts Der schönen Hüft' in unverborgner Fülle; Dem andern bleibt der See anmut'ge Hülle. |
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Wie träufelnd aus des Meeres tiefen Hallen Der Morgenstern sich hebt, wie rein und klar Einst Venus stieg aus flüssigen Kristallen, Als sie der Schaum des Ozeans gebar, So zeigt die Schöne sich, so schimmernd wallen Die Tropfen Taus herab vom blonden Haar. Dann blickt sie um, scheint jene zu entdecken Und eilt, sich in sich selber zu verstecken. |
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Das Lockenhaar, am Wirbel festgebunden In einem Knoten, löst die schnelle Hand; Und schon ist rings das Elfenbein verschwunden, Umhüllt vom langen, dichten Goldgewand. Welch holder Anblick ward dem Paar entwunden! Doch holder nicht als der, so ihn entwand. Und so, vom Wasser und Gelock umfangen, Zeigt sie den Kriegern froh verschämte Wangen. |
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Sie lächelt, sie errötet; und die Röte Vermehrte noch des Lächelns Allgewalt, Wie dies die Lieblichkeit des Rots erhöhte, Das bis zum Kinn ihr Antlitz überwallt. Dann tönt die Stimme, süß wie Klang der Flöte, Und sicher bliebe hier kein andrer kalt: Beglückte Wandrer, die den Zutritt fanden Zu diesen sel'gen, wonnereichen Landen |
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Dies ist der Erde Port; all' ihre Plagen Vergißt man hier und schmeckt die Seligkeit, Die vormals in des goldnen Alters Tagen Das Volk empfand, von jedem Zwang befreit. Der läst'gen Wehr, die ihr bis jetzt getragen, Entledigt euch in voller Sicherheit Und heiligt sie der Ruh' als frohe Sieger; Hier seid ihr nur der holden Liebe Krieger. |
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Hier wird für euch zum süßen Kampfgefilde Das weiche Bett, der Wiesen zartes Gras. Wir führen euch zur Fürstin, deren Milde Der Diener Schar beseligt ohne Maß; Sie nimmt euch auf in jene Liebesgilde, Die sie zur Teilnahm' ihrer Freud' erlas. Doch spület erst den Staub in diesen frischen Gewässern ab und speist an jenen Tischen. |
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65. |
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So redet sie, und ihren Mund begleiten Der andern Blick und Wink zu gleicher Frist, So wie man nach dem Klange heller Saiten Bald langsam, bald geschwind die Schritte mißt. Doch von der tauben Ritterseele gleiten Die Lügen ab, die Buhlerin der List. Das süße Wort, das lockende Beginnen Bleibt außerhalb und schmeichelt nur den Sinnen. |
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66. |
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Und wenn auch wohl die Reize tiefer drangen, Wenn auch Begierd' entkeimet da und dort, So tilgt Vernunft, von starker Wehr umfangen, Den Sproß der Lust und reißt ihn aus sofort. Die einen stehn besiegt und hintergangen, Die andern ziehn davon ohn' Abschiedswort. Sie gehn ins Schloß; schnell tauchen nun die Schönen Sich in die Flut, so kränkt sie das Verhöhnen. |