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Indes der Kriegesfürst der gläub'gen Menge Nur auf den Angriff sinnet fort und fort, Und Sturmzeug rüstet, das die Stadt bedränge, Naht Peter sich, der Eremit, ihm dort, Führt ihn zur Seit' und spricht mit frommer Strenge Ehrwürdig ernst zu Gottfried dieses Wort: Wohl seh' ich, daß du ird'sche Waffen rüstest, Doch nicht beginnst du, Feldherr, wo du müßtest. |
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2. |
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Vom Himmel sei der Anfang! Laß erschallen Ein fromm und öffentlich Gebet zuvor Den Kriegesengeln und den Heil'gen allen, Daß sie dem Heer aufthun des Sieges Thor. Im Festschmuck laß voran die Priester wallen Mit flehender Gesäng' andächt'gem Chor; Und dann von euch erlauchten Führern lerne Das Volk die Gottesfurcht und folg' euch gerne. |
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3. |
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So sagt der Eremit, ernst und gerade, Und Gottfried lobt der Rede weisen Sinn: Knecht Jesu, spricht er, bei dem Herrn in Gnade, Sieh, ob ich deinem Rate folgsam bin. Indessen ich die Führer zu mir lade, Geh zu den beiden Völkerhirten hin, Wilhelm und Adhemar; und eurer Leitung Sei anvertraut des heil'gen Fests Bereitung. |
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4. |
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Der Greis versammelt bei der frühsten Helle Nebst jenen zwein der niederen Priester Schar, Da, wo im Lager die geweihte Schwelle Dem frommen Dienst des Herrn bereitet war. Sie alle nehmen an der heil'gen Stelle Ein weiß Gewand; der Oberhirten Paar Schnallt auf der Brust des goldnen Mantels Spangen Und läßt das Haupt vom Bischofshut umfangen. |
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5. |
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Den Zug führt Peter an, im Winde breitend Das hohe Bild, vor dem der Himmel kniet; Worauf der Chor, ernst und gemessen schreitend, Einher in langer Doppelreihe zieht. Demüt'gen Tons von frommen Lippen gleitend, Erschallet leis' ein flehend Wechsellied; Und endlich gehn zum Schluß der heil'gen Scharen Die Fürsten, Wilhelm neben Adhemaren. |
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6. |
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Nun kommt Bouillon, und zwar nach Feldherrnsitte In keines Manns Begleitung, er allein. Die Führer folgen paarweis seinem Schritte, Und dann, für sie bewehrt, der Krieger Reihn. So zieht geordnet aus des Lagers Mitte Das Volk hervor in würdigem Verein; Nicht der Drommeten kriegerisch Gedröhne, Nur Psalmen hört man und der Andacht Töne. |
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7. |
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Erzeuger dir; dir, dem ihm gleichen Sohne; Dir, der von beiden aus in Liebe geht; Dir, des Gottmenschen Mutter, die am Throne Zur Rechten sitzt, euch schallet ihr Gebet; Und, Führer, euch, die in der Strahlenzone Ihr vor dem Heer der Himmelscharen steht; Und dir, o Göttlicher, der hochbegnadet Die Gottesstirn in heil'ger Flut gebadet. |
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8. |
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Auch deinen Beistand wollen sie erwerben, Du Fels des Hauses, das der Herr gebaut, Wo durch die Huld des neuen, würd'gen Erben Das Gnadenthor die Welt geöffnet schaut; Auch jener andern Boten, die das Sterben Voll hohen Siegs verkündet hoch und laut; Und jener spätern, die in voller Klarheit Blutzeugen sind und Märtyrer der Wahrheit; |
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9. |
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Und jener, die gezeigt durch Schrift und Worte Den Himmelspfad, der lange war verhehlt; Und Christi treuer Magd, die sich zum Horte Des edlern Lebens hohes Gut erwählt; Und jener Jungfraun an geweihtem Orte, Die Gott mit heil'ger Hochzeit sich vermählt; Und jener heldenmüth'gen Märtyrinnen, Der Fürsten und des Volks Verächterinnen. |
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10. |
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So singend, zieht das Volk in weitem Kreise Mit ernsten Schritten langsam seinen Pfad Und lenkt zum Oelberg nun die fromme Reise, Der vom Olivenbaum den Namen hat Und, aller Welt berühmt mit heil'gem Preise, Der hohen Mauer sich von Osten naht. Nur Josaphat, mit schroffer Thaleswindung, Verwehrt des Berges und der Stadt Verbindung. |
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11. |
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Dorthin begibt das Heer sich mit Gesängen, Und durch die tiefsten Thäler dringt der Schall, Und Berg' und Grotten füllen sich mit Klängen, Und tausendfach antwortet Widerhall. Ein Waldchor scheint sich in den Felsengängen, Im dichten Laub zu bergen überall; So deutlich ruft's den frommen Melodieen Die Namen nach von Christus und Marien. |
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12. |
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Das Heidenvolk bleibt auf der Mauer stehen Und nimmt erstaunt und still dies alles wahr; Der ernste Gang, das demutsvolle Flehen, Der fremde Pomp erscheint ihm wunderbar. Doch wie es um der Neuheit Reiz geschehen Des heil'gen Schauspiels, hebt die freche Schar Zu toben an, und Schmähn und Lästrung füllen Die Luft, daß Waldstrom, Thal und Berg erbrüllen. |
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13. |
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Doch mit des Bittgesangs anmut'gen Tönen Hält Christi frommes Volk deshalb nicht ein, Und achtet mehr nicht auf ihr Drohn und Höhnen Als auf geschwätz'ger Vögel lautes Schrein. Auch sorgt man nicht, ob Wurfgeschosse dröhnen, Daß sie des heil'gen Friedens Störer sei'n Aus solcher Fern'; und so vollbringt die Menge In Sicherheit die frommen Festgesänge. |
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14. |
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Dem Priester nun wird ein Altar dort oben Als Tafel jenes großen Mahls geschmückt, Und auf den goldnen Leuchtern hoch erhoben Ein strahlend Licht ihm rechts und links gerückt. Ein andres Kleid, doch schön und reich gewoben, Nimmt Wilhelm dort und sinnet, still gebückt. Die Stimm' erhebt er dann mit hellem Schalle, Verklagt sich selbst, dankt Gott und fleht für alle. |
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15. |
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Der Nahe hält sein Ohr zu ihm gewendet, Der Ferne mind'stens des Gesichtes Sinn. Doch als er das Geheimnis nun vollendet Des reinen Opfers, spricht er: Gehet hin! Und mit der priesterlichen Rechte spendet Den Kriegern er des Segens Vollgewinn. Entsündigt wandelt nun die Schar der Frommen Den Pfad zurück, auf welchem sie gekommen. |
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16. |
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Als man im Lager Reih' und Glied verlassen, Begibt der Feldherr sich in sein Gezelt; Und bis zur Schwelle bleibt in dichten Massen Ihm der Begleiter große Schar gesellt. Hier wendet sich Bouillon, sie zu entlassen; Den Führern aber winkt der fromme Held, Mit ihm sich durch ein stärkend Mahl zu letzen; Ihm gegenüber muß sich Raimund setzen. |
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17. |
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Schon hat durch Speis' und Trank beim Festgelage Befriedigt den Naturtrieb jeder Gast, Da spricht der Feldherr: Mit dem neuen Tage Macht insgesamt zum Angriff euch gefaßt. Das sei ein Tag des Krieges und der Plage, Doch diesen weiht der Rüstung und der Rast. Drum ruhe nun ein jeder und bereite Sodann sich selbst und seine Schar zum Streite. |
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18. |
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Sie gingen fort; und nun macht sonder Weile Der Herold bei Drommetenschall bekannt, Daß jeder Krieger mit dem Frühlicht eile In voller Wehr zum angewiesnen Stand. So ward zum Teil zur Labung, und zum Teile Zum Fleiß und Denken, dieser Tag verwandt, Bis leise kam die Nacht herangezogen, Die Mühe störend und der Ruh' gewogen. |
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19. |
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Noch schwankt Aurora, und noch nicht hernieder Blickt aus dem Ost des Tages Lichtgestalt; Noch kehrt der Hirt nicht zu den Auen wieder, Noch fühlt die Erde nicht des Pflugs Gewalt; Gesichert ruht auf Zweigen das Gefieder, Und kein Gebell noch Horn durchstört den Wald, Als: zu den Waffen! die Drommete dröhnet, Und: zu den Waffen! rings der Himmel tönet. |
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20. |
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Auf, zu den Waffen! Waffen! So erneute Sich tausendmal der Ruf im großen Heer. Sogleich steht Gottfried auf, doch nimmt er heute Nicht die gewohnte Rüstung, stark und schwer; Er wählt sich andre Waffen, wie für Leute Zu Fuß sich schickt, bequeme, leichte Wehr. Schon hat er die geringe Last genommen, Da sieht er schnell den wackern Raimund kommen. |
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21. |
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Als Gottfried so bewaffnet sich dem weisen Ratgeber zeigt, der seinen Sinn erspäht, Spricht dieser: Herr, wo ist dein starkes Eisen? Des Panzers Last? das andre Stahlgerät? Warum fast waffenlos? Ich kann's nicht preisen, Daß mit so schwacher Wehr der Feldherr geht. Nun seh' ich wohl aus allen diesen Dingen, Du willst ein niedres Ziel des Ruhms erringen. |
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22. |
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Ha, wonach strebst du? Nach gemeiner Ehre Des Wall-Ersteigers? Laß sie jener Schar, Die, minder wert und nötig unserm Heere, Pflichtmäßig weiht ihr Leben der Gefahr. Du, Herr, ergreife die gewohnten Wehre Und nimm zu unserm Wohl dein selber wahr. Dein Leben, Geist und Seele dieser Scharen, Es muß, bei Gott! sorgfältig sich bewahren. |
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23. |
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Er schweigt, und jener spricht: Vernimm die Kunde: Als ich in Clermont vor Urbanen stand, Der durch dies Schwert dem frommen Ritterbunde Mich zugesellte mit allmächt'ger Hand, Gelobt' ich meinem Gott mit stillem Munde, Nicht zu genügen bloß dem Feldherrnstand, Nein, zu verwenden auch beim großen Werke Als ein gemeiner Krieger Schwert und Stärke. |
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24. |
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Drum, wenn mein ganzes Heer in Reihn und Glieder Geordnet ist und rückt zum Feind hinan, Und wenn ich so als Feldherr treu und bieder Der übernommnen Pflicht genug gethan: Dann will auch ich – wohl hast du nichts dawider – Den hohen Mauern mich im Kampfe nahn Und meinen heil'gen Schwur dem Himmel halten: Mag über mir sein Arm beschützend walten! |
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25. |
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Er spricht's; und Frankreichs Ritter, samt den beiden Gebrüdern Gottfrieds, thun, wie er's gemacht; Auch andre Fürsten folgen ihm und kleiden Sich in des Fußvolks leichtre Waffentracht. Schon stieg indes das kecke Volk der Heiden Zur Höh' hinan, wo gegen Mitternacht Und gegen Abend sich die Mauer kehrte, Weil mindern Schutz die Ebne hier gewährte. |
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26. |
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Denn anderswo befürchtet die Gefahren Des Feindessturms die starke Festung nicht. Hier sammelt der Tyrann die Söldnerscharen Und alles Volk, das Kraft und Mut verspricht. Ja, Kinder selbst und Greis' in hohen Jahren Beruft die höchste Noth zur Kriegespflicht; Und diese reichen dort dem stärksten Teile Kalk, Schwefel, Pech und große Stein' und Pfeile. |
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27. |
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Mit Waffen und Gezeug war mannigfaltig Die Mauer nach der Ebne hin versehn; Und hier, gleichwie ein Riese, hochgestaltig Ist Soliman vom Gürtel auf zu sehn. Hier, zwischen Zinnen drohend und gewaltig Türmt sich Argant, von weitem zu erspähn; Und auf dem höchsten Winkelturm am Walle Erscheint Clorind', erhaben über alle. |
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28. |
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Herab vom Rücken hängt bis auf die Lenden Der Köcher ihr, der Pfeile schwere Last. Den Bogen schon ergreift sie mit den Händen, Schon ist die Sehne straff, der Pfeil gefaßt, Und ringsum späht, den Feinden ihn zu senden, Die schöne Schützin mit begier'ger Hast. So dachte man vor alters sich Dianen, Versendend ihre Pfeil' aus Wolkenbahnen. |
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Der greise König eilt mit flücht'gen Sohlen Von Thor zu Thor, sieht nach an jedem Ort, Ob alles auch geschehn, was er befohlen, Ermuntert seine Schar durch kluges Wort, Mehrt hier das Volk, läßt dort noch Waffen holen Und sorgt für alles, als der Seinen Hort. Die Mütter ziehn indes in die Moscheen, Um zu dem bösen Lügnergott zu flehen: |
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Zerbrich, o Herr, mit deiner starken Rechte Des Frankenräubers Speer wie schwaches Rohr; Und ihn, der dich zu schmähen sich erfrechte, Erschlag und streu' umher ihn unterm Thor! So riefen sie, doch in der ew'gen Nächte Qualvollem Reich hört' ihren Ruf kein Ohr. Indes die Stadt nun fleht und sich bereitet, Hat Gottfried Volk und Waffen rings verbreitet. |
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Er führt das Fußvolk aus des Lagers Schwellen Behutsam und mit schöner Kunst hinaus, Und dehnt es in zwei Flügel vor den Wällen, Die er zu stürmen denkt, schräglinig aus. Dazwischen läßt er die Ballisten stellen Und andres Werkzeug voll Zerstörungsgraus, Das auf die Zinnen los wie Donnerkeile Bald große Steine wirft, bald Schleuderpfeile. |
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Im Rücken hält, das Fußvolk zu beschützen, Die Reiterschar; die leichtre schweift umher. Das Zeichen schallt zum Angriff; und der Schützen, Der Schleudrer ist ein so gewaltig Heer, So mächtig stürmt man mit den Wurfgeschützen, Daß bald sich schwächt der Heiden Gegenwehr. Der eine fällt, der andre flieht von hinnen; Schon mindert sich die Mannschaft auf den Zinnen. |
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33. |
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Der Franken Heer, kampflustig, unverdrossen Beschleunigt nun den Schritt mit aller Macht. Ein Teil der Krieger, Schild an Schild geschlossen, Hat überm Haupt ein Schirmdach sich gemacht; Der andre nimmt vor Steinen und Geschossen Sich unterm Schutz des Sturmgeräts in acht, Und als sie nun des Grabens Rand erreichen, Geht alles dran, die Tiefen auszugleichen. |
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Kein fließend Wasser findet sich im Graben – Die Lage hindert's – und auch kein Morast; Und Steine, Reisig, Bäum' und Erde haben Ihn bald erfüllt, wie viel er immer faßt. Nun naht zuerst, die Leiter aufgehaben, Mit freiem Haupt der kühne Held Adrast. Kein siedend Pech, kein harter Steineregen Hält ihn zurück; er steigt hinan verwegen. |
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35. |
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Rasch auf dem luft'gen Pfade fortgezogen, Hatt' ihn Adrast schon halb zurückgelegt Und ward, obwohl ein Ziel von tausend Bogen, Durch keine Macht aus seiner Bahn bewegt: Da kommt ein großer runder Stein geflogen, Wie man aus Mörsern sie zu schießen pflegt, Trifft seinen Helm und stürzt ihn von der Leiter; So kräftig warf Argant, der wilde Streiter. |
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36. |
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Hart, doch nicht tödlich, war der Wurf; das Fallen Betäubt nur den Adrast, er liegt wie Stein. Nun läßt Argant die freche Stimm' erschallen: Der erste fiel; wer will der zweite sein? Was zögert ihr, uns offen anzufallen? Berg' ich mich denn, ihr bang verkrochnen Reihn? Nichts helfen euch die Höhlen, die ich schaue; Drin sterben sollt ihr, wie das Wild im Baue. |
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Er ruft's, doch hemmt er nicht auf ihren Wegen Die noch verborgne Schar; sie trotzt vielmehr, Vom Schilddach wohl beschützt, dem stärksten Regen Der Stein' und Pfeil' und aller Gegenwehr. Der Widder bringt der Mauer schon entgegen Sein Sturmgerät, die Balken, groß und schwer, Bocksköpfig, hart, mit Eisen dicht beschlagen, Vor deren Stoß die Thor' und Mauern zagen. |
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Der Feind indes, in solcher Not beflissen, Hat eine mächt'ge Last herbeigeschafft, Die, von der Höhe jetzt hinabgeschmissen, Auf die Bedachung stürzt mit Bergeskraft. Der Schildverein wird alsobald zerrissen, Und mancher Helm und manche Stirne klafft, Und ringsum wird das Land in weiten Jochen Bedeckt mit Waffen, Blut, Gehirn und Knochen. |
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Nun will nicht mehr sich der Belagrer wahren Und thut Verzicht auf alle Wehr und Hut; Aus blinden jetzt in sichtliche Gefahren Tritt er hervor und offenbart den Mut. Die Leitern klimmt hinan ein Teil der Scharen, Ein Teil stürmt unten los mit mächt'ger Wut. Die Mauer bebt und zeigt die morschen Flanken Zerrissen schon vom Ungestüm der Franken. |
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40. |
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Und sicher fiel sie vor des Widders Toben, Der auf sie los mit Doppelstößen kracht; Doch schnell genug sind die Verteid'ger oben Mit kluger Kunst auf ihren Schutz bedacht. Denn wo der Balken kommt herangeschoben, Wird gleich ein großer Wollsack hingebracht; Er muß den Stoß des Widders auf sich nehmen Und so, nachgebend, seinen Anprall lähmen. |
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Indessen hier der Franke so verwogen Die Mauer angreift in gedrängter Zahl, Spannt siebenmal Clorinde rasch den Bogen Und schickt den Pfeil von hinnen siebenmal. Und welche Pfeil' aus ihren Händen flogen, Sie alle färben blutig Schwing' und Stahl, Nicht mit gemeinem Blut, mit dem der Fürsten; Die Stolze kann nicht nach geringerm dürsten. |
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Der erste, dessen Blut sie dort verspritzte, War des Britannenkönigs jüngrer Sohn. Kaum trat er aus dem Schirmdach, das ihn schützte, Da traf ihr Pfeil die rechte Hand ihm schon, Und so, daß ihm der Handschuh wenig nützte; Denn ihr Geschoß sprach selbst dem Eisen Hohn. Er knirscht, untüchtig aus dem Kampfe scheidend, Von Schmerzen minder als von Unmut leidend. |
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Clothar, der Frank, stürzt von der Leiter Sprossen, Stephan d'Amboise fällt am Grabenbord; Dem hatt' ihr Pfeil die Seiten ganz durchschossen, Dem Brust und Rücken durch, von da bis dort. Und als der Graf von Flandern unverdrossen Den Widder schiebt, trifft ihm ihr Pfeil sofort Den linken Arm; vergebens, daß er heische Ihn auszuziehn: das Eisen bleibt im Fleische. |
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Dem Adhemar, der fern vom wilden Streite Die Schlacht zu schauen, unvorsichtig stand, Trifft ihr Geschoß die Stirn aus ferner Weite. Die Rechte hat er kaum dahin gewandt, Wo ihn der Pfeil verletzt, da kommt der zweite Und heftet auf das Antlitz ihm die Hand. Er fällt, und reichlich überströmt der Gute Das weibliche Geschoß mit heil'gem Blute. |
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Dem Palamed, nicht fern mehr von den Zinnen, Der, höhnend die Gefahr, die ihn bedroht, Stets höher klimmt mit mutigem Beginnen, Erteilt ihr siebentes Geschoß den Tod. Der Pfeil dringt in das Auge, schneidet innen Die Nerven durch und fährt vom Blute rot Ihm zum Genick heraus. Mit kaltem Schauer Sinkt er hinab und stirbt am Fuß der Mauer. |
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Doch Gottfried droht, indes Clorindens Pfeile So tödlich sind, der Stadt mit neuer Macht; Denn an das eine Thor wird sonder Weile Das größte seines Sturmgeräts gebracht. Dies ist ein Turm von Holz, dem obern Teile Der Mauerzinn' an Höhe gleich gemacht; Ein Turm, beschwert mit Männern und mit Waffen, Und dennoch leicht auf Rädern fortzuschaffen. |
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Die große Last, ausströmend einen Regen Von Spießen und von Pfeilen, kommt heran, Und wie zur See sich Schiff' an Schiffe legen, Sucht sie sich dicht der Mauerwand zu nahn. Doch kräftig stellt der Feind sich ihr entgegen, Greift sie von vorn und von den Seiten an, Hält Spieße vor, und wie er kann, wirft jeder Mit Steinen los auf Zinnen oder Räder. |
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Der Stein' und Pfeile Meng', aus beiden Heeren Zahllos versendet, schwärzt des Himmels Zelt. Zwei Wolken treffen sich, und Pfeile kehren Manchmal zurück zu dem, der sie geschnellt. Wie oft das Laub, wann Regen sich zu schweren Eisklumpen ballt, vom Zweig' hernieder fällt, Und Früchte selbst, unreif, zur Erde sinken, So stürzt der Heide von den Mauerzinken; |
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Denn schwerer trifft ihn des Verderbens Grauen, Weil minder ihn beschützt der Waffe Stahl. Die meisten derer, die das Licht noch schauen, Entfliehn des Turms furchtbarem Wetterstrahl; Doch der vordem beherrscht Nicäas Gauen, Bleibt stehn und hält der Kühnen kleine Zahl; Und auch Argant begegnet keck dem Sturme Und rennt mit einem Baum zum Feindesturme. |
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50. |
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So weit der Balken und sein Arm sich strecken, Hält er ihn ab vom Wall, gerad und steil. Nun auch gesellt Clorinde sich dem Kecken Und nimmt an der Gefahr der andern Teil. Die Franken haun indes von jenen Säcken, Die dort als Schutzwehr hangen, Strick und Seil Mit Sicheln ab; sie fallen und entblößen Die Mauer wiederum den rauhen Stößen. |
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51. |
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So schlägt der Turm von oben, und gleich strenge Des Widders Macht von unten auf sie los; Und schon entdeckt sie die geheimen Gänge In dem zerrißnen, vieldurchbohrten Schoß. Jetzt naht der Feldherr sich dem Kampfgemenge, Da schon die Mauer wankt bei jedem Stoß; Er kommt, umschlossen von dem großen Schilde, Den er nur selten trägt im Schlachtgefilde. |
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Er sieht, aufmerksam seine Blicke regend, Daß Soliman vom Wall herunter eilt Und da sich hinstellt, jeden Weg verlegend, Wo die zerstoßne Mauer sich geteilt; Und daß zum sichern Schutz der höhern Gegend Clorinde mit Arganten oben weilt. Dies sieht Bouillon und fühlt sich aufgefodert Zu hoher That, von edler Glut durchlodert. |
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Zum wackern Sigier kehrt' er sich mit Feuer, Der ihm den andern Schild, den Bogen trug: Jetzt, spricht er, reiche mir, o mein Getreuer! Die leichtre Last; sie sichert mich genug. Ich will zuerst durchs klaffende Gemäuer Den Pfad versuchen, den der Widder schlug. Wohl ist es Zeit, daß unsres Mutes Stärke Sich rühmlich zeig' in einem edlen Werke. |
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Als er sich kaum dem großen Schild entzogen, Da, siehe! kommt aus jenen obern Reihn Ein schneller Pfeil ihm auf das Bein geflogen Und bohrt sich tief in Fleisch und Nerven ein. Der Ruf erzählt, Clorinde, deinem Bogen Entflog der Pfeil; der ganze Ruhm ist dein. Wenn heute noch dein Volk dem Joch der Franken, Dem Tod entging, so war es dir zu danken. |
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Allein der starke Held, unaufgehalten, Als fühlt' er nicht der Schmerzen Ungemach, Verfolgt den Pfad bis zu den Mauerspalten, Erklimmt den Sturz und ruft die andern nach. Doch merkt er nun, ihn aufrecht zu erhalten, Sei das verletzte Bein zu matt und schwach, Und die Erschüttrung mehre nur die Schmerzen; Drum läßt er ab vom Sturm mit schwerem Herzen. |
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Er winkt den wackern Guelf heran in Eile Und spricht zu ihm: Gezwungen geh' ich fort. Dir werde jetzt das Feldherrnamt zu teile, Und statt des meinen gelte nun dein Wort. Doch sicher bleib' ich fern nur kurze Weile; Gleich bin ich hier. Und er verläßt den Ort, Besteigt ein leichtes Roß, um schnell zu gehen, Und kommt in's Lager, doch nicht ungesehen. |
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Sowie der Feldherr weicht, so weicht und schwindet Das Glück der Franken aus der wilden Schlacht, Indes der Heide neue Kraft empfindet, Und mit der Hoffnung ihm der Mut erwacht; Und wie das Glück den Christen sich entwindet, Sinkt auch der Mut, erschlafft des Angriffs Macht. Langsamer scheint ihr Schwert herabzufallen, Selbst die Drommete dumpfer zu erschallen. |
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Und die vorhin vom Wall entflohen waren, Erscheinen jetzt auf ihrem alten Stand. Clorindens Anblick waffnet selbst die Scharen Der schwachen Fraun fürs teure Vaterland. Hoch aufgeschürzt, mit wild zerstreuten Haaren, Thun sie dem Feinde tapfern Widerstand Und werfen Spieß' und wagen ohne Schauern Die zarte Brust für die geliebten Mauern. |
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Und dieses noch vermehrt der Christen Schrecken Und muß den Feind von aller Furcht befrein, Daß bald auch Guelf – und seinen Fall entdecken Die Völker schnell – hinsinkt vor seinen Reihn. Ihn unter tausend trifft, aus fernen Strecken Vom Schicksal hergeführt, ein mächt'ger Stein; Und eben stürmt ein gleicher Wurf auch wider Den wackern Raimund an und streckt ihn nieder. |
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Und jetzt auch sinkt Eustaz mit schwerer Wunde, Kaum im Begriff, dem Graben sich zu nahn. So wird vom Feind in dieser schlimmen Stunde Aufs Frankenheer kein Wurf, kein Schuß gethan, Der Seel' und Leib nicht reißt aus ihrem Bunde, Verletzte nicht dahinstreckt auf den Plan. Und durch solch Glück gereizt zu frechem Hohne, Ruft der Cirkasser jetzt mit lautem Tone: |
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Kein Antiochien gibt es hier, und heute Begünstigt nicht den Christentrug die Nacht. Hell steht die Sonne da, wach sind die Leute; Hier gibt es andern Krieg und andre Schlacht. So blieb vor jener Gier nach Ruhm und Beute In eurer Brust kein Fünklein angefacht, Daß ihr ermüdet weicht von unsern Zinnen Nach kurzem Sturm, ihr Franken? Nein, Fränkinnen! |
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So sprach er, und die eigne Furie fachte In seiner kühnen Brust so heft'gen Brand, Daß er die weite Stadt, die er bewachte, Dem tollen Mute nicht mehr räumig fand. Da, wo die Mauer auseinander krachte, Dahin mit großen Sprüngen eilt Argant Und füllt den weiten Spalt und ruft verwegen Dem Soliman, den er hier trifft, entgegen: |
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Sieh, Soliman, den Ort und sieh die Stunde, Zu richten über unsern Mut und Wert! Was säumst, was zagst du? Dort im blut'gen Grunde Such' jetzt den Preis, wer ihn zumeist begehrt! Er ruft's, und beide stürzen, wie im Bunde, Wetteifernd fort, von gleicher Glut verzehrt; Der angereizt von seinem eignen Grimme, Vom Ehrgeiz der und von des Gegners Stimme. |
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64. |
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Rasch fallen sie mit unversehnen Streichen Die Franken an, gleich ungestüm und wild, Und machen alles tot, was sie erreichen, Zerschmettern Widder, Leitern, Helm und Schild, So daß sich bald von Trümmern und von Leichen Ein hoher Berg erhebt im Schlachtgefild, Der, sich vermengend mit dem Schutt der Wälle, Zum Bollwerk dient an des gefallnen Stelle. |
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65. |
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Dasselbe Volk, das unerschreckt noch eben Nach Mauerkronen rang mit kühnem Fleiß, Ist jetzt so fern von diesem hohen Streben, Daß es sich selbst kaum zu verteid'gen weiß. Die Franken weichen überall und geben Der Helden Wut ihr Kriegsgeräte preis, Das nicht mehr taugen wird zu neuem Sturme; So schlimm ergeht's den Widdern und dem Turme. |
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Das Heidenpaar, gespornt von immer neuer Zerstörungswut, schweift weit und weiter aus; Und schon begehrt es von den Bürgern Feuer Und rennt mit Fackeln bis zum Turm hinaus. So schwingen sich des Orkus Ungeheuer, Die Schwesterfurien, aus der Nächte Graus, Ihr Schlangenhaar und ihre Fackeln schüttelnd Und wild das Weltall durcheinander rüttelnd. |
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Allein Tankred, der an entfernten Orten Zu wecken sucht der Latier alten Mut, Sieht kaum die schreckliche Verwüstung dorten Und jener Fackeln grause Zwillingsglut: Da bricht er mitten ab in seinen Worten Und eilt zu bänd'gen der Barbaren Wut. Bald muß vor seines Arms gewalt'gen Streichen, Wer siegend forttrieb, nun verlierend weichen. |
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68. |
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So wandeln sich des wilden Kampfes Schauer, Wie's nun das wandelbare Glück verlangt. Indessen war der Feldherr von der Mauer Verwundet in sein großes Zelt gelangt. Sigier und Balduin stehn ihm bei voll Trauer; Der Freunde Schar drängt sich umher und bangt. Er selbst bemüht sich, das Geschoß in Eile Herauszuziehn und bricht das Rohr vom Pfeile. |
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69. |
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Er will, es soll zur Heilung seiner Wunde Der schnellste Weg nur gleich ergriffen sein: Durchsucht die Oeffnung bis zum tiefsten Grunde Und spaltet sie und schneidet tief hinein. Schickt mich zurück, eh' der Entscheidung Stunde Vielleicht entflieht mit diesem Tagesschein. Er spricht's; und nun, vom Lanzenschaft gehalten, Läßt er den Stahl mit seinem Beine schalten. |
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70. |
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Und eifrig weiht Erotimus, geboren Am Strand des Po, der Heilung seinen Fleiß. Kein edler Saft, kein Kraut ist ihm verloren, Von dem er nicht Gebrauch und Kräfte weiß. Ihm sind die Musen hold, und doch erkoren Hat er der stummen Künste mindern Preis. Den Leib nur schützt' er, naht ihm Tod verderblich, Und machte leicht den Namen auch unsterblich. |
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71. |
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Bouillon mit festem Blick, gestützt vom Stocke, Hält knirschend zwar, doch unbeweglich stand; Und jener nun mit aufgeschürztem Rocke Und bloßem Arm sucht sänftlich und gewandt, Wie er den Pfeil der tiefen Wund' entlocke Durch mächt'ge Kräuter, durch die weise Hand. Bald mit den Fingern, bald mit feinen Zangen Bemüht er sich und kann doch nichts erlangen. |
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Umsonst ist alle Kunst; dem klugen Werke Bleibt immer noch des Glückes Gunst geraubt, Und schon erwächst zu so gewalt'ger Stärke Des Helden Qual, daß er zu sterben glaubt. Nun aber pflückt, damit er Lindrung merke, Sein Engel Diptam von des Ida Haupt, Ein Kraut, geschmückt mit einer Purpurblüte Und reich begabt mit wunderbarer Güte. |
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Wie dieses Krauts verborgne Tugend heile, Hat die Natur der wilden Zieg' entdeckt, Wann ihr, getroffen von des Jägers Pfeile, Der Flügelstahl noch in der Seite steckt. Dies bringt der Engel her in schnellster Eile, Obwohl es sich auf fernen Höhn versteckt, Und träufelt unsichtbar die flüss'gen Kräfte In ein Gefäß voll edler Heilungssäfte. |
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Auch noch die Flut von Lydiens heil'ger Quelle Und duft'ge Panacee mischt er hinein. Der Arzt besprengt die Wund', und auf der Stelle Verläßt der Pfeil von selbst das kranke Bein; Zu gleicher Zeit versiegt des Blutes Welle, Der Schmerz entflieht, die Stärke stellt sich ein. Da ruft Erotimus: Nicht meine Kunde, Nicht meine schwache Hand heilt deine Wunde; |
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75. |
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Nein, höh're Kraft: ein Engel, der zum Staube, Für dich ein Arzt, herab vom Himmel stieg; Denn Himmelshand sieht deutlich hier mein Glaube. Was säumst du? Waffne dich, und fort zum Krieg! Und schon hat Gottfried mit der Purpurschaube Die Bein' umhüllt, und voll Begier nach Sieg Schwingt er den mächt'gen Speer, ergreift geschwinde Den vor'gen Schild und knüpft des Helmes Binde. |
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76. |
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Vom Lager eilt er nach der Stadt, und tausend Beherzte Krieger folgen seinem Schritt. Der Staub fliegt über ihm die Luft durchsausend, Und unten bebet die Erde seinem Tritt. Von ihrer Höhe sahn die Feinde grausend Des Volkes Nahn, und kalter Schauer glitt Durch ihr Gebein und macht' ihr Blut zu Eise; Dreimal erscholl sein Ruf furchtbarerweise. |
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Sogleich erkennt sein Volk die hehre Stimme, Den Schlachtenruf, der durch die Fluren gellt, Und kehrt alsbald mit seinem vor'gen Grimme Zu neuem Angriff rasch zurück ins Feld. Schon aber hat am Mauersturz das schlimme Zerstörerpaar sich vor den Riß gestellt Und wehrt vom Eingang, keck und unverdrossen, Tankreden ab und seine Kampfgenossen. |
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In Stahl gehüllt, erscheint nunmehr der Franken Heerführer dort, von edlem Zorn entbrannt, Und schleudert, wie er ankommt, ohne Wanken Den mächt'gen Wurfspieß donnernd auf Argant. Kein Kriegsgeschütz, vor dem die Mauern sanken, Hat ein Geschoß gewalt'ger je versandt. Der knot'ge Baum durchfährt die Luft mit Sausen; Ihm hält Argant den Schild vor ohne Grausen. |
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79. |
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Doch den gespitzten Baumstamm aufzuhalten, Vermag kein Schild und keines Panzers Erz; Er bricht hindurch und sucht mit mächt'gem Walten Zuletzt den Weg auf des Cirkassers Herz. Der aber reißt ihn aus der Rüstung Spalten, Selbst aus dem Fleisch und fühlet keinen Schmerz, Wirft ihn zurück und ruft: Dir wiederschaffen Will ich den Stumpf; da hast du deine Waffen! |
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80. |
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Die Lanze fliegt auf schon bekannten Pfaden Zum Angriff und zur Rache hin und her, Doch ohne dem, den sie bedroht, zu schaden; Er beugt das Haupt und meidet das Gewehr. Der treue Sigier muß es auf sich laden, Tief in den Schlund fährt ihm der mächt'ge Speer. Doch quält's ihn nicht, das Leben zu verlassen; Er darf für seinen teuern Herrn erblassen. |
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81. |
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Zugleich wird der Normannen Fürst erschlagen, Auf den ein Steinwurf des Nicäners fährt; Er rollt hernieder von den Trümmerlagen, Indem er Kreiseln gleich sich dreht und kehrt. So viele Schmach kann Gottfried nicht ertragen; In voller Wut ergreift er jetzt das Schwert Und klimmt hinan bis auf die steilste Jähe Des Schuttgebirgs und kämpft nun in der Nähe. |
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82. |
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Wohl sah man ihn manch hohes Werk vollbringen, Und harter Kampf erhob sich, tödlich wild. Doch jetzt erscheint die Nacht, und ihrer Schwingen Graunvolles Dunkel senkt sich aufs Gefild, Und in den Groll unsel'ger Menschen dringen Leis' ihre Schatten ein, friedselig, mild; Weshalb der Feldherr abläßt und sich wendet. So ward der lange, blut'ge Tag geendet. |
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Doch eh' Bouillon zurückführt seine Leute, Nimmt er der Kranken, der Verletzten wahr; Auch läßt er nicht des Sturmgerätes Beute, So viel noch übrig ist, der Heidenschar. Sogar der Turm wird weggeführt, der heute Die größte Furcht der Sarazenen war; Wiewohl vom grausen Sturm, der ihn umwettert, An manchem Ort geborsten und zerschmettert. |
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Des Krieges drohender Gefahr entzogen, Naht er sich jetzt dem sichern Friedenshort. Doch wie ein Schiff, das die empörten Wogen Beherzt durchstreift, verhöhnend Flut und Nord, Vielleicht zuletzt vom Felsenriff betrogen Am Strande scheitert, dicht vor seinem Port; Und wie ein Roß nach Wegen voll Gefahren Muß, nah am Hause strauchelnd, Sturz erfahren: |
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85. |
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So stockt der Turm, und wo er von den Schlägen Der großen Stein' am meisten schon erlitt, Bricht er zwei Räder, und dem Sturz entgegen Neigt sich der hohe Bau und hemmt den Schritt. Allein man eilt, ihm Stützen anzulegen, Und hält ihn auf, eh' er zu Boden glitt, Bis Zimmerleute rasch zum Beistand eilen Und glücklich ihn von jeder Wunde heilen. |
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Der weise Feldherr will, daß vor Erwachen Des neuen Tags das Werk vollendet sei. Er läßt den Turm durch vieles Volk bewachen Und hält die Weg' auf allen Seiten frei. Doch deutlich hört man in der Stadt das Krachen Des Zimmerwerkzeugs und des Volks Geschrei; Und tausend Fackeln, die das Werk erhellen, Entdecken alles, was geschieht, den Wällen. |