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Einführung zu einem Aufsatz Richard Korherrs über den Geburtenrückgang

(1927)

Die folgende Abhandlung mit ihren sehr klaren, unwiderleglichen und erschütternden Feststellungen bedarf keiner Vorrede. Sie spricht für sich selbst. Mögen Einzelheiten daraus längst bekannt und gewürdigt sein, so ist doch eine Zusammenfassung in dieser Sicherheit meines Wissens noch nicht unternommen worden. Nur im Hinblick auf die Zukunft Deutschlands mögen noch einige Worte verstattet sein.

Wem es noch nicht deutlich geworden ist, daß alle unsere großen Probleme der Nachkriegszeit, die Krise der Landwirtschaft, in ihrem Gefolge die zunehmende Landflucht, das Wohnungselend, die Steuerpolitik, die Kolonialfrage, die Frage der Ostgrenzen, die der Reparationen und so weiter auf ein entscheidendes Problem zurückgehen, das der inneren Gesundheit des lebendigen deutschen Volkskörpers – und Gesundheit eines Volkes bedeutet in diesem Falle Fruchtbarkeit –, der weiß nichts von Geschichte und nichts vom Schicksal großer Völker und sollte deshalb über politische Dinge schweigen.

Das deutsche Volk ist das unverbrauchteste der weißen Rasse. Das ist die Grundtatsache, auf welcher alle politischen Lagen und Möglichkeiten der Zukunft beruhen. Es hat nicht wie Spanien, Holland und England jahrhundertelang sein bestes Blut an ein überseeisches Kolonialreich abgegeben und hat im 18. und 19. Jahrhundert nicht seine besten Familien für große Politik und in großen Revolutionen verbraucht. Das deutsche Volk war 1914 hinsichtlich seiner rassemäßigen Gesundheit den übrigen voraus. Im Weltkrieg haben alle Völker soviel von ihrem besten Blut verloren, daß der Vorsprung als solcher bestehen geblieben ist. Das weiß man in der Welt, und darauf beruht zum guten Teil der ungeminderte Haß und das Mißtrauen gegen uns. Unsere Politik hat die eine Aufgabe, den Vorsprung zu erhalten. Alle politischen Zeitprobleme sind nur die Folge davon.

Gesundheit eines lebenden Körpers ist Fruchtbarkeit. Fruchtbarkeit ist politische Macht. Das gilt von einem Bauerngeschlecht wie von einem großen Volk. In Europa hat das bis jetzt nur Mussolini in seiner ganzen Tragweite begriffen und ausgesprochen, für sein Land, das weder Kohle noch Kapital hat, und seiner geographischen Lage wegen nicht fähig ist, als wirkliche Großmacht aufzutreten, solange andere Großmächte das Meer beherrschen. Die Fruchtbarkeit des italienischen Volkes ist seine einzige Waffe, aber eine, gegen die es auf die Dauer kaum eine Verteidigung gibt.

Demgegenüber steht Deutschland unter der Führung von Parteien, das heißt bei uns Scharen von Berufspolitikern, welche die feigste und sinnloseste aller Revolutionen wenigstens materiell auszubeuten versuchen. Deshalb bleibt die Landwirtschaft unrentabel, und aus dem Bauerntum erfolgt eine zunehmende Flucht in die Stadt – weil die Wählermassen der Stadt billiges Brot verlangen, gleichviel ob aus Amerika oder vom heimatlichen Boden. Deshalb ist Deutschland das letzte Land, in welchem das Wohnungselend, das das Familienleben vergiftet, immer noch aufrechterhalten wird, denn es schafft aus Mietern radikale Wähler und unter diesen eine unzufriedene Stimmung. Der Kampf für die Abschaffung des Abtreibungsparagraphen, eine Schar von Literaten, die in Romanen, Dramen und Filmen eine Erotik ohne Folgen behandeln, die Girlkultur, die den weiblichen Körper nicht für Mutterschaft, sondern für sportliche Leistungen ausbildet: das alles ist ein Vorklang des »panem et circenses«, das sich wie ein einstimmiger Ruf aus der römischen Zivilisation erhob.

Und trotzdem, in Deutschland ist das alles noch nicht physisch begründet und deshalb zu überwinden, anders als in Amerika, England und Frankreich, wo es tiefer sitzt. Es handelt sich hier um Deutschland und nur um Deutschland, das seine historische Sendung erfüllen muß, die darauf beruht, daß es unter den weißen Völkern am spätesten gereift und noch heute kaum erwacht ist.

Aber das ist eine Frage nicht der Politik, wie das Wort heute bei uns verstanden wird, sondern großer Politiker, an deren Art wir beinahe die Erinnerung verloren haben. Nicht das parlamentarische Gerede und die Parteipolitik sind den Aufgaben gewachsen, wie sie hier vorliegen, sondern nur Persönlichkeiten, die sich und ihre Ziele durchzusetzen wissen.


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