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Epilog


XIII.

hab ich also die zwölf Kapitel meines Lebens aufgeschrieben; denn was das dreizehnte mir noch bringen kann: das ist kein Leben mehr, das ist die Abrechnung, die ich in der letzten Stunde bezahlen muß. Ich habe noch ein paar Wochen lang töricht auf einen neuen Termin gewartet und dann auch meinen Bubenberg verloren gegeben. Ob er mir hätte helfen können? Es scheint mir, daß ich selber erst sterben muß, damit sie meine Sachen gelten lassen, so wenig oder viel sie sind; jetzt ist es so, daß sich die Türen schließen, wo auch mein Name fällt.

Wenn ich es heute bedenke, scheint es mir fast ein Wunder, wie ich das Stück noch fertig brachte in der kurzen Zeit; denn wenn mich auch die Brustwunde, die sich nicht völlig schließen will, weniger quält, als noch im Herbst in Biel, und wenn ich vor mir selber im Spiegel noch dastehe als der gleiche große Kerl mit roten Backen – nur das Haar ist wie bei einem Greis – wenn ich auch mit den Leuten noch beim Wein dasitze und manchmal lachen kann, als ob ich noch der Kunstschüler von München wäre: irgendwie ist mir inwendig die Kraft nun gänzlich ausgelaufen.

Ich hatte noch eine neue Figur geplant, wie mir das mit dem Bubenberg so glückte, und der Hildebrand hat mir geraten, sie auch bei ihm zu machen; nun liegt sie mir so fern wie eine Absicht meiner törichten Jugend, wo ich den Erlkönig malen wollte. Den Adoranten freilich hab ich mir wieder vorgeholt und schnitzle manchmal an dem Gips herum; es ist, wie wenn er mir von einem Fremden hinterlassen worden wäre, und so mag ich nichts ändern, und die Hände vollenden kann ich nicht. Wenn mich der Guß nicht sieben- bis acht hundert Lire kostete, ließ ich ihn mir in Bronze gießen, um einmal wenigstens ein Stück von mir im Material zu haben.

Doch sind das nur so Wünsche, die unerfüllt mich auch nicht traurig machen. Es fragt sich nur, was aus mir selber wird? Das mit dem Marées geht nicht so, wie ich mirs dachte, und sonst noch Kupferstiche machen? Nach wem? für wen? Wenn ich an einen Verleger schreibe, gibt er mir keine Antwort, wie wenn ich auch die Stiche noch fälschen könnte. Vielleicht, daß ich noch einen Arbeiter in der Majolikafabrik abgäbe? Da wird nicht nach dem Leumund gefragt, wenn er geschickte Hände hat.

Das beste wäre, in ein Kloster zu gehen, und schweigend lächeln lernen wie der Weißkopf oben in der Certosa, oder ein Observatorium besorgen wie der Pater Cölestin auf dem Soracte. Mir ist ja nun ein Rad am Lebenswagen gebrochen, wie er sagte, und die Frage stand schon vor mir, ob ich es flicken oder still beiseit gehen sollte? Ich scheue mich nicht mehr, auch das Geständnis abzulegen: ich habe es versucht, gleich ihm mit meiner Kunst abzuschließen und irgendwo das Leben der Enttäuschten zu beginnen, das kein Leben, nur noch ein Dasein in Demut und Unterwerfung ist, ganz ohne Wunsch und Willen. Ich bin zu den Franziskanern von Quarrachi hinaus gekommen, wo ein paar Rheinländer sind, die einen Schluck Wein mit ihrer Frömmigkeit verbinden. Ich möchte ihn nicht lassen, den roten warmen Trunk; der den Gesunden Glanz und Schwung in ihre festlichen Stunden bringt, er täuscht uns Kranken ein Leben vor, wo die Minuten still aus Vergessenheit in Vergessenheiten fließen. Sie fragten nicht nach meinem Leumund, die braunen Franziskaner; nur beichten sollte ich, und vorher eine seelische Rückschau antreten, in der ich mir selber nichts verhehlen sollte, damit die Ufer meines Lebens mit der Beichte auch leer und rein gewaschen wären. Es ist kein schlechter Rat, sich einmal nach den vielen Modellen selber als Gegenstand zu sitzen mit allen Rünzelchen; jedoch die Brücke zum Atelier gefällt mir nicht:

Ich müßte katholisch werden und bin ein Pfarrerssohn, dem seine Mutter, die Pfarrerwitwe noch am Leben ist und um den Ältesten bangt, der nach vielem Ärger für ein paar Jahre der Stolz von ihren Kindern war und der ihr nun zum Unglück und zur Schande geworden ist; es könnte sein, daß es ausginge wie der Schuß damals in Bern. Ich darf ihr nichts mehr zufügen, weil in dem strengen, lieben Gesicht kein Platz mehr für die neue Sorgenfalte ist; der arme Vater und sein mißratener Sohn, sie habens ihr ganz vollgezeichnet, daß die blanken Augen immer wie zwei Tränen darin stehen.

Wenn schon gebeichtet werden soll, dann will ichs tun als Protestant auf diesen Blättern. Nicht so, daß ich die Welt abschwöre, wie sie ist, und in dem Lebensgang, den Gott in letzter Hand regierte, nach Sünden suche, die aus der Welt, wenn alle so beichten würden, eine Mistgrube machten: Ich habe mir den Lärm nicht selber in mein Leben gelegt, er lag darin feit meinem ersten Tag, wie auch die Leidenschaft darin war. Wo eine Lebensmühle geht, dreht sie die Steine mit einem Mühlrad, das vom Wasser Gottes getrieben wird, und was der Müller eingießt, das malt sie, Buchweizenkleie oder Roggen, je nachdem, und knirscht, wenn Sand darunter ist.

Die Fertigen im Urteil werden sagen, daß ich als Mensch auf eine schiefe Bahn geraten und dadurch für die Kunst verloren gewesen wäre. Sie stellen sich den Künstler wie einen Garten vor, darin die Blumen aus sich selber wachsen und nur der stillen Wartung seiner Hand bedürfen; wenn dann seine Leidenschaft die Beete verwüste, sei er selber schuld daran. Denen muß ich antworten, daß die Kunst, wie ich sie erlebte, keinen Krautstiel ohne Schmerzen wachsen läßt; solange ich ihr ernsthaft diente, war sie eine Brandstätte der Leidenschaft: die ist mir schließlich auch ins Leben eingebrochen – nicht umgekehrt – und hat die Knabensorglosigkeit darin verwüstet.

Daß ich aus einem Maler ein Radierer und Kupferstecher, danach ein Bildhauer geworden bin, das hat man mir als Unrast meiner zügellosen Natur moralisch vorgehalten. Wer hat denn von meinen Zeitgenossen die Zügel fester in der Hand gehabt als ich, wo ich den Peter Halm ganz mit dem Stichel in zwei Tagen fertig machte? Und wer hat einen größeren Verbrauch an Energie im Kampf mit feiner spröden Natur geleistet als ich, der nun mit dreiunddreißig Jahren schon ausgebeutelt ist? Ich hätte freilich – wie der glücklichere Hildebrand – das alles in Gelassenheit erledigen können, wenn meine Natur danach gewesen wäre. Die war auf Lärm und Leidenschaften eingestellt und ohne das Gewitter ein taubes Feld, darauf von selber nichts gewachsen wäre.

Ich warf mich auf die Kupferstecherei dann erst, als ich nach der Wühlarbeit von zehn Jahren die Hoffnungslosigkeit von meiner Malerei einsah. Ich konnte niemals einen Pinsel Farbe hinstreichen ohne Sorge, ob er nicht mehr verdürbe, als gutmachte, weil ich unmusikalisch, nicht nur im Konzertsaal sondern auch für die Musik der Farben war. Als ich aus den Bilderträumen meiner unnützen Jugend in die strenge Lehre der Akademie gekommen war – aus eigener Kraft, nicht wie die andern, die bequemen Muttersöhnchen; und wer von meinen Mitschülern oder Lehrern könnte sagen, daß irgendeiner sein Studium ernstlicher betrieben hätte, als ich – da sah ich erst mit einer Kette von Enttäuschungen ein, daß ich mir mühsam erarbeiten mußte, was andern leicht von der Hand ging. Solange ich beim alten Raab die Lichter und Schatten nur mit Kreide schwarzweiß vorzutäuschen brauchte, kam ich zuletzt mit angespannter Energie noch über meinen Mangel an natürlicher Begabung weg: wie aber danach beim Löffz die Musik der Farben selber kommen sollte, saß ich mit meinen tauben kurzsichtigen Augen da. Was man mit Energie und Selbstzucht lernen kann, hab ich geleistet; oder will mir einer sagen, die Berliner Herren hätten einem unbekannten Schweizerbub die goldene Medaille gegeben, wenn seine Bilder Schlamperei gewesen wären?

Ich hab es damals wie heute gewußt, es war die strenge Schule, was mir den ersten Erfolg machte; als nachher die Begabung einsetzen wollte, war sie nicht da. Weil die Natur bei mir den Musikanten vergessen hatte, blieb mir als einziges Erbteil die Form der Dinge, wo ich beobachten und also mit Fleiß ersetzen konnte, was der Begabung fehlte. Wenn ich schon einmal schrieb, daß ich zwölf Jahre lang einen Verzweiflungskampf auf einem verlorenen Posten kämpfte – wie Dürer gegen Holbein oder Rubens genommen auch – so halte ich das heute als mein Künstlerschicksal aufrecht. Denn wer mir sagen wollte, ich hätte es mir mit dem Stichel bequemer gemacht, kennt das Handwerk und meine Blätter nicht. Daß ich der Form bis in die letzten Schwierigkeiten nachging und niemals ein malerisches Durcheinander vortäuschte, davon will ich nicht sprechen, weil ich damit trotz allem Fleiß immer noch in den Grenzen meiner Begabung blieb. Aber daß ich mit der Nadel und dem Stichel versuchte, was mir als Maler versagt war, die Stofflichkeit der Gegenstände und ihre farbige Erscheinung schwarzweiß umzusetzen: dessen will ich mich rühmen.

Wenn ich schon in Berlin die Grenzen meiner Begabung oder den Mangel meiner unmusikalischen Natur erkannt hätte: vielleicht, daß ich bei der Stecherei geblieben und dabei halbwegs ein ordentlicher Bürger geworden wäre, wie es den meisten Künstlern nach dem ersten Aufschwung geht und wie es auch der Lauf der Welt ist, daß einer sich in seiner Jugend sein Stückchen Ideal ausrodet, um darauf später die Familie zu ernähren. Einsichten aber ohne Erfahrung können Faulheiten sein, und Faulheit lag meinem Wesen nicht, das sich rühren mußte, um nicht fett zu werden. Ich sah nur, daß die Form mein Teil war und glaubte, daß ich dadurch auf die Plastik gewiesen und der geborene Bildhauer wäre – Dürer hat es auch nicht bloß mit der Kupferstecherei und dem Holzschnitt versucht.

Daß in der Plastik, wie überhaupt in aller Kunst, Musik so gut wie in der Malerei vonnöten ist, und ich somit für alle Künste unbegabt, weil unmusikalisch war: das mußte ich erst noch in Rom erfahren. Wenn ich bei dem Adoranten wie bei dem Speerwerfer an der Vollendung zuletzt durch eine Grenze gehindert wurde, die ich mit aller Leidenschaft der aufgeregten und überangestrengten Energie nicht überschreiten konnte, war es nur dies; wie auch mein Mißtrauen gegen den Bubenberg in Hildebrands Atelier hieraus kam. Der Ritter hatte die Musik, um die ich mir meine Kunst und auch mein Leben zerrieben hatte, aber sie kam aus der Luft eines Hauses, das mit Musik erfüllt war. Trotzdem bin ich dem Schicksal dankbar, daß es mich einmal gesegnet hat, und wenn ich auch das Hochgefühl daraus in keinem Augenblick genießen konnte: das wußte ich doch, daß ohne meine Jugend und die Erzählungen des Vaters am Laupendenkmal die Musik in dem Ritter nicht zum klingen gekommen wäre, der somit, nachdem er nicht als mein Abgesandter für mich zeugen konnte, doch einen Dank und Herzensgruß an meine bernische Heimat auf seinen gepanzerten Schultern trägt, solange mir nicht böse Hände auch den Gips von diesem letzten Heimatstolz zerschlagen.

So hat mir die Begabung nicht geholfen wie dem Glücklichen da drüben in San Francesco di Paola; ich habe mir wie ein Schwyzer Landsknecht auf fremden Straßen alles mit Narben erhauen müssen. Nur durch die Leidenschaft meiner Natur, mit der ich meine Energie für eine Sache jedesmal aufreißen und ballen konnte – wie ein Brennglas die Sonnenstrahlen bis zur Entzündung zu sammeln vermag, mehr noch, wie eine Stichflamme die Gase der ganzen Maschine an einem Punkt zischen läßt – bin ich zu meinen Kupferstichen gekommen, die strengere Gebilde sind, als sich die Künstlerträume der Jugend je etwas erdenken können; denen der letzte Hauch der Weltmusik fehlt, die aber so rechtschaffen und treu gebildet sind, daß sie ihn tragen könnten.

Drum war die Leidenschaft, an der ich nach der Meinung meiner Kritiker an der reinen Kunst gehindert war, die bittere Notwendigkeit meiner tauben Natur. Vielleicht, daß ich damit klüger etwas anderes als ein Künstler geworden wäre; doch ist es auch für diese Einsicht zu spät; was hilft es, einem knorrigen und vernarbten Eichbaum zu sagen: warum bist du auf diesem Erdreich keine schlanke Tanne geworden, was viel richtiger gewesen wäre? Ich weiß nun, daß sich alles mit Notwendigkeit vollziehen mußte, bei jedem wie bei mir, wie es gekommen ist, und daß der Irrtum die untrennbare Rückseite an der Medaille der Wahrheit ist. So wie ich war und werden mußte und auch geworden bin mit meinem Blut und Kopf, die mir die Eltern gaben, bin ich der Stauffer, der hier am Borgo San Jakopo zwölf den Lungarno drüben und die Kuppel des Brunelleschi zwar mit der Wehmut betrachtet, daß seine drei Sachen keine solche Kuppel geworden sind und auch nicht werden konnten, doch mit dem Stolz, daß sie aus einer schwächlichen und verwilderten Zeit von einem angeblich zügellosen Menschen als ein achtbares Erbteil und Beispiel dessen bleiben werden, was die Willenskraft auch bei einer spröden Natur vermag.

Freilich ist mit den drei Sachen auch die Energie eines kräftigen Körpers und eines ganzen Lebens frühzeitig aufgebraucht, sodaß ich wie ein Greis mit dreiunddreißig Jahren statt zu schaffen schon geschwätzig bei meinen Memoiren sitze; das Gehirn verträgt die dauernden Entzündungen nicht. Und obwohl die Lydia mir den Rest in einem Brand verpulvert hat, der mich mit seinen üblen Dünsten nicht mehr verläßt: es kann mir manchmal durchs Gehirn wie eine Ahnung fliegen, als ob auch ohne sie alles zum gleichen Ende gekommen, als ob der rasche Brand besser, als langsam zu verkohlen gewesen wäre.

Es war zu früh, als ich mir damals selber den Gnadenschuß geben wollte; ich mußte erst noch meinen Bubenberg aussenden, durch den ich nicht mehr der verlorene Sohn der Heimat bin; auch war ich mit der Einsicht in mein Leben nicht so weit, um diese Beichte abzulegen, die niemand auch mich selber nicht mehr anklagt. Nun aber sehe ich nichts mehr, was meinen Händen auf dieser Erde noch erreichbar wäre: Vielleicht die einmal erhoffte Professur in München und die Frau dazu – ich könnte mir die Schwarze vom Monte Cavo holen – zuletzt gar Kinder? Es hat schon keine Gefahr, daß mir dergleichen noch geschieht; ich bin von jener Fehme getroffen, wie sie nicht nur bei den Westfalen damals gebräuchlich war; mir haben die Anklage und der Kerker den Leumund genommen, der das Gesellschaftskleid des öffentlichen Umgangs ist; ich bin mit meiner nackten Menschlichkeit übrig geblieben, und so etwas kann nicht Professor werden.

Ich war von Anfang an, wie ich nach München als Stubenmaler kam, etwas ein Schweizer Landsknecht auf fremden Straßen, weil in der engen Heimat höchstens Platz für kleinliche Bürgerkriege ist. Nun Landfrieden um mich geworden ist, hab ich es nicht soweit für meinen Beutel gebracht, um mich auf meinen Altenteil in Schwyz anzusiedeln wie dort die Edelinge. Was könnte mirs auch nützen? Ich bin mehr auf die Ehre als auf den fetten Beutel ausgezogen und kann nicht nachher doch wieder wie ein reich gewordener Krämer das meinige verzehren, wie das die alten Söldnerführer taten. Mein Leben war nun einmal auf Presto eingestellt, wie die Musikanten sagen, das geruhsame Andante liegt mir nicht. Es ist gespielt und abgerechnet, auch was ich mehr als andere genossen habe, mit Leidenstalern bis auf die letzten Kummerpfennige, die ich dem Tod als Trinkgeld übrig lassen will.

Es bleibt mir nur der Sprung ins Rätsel, aus dem mich eine Laune des Schicksals rief, um einmal die Gleichung von Kunst und Leben auch ohne die Bequemlichkeit von einem hinreißenden oder ausreichenden Talent zu machen. Wenn ich nun ein Chinese wäre, es wäre Zeit, dem teuren Sargtransport durch eine billige Reise dritter Klasse zuvor zu kommen; aber noch darf ich nicht, noch hat mein ritterlicher Freund, der Bubenberg, das Wort nicht für mich ausgesprochen. Ich kann es auch nicht abwarten, und weil ich nun einmal ein Landsknecht auf fremden Straßen gewesen bin, will ich auch bei den Landfremden auf der römischen Landstraße begraben sein, wo die Lydia liegen wollte, die nachher wieder mit ihrem Gatten in die Schweizer Heimat gefahren ist, wohin sie als ordentliche Hausfrau gehörte, nachdem die kranke Neigung ihr auskuriert war.

Wie wird es sein? Den Schuß hab ich mir selber vorweg genommen. Es wäre auch zuviel Lärm um mich, und Lärm darf nicht mehr sein, weil du ihn, liebe Mutter, nicht mehr ertragen kannst. Mir hat der Doktor Erwin Kurz Chloral verschrieben, damit die wunden Nerven Nacht für Nacht in einen sanften Tod eingehen, der immer nur bis zum Morgen reicht. Es scheint, daß mir mein Berner Landsknechtskörper zu gut gehalten hat; er war mit seinen Armen und Beinen mehr fürs Lanzen- als fürs Kupferstechen gemacht: Ich nehme längst das fünffache der Dosis, damit ich meinen Körper in den Schlaf hinein betrüge. Wenn ich nun einmal das zehnfache nähme, ob er die Fälschung merken würde?

Seis drum: die Blätter dieses Lebens sind vollgeschrieben. Es war mein Erbteil – und ich weiß nicht einmal, ob es so schlecht war, wie es dem armen Kopf beim ersten Schrecken schien – nicht meine Wahl, die keinem zusteht, der mit den Säften der Natur geboren nur das Gefäß um ihr Geheimnis bildet: daß sie bei mir zur Chronik der Leidenschaft geworden ist.

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