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Ruttinger war von Kindheit auf verrückt – später, als die Familie zu Geld kam, nannte man es eine Nervenkrise und steckte ihn ins Sanatorium.
Darin stak er lange.
Eines Tages brach er aus, ging Unter den Linden spazieren und schrie, er wäre der Dalai-Lama.
Daraus erwuchsen der Familie zahlreiche Unannehmlichkeiten. Denn das Amtsgericht III zu Berlin verurteilte Ruttinger wegen unrechtmäßiger Beilegung eines Amtscharakters.
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Die Bevölkerung von Galizien ist von der Unbestechlichkeit ihrer Gerichte nicht so tief überzeugt, wie es im Interesse der Staatsautorität zu wünschen wäre.
Unlängst erhob sich der Vorsitzende des Landesgerichts zu Tarnopol, Zivilsenat, und begann die Urteilsbegründung zu lesen:
»Der Gerichtshof hat angenommen ...«
»Hab ich mir gleich gedacht«, unterbrach der abgewiesene Kläger.
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Oberlandgerichtsrat Mädler in Heidelberg war sehr kurzsichtig.
Einst wühlte er langmächtig in den Akten, hob zwei Finger hoch den Blick und sprach:
»Sie sind also die unverehelichte Urschula Weigand, 31 Jahr alt, öffentliche Buhl- und Luschtdirne, genannt das Merinoschaf.«
»Nö,« antwortete eine Baßstimme, »i bin der Hofkunsthändler Förk.«
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Doktor Karlinger hatte einem jungen Kavalier aus der Schlammastik geholfen – allerdings zu ungeheuerlichen Bedingungen: zweihundert Prozent Zinsen ungefähr.
Nun stand Karlinger vor dem Ehrenrat der Niederösterreichischen Advokatenkammer, angeklagt des Wuchers.
»Meine Herren,« sprach Karlinger, »angenommen, ich bin in der Schlacht bei Bosworth; König Richard schreit: ›Ein Pferd! Ein Pferd! Ein Königreich für ein Pferd!‹ – Ich liefere ihm das Pferd. – Was geschieht? Es kommt der Ehrenrat der Niederösterreichischen Advokatenkammer und diszipliniert mich wegen Wuchers.«