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Zu Djiddah lebte ein Mann mit Namen Hassan, weit und breit berühmt ob seiner Frömmigkeit.
Er hatte sich zeitlebens mit den gelehrten Büchern abgegeben und darüber gar nicht bemerkt, daß ihn treulose Verwandte um Habe und Gold bestahlen. Ein Greis fast schon an Jahren, sah er sich plötzlich der Armut gegenüber.
Doch der alte Hassan verzagte nicht. Er wußte: Hatten ihm auch die listigen Schurken sein Vermögen abgejagt – er besaß ein Gut, das ihm niemand rauben konnte: den Ruhm seines gerechten Namens. Und von diesem Gut beschloß er fortan zu leben.
Er ging auf den Markt, breitete seinen Teppich aus und rief:
»Hört mich, ihr Leute, die ihr von Zahnschmerz geplagt seid! Ich, der fromme Hassan, will euch durch die Kraft meines Gebetes heilen.«
Bald strömten die Leidenden von allen Seiten zu.
Wenn aber einer kam und klagte, da segnete Hassan ihn zuerst; dann umschritt er ihn dreimal, warf sich dreimal – mit dem Gesicht gen Mekka – auf den Teppich nieder; segnete ihn wiederum dreimal, umschritt ihn und warf sich siebenmal zur Erde; segnete ihn, hielt ihm die Hand auf die Stirn; endlich zog er eine mächtige Zange hervor, eine fürchterliche Zange.
Und fragte den Kranken:
»Tun dir deine Zähne noch weh?«
»Nein,« hauchte der Kranke regelmäßig – und das Volk ringsum staunte und murmelte Lobsprüche auf Hassans Frömmigkeit.
– – – Eines Tages drängte sich ein Mann mit arg geschwollener Backe durch die Menge der Gaffer.
»Machs kurz,« sagte der Fremdling, »ich habe schreckliche Schmerzen.«
Hassan erhob die Hände und wollte zu segnen beginnen. Doch der Fremde winkte ab.
»Machs kurz, sag ich dir noch einmal, ich habe schreckliche Schmerzen.«
»Geduld, mein Lieber,« antwortete Hassan gütig. »Geduld, du sollst genesen.« – Und hob wieder die Hände.
Da wurde der andre aber räuberisch wild.
»Machs kurz, Hassan, sag ich dir, und nimm die Zange! Denn wisse: ich bin der fromme Ebul Fida aus Jaffa und pflege die Zahnleidenden bei uns zu Haus ebenfalls durch Frömmigkeit zu heilen.«