Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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Verwandlung.

Dekoration wie am Anfange des Aktes. Mondschein.

Schlafdorn. (mit seiner Keule auf- und abgehend wie eine Schildwache.)

(Singt.)

Keine Ruh bei Tag und Nacht,
Nichts was mir Vergnügen macht;
Immer auf und abzugeh'n,
Unabläßig Wache steh'n!

Selbst der Mond wacht nur die Nacht,
Wenn er scheint in seiner Pracht;
Unter Tags in's Bett er geht,
Weil die liebe Sonn' aufsteht.

Auch die Sterne wandeln hin,
Wenn das Morgenroth erschien,
Ruhen aus von ihrem Gang
Bei der Vögel Morgensang.

Schlafen möcht' auch ich einmal;
Ist doch's Wachen eine Qual!
Hol' der Teufel die Hexerei
Und die Feeen alle zwei!

Schmählicher Dienst für einen Riesen aus der beßten Riesenfamilie! Eines schlafenden Mägdleins wegen dasteh'n und wachen! Schickten mir die beiden Zauberschwestern nicht täglich ein Faß Meth und ein Kalb zur Nahrung, so hielt ich's wirklich nicht aus. Mein sanfter Nachbar, der Sänger, schläft ruhig in seiner Hütte, das Morgenlied der Waldvögel weckt ihn täglich, während ich mich die Nacht über am Heulen der Wölfe und am Geächze der Eulen zu erfreuen habe.

(Ein Flug Raben schwirrt durch die Luft und läßt sich auf im Bäumen nieder.)

Holla, ihr lieben Vögelein mit schwarzem Gefieder, was wollt ihr da? Wenn ihr auffliegt gilt's eine Botschaft; was habt ihr mir zu verkünden?

Die Raben.

Wir kräh'n und kräh'n,
Daß wir dort geseh'n
Den Minnamunt geh'n;
Wir kräh'n und kräh'n,
Bald wird es gescheh'n,
Bald wird es gescheh'n –
Krah, krah, krah! (fliegen fort.)

Schlafdorn. Was wird gescheh'n ihr weisen Vögel? fort sind sie! – Aber dorther kracht's durch's Gebüsch; es klingt wie Eisen, es blitzt wie Stahl im Mondschein. Wer da? der Riese wacht!

Minnamunt (tritt ein.)

'S ist Minnamunt mit Schwert und Schild;
Er will erlösen die Jungfrau mild;
Er will zerbrechen des Zaubers Macht,
Als Freier kömmt er in dieser Nacht!

Schlafdorn. Steck dein Schwert ein, Minneheld! Wage dich nicht an den Riefen!

Minnamunt

Mein Schild ist fest, mein Schwert ist gut,
Das will sich färben mit Riesenblut!
Stell dich zum Kampf, ich bin bereit –
Der Morgen graut, 's ist an der Zeit!

Schlafdorn. Willst du, so sei's! (sie kämpfen.)

Lautenklang (aus der Hüte tretend.)

Was weckt mich aus dem Schlummer? Wie, ein Kampf?
So ist ein Streiter endlich hier erschienen,
Den meine Klänge haben hergerufen!
Muth! edler Kämpfer!Muth! Heil deinem Schwertel
Mög dich ein Lied begeistern für den Sieg!

(Er nimmt die Laute und singt.)

Die Schönheit ruft's: Komm, wecke mich!
Sie winket und erwartet dich,
Die Minne hart im Zauberschloß:
Auf, Ritter, auf! besteig dein Roß! Greif nach dem Schwerte, hell und blank,
Zu kämpfen um der Minne Dank!

Schlafdorn. Halt ein, Ritter! Ich bin vom Kampfe müd. Laß uns ruh'n! Dann beginnen wir wieder; dein Arm ist stark.

Minnamunt.

Mein Arm ist stark, mein Schwert ist gut,
Das will sich färben im Riesenblut!

Lautenklang (singt fort.)

Wenn du ein starker Held auch bist,
So traue nicht des Riesen List,
Dornröslein liegt in Schlummers Macht,
Dornröslein dir im Traume lacht!
Die Sonn' geht auf, drum kämpfe fort,
Der schönste Preis ist Minne dort!

(Sie kämpfen wieder, während sich die Bühne vom Morgenroth erhellt, fällt der Riese im Kampf. Ein wunderbarer Klang ertönt.)

Lautenklang.

Heil dir! du hast gesiegt, jetzt eil' in's Schloß;
Dornröslein schlummert in des Königs Schooß.

Minnamunt. Wohlan es sei! Es winkt der schönste Lohn! Mein Schwert haut mir die Bahn durch's Dorngeheg.

(Er eilt in das verzauberte Schloß.)

Lautenklang.

Gesegnet sei, du junger Held, zu pflanzen
Des Sieges Banner auf die Zinnen dort!
Vollbracht hast du das Schwerste, freue dich
An deiner That! Nun hole dir die Krone!
Dank dir, o himmlisches Geschick! die Lösung naht!
Geschlossen ist der mag'sche Ring der Minne,
Das Seherlied des Sängers hat's verkündet.

Donnerschlag. Die Hülle des Schlosses fällt, welches im hellen Morgenlichte dasteht. Auf einer breiten Treppe steigen herab: Minnamunt, Dornröslein führend, König Purpur und Königin Hermeline mit Gefolge. Zugleich erscheint Sconea auf rosigen Wolken.

Sconea.

Heil euch! der böse Zauber ist gelöst!
Mein Segen ruht auf Euch; der Schlaf entwich,
Die Nacht entfloh, nun winkt das Morgenroth –
Erfreuet euch nach langen Schlummers Noth!

(Verschwindet wieder.)

Minnamunt.

Dornröslein ist nun mein! Das Röslein blühe,
Die Dornen bleiben in der Nacht zurück
Gleich einem Traume, der entschwunden ist.

Dornröslein.

Ja ich bin dein, mein holder Minnamunt,
Da mich geweckt der reine Minne-Kuß!
Dein bin ich für die irdische Lebenszeit,
Und dein gehör' ich für die Ewigkeit!

Lautenklang.

Zu gutem Ende führt der edle Kampf
Des Lebens; ja, er führt einmal zum Heil!
Zur Wahrheit ward's! Nun stirbt der Sänger
Der Laute Saiten springen und es bricht
Sein Herz; dort oben winken lichte Höh'n.

(Er sinkt zusammen.)

Lebt wohl! im Reich der ew'gen Poesie
Seh'n wir uns wieder! Heil euch, lebet wohl!

(Er stirbt)

Alle gruppiren sich um ihn. Der Vorhang fällt.


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