Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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II. Aufzug.

Zimmer im Pallaste des Königs Goldkron

König sitzt, vor ihm Dünkelmayer.

Dünkelmayer. Euer Majestät haben mich rufen lassen, womit kann meine Gelehrsamkeit dienen?

König. Ihre Gelehrsamkeit werde ich demnächst nicht mehr gebrauchen können; denn was soll's mit Ihrer Astronomie, Geographie, Philologie, Chemie und Philosophie, wenn Sie noch nicht entdecken konnten, wo meine geliebte Tochter ist, die mir vor einem Jahre schon entführt wurde? Gütiger Himmel! Vielleicht ist dieses liebe Kind gar nicht mehr unter den Sterblichen! etwa schon von einem wilden Thiere gefressen! Es ist erschrecklich, was mein königliches Vaterherz oder mein väterliches Königsherz leidet! Wozu habe ich Sie angestellt, als daß mir Ihre Wissenschaft und Ihre Genie nützlich werden? Wozu habe ich Sie zum Hofrathe ernannt, wenn Sie keinen Rath zu geben wissen?

Dünkelmayer. Es gibt Verhältnisse und Umstände, welche außerhalb der möglichen Errungenschaften aller wissenschaftlichen Forschungen sind, Majestät. – Aber dennoch bin ich überzeugt, daß ich einmal den Knoten zu lösen im Stande sein werde, wenn Allerhöchstdieselben mir Zeit gewähren.

König. Zeit, Zeit und immer Zeit! Wie lange studiren und experimentiren Sie schon an der Aufgabe, die ich Ihnen gestellt habe?

Dünkelmayer. Ich bin eben noch nicht damit fertig geworden, die Zirkel und Quadrate des Lebenshoroscopes der Prinzessin Lilienweiß, Königlichen Hoheit, dergestalt zu combiniren, daß ich an den Faden anknüpfen könnte, der mir den Schlüssel zur Lösung der eigentlichen Aufgabe bietet. Um dieß bewerkstelligen zu können, bedarf ich noch der Summe von 10,000 fl., damit ich mir die notwendigen Instrumente kann anfertigen lassen. Ich brauche noch einen Tubus, der zweitausendmal vergrößert, zur Beobachtung der Gestirne, ferner einige physikalische Substanzen der theuersten Gattung und verschiedene andere Gegenstände.

König. Sie sollen haben, was Sie wollen, wenn es Ihnen dazu dient, zu entdecken, wo ich meine Tochter finden kann. Die letzte Perle aus meiner Krone, den letzten Diamant aus meiner Schatzkammer opfere ich; denn was sind all' diese Kleinodien gegen mein herrlichstes Kleinod, meine Tochter Lilienweiß! Eines aber sage ich Ihnen, Herr Hofrath, wenn Sie meine Aufgabe nicht bald erreichen, wenn Ihre Forschungen kein genügendes Resultat haben, so lasse ich Sie ohne Weiteres hängen und dieß ist mein letztes Wort; verstanden, Herr Hofrath? –

(Geht zornig ab.)

Dünkelmayer. (allein.) Hängen? mich hängen? Das wäre nicht übel! Nein, daß dieß nicht geschieht, dafür will ich sorgen. Hab' ich die 10,000 fl. vom Herrn Schatzmeister in Empfang genommen, so werd' ich mich augenblicklich aus dem Staube machen. Ich hab' mir außerdem ein hübsches Sümmchen bei Seite geschafft und so geht's herrlich. Mein Auskommen habe ich und König Goldkron mag sich um einen anderen Hofgelehrten umsehen, der ihn an der Nase herumführt. Ha, Ha, Ha, ich lach' mir dann in's Fäustchen.

Casperl (guckt zur Thür herein.) Ist's verlaubt?

Dünkelmayer. Wer ist da?

Casperl. I bin's.

Dünkelmayer. Wer sind Sie? Was wollen Sie?

Casperl. G'horsamer Diener, g'horsamer Diener.

Dünkelmayer. (Für sich.) Das ist eine drollige Figur, ein komischer Kerl. (Zu Casperl) Was wünschen Sie? Wie sind Sie da hereingekommen?

Casperl. Auf meine zwei Füß.

Dünkelmayer. Hat Sie der Portier eingelassen? Wissen Sie, wo Sie sind?

Casperl. Wo ich bin? – Ja, wissen's; so viel ich weiß, bin ich in der Residenz Seiner Majestät des Königs Goldkron.

Dünkelmayer. Allerdings, aber zu welchem Zweck?

Casperl. Zweck oder Zwick – ich muß dem König was außerordentlich Wichtig's sagen.

Dünkelmayer. Haben Sie sich zu einer Audienz melden lassen?

Casperl. Zu was?

Dünkelmayer. Zu einer Audienz, zu einer Aufwartung.

Casperl. Ich bin kein Pudel, s' Aufwarten hab i net glernt.

Dünkelmayer. Sonderbare Bemerkung. Sollte Ihnen das Hofceremoniel nicht bekannt sein?

Casperl. Nix da, des Gschwatz wird mir z'lang. Sagn's mir lieber, wo ich den Herrn König finden kann?

Dünkelmayer. Wenn ich weiß, wer Sie sind, so kann ich Ihnen Gelegenheit verschaffen, zu Seiner Majestät zu gelangen, denn ich bin Hofrath Dünkelmayer.

Casperl. Hofrath Simpelmayer?

Dünkelmayer. (Mit Nachdruck.) Dünkelmayer, Hofrath und Leibgelehrter des Königs.

Casperl. Ach! das ist aber was Neus. Von einem Leibkutscher oder Leibschneider oder Leibstuhl hab i schon g'hört; aber von einem Leibgelehrten no nix. Das muß a curiose Anstellung sein.

Dünkelmayer. Brechen wir ab – ich habe nicht viel Zeit zu verlieren.

Casperl. I dank schön, abbrechen mag i net, i bleib vor der Hand lieber noch ganz.

Dünkelmayer. Kurz und gut, zum Schlusse: Wer sind Sie?

Casperl. Ich bin der Casperl Larifari und Leibbedienter beim Prinzen Rosenroth und soll dem König von meinem Herrn was ausrichten.

Dünkelmayer. Da hat sich der Prinz Rosenroth einen sonderbaren Geschäftsträger gewählt. Ha, ha, ha – wirklich höchst sonderbar. Ein Bedienter und eine diplomatische Sendung? wie reimt sich das zusammen.

Casperl. Ein Bedienter und eine zipflomatische Wendung?

Dünkelmayer. Toller Mensch! – Nun denn; Seine Majestät kommen eben den Corridor herauf. Machen Sie ihm Ihr Compliment. Ich werde Seine Majestät darauf vorbereiten. (ab.)

Casperl. Das ist aber a kurioser Kerl, der Simpelmayer da. Sapperement, jetzt kommt, glaub ich, der König.

König. (Mit Krone und Scepter.) Wo ist der Abgesandte, den man mir eben gemeldet hat.

Casperl. Unterthäniger Diener!

König. Was wollen Sie? wo haben Sie Ihr Creditiv?

Casperl. Kein Speditiv hab i net, aber was z'sagen hab i!

König. Haben Sie meinen Minister des Auswärtigen noch nicht gesprochen?

Casperl. Weder ein' Auswendigen noch ein' Inwendigen. Mich schickt halt der Prinz Rosenroth wegen der Prinzessin Lilienweiß!

König. Wie? um meine Tochter handelt es sich?

Casperl. Von einer Handelschaft ist keine Red.

König. Warum kömmt Ihr Prinz nicht selbst zu mir?

Casperl. Weil er kein g'scheid'n Aufzug hat, vor lauter Rumsuchen in der Welt um die Prinzessin Lilienweiß zu finden. Ja Sie glauben's gar nit, wie's uns zwei miserabel geht. – Wissen's was? Jetzt möcht i z'erst was z'essen und z'trinken, nachher sag' i mein Botschaft!

König. O sprechen Sie, sprechen Sie zuvor! Vielleicht weiß Prinz Rosenroth etwas von meiner geliebten Tochter!

Casperl. Nix weiß er, als daß die Prinzessin Lilienweiß in ein' Blumenstock verwandelt ist.

König. Weh' mir! welche Nachricht!

Casperl. Die Fee Liebinniglich hat's vorgestern meim Herrn im Traum verzählt, daß der böse Zauberer Negromantikus die Prinzessin g'raubt hat und in einen Lilienstock verzaubert, weil's ihn nit hat heirathen wollen.

König. Gütige Götter! welches Schicksal!

Casperl. So – das hab' ich Ihnen ausrichten sollen und jetzt werdn's schon wissen, was z'thun haben. A gut's Trinkgeld für'n Casperl, ein paar Flaschen Wein und was Gut's z'essen. Nachher sag' ich Ihnen noch was.

König. Ein königliches Geschenk für diese Nachricht – wenn ihr Inhalt auch unerhört ist!

Casperl. Was? unerhört? Sie hab'n ja g'hört, was ich Ihnen g'sagt hab'.

König. Kommen Sie mit mir in mein Kabinet, um das Nähere zu besprechen, was in dieser Sache zu thun. Ich muß den edlen Prinzen sprechen.

Casperl. Ja mir ist's schon recht; aber er traut sich nit rein, weil er g'flickte Hosen hat und ein zerrissenes Jabodl.

König. Armer Prinz! (Beide ab.)


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