Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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I. Aufzug.

Gemach in Blaubart's Burg.

Casperl. Jetzt schlagt's grad zwölf Uhr und noch is er von der Bärenjagd nicht z'Haus kommen. Da jagt wohl Ein Bär den Andern! Nein, wenn ich das voraus gewußt hätt'; in diesen Dienst wär ich nicht, um eine Million getreten. Das ist ja ein furchtbarer Kerl, mein Herr, der Blaubart! Wer's bei dem aushalten könnt, der müßt ein'n ordentlichen Magen haben. Ein Wüthrich ist er, wie die ganze Ritterschaft des Mittelalters nicht aufzuweisen hat. Was thut er gestern wieder? Mein Colleg, der Knappe Kuno soll ihm seinen Abendtrunk bringen, stolpert im Hereingeh'n, schlagt das chinesische Porzellangeschirr zusamm', überstaucht sich den linken Fuß und fallt auf d' Nasen hin! Potz tausend Schlipperement! der Blaubart wird ganz wüthig, nimmt sein Spadir von der Wand und sticht den armen Kuno durch und durch als wie ein Rebhühnl am Bratspieß und schreit: werft den Kerl in den Burggraben! Nachher ruft er mich herein, gibt mir gleich eine G'waltsohrfeigen und befiehlt mir, ihm seinen Nachttrunk zu bringen, damit er sein' Aerger vertrinken kann. Da hat er zwölf Maß Bier g'soffen und ist in's Bett gangen, als wenn gar Nix g'scheh'n war!

(Jagdhörner ertönen)

Hopsa – da is er schon! Jetzt heißt's aufpassen! Was wird er heut wieder für saubere Cameraden mitbringen? Das ist immer a hübsche Geschäft beinand.

(Tritte und Lärm draußen.) Blaubart und Bluteck treten ein.

Blaubart. Wein her! Bier her! in Fässern!

Bluteck. Ich könnte das höllische Meer aussaufen, solch ein' Durst hab ich!

Blaubart. Wird's was, oder soll ich dreinhau'n, daß dir der Kopf wegfliegt?

Casperl (zitternd.) Gleich, gleich, edler Ritter! (ab.)

Blaubart. Das war einmal eine Jagd! der Bär hat uns warm gemacht!

Bluteck. Mich hatt' er schon um den Leib und drückte mir seine Tatzen in's Zwergfell, daß mir das Blut aus den Augen spritzte! Wärst du mir nicht zu Hilfe gekommen, so wär's um mich all gewesen.

Blaubart. Ich stieß ihm mein Schwert in den Bauch zu rechter Zeit noch! – Holla, wo bleibt der Kerl mit dem Wein? (schlägt auf den Tisch.)

Bluteck. Du bist schlecht bedient! Mußt dem Lumpen eine Lektion geben, damit er sich besser auf die Füße macht.

Blaubart Hast recht! – Weißt du was? Ich laß ihn in die Bärenhaut einnähen.

Bluteck. Recht so! da gibt's was zur Kurzweil!

(Casperl bringt ungeheure Humpen herein.)

Blaubart. Her damit, Faulthier!

Casperl. Bitt um Verzeihung; ich hab den Kellerschlüssel nit gleich g'funden!

Blaubart. Was Kellerschlüssel? Marsch hinaus!

(stößt Casperl hinaus und ruft zur Thüre hinaus.)

Näht mir den Burschen in's Bärenfell; dann soll er uns wieder bedienen!

Casperl. Auweh! Auweh! ich bitt, ich bitt! (ab.)

Blaubart. Ha, ha, ha! Ist auch noch nicht da gewesen, daß ein Esel als Bär erscheint. Jetzt, Bruder, laß dir's schmecken! Stoß an! das Waidwerk soll leben!

Bluteck. Das Waidwerk soll leben und der Wein soll leben!

Blaubart. Komm, singen wir Ein's! (singt.)

Auf, ihr Ritter, auf zur Hatz!
Fürchtet keines Bären Tatz,
Fürchtet keines Wolfes Zahn!
Auf zur Jagd in Waldesbahn!

Bluteck (singt.)

Jagt den Eber, jagt den Hirsch,
Jagt das Einhorn auf der Pirsch!
Hussa, holla, – was da lauft!
Wenn ihr heimkommt, Brüder, sauft!

Blaubart.

Hetzt die Gäule, hetzt die Hund'
Ueber Berg- und Waldesgrund!
Hussa, Holla, die wilde Jagd
Stürmet durch die dunkle Nacht!

Bluteck.

Hackelberg ist unser Mann,
Der die höllische Jagd ersann,
Der da hetzt mit Ries' und Zwerg!
Vivat! hoch der Hackelberg!

Blaubart. Vivat! der wilde Jäger soll leben!

Bluteck. Hoch, hoch!

Blaubart. Die Humpen sind leer! Aufgetischt, Eingeschenkt!

(Casperl in der Bärenhaut bringt wieder gefüllte Humpen. Ungeheures Gelächter der beiden Ritter.)

Casperl. Da bin ich wieder, wie 'S befohlen haben. Aber das ist doch ein Bißl gar zu arg, mich in eine Bärenhaut zu practiziren; das ist ja grad als ob ich ein Narr im Zwangshemd wär'!

Blaubart. Halt's Maul, oder ich laß noch die Rüden auf dich Hetzen! Ha, ha, ha!

Bluteck. Jetzt magst du uns auch einen Bärentanz aufführen!

Casperl. Was? tanzen soll ich auch noch, und kann kaum gehen in der engen Bärenhosen? Ich bitt' unterthänig!

Blaubart. Rühr' dich Bursch! tanz, oder ich schlag dir die Knochen ab.

Bluteck. Wir brummen den Bärentanz dazu.

(Blaubart und Bluteck singen brummend und stampften mit den Füssen. Casperl tanzt.)

Ei so tanz mein lieber Bär,
Wickel wackel hin und her,
Wickel wackel auf und ab
In dem alten Bärentrab!

(Casperl fällt hin; Gelächter der Ritter.)

Blaubart. Steh auf, mein lieber Bär, und laß dir die Haut abzieh'n. Marsch hinaus! (Casperl ab.)

Bluteck. Jetzt Freund, ein ernstes Wort!

Blaubart. Laß los, Herzensfreund! was hast du?

Bluteck. Sollst wieder ein Weib nehmen! bist jetzt schon zum sechsten Mal Wittwer; 'S wär an der Zeit das siebente zu frei'n!

Blaubart. Gut gesprochen, Bruder; ich will's bedenken, obgleich mir meine sechs ersten Frauen höllisch Verdruß gemacht.

Bluteck. Oder du ihnen; denn sie sind wohl Alle Gram gestorben. Warst wohl zu jäh mit ihnen.

Blaubart. Firlefanz, Firlefanz!

Bluteck. Wie's immer sei; für solch ehrsames Haus ziemt sich eine Hausfrau.

Blaubart. Schon recht; aber wo Eine finden im heiligen deutschen Reich?

Bluteck. Nimm die Rothenburgerin.

Blaubart. Ist mir zu alt.

Bluteck. Hol' dir die Marthe von der Mainau.

Blaubart. Ist mir zu jung.

Bluteck. Weißt was? Frag beim alten Geldsack an, der hat der Töchterlein zwei. Eine davon wird dir wohl taugen.

Blaubart. Der Vorschlag ist nit schlecht. Holla! Bertha ist ein Jungfräulein nach meinem Sinn. Hat so zechte Vergißmeinnichtäuglein und wallend Haar wie Flachs.

Bluteck. Soll ich für dich werben?

Blaubart. Nein, Bruder, der Casper, so dumm er scheint, ist ein schlauer Kund; der soll mein Botschafter sein.

Bluteck. Ha, ha, ha! Sonderbarer Einfall!

Blaubart. Das gibt noch zuerst einen Mordspaß! Er soll als mein Brautwerber beim Alten einreiten und ich dann selbst hinter ihm drein. Und macht der Geldsack Federlesen, so raub' ich mir die Braut und du hilfst mir dazu.

Bluteck. Gut so, ich bin dabei! Hand drauf; – Jetzt reit ich heim.

Blaubart. Und ich lehr den Caspar seine Botschaft. Leb wohl. (Bluteck ab)

Blaubart. He, Caspar! herein!

Casperl (schaut zur Thüre herein.) Ich mag nit. Ich bitt um mein' Entlassung.

Blaubart. Ei was, Bursch; nimm dir den Spaß nit so zu Herzen.

Casperl. Ich trau mir nit 'rein, das war weiter kein Spaß für mich. Ich bin noch bocksteif.

Blaubart. Bei meinem blauen Bart – 's soll dir nichts gescheh'n!

Casperl. Wenn's wahr ist. (tritt ein.)

Blaubart. Hör, Casper: du bist ein gescheiter Kerl, du mußt meinen Brautwerber machen.

Casperl. Ein' Blaufärber soll ich machen? das kann i nit; ich hab die Färberei nit g'lernt.

Blaubart. Du sollst mir eine Braut holen.

Casperl. 's Kraut soll ich holen? das ist 'm Gärtner sein G'schäft.

Blaubart. Hör doch! Ich will wieder heirathen und da schick' ich dich zum alten Geldsack hinüber, den sollst du fragen, ob er mir seine ältere Tochter zur Frau geben will.

Casperl. Ah! da hab' ich Respekt! das ist emal eine honorable Commission. Soll ich gleich aufsitzen?

Blaubart. Hol dir den alten Schecken aus dem Stall und mach dein Geschäft gut.

Casperl. Aber a Geld brauch ich auch dazu.

Blaubart. Da hast du sechs Batzen und dem Fräulein bringe einen schönen Rosenstrauß in meinem Namen.

Casperl. In Ihrem Namen ist ja kein Rosenstrauß!

Blaubart. Tölpel! Mache deine Sache fein und artig, wie sich's gehört. Ich folg dir auf dem Fuße und hol mir die Antwort und die Braut.

Casperl. (Beide ab.)


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