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«Ich hätte leicht was erzählen können!» sagte Bombay zum Holländer. «Denn ich hab was gesehn. – Aber was kann das nützen! – Was ist denn Gerechtigkeit, lieber Freund? Gibt es überhaupt so was wie Gerechtigkeit? Ist es gerecht, daß ich meine Gaben hier in diesem Nest verplempre? Noch dazu in Armut! Ist es gerecht, daß neunzig Prozent von den sogenannten Menschen hier arm sind und die Kaufleute reich? Ist es gerecht, daß Tausende von Kindern hier in diesem Lande vor Hunger, Kälte und Schmutz umkommen? ‹Psssst! Sprich nicht so laut!› warnen sie einen. – Ja, die Armen murren nur leise in ihren Winkeln. Und wenn sie zehn Penny haben, tragen sie drei davon zu den Pfarrern, bevor sie sich Milch für ihre Kinder kaufen. ‹Pssst!› machen sie schon wieder, und diesmal lauter. ‹Pssst! Bist du verrückt? – Ist es denn nicht die Hoffnung jedes Vaters und jeder Mutter, die sie jahrelang gern Entbehrungen tragen läßt – die größten Entbehrungen, um einen Sohn in der schwarzen Tracht zu sehen – oder die Tochter im Nonnenschleier? – So halt doch den Mund, Mensch! – Aber er ist ja betrunken!› sagen sie. ‹Und das ist die einzige Entschuldigung für ihn. Seine Mutter hat ja schon getrunken, und die Großmutter auch. – Was hätte nicht alles aus ihm werden können, wenn er mit seinen Kräften sparsamer umgegangen wär!› – Und was antworte ich ihnen?? ‹Verschüttete Milch!› antworte ich ihnen. Das versteht freilich keiner. Aber Sie, Holländer, alter Freund, Sie verstehn es; denn Sie sind intelligent. ‹Verschüttete Milch!› sag ich und sehe unergründlich aus. Und dann trollen sie sich grinsend und meinen, sie grinsten über mich. – Verschüttete Milch! Das ist eine von meinen Theorien … Ich habe zwei; die hab ich vom alten Peadar Phelan. Man soll sich nicht über zu viel Dinge aufregen … Ich sage, das heißt einer Milch nachflennen, die nun mal verschüttet ist, wenn man über Schandtaten der Engländer hier im Lande jammert, die fünfzig oder hundert Jahre zurückliegen. – Kann jemand glauben, die Dänen haßten die Engländer, weil Nelson 1807 Kopenhagen bombardiert und dort sämtliche Nickelbeschläge von den Türen hat abschrauben lassen als der sparsame und betriebsame Mann, der er war? Fällt ihnen gar nicht ein! – Es kommt nichts dabei raus, wenn man der Milch nachflennt, die nun mal verschüttet ist. – Und genau so ist das mit der alten Frau hier. Ich will ja nicht sagen, daß sie den Jungen nicht erschossen hat … Aber damit sag ich noch nicht, daß sie's getan hat … Ich sag überhaupt nichts … und sag nur, daß der Junge doch nicht mehr lebendig wird, auch wenn jetzt Meister Ellis aus England geholt wird, um sie zu henken. – Ehrlich gesprochen: lohnt sich's überhaupt, Herrn Ellis deshalb zu bemühen? Wegen hundert Pfund vertrockneter Haut und alter Knochen? Wär es nicht besser, jedem soviel Grund und Boden zu geben, daß er gar nicht drauf kommt, Leute zu erschießen, die ihm seine paar Tagwerk nehmen wollen? Warum machen wir den Lords nicht die Hölle so heiß, daß sie beleidigt auf die andre Seite des Wassers rüberrutschen, wo sie hingehören und sich wohl fühlen? – Mayfair und Kensington sind ja nicht übervölkert … und dort macht man sich ja allerlei aus so Lords …»