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Siebentes Kapitel

Der Winter war nun endlich vorüber, es war Mai geworden und kein Rückfall mehr zu befürchten. Rat Lorenz hatte sich im April mit einem Mädchen aus sehr angesehener Familie verlobt, und Dubois kam soeben von den Eltern der Braut, denen er seine Aufwartung gemacht hatte.

Er war gegen solche Ehen. Es brauchte nur ein kleiner Windzug aus der Vergangenheit in einen solchen Hausstand hineinzublasen und er fiel zusammen und es gab eine Affäre. Man hatte einen Sack voll Exempel dafür. In diesem Fall jedoch hatte Dubois nicht besonders lebhaft abgeraten. Rat Lorenz war ehrgeizig, er gewann viel durch diese Heirat und namentlich Protektion. Zudem leistete seine außerordentliche Vorsicht und Klugheit eine gewisse Garantie.

Dubois ging der Karlstraße zu und dachte an Richard, um den er in Sorge war. Mehrmals im Leben war er unter der Gewalt einer andauernden Empfindung gestanden. Aber es hatte doch immer ein Ende gegeben, man kam doch den meisten Menschen früher oder später auf den Grund und die Gewohnheit tat ein Übriges dazu und ernüchterte. Sein Gefallen an Richard jedoch war nicht zu erschöpfen, die Bande wurden nicht loser und er konnte nicht unabhängig von ihm werden. Tagelang dachte er nicht an ihn, aber es stellte sich immer wieder der Augenblick ein, wo er ihn vermißte und anfing unruhig zu werden und ihn zu erwarten. Zuweilen traf er ihn beim Konsul Hansemann, bei der Baronin Budberg oder auch beim Redakteur Marni. Richard war ein gern gesehener Gast in diesen Häusern.

Fedi Bertram war vor einigen Wochen aus Italien zurückgekehrt und Dubois soeben unterwegs, um ihn zu besuchen. Sie begegneten sich vor der Haustür. Fedi sah unverändert aus, nur war er besser und modischer gekleidet als früher. Er trug einen schweren Packen Bücher unter dem Arm. Es schien, daß er Dubois nicht gleich erkannte.

Der lüftete höflich den Castorhut und sagte: Sono lo scrittore tedesco Emilio Dubois.

– Sie sind es! rief Fedi sehr überrascht und lachte. Wollen Sie zu mir? Bitte.

Doch er ward sogleich unsicher. Er errötete, vergaß es Dubois den Vortritt zu geben und eilte voran. Als sie im Garderobezimmer abgelegt hatten und eintraten, warf Dubois einen Blick auf die nicht eingeschlagenen Bücher, die Fedi noch immer im Arm trug.

– Was? Jurisprudenz? Haben Sie umgesattelt?

– Es sind nicht meine Bücher. Ich bringe sie für meinen Freund mit.

– Sie leben nicht allein? fragte Dubois mit halber Stimme.

– Er ist ausgegangen, wir sind ungestört.

Sie setzten sich. Die alten Möbel waren alle wieder da. Der große, solide, mit grünem Tuch bespannte Arbeitstisch war mitten ins Zimmer gerückt und auf ihm standen die Bilder von der Mutter und der Schwester und das hohe Glas für Metallfedern, Posen und Buchzeichen. Daneben lag das Falzbein aus Schildpatt mit dem bemalten Bändchen. Auch sein Harmonium hatte wieder einen Platz gefunden.

– Also beinahe ein volles Jahr waren Sie in Italien?

– Ja. Und dann einige Monate in Leipzig.

– Ich dachte, Sie würden ganz dableiben im Sonnenlande. Von Ihren Schicksalen erzählen, das lieben Sie wohl nicht?

– Ach Gott, es ist in der fremden Sprache so schwer irgend einen Einfluß auszuüben, meinte Fedi. Ich hab' bei allen den herrlichen Worten, die sie sagen, nie gewußt, ob es ernst oder ob es nur Tradition war und etwas, wozu sie durch ihre Schönheit und ihre Sprache verführt werden. Ich bin doch ein deutscher Pedant und habe nicht genug an der Oberfläche. Das heißt, es kann sein, daß die Italiener durchaus nicht wirklich oberflächlich sind. Aber dann ist's eben eine ganz andere Art von Tiefe. Ich glaube, sie sind unpersönlicher, mehr an der Familie haftend, als wir. Und es ist bei ihnen alles bis auf den Grund so umwickelt von Ceremonien und Traditionen. Man kommt nicht hindurch.

Dubois bemerkte ein kleines Portrait, das in einem vergoldeten Rahmen auf dem Harmonium stand. Erstaunt sah er hin und fragte ohne die Augen wegzukehren: Das kann doch kein Italiener sein?

Fedi schwieg und lächelte etwas.

– Ach so. Ich hatte vergessen. Es ist ihr Freund, der Jurist?

– Ich habe ihn vor drei Monaten in Leipzig kennen gelernt, sagte Fedi. Eigentlich wollte ich dort ausstudieren. Doch er wollte nach Berlin. Es würde jedenfalls alles aus sein, wenn ich mich jemals verraten sollte.

Dubois zog die Augenbrauen hoch. – So! Der Fall ist's, sprach er leise. Nach einem kleinen Schweigen bat er um die Erlaubnis rauchen zu dürfen. – Sind Sie oft mit Richard zusammen?

– Ich hab' ihn seit meiner Rückkehr erst zweimal gesehen und nur ganz flüchtig. Man findet ihn selten zu Hause. Oder es ist Tozoli da und weiß Gott was für Menschen.

– Ja, Graf Tozoli ist seit einem Monat wieder da und leider ohne den Doktor Bovet. Ich bin um Richard in Sorge. Er wirtschaftet unverantwortlich darauf los. Ich war sehr erfreut, als ich hörte, daß Sie wieder in Berlin sind, Herr Bertram. Ich denke nämlich, Sie werden es vielleicht erreichen können, daß Richard sich etwas unter die Fuchtel nimmt und sich herausarbeitet aus diesem beständigen Karneval, in dem er hinlebt.

– Ich? Aber jetzt hab' ich doch keinen Einfluß mehr auf ihn.

Es lag durchaus kein besonderer Vorwurf im Ton, mit dem Fedi das rasch und etwas verwundert ausrief. Aber Dubois fand die Situation, in die er sich gebracht hatte, doch recht schief und beinahe sogar ein wenig drollig. Und er kam sofort mit dem heraus, was er Fedi erst ganz allmählich hatte stecken wollen.

– Ich dachte nämlich an etwas Spezielles, sagte er. Sie kennen die Verhältnisse besser. Wäre es nicht zu veranlassen, daß seine Mutter nach Berlin kommt, um ihn zu besuchen?

Einige Sekunden lang schwieg Fedi und sah Dubois an. Dann fragte er höchst erstaunt: Aber was ist denn mit Richard?

– Nichts von besonderer Bedeutung. Oder doch. Wie Sie es eben ansehen wollen. Es ist nur, daß er so drauf los lebt. Eine starke Neigung dazu hat er ja immer gehabt und Maß halten im Genuß war niemals seine Sache. Aber nun ist es ganz schlimm geworden. Ich vermute, daß er irgend eine Enttäuschung erlebt hat, irgend etwas, was ihn ganz aus der Contenance gebracht hat. Ich weiß nicht so recht, worum es sich handelt. Richard liebt es bisweilen sehr sich auszuschweigen. Er ist überhaupt ein merkwürdiger und mir oft unbegreiflicher Mensch. Zuweilen kommt er mir gar nicht wie ein rechtschaffener Europäer vor und man kann sich ordentlich vor ihm fürchten. Etwas Fremdartiges, ich möchte sagen, etwas Asiatisches haftet ihm an. Und dabei diese sympathische, geräumig herrschaftliche Art, und immer dreht sich alles um ihn und er ist's, der Sonne und Regen macht. Was sagen Sie zu meiner Idee? Wäre es nicht ein gewisser Halt für ihn? Sie wissen ja wahrscheinlich besser als ich, wie sehr er an seiner Mutter hängt.

– Es wäre vielleicht recht gut. Gewiß. Es ist wahr.

Fedi sah in den feinen Rauch, der rasch von seiner Papyros aufstieg. – Ja, es ist wahr, wiederholte er, ich hatte niemals daran gedacht. Aber ich weiß doch nicht so recht, wie man das machen soll.

– Nun, Sie würden seiner Mutter schreiben. Ich fände überhaupt nichts so Besonderes darin. Heutzutage, wo man bequem reist. Es ist doch sehr natürlich, daß die Mutter den Sohn nach längerer Trennung wiederzusehen wünscht.

– Aber Richard würde am Ende sehr böse werden. Und es ist doch überhaupt sehr schwierig. Was sollte ich denn schreiben?

– Wir finden schon eine Form. Natürlich muß vermieden werden, daß man sie irgendwie beunruhigt. Sie würden einfach schreiben, daß Richard in letzter Zeit etwas Nervöses und Unruhiges an sich hätte und daß Sie ein wenig in Sorge wären deshalb. Er wäre nicht gerade krank, schiene sich aber nicht so ganz wohl zu fühlen. Sie glaubten, daß er sehr gern für eine Zeitlang nach Hause reisen würde. Er wollte aber nicht sein Studium unterbrechen und dazu könnte man ja auch keinesfalls raten. Voilà tout. Glauben Sie nicht, daß ein solcher Brief die gewünschte Wirkung haben würde?

– Ja, das glaube ich wohl, sagte Fedi.

– Und daß ihre Gegenwart es vermögen würde, ihn wieder auf andere Wege zu bringen?

– Das schon. Aber wie wird Richard es auffassen, wenn man so hinter seinem Rücken handelt?

– Lassen Sie das nur meine Sorge sein. Er wird nicht lange zürnen.

Man hörte, daß die Flurtür aufgeschlossen wurde und Jemand eintrat.

Rasch und mit halber Stimme sagte Dubois: Wenn Sie sich also entschließen sollten und geschrieben haben, so bitte ich um Nachricht. Ich will es dann Richard ganz vorsichtig einflößen.

Die Tür ging auf und Hans Wilcke blieb in ihr stehen. Der große stämmige Bursche hatte die Mütze noch auf dem Kopf und tat sie nun ganz langsam ab. Er war elegant gekleidet. Dubois betrachtete mit Wohlgefallen und Interesse den hübschen, jungenhaften Mann.

Etwas verwundert, aber unbefangen und mit zwei sehr festen Schritten kam er näher. Bei der Vorstellung verbeugte sich Dubois höflich aber sehr reserviert. Als Herr Wilcke den Namen des berühmten Schriftstellers hörte, des Dichters, der die Frauen so meisterhaft zu zeichnen verstand, schien er sehr erstaunt zu sein. Etwas unbeholfen machte er ein zweites Kompliment. Offenbar hatte Fedi ihm gegenüber seiner Beziehungen zu Dubois niemals Erwähnung getan.

Nach einer kurzen, förmlichen Unterhaltung ward Fedi immer unruhiger und plötzlich wandte er sich zu Hans Wilcke und begann rasch von den Büchern zu sprechen, die er geholt hatte. Es wären einige von Wichtigkeit, einige die Hans durchaus brauchen würde, leider nicht darunter. Sie wären im Augenblick nicht zu beschaffen gewesen. Er hätte sie natürlich sofort bestellt. Unaufmerksam hörte Herr Wilcke zu. – Es ist ja schon gut, sagte er mehrmals.

Dubois sah hin auf die beiden jungen Leute, auf den sich geschäftig entschuldigenden Fedi und auf den großen, hübschen Jungen mit den frischen Augen, die ein wenig gedankenlos waren und kühl. Und er erriet, wie das Leben hier verlief. Sicherlich, es wimmelte von kleinen Mißverständnissen. Es gab Sorgen genug, die nicht begriffen wurden. Kein Widerhall, nur ein Verwundertsein. Und vielleicht begegnete der stets bereiten Freundschaft bisweilen gar ein sehr ungnädiges Achselzucken.

Dubois stand auf und empfahl sich. Auf der Straße sah er nach der Uhr. Er hatte seinen Verleger aufsuchen wollen, doch war es schon so spät geworden, daß er nicht hoffen konnte ihn anzutreffen und er fuhr zu seinem Vater. Der Diener sagte ihm, daß er den gnädigen Herrn soeben geweckt hätte. Der Geheimrat pflegte am Nachmittag ein wenig zu ruhen.

Dubois betrat den Salon und fand den Kartentisch bereits aufgeschlagen. Auch der Vetter Ackermann war schon da, der mit Dubois und seinem Vater fast an jedem Sonntage um fünf Uhr einige Touren Whist spielte.

Postdirektor Ackermann war ein kleiner Herr von fünfzig Jahren mit einem blonden Spitzbart und leuchtend blauen Augen. Er war beinahe jungenhaft beweglich in seinem Wesen. Dubois kannte seinen Vetter recht gut, hielt aber nicht viel von ihm. Ackermann besaß eine liebenswürdige, erstaunlich gleichmäßige Natur, er war immer in der fröhlichsten Laune und ein Mensch, der offenbar nichts von Sorgen wußte. Das Hastige und Eilige seiner Art machte durchaus keinen unbehaglichen Eindruck, da es nicht einer Nervosität entsprang, sondern Sache des Temperaments zu sein schien. Er war gut bekannt mit Bandemer, dessen Lebensführung er jedoch bisweilen lebhaft tadelte; überhaupt geschah es hin und wieder, daß er streng moralische Ansichten äußerte, die er dann rasch und ärgerlich herunterhaspelte, taub für Einwände. Sein sittlicher Ernst gefiel Manchen. Er las viel und sammelte allerlei, mit Vorliebe Spazierstöcke. Alles in allem hielt Dubois ihn für einen unbedeutenden, spielerischen Menschen und er behandelte ihn bisweilen nicht gerade rücksichtsvoll. Ackermann schien das nicht zu empfinden.

Soeben belustigte er Dubois dadurch, daß er das Deutsch eines Dänen nachahmte.

Denn seine Passion bestand darin, mit Leuten zu verkehren, die der deutschen Sprache nicht mächtig waren. Häufig sah man ihn in Gesellschaft von Portugiesen, Franzosen und in Berlin studierenden jungen Norwegern, mit denen allen er nur umging, um sich im Stillen an ihrem fehlerhaften und lächerlichen Deutsch zu ergötzen. Vor einigen Tagen hatte er das Glück gehabt, mehrere Dänen kennen zu lernen und er war noch ganz entzückt über ihren eigentümlichen Tonfall und ihre Wortstellung.

Als der Geheimrat eingetreten war, setzte man sich nach einer kurzen Unterhaltung an den Kartentisch und begann die Partie. Der Diener trug Citronen-Limonade auf.

Dubois stand sich sehr gut mit seinem Vater. Vor fünf Jahren, als er sein Richteramt niedergelegt hatte, um ganz seiner Kunst zu leben, war eine Entfremdung zwischen sie gekommen. Der alte Herr war nicht einverstanden gewesen mit diesem Austritt aus den geregelten bürgerlichen Verhältnissen. Jedoch die durchaus geachtete Stellung, die Dubois in allen Kreisen erhalten blieb, sowie seine bedeutenden künstlerischen Erfolge hatten ihn wieder versöhnt und er war sogar stolz auf den Sohn.

Erst vor zwei Jahren hatte sich Geheimrat Dubois pensionieren lassen. Er war noch rüstig und sein Blick frisch und leuchtend. Nur die Stimme klang bisweilen nicht mehr ganz fest und sicher und seine Hände sahen sehr alt aus.

Um acht Uhr war die Partie zu Ende gespielt, Ackermann und Dubois verabschiedeten sich vom alten Herrn und begaben sich an ihren Stammtisch zu Habel, wo sie Redakteur Marni, Herrn von Bandemer und andere beim Abendschöppchen fanden.

Man empfing sie mit der Nachricht, daß Dirigent Doktor Müller einem Herzschlag erlegen sei.

Dubois war nicht gerade befreundet mit ihm gewesen, hatte ihn aber doch recht gut gekannt und in vergangenen Jahren viel mit ihm verkehrt. Er nahm die Botschaft äußerlich sehr ruhig auf, sagte einige angemessene Worte und wandte sich an Bandemer: Durch wen hörten Sie es?

– Sein Schwiegersohn, der Doktor Jochner erzählte es mir, jetzt, vor einer Stunde. Ich traf ihn zufällig.

– War denn Müller eigentlich herzleidend? fragte Redakteur Marni. Ich will natürlich eine Notiz bringen.

Obgleich Dubois nichts darüber wußte, bejahte er die Frage für alle Fälle sogleich und sehr entschieden. Gewiß, er wäre es gewesen. Zwar nicht im hohen Grade. Doch er hätte schon seit Jahren am Herzen laboriert.

Sehr bald begann man von anderem zu reden. Dubois war unruhig. Doch hätte es vielleicht auffallen können, wenn er sofort wieder gegangen wäre. Er hielt also eine halbe Stunde lang aus und trank zwei Schoppen. Gemächlich und mit behaglicher Langsamkeit verabschiedete er sich alsdann von den Herren.

Draußen eilte er sehr. Er rief die nächste Droschke an und fuhr in die Conditorei beim Oranienburger Tor nahe der Kommunikation an der Stadtmauer. Sonst war er zu vorsichtig, sie zu besuchen.

Er fand die nächtliche Wirtschaft hell erleuchtet, auch in den kleinen Zimmern, die auf der Seite der Stadtmauer lagen, brannte Licht. Er öffnete die Glastür und durchschritt rasch und ohne aufzusehen die ersten beiden Stuben, in denen sich übrigens nur wenige Gäste befanden. Im letzten, separierten Zimmer saßen der Uhrmacher Krauß und Fürst Sandretzky.

Der Fürst, der drei- oder viermal im Jahre sein Schloß in Polen verließ, um sich in Berlin zu vergnügen, freute sich sehr darüber, daß Dubois ihn nicht gleich erkannte. Er hatte sich für diesen Abend aufs Peinlichste kostümiert und sah völlig heruntergekommen aus. Er trug ein Hemd ohne Kragen und hatte sich um den Hals eine schmierige rote Atlaskrawatte geschlungen, die über die Lakaienweste herüberhing. Sein ganz kurzer, viel zu enger und defekter Rock stand weit offen und nur ein einziger Knopf an ihm war noch nicht abgerissen. Fürst Sandretzky war schon zu Jahren gekommen, ein Herr in den Fünfzigern mit einem ältlichen, vornehm markanten Antlitz. Er erhob sich ganz langsam, zeigte sich von allen Seiten und Dubois mußte die künstlich beschmutzten Hosen bewundern, die ein raffiniert ordinäres Quadrat-Muster aufwiesen.

Uhrmacher Krauß hatte schon davon gehört und erzählte. Chantage. Doktor Jochner, dessen Tochter in Bad Homburg weilte, hätte von einem Geldbedürftigen einen Brief mit sehr gravierenden Einzelheiten über Müller erhalten. Hierauf zwischen dem höchst erstaunten und erschrockenen Jochner und seinem Schwiegervater eine erregte Konferenz, nach der sich Doktor Müller erschossen hätte. Man hätte den Arzt für einige tausend Taler dazu veranlaßt, in den Papieren als Todesursache Herzschlag anzugeben. So wäre denn der Skandal vermieden und alles vertuscht. Die Tochter hätte die Leiche ihres Vaters nicht mehr gesehen. Dem Doktor Jochner sei die ganze Geschichte sehr nahe gegangen.

Die Herren zeigten keine Lust noch weiteres über den betrübenden Vorfall zu reden. Sie erwarteten Tozoli und den Freiherrn Richard von Löwenwolde, mit denen zusammen einige Soldatenkneipen aufgesucht werden sollten.

Dubois verabschiedete sich.

In ernster Stimmung, jedoch beruhigt trat er den Heimweg an. Chacun pour soi, Dieu pour nous tous.


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